: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 30. Juni 2013

So war das übrigens

Als ich in Berlin war, gab es auf dem Flohmarkt hinter der Kastanienallee einen Händler mit einem ganzen Tisch voller 70er-Jahre-Plastik, das besonders junge Eltern wie wild kauften: Vermutlich in der Hoffnung, dass, wenn sie das in die Küche stellen, der Nachwuchs auch so eine orange Wirtschaftswundererinnerung an ihre Kindheit in sicher nicht einfacher Zukunft haben werden. Eine orange Plastikkaffeemaschine mag für manche das Paradies der Kindheit sein, oder sie gehen Eiskonzernen auf die Nerven, dass die nach Jahrzehnten der angeblichen Luxuseisspeisen wieder anfangen, grauslige Kreationen wie Dolomiti neu aufzulegen. Gerade Eltern, die ansonsten durchdrehen, wenn Klein-Lea-Sophie Schokolade will, die nicht Fairtrade-veredelt ist. Bei mir ist das alles nicht wirklich nötig, denn in dem einen Paradies der Kindheit wohne ich bis heute, die damals nur selten offene Dachterrasse habe ich auch erobert, und dann habe ich noch das Glück, dass mancher Ferienort noch so wie 1973 Porstcolor aussieht:



So ist und war der Schliersee, und wer sich jetzt wundert, warum eine der besten Wohnlagen des Landes gar nicht wie St. Tropes, sondern wie ein Freilichtmuseum der RAF-Gegenwelt aussieht, und gar nicht so schick: Mei. Vielleicht gibt es auch welche, die es genau so mögen. Auf einem Tretboot jedenfalls kann man sehr viel besser als in einem Motorboot bei Vollgas poussieren. Übrigens gibt es hier gar keine Motorboote. Aber das Leben ist angenehm und das Wasser klar, und die Menschen sind nicht unzufrieden, selbst wenn sie das Essen nicht in orangem Plastik dabei haben. Oh, und mit der Grillerei geht einem hier auch keiner auf die Nerven. Und wer das für Retro hält: Der Spitzingsee im Sommer oder der Walchsee in Österreich haben teilweise sogar noch das original Besuchermaterial mit spitzen Brillengestellen. Und so war der Gardasee dann etwas mehr als 10 Jahre später:



Lacoste, wenngleich nicht in dieser Farbe, kann man heute wieder tragen, die Surfshorts sind länger und der Sinker, den mein anderes Ich da bei Malcesine und vor der Abfahrt präsententiert, wäre heute wirklich nicht meh fahrbar, aber er liegt immer noch bei meinen Eltern im Keller. Das Bild zeigt eigentlich, dass das Netz so gut wie gar nichts über meine wahre Vorgeschichte weiss, denn das Neue ist weitgehend verfälscht und erlogen (es soll bis heute welche geben, die glauben, meine Wohnung am Tegernsee sei nur eine Erfindung), und das Alte muss keiner wissen, es reicht, wenn es bei mir in alten Kisten ruht. Alles in allem keine schlechte Zeit, die erst durch die Umstände und Mitmenschen recht wenig erfreulich war.

Der schlanke Junge da auf dem Bild hat sich schon nicht mehr rumschubsen lassen, und so ist es dann auch geblieben. Und generell kann man mit so einer Jugend auch älter werden, ohne 30 Jahre später den Zwangsjugendlichen geben zu müssen. Das war so, es ist heute anders und daraus macht man eben das Beste.

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