: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 26. Februar 2005

Real Life Winter 2004 - Unter die Erde bringen

Vorbemerkung: Vor kurzem sagte jemand, manche meiner Texte wären erbarmunnglos; namentlich die Serie der "Skalpe meiner Feinde". Ich glaube das eher nicht; erbarmungslos ist etwas anderes. Damals dachte ich schon daran, den jetzt folgenden Text zu schreiben, und nach etwas Nachdenken habe ich es auch getan, weil... keine Ahnung. Weil ich will, vielleicht. Erbarmen ... bei diesem Wort fällt mir nur Baudelaire ein; "Satan meines Elends Dich erbarme". Im juristischen Zweifelsfall ist der Text nur Literatur und hat keinerlei Ähnlichkeiten mit lebenden oder ganz besonders toten Personen.

Über die schneebedeckten Hügel Thüringens hinunter nach Bayern, zügig über die Autobahn nach München. Bei Bayreuth wurde es heller, kurz vor Nürnberg glitzerte die Sonne auf dem Schnee, und in München war dieser typische, strahlend blaue Himmel, auch über dem Friedhof. Ich kam bewusst zu spät, denn Kirche ist absolut nicht mein Ding, und in diesem Fall erst recht nicht. Trauergottesdienst. Von wegen. Innerlich war ich im Freudenteufelstaumel. Die Sau war endlich, schnell und unverhofft von uns gegangen, dahin, wo keine Sau mehr zurück kommt. Final Business Solution.

Die Sau hatte davor alles überstanden. Strafanzeigen, anonym und direkt, Hausdurchsuchungen, Firmencrahs mit seltsam leeren Kassen, Schulden, vollkommen egal. Es gab immer jemand, den er um Hilfe fragen konnte, der ihm was Neues zuschob, wo er sich sofort mit der alten Grosskotzigkeit daranmachte, für minimalen Gewinn maximalen Schaden anzurichten. Die Anzahl seiner Verantwortungsposten stand im umgekehrten Verhältnis zu dem, was man landläufig als Verantwortungsgefühl bezeichnet.

Er hatte sich auch irgendwie aus dem Schlamassel befreit, in das er sich während der New Economy verstrickt hatte. Keine Ahnung, warum die Typen, die ihm Geld gegeben hatten, ihn so selten vor den Kadi zerrten. Wahrscheinlich war an dem Geld auch einiges krumm, aber das war damals allen wurscht. Er wurde mir während eines Empfangs vorgestellt, den eine aufgedonnerte Matchmakerin für tumbe Geldsäcke und Schweine wie ihn und Staffage wie mich organisiert hatte. Es war in der Frühzeit der New Economy, die meisten Börsengänge am neuen Markt standen damals noch bevor, aber er entwarf damals schon seine Visionen, die für den billigen Steuertrickser ohne 2. Staatsexamen, der er wirklich war, enorm engagiert klangen.

Wir trafen immer wieder mal aufeinander, aber weitaus öfters hörte ich von ihm. Man hat viel über ihn gesprochen, alles sehr positiv. da war einer, der es machte und konnte. Ich würde diese Sau doch kennen, ob ich sie ihnen mal vorstellen könnte, wollten ein paar Freunde wissen. Ich tat es nie.

Die Jahre rasten durch das Land der Munich Area, und 2001 war ich wieder auf seinem Radar, als er plante, durch den Niedergang als erster den ganz grossen Deal zu machen. Das war kurz nach einer grösseren Krise, die er nur überstanden hatte, weil sich das Gericht bei der Beschlagnahme seiner Rechner und der Prozessvorbereitung selten dämlich angestellt hatte, wie es die einschlägigen Kreise kolportierten. Er wollte nicht viel von mir, nur ein paar Namen von Leuten, die in einem Netzwerk durch ihren luxuriösen Lebenswandel in die Krise geraten waren und ihm für ein paar Lappen vielleicht helfen könnten, ein paar lukrative Stories zu machen. Er stellte mir vage in Aussicht, dass er mir dann dabei auch eine Rolle in seinem neuen Netzwerk geben könnte, wenn ich denn...

Ich habe abgesagt, im Gegensatz zu ein paar anderen. Es war letztlich egal, denn bei der Implosion der Märkte auf ihren realen Umfang gab es da nichts, was irgendwie verwertbar gewesen wäre, und so blieben nur ein Dutzend seiner Leute auf der Strecke, die es ohnehin erwischt hätte, wie er 2002 ausführte. Dass bei denen die Steuerfahndung ohne seine tollen Ideen wohl eher nicht aufgekreuzt wäre, um 5 Uhr Morgens, dass sie vielleicht halbwegs anständig aus der Sache rausgekommen wären, sagte er nicht. Seiner Peer Group war das auch egal, denn damals ging es längst schon um das neue Thema Basel-II, und da brauchte man Anpacker wie ihn.

