: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 15. Februar 2010

Traumkurven

aber sehr eisig, sehr, sehr eisig und aufgrund der Kälte auch knallhart. Das ist die letzte Serpentine vor der Schussfahrt nach Gasse.



Und in dieser und drei weiteren Kurven dachte ich mir, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, einen neueren Rodel mit schärferen Kanten zu nehmen. Mein alter Jested aus Tschechien - oder besser, damals die CSSR - sieht zwar sehr vintage und schick aus, hat aber an den Kufen etwas nachgelassen.



Das macht nichts aus, solange die Bahn nicht allzu hart ist, aber im Moment, und gerade in den Kurven, in denen alle bremsen, sind die Kufen nicht mehr scharf genug. Der Rodel gräbt sich nicht tief genug ins Eis, um bei meiner relativ hohen Geschwindigkeit zu greifen. Und dann bricht der Rodel hinten aus.



Ich kann das auch kontrollieren, denn der Rodel ist sehr flach, spurtreu und dadurch gutmütig, aber trotzdem: Vielleicht nehme ich morgen einen anderen Rodel. Das ist kein normaler Waldweg mit Schnee mehr, das ist, wenn man ernsthaft fährt, extrem schnell und ebenso traumhaft wie riskant. (Knipsen geht aber immer.)

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Der vergessliche Herr Weidermann

Irgendwie scheinen es Mitarbeiter in Kulturredaktionen nicht so ganz mit der Erinnerung zu haben. Da hatten wir etwa den Herrn Daniel Haas von Spiegel Online, der bei seiner kaltschnäuzigen "Klauen ist doch normal"-Verteidigung der Plagiatorin Helene Hegemann vergessen hat darauf hinzuweisen, dass sein bei Spiegel Online heftig beworbenes Buch ebenfalls bei Ullstein erschienen ist. Das hat schon so einen Beigeschmack, und war in meinen Augen einer der unschönen Höhepunkte der Selbstfäkalisierung des deutschen Feuilletons.

Aber nun meldet sich auch noch Volker Weidermann zu Wort, seines Zeichen Literaturredakteur und mit Claudius Seidl Leiter des Feuilletons des bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Man könnte nach dem Griff ins Klo der überschwenglichen Biller-Rezension in jenem Medium vermuten, dass er ein klein wenig bescheiden auftritt, aber nichts da: Er bejubelt und umschmeichelt die Plagiatorin noch immer, aber wirklich schlimm ist der Hass aus dem Netz.

(http://www.faz.net/s/Rub642140C3F55544DE8A27F0BD6A3C808C/Doc~E7C75D40E22EF4947928EC744910344C6~ATpl~Ec
ommon~Scontent.html)

Und es passieren ihm, der das Intenet vorführen möchte, elende Fehler. So schreibt er:

"In der Woche, seit die Übernahme der Passagen bekannt wurde - auch aus der deutschen Drehbuchfassung einer Erzählung von Martin Page hat Hegemann Teile in ihren Roman eingebaut -"

Das ist falsch. Frau Hegemann hat die Szenen aus dem Drehbuch in eine beim Vice-Magazin veröffentlichte Geschichte eingebaut. Und es ist erstaunlich. Erstaunlich, weil der Ullstein-Verlag eigentlich mit einer Liste der Plagiate im Buch bei der Jury des Leipziger Buchpreises vorstellig geworden ist, um die Nominierung für das hegemann-Machwerk zu retten.

Und in eben jener Jury sitzt Volker Weidermann.

Und vergisst die anderen, ebenso geklauten Stellen. Bekannt ist, dass ein Brief im Buch ein übersetzter Liedtext der Band Archive ist. Es sollte noch viel mehr bekannt sein, aber der Verlag ziert sich gerade in Verzögerungen, die Liste der weiteren, geklauten Textstellen herauszugeben. Versprochen war sie bis Freitag, seitdem warte ich. Herr Weidermann hätte da sicher noch bessere Möglichkeiten, aber es bleibt bei dem, was ohnehin schon längst bekannt ist. Aber viel schlimmer als die Vertuschungsversuche des Verlages, das ganze Ausmass der Plagiate öffentlich zu machen - das Verhalten ist absolut mies, aber ökonomisch nachvollziehbar - finde ich Volker Weidermann:

Der nämlich vergisst darauf hinzuweisen, dass er selbst in eben jener kritisierten Jury sitzt, die nichts dabei fand, ein Werk mit geklauten Texten weiterhin für den Preis zu nominieren. Er vergisst es. Einfach so. Interessenskonflikt? Aber was. In einer Welt, in der man auch klauen darf...

Nicht vergessen, sondern auf Druck eines anderen Redakteurs der FAS verändert wurde übrigens ein Blogtext von Andrea Diener bei FAZ.net, in dem sie auf die Tatsache hinwies, dass der begeisterte Hegemann-Rezensent Maxim Biller mit dem Vater der Plagiatorin einen Facebookkontakt habe, Kommentar vom 10. Februar 2010, 16:31:

"Ich habe diesen Text gerade bearbeitet. Ich bekam gerade eine Mail des verantwortlichen Redakteurs von Billers Text, der mir schrieb, er habe 400 Kontake auf Facebook und kenne nicht alle Töchter, ja wisse nicht einmal, ob einige von denen Töchter haben. Insofern sei es eine Unverschämtheit zu behaupten, Maxim Biller kenne Helene Hegemann, weil er ihren Vater als Facebook-Kontakt gelistet habe.
.
Da ich nicht auf Facebook aktiv bin, kenne ich niemanden dort und kann das nur so stehen lassen. Meinen Satz natürlich nicht, den habe ich gestrichen. Nur, damit sich niemand wundert, warum plötzlich was fehlt."

So ist das also in der Welt der FAS: Man muss nicht erwähnen, dass man in der Jury sitzt, die das gegen den "Hass" aus dem Internet verteidigten Buch nominiert hat. Und überhaupt scheint auch gar niemand je die Frau Hegemann oder ihren Vater persönlich gekannt zu haben, alles Fremde, dieser Kulturbetrieb in Berlin, man glaubt es kaum. Aber nach Meinung des gleichen Umfeldes darf man sich nicht über den Kontakt zwischen Vater der Autorin und eines Rezensenten Gedanken machen, eines Rezensenten, der nun übrigens nicht mehr Stellung zu dem Fall und seinem offenkundigen Versagen nehmen möchte. Warum auch. Die FAS-Leute regeln das schon. Irgendwie.

Disclosure 1: In dem Text von Weidermann, der offensichtlich nicht überrissen hat, dass ich auch für das FAZ-Feuilleton schreibe, ist auch etwas abwertend über meine Entschuldigung an das Internet referiert worden.

Disclosure 2: Ich schreibe für die FAZ. Und sicher auch nochmal was zu dem Thema. Dann aber mit Offenlegung aller Interessenskonflikte. Allerdings sind das eher wenige.

Disclosure 3: Ich werte das alles als Ausdruck der redaktionellen Freiheit innerhalb eines Hauses.

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