: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 23. Dezember 2008

Ausblick 2009

Oh, das ist eigentlich ganz einfach: Mein Ausblick 2009 wird so sein, wie 2008 auch schon. Entweder klassisch:



Das ist so, wie ich es schonvon Kindesbeinen an kenne, seitdem ich die steilen Stufen ins Dach hochklettern kann, oder aber neu:



So, wie es mir seit ein paar Jahren vorgeschwebt ist und sich nicht verwirklichen liess, bis zu diesem Tag im Februar, als ich einen Notartermin hatte.

Wie auch immer, so leicht will ich mir natürlich nicht machen. Also, hier meine ernste Einschätzung für 2009, und das Schlimme gleich mal zuerst:

Wenn wir Glück haben, werden wir nur einen wirtschaftlichen Beinahezusammenbruch in den UdSSA, Vereinigtes Königreich, Spanien, China, Russland, Korea, und einigen Staaten Osteuropas sehen. Vermutlich wird auch das eine oder andere Land tatsächlich so etwas wie eine Stunde Null erleben, sei es nun eine Währungsreform (UdSSA), ein Aussetzen der Marktmechanismen (Russland), grossflächige Verstaatlichungen (China), was man halt so tut, wenn der Markt nicht mehr läuft. Wenn der Export Japans 2008 um 27% eingebrochen ist und die Amerikaner den Hedge Fonds 200 Milliarden Dollar in den Rachen werfen, wenn Banken nur noch leben, weil man die Bilanzierungsregeln aufgibt, sind wir nicht weit weg vom Kollaps. Ich glaube, man wird alles tun, um das zu vermeiden, durchaus auch auf Kosten von Vermögen und Währungsstabilität.

Es ist schwer, etwas Konkretes über das Bruttoinlandsprodukt zu sagen, weil die Nationen nicht vergleichbar sind. Die UdSSA zum Beispiel haben eine wachsende Bevölkerung, für die ein Wachstum von 2% das gleiche wie eine Stagnation für Deutschland ist. Ich wage aber zu sagen, dass 2009 für Amerika jenseits aller Bilanztricks katastrophal werden wird, wie auch für Grossbritannien und andere deindustrialisierte, parasitär wirtschaftende Regionen. Nicht nur, weil die Lage schlecht ist, sondern auch, weil erst jetzt langsam klar wird, wie wenig Realvermögen dem gegenübersteht, was man einst für Reichtum hielt. Wären diese Nationen Firmen, wären sie lachhaft überbewertet, und das wird sich rächen. Acht bis zehn Prozent Wirtschaftskontraktion halte ich für diese beiden Länder durchaus für möglich, mit einem Sicherheitspolster bei minus 15 Prozent, je nachdem, welche Minen noch in den Kellern der Banken liegen.

Deutschland... zwischen 4 und 7 Prozent minus, irgendwas zwischen 500.000 und 800.000 verlorene Arbeitsplätze, politisch eine krude Mischung aus Sparen, Schulden machenund eine knallharte Steueranhebung nach den Wahlen, und zwar dort, wo noch was zu holen ist: Auf den hohen Kanten der Bürger. Nicht, weil jemand den Reichen zu nahe treten möchte, sondern weil es keine Alternativen gibt, und eine Art Strafsteuer für Vermögenseinbunkerung und Spekulation konsumsteigernd ist. Abgesehen davon leuchtet das inzwischen auch mehr und mehr den Reiche ein, die bislang die einzige Gruppe neben den Opelianern sind, die von der Krise voll erwischt wurden. Eine Rolex für 10.000 Euro ist nach dem Kauf mehr wert als ein Lehman-Zertifikat von 2008, oder die Aktien der Deutschen Bank von 2007, oder das Hypo Real Estate "Schnäppchen" vom letzten Sommer. Dieses Sparpolster und dessen Anschlitzung, nehme ich an, kann helfen: Es geht um 8 Billionen Euro, das 30fache des Bundeshaushaltes. Im Prinzip liegt es also an den Bürgern, wie schlimm es wird.