Zu dumm, dass er dann nach kurzer, schwerer Krankheit verreckte. Zumindest hiess es das offiziell; was genau es war, hat mir niemand sagen können. Vielleicht die Drogen, Selbstmord eher nicht, dafür ar er nicht der Typ, vielleicht war er auch wirklich körperlich so krank wie im Kopf, keine Ahnung, aber als der Anruf kam, dass er, der angeblich mit mir befreundet war, endlich tot war, war es mir vollkommen egal. Hauptsache tot, vielleicht noch etwas Leiden vorher, zur Abrundung, wäre auch ok.

Ich schloss mich dem Zug ganz hinten an, da, wo noch andere gelackte Typen in Berateranzügen und zu dünnen Kurzmänteln liefen. Sauber rasiert, gefasst, ohne echte Anteilnahme, aber auch nicht beglückt wie ich. Die meisten machten sich ziemlich Sorgen um die Wasserflecken auf ihren Schuhen, denn das Grab war in einem Seitenweg, und überall lag feuchter Matsch. Da standen wir, vorne erzählte ein frierender Pfaffe etwas von Verantwortung für die Wirtschaft und die Entwicklung dieses Landes, und dann war da noch ein Verbandsheini, der die Verdienste der Sau im Pitchtempo herunterratterte.

Ich war einer der letzten, die Erde auf den Sarg warfen. Ich hätte genauso gut spucken können, die Schaufel hätte auch weitaus grösser sein dürfen, da packt man doch gerne mit an. Er war da unten und wird es auch bleiben, von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das ist verdammt gut so.

Seine Frau, Lebensgefährtin oder was auch immer, die daneben stand, sah ich nicht an. Nicht nötig. Solche Schweine finden immer die passenden Frauen, es gibt so viele davon, totaler escadabekleideter Überschuss in der Munich Area, man schlägt sich in diesen Kreisen um solche Typen. Vielleicht war sie sogar dumm genug, das Erbe anzutreten; nach dem, was ich weiss, eine ziemlich riskante Entscheidung. Egal.

Ich stapfte durch den Friedhof zurück und grinste. Vermutlich haben die, die mich sahen gedacht, das ist auch einer von denen, die dieses absurde Bedürfnis haben, bei Beerdigungen zu lachen; ein Ausdruck des übergrossen Schmerzes, oder so. Nix da. Er war tot, und das ist ok so. Alles roger. Wir sehen uns, winkte ich am Auto einem flüchtigen Bekannten aus einer Promikanzlei zu.

In der Hölle, später einmal, dachte ich, und donnerte b2b, back to Berlin.

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Freitag, 25. Februar 2005

Dem Spargel eine patalongen

Fscklog fucktcheckt Kindergeschreibsel bei myblog.de/spiegelnetzwelt.

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Datierungsproblem

Stalingrad Dezember 43?
Seoul Januar 51?
Grosny März 89?
Kabul Januar 03?
Berlin Mitte Februar 05?



Es ist die Woche, wo sogar die grössten Berlin-Fans an dieser Stadt verzweifeln, und vom Vorgarten, vom nahen Wald und See träumen, während unter dem trüben Himmel die Basisform der Stadt zum Vorschein kommt. Es ist so dunkelgrau, dass die Kleinagenturen im Erdgeschoss die Lamellen vor den Fenstern abhängen, so dass man die billigen Büromöbel sieht, und niemand, der nicht will, sollte heute Nacht alleine schlafen. Ficken heisst vielleicht ein Leben retten.

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Lustige Briefe vom Anwalt

Extreme Knieschussing: Einen Brief schreiben, der eine ganze Menge Forderungen zum Schutze der Persönlichkeitsrechte einer umstrittenen Figur aufstellt, und der zum vorgeblichen Beweis der Rechtmässigkeit ziemlich viel Briefgeheimnisbehinaltendes dritter Personen enthält - und das wird dann an jemanden geschickt, der mit der Sache rein gar nichts zu tun hat.

Hardcore Hoffing, dass der dadurch Persönlichkeitsrechtsverletzte ein klein wenig rachsüchtig ist. (Merke: Medien trifft man immer zweimal - und das 2. Mal wird man auch von ihnen getroffen)

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EKA.Cafe.Bar

Sie tanzen. Sie tanzen langsam, eng aneinandergeschmiegt, hingebungsvoll, und dazu singt die tiefe Frauenstimme auf französisch, mit dem Dialekt der Kolonien, von der Liebe und vom Schmerz. Sie könnten auch Franzosen sein; er hat das markante Gesicht der Provencalen, sie ist das Idealbild der Garconne. Sie tanzen sehr anmutig, und es ist für dich gut so, denn es ist ein sehr schöner Anblick, wenn das Personal in einem Cafe hingebungsvoll tanzt, und du hast Zeit, zumindest bis das Stück zu Ende ist, die Frauenstimme verklingt, denn solang dauert es, bis dein Darjeeling 2. Ernte ausreichend gezogen hat. Dann ist die Musik aus, sie trennen sich, lächeln sich an, und er bringt deinen Tee, nicht ohne auf die Vorzüge hinzuweisen, und es tut dir fast leid, du hättest gerne noch etwas gewartet und zugeschaut, und vielleicht würdest du auch selbst gern mit ihr tanzen.

Du hast also Zeit, weil du zu früh losgefahren bist, und sie pünktlich, aber nicht überpünktlich ist. Es ist gut so, denn du kannst dir den Platz frei raussuchen, und du nimmst natürlich die braunen Lounge Chairs ganz hinten, wo die EKA.Cafe.Bar besonders intim und entspannt ist. Es ist nicht so, dass die anderen Sitzecken quasi auf dem Präsentierteller liegen; tatsächlich ist der Raum verwinkelt, der Blick wird oft abgelenkt, von der Weltkarte an der Decke, von den lederbespannten Decken, die eine ganz andere Atmosphäre schaffen als die Lederwülste im Greenwich, wohin du ab und zu mit den angeblichen Top Dogs der digitalen Wirtschaft gehst. Es ist also kein Cafe zum Gesehen werden, aber ganz hinten, wo man in den tiefen Polstern versinkt, bleibt man unter sich. Die Musik ist hier eher leise, die Akustik ist gedämpft, und niemand ist gezwungen, dem anderen ins Ohr zu brüllen - wenn man sich hier körperlich nahe kommt, dann nur in voller Absicht.



Sie ist also noch nicht da, hastet durch den kalten Abend über die zerborstenen Gehwegplatten, und du solltest den Rest bei Restaur.antville lesen.

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Donnerstag, 24. Februar 2005

Ganz erstaunlich

Nebenan wird grossflächig abgerissen. Genauer gesagt, vom ehemaligen Bahnhof steht praktisch nichts mehr. Aus unverständlichen Gründen hat man sich aber dazu entschlossen, die Randbebauung zu erhalten und aus runtergekommenen Werkhallen leerstehende Edelbüros zu machen.



Nicht sehr konsequent. Aber jeden Abend gehen da drin die Lichter an, geheizt wird wohl auch, man täuscht das Leben vor, das in diesen originalen Lofts laut Business Plan sein sollte. Um die Ecke ist die Chaussestrasse; das hier hätte die verlängerte Werkbank der Berliner New Economy werden können. Werbeagenturen, Marketing, Kreative fast direkt an der Silicon Alley.

Davor ist jetzt seit Monaten immer noch eine ungepflegte Fläche mit Bauschutt und rostigen Stahlträgern; der Boden ist weich, sumpfig und uneben. Eine Brache mitten in der Stadt, sinnlos, düster und sicher nicht ganz billig. Es fehlt sogar das obligatorische "Zu vermieten"-Schild. Man hat wohl innerlich schon aufgegeben. Oder wartet. Auf das Frühjahr, den Aufschwung, die Investoren.

Es muss in dieser Stadt tausende von Männern und Frauen geben, die den ganzen Tag die Telefone in den verantwortlichen Immobilienfond-Büros anstarren, in der Erwartung, dass jemand anruft und die Hoffnungsruinen besichtigen will. Aber nichts passiert, und so werden sie da sitzen, bis das Geld alle ist. Spooky, irgendwie. Fast schon tot. Jedenfalls nicht wirklich lebendig. Wie so vieles in dieser Stadt, deren gröbste Scheusslichkeiten der Schnee notdürftig verdeckt.

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99, ach was 100% Müll

Der Spiegel blökt äh blogt nein Quatsch logt online: "Scheiße, einfach scheiße"

Ich möchte mich dem anschliessen, Herr v. Blumencron.

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Dirt Picture Contest - Probe aufs Exempel

Was pasiert eigentlich, wenn man, wie so oft als von tollen Sales Managern behauptet, einem Eskimo oder einem Bewohner der Permafrostregion Westsibiriens einen Kühlschrank verkauft?



