: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 21. Juli 2013

Mein Leben als Pick-Up-Artist (Dreck-und-Schweiss-Content)

Die Idee war, einfach im Söllbachtal ein paar Kilomter zu fahren, vielleicht hoch zum Bauer in der Au, was eine hübsche. leicht erreichbare, mit gutem Essen gesegnete Alm ist, die zudem den Vorteil einer gewissen Höhe und damit Kühle aufweisen kann. So war das geplant, so haben wir das auch gemacht. Und als wir dann da über den Masskrügen mit dem Johannesbeerschorle sassen und überlegten, wie es weitergehen sollte, sagten wir uns: Naja, der Hirschberg steht gleich daneben und es sind von hier aus nur zwei Stunden: Wie schwer wird das schon sein?







Und der Umstand, dass sich der Weg hoch dann als gesperrt erwies, wegen angeblicher Bauarbeiten: Pah! Es ist Sonntag! Da arbeitet ohnehin keiner. Also vorbei an der Absperrung, der Zugang zum Wald ist schliesslich in der Verfassung garantiert, und dann los. Oben sieht man schon den Gipfel, wie schwer kann es sein? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden. Gemeinerweise ist dann auf dem Weg ein Haufen Baumreste, aber daran kommt man schon vorbei. 30 Meter weiter haben sie das nochmal gemacht. Da klettern wir halt drüber, Rad hochheben, kein Problem. Nach 30 Metern die nächste Barrikade, Rad heben, in der Sonne über die Bäume klettern, Rad runterheben, weiter, zumindest 30 Meter, und natürlich fragt man sich beim nächsten Pick-up des Rades, auf brüchigen Ästen über dem Abgrund balancierend, ob man nicht besser umkehrt. Aber dann müsste an nochmal über diese Barrikaden und wie schwer kann das schon noch werden? Also weiter. Bis eine Barrikade nach weiteren Barrikaden kommt, die etwas grösser ist. 200 Meter lang nämlich, wie uns das Paar erzählt, das von der anderen Seite kommend, den abgeholzten Abhang mit den Rädern durchstiegen hat. Und dachte, dahinter könnte man fahren. Wir sind also nicht ganz allein mit der Fehleinschätzung - aber ob es wirklich fast 200 unpassierbare Meter vor uns sind? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.







(Wir nennen es Klein-Verdun)

Sagen wir es einmal so: Wenn man für 200 Meter Rad hochheben - und es sind nicht gerade Leichtbauten - eine Stunde braucht, kann man sich danach alle Ambitionen auf einen guten Schnitt sparen. Im Prinzip geht das so: Der eine klettert voran, und klammert sich an einer Wurzel fest. Der andere schiebt ihm die Räder über Stock und Stein entgegen. Und wenn sie oben sind und sicher liegen, klettert er hinterher.Und dann widerholt sich das. Oft. Lustig ist es nicht, aber ich sage mir, dass auch solche 200 Meter irgendwann vorbei sind, oder das Leben ist vorbei, oder man kommt durch und nach 1, 2 Wochen lacht man darüber und ist froh, dass es kein Bild gibt, als man zwischendrin abgerutscht und bis zum Becken in Baumabfällen versunken ist. Es ist nicht wirklich ein Sport für Leute, die einen Sinn für Sauberkeit und Ordnung haben, es ist eine Sauerei und man braucht auch das sture Hirn einer Wildsau, um sich bis zum Ende der Baustelle durchzukämpfen.







Wo sich dann der Weg so verengt, dass man auch nicht fahren kann. Zumal es ja auch noch sehr steil und wurzelig ist. Irgendwann gibt ein Schuh den Geist auf, eine Klammer muss entfernt werden, und ein neues Fussbett aus Blättern hilft fürs erste. Ich danke meinem Onkel und meinem Vater, mit denen ich als Kind genug derartige Katastrophentouren gemacht habe, und denen ich neben solchen Fähigkeiten der Schnellreparatur auch Sprüche wie "So schwer kann das nicht sein" und "es gibt nur einen Weg das herauszufinden" verdanke, und dann geht es weiter mit dem Radhochheben. Oder wir bleiben sitzen, und bewundern das frühlingshafte Grün des Bergwaldes, denn auf Geschwindigkeit kommt es nicht mehr an. Statt dessen geht es nur noch um das Ankommen, und statt glaich wieder abzufahren, schieben wir nach dem gelungenen Durchsteigen nochmal hoch und gehen dann weiter, bis zur schönen Aussicht. 1500 Meter hoch sind wir, die letzten 200 zum Gipfel machen wir später irgendwann.







Innerlich lache ich hysterisch, als oben ein Münchner GTI ankommt und zwei Menschen mit sauberer Kleidung entsteigen, die wissen wollen, wo es hir zum Hirschberghaus geht: Da gibt es zwei Wege, und auf keinem sollte man mit dem Auto fahren oder Stöckelschuhen gehen. Der eine hat Steinschlag im Sommer und der andere Lawinen im Winter. Das hier ist Gebirge, das ist Kampf, und wenn es nicht die Elemente sind, dann sind es die Bauarbeiter. Kein Hirschberghaus für GTI-Fahrer. Wir rauschen den Berg hinunter, halten an der Quelle, holen das beste Getränk der Welt in diesem Moment, und kommen dann irgendwann, ein paar Stunden zu spät, wieder am See an.

So ist das. Und es gibt nur einen Weg, das herauszufinden. Ausserdem muss man sagen, dass Radheben auch die Reifen schont. Es macht schon Sinn, wie es ist.

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