Das Mittelgute: Da wird es je nach Region und Wirtschaftszweig massive Unterschiede geben. Einsparungen werden zuerst mal die Bereiche treffen, die nicht gefestigt, verlegbar, Luxus oder einfach zu streichen sind: So ziemlich alles, was mit Medien von den Journalisten über die PR bis zur Werbung zu tun hat. Diese ganze Blase wird unschönste Verstärkungseffekte in Regionen haben, die sonst wenig zu bieten haben. Wer glaubt, dass Steinkohle ohne Zukunft ist, hat sich noch nicht mit Mediennutzungsverhalten und Kostensenkung beschäftigt. Was mit Arbeitsagentur wird das neue Was mit Medien. Ähnlich überflüssiger Luxus wird - überflüssiger Luxus sein. All die Hotelneubauten der letzten Jahre, die Galerien, die Nobelclubs und Edelgastronimie, die Chichi-Geschäfte und Wellnessangebote werden einen erbitterten Überlebenskampf führen - und nicht jeder dort kann auf prima Kuchen wie bei Muttern umsatteln. Wo es brummt, wird es nicht so schlimm, aber wo die Krise auf ungefestigte Strukturen trifft, würde ich 2009 nicht leben wollen.

Ich will hier keine spezielle Region ansprechen, aber es kann nicht ganz doof sein, über Weihnachten im fetten Teil des Landes, wie es manche Leser hier tun, zu überlegen, ob das dort wirklich so grässlich ist, wie man auf en Spielplätzen für Berufsjugendlichen so erzählt. Neben Kunst und Web2.0 sind nämlich auch Transferzahlungen ganz sicher mit dabei, wenn es um Einsparpotenziale geht. Was nur kostet, wird abgestossen. Regionen, die defizitär sind, werden dem Staat zur Last gelegt - siehe Qimoda - oder agewickelt - siehe Qimoda in der zweiten Jahreshälfte 2009. Mir persönlich ist das durchaus recht so, denn es wäre schlimm, wenn in der Bundesrepublik nicht intakte Zonen erhalten bleiben, die nachher helfen können, den Rest wieder aufzupäppeln. Niemand hat etwas davon, wenn der Staat durch unsinnige Garantien für unsinnige Opels und andere Geldvernichtungsprogramme wie bei der IKB die Basis zur transferorientierten Verberlinerung des Landes legt.

Und das Gute: Ich habe bei all dem die Hoffnung, dass sich die Verantwortlichen durchaus überlegen müssen, welche Schritte volkswirtschaftlich klug und welche nur Effekthascherei sind. Ein Programm zur Auslastung chinesischer Zwangsarbeit und deutschen Monopolisten wie eine flächendeckende Versorgung mit WLAN für ein paar hungerleidende Furztwitterer ist jenseits jeder Wertschöpfung und gehört ganz sicher in die zweite Kategorie. Statt dessen könnte man Zukunftsfragen wie Mobilität, Infrastruktur, Energieeffizienz, Bildung und Umwelt angehen. In der Krise das tun, was nach der Krise wichtig werden wird. Wenn in der Folge ein paar Flaschen Wodka weniger bei Klingeltonabzockerparties gesoffen werden, wenn der eng werdende Markt ein paar Arschlöcher hinauskatapultiert - prima.

Ich gehöre nicht zu den Marktoptimisten, die glauben, dass man gestärkt aus so einer Krise hervorgeht. 2010 wird auch nicht schön, und vieles wird hässlicher als alles, was ich und ein paar Leser während der New Economy erlebt haben. Ich glaube aber, dass es global ähnlich sein wird, wie innerhalb Deutschlands - manche werden schneller wieder auf die Füsse kommen, als andere. Die individuelle Frage also ist, was kann man zu diesen Regionen beitragen. Gut, man kann natürlich auch woanders sitzen bleiben und warten, dass etwas passiert, und da vorne hoffentlich der Versorgungslaster und nicht die Abrissbirne kommt. So oder so kein schöner Ausblick, würde ich meinen.

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