Zum Glück ist in der tiefgefrorenen Eissteppe, genauer der als "Dunckerstrasse" bezeichneten Schneise im Sibirenslum viel Platz dafür. Die Bäume sind noch nicht hoch genug, um Sales Manager daran aufzuknüpfen, aber es gibt auch noch alte, unbrauchbare Laternenmasten, die einer neuen Zweitnutzung harren.

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Mittwoch, 23. Februar 2005

Zitat der Woche

"Mir ist es lieber, wenn meine Kinder ihr Taschengeld für zwei, drei Klingeltöne im Monat ausgeben, als wenn sie davon Drogen kaufen." Alternativ: "als für Gummibärchen und andere Süßigkeiten [...] oder für Zigaretten oder sonstirgendwas."

Marc Samwer gestern auf dem Digital Lifestyle Day (laut Insider-Bericht, danke H.)

[Update]: Nach anderen Quellen lautet das Zitat wie hier - meine mündliche Quelle hörte es anders. Es ist also dann doch nicht sicher, dass Jamba Klingeltöne besser findet als Drogen. Oder umgekehrt.

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Ein paar Anmerkungen zur Qualität in Blogs

Martin Roell hat da eine sehr feine Debatte angestossen - die Qualität der Texte in Blogs. Vielleicht ein paar Worte aus der Sicht eines Journalisten und Schriftstellers, dem zumindest die Chefredakteure, die Lektoren, die Verleger und letztlich auch der Markt eine gewisse "Qualität" unterstellen - wenn dem nicht so wäre, würde schliesslich keiner was für meine Texte zahlen.

Was ist Qualität? Die Grundlage für Qualität im Journalismus ist die Recherche, von der wir alle aber wissen, dass sie beim Bloggen eher selten vorkommt. Blogger schreiben meistens nicht über Themen, die sie sich erst erarbeiten müssen, sondern kommentieren Fakten, Behauptungen und Ereignisse, von denen sie meinen, sie beurteilen zu können. Sprich, das, was bei einem guten, selbst erarbeiteten drei viertel der Arbeit ausmacht, findet in Blogs meist nicht statt. Es liegt mir fern davon, das zu kritisieren - die meisten Beiträge in Print, Internet, TV und Hörfunk sind miserabel recherchiert, beruhen je nach Thema zu 50-80% auf PR, sind oft von Praktis oder alkoholkranken Frustis mit Existenzangst zusammengeschmiert, und der Aktualitätsdruck tut sein Übriges dazu, dass die Journalisten gern auf Vorgekautes zurückgreifen. Sei es nun, dass sie Geschichten klauen und etwas umschreiben, sei es, dass sie noch nicht mal das Thema erfassen. Auf einen brillianten Leyendecker auf Seite Eins der Süddeutschen kommen 50, 100 Typen, die schlecht geschlafen haben, das Thema nicht leiden können, die PR-Tussi des Startups ficken oder sich jeden Tag zum Essen einladen lassen, ihr Spezialthema jede Woche neu umschreiben, oder Berater der Kulturreferentin werden wollen. Journalismus ist ein Beruf wie jeder andere im Bereich Gebäudereinigung, mit dem kleinen Unterschied, dass man hier Ungelernte unbeaufsichtigt an die Meinungsbildung der Bevölkerung ranlässt, und sie dafür auch noch mit Privilegien ausstattet.

Das klingt böse, aber ein kleines Besipiel mag das illustrieren: Mein Roman Liquide wurde über 60 mal besprochen. 20 Rezensionen waren so, dass man vermuten kann, der Journalist hat das Buch gelesen. Die anderen waren die etwas umgeschriebene Pressemitteilung des Verlags, mit ein wenig Meinung aussenrum. Also, was ist Qualität im Normalfall? Ganz sicher nicht Recherche, weder beim Journalismus noch bei den Blogs.

Es gibt aber noch zwei andere Eigenschaften, aus denen ich bei einem Text "Qualität" ableiten würde: Der Dreh und die Kraft. Ein guter Text ist wie eine Kugel - das Blei ist die Recherche und der Inhalt. Was so einem Text die nötige Durchschlagskraft gibt, um einzudringen, hängenzubleiben, den Leser zu fesseln und widerzukommen, ist die persönliche Kraft des Verfassers, vergleichbar mit dem Pulver. Das kann sein Stil sein, seine ausgeprägte Meinung, seine Kompetenz auf einem gewissen Thema, und wenn es auch "nur" Stricken, Katzen oder Streit mit den Lehrern ist. Jemand, von dem ich behaupte, dass er diese Kraft hat, ist Don Dahlmann. Don könnte ein Spiegelei braten, und sofort hätte ich ein passendes, plastisches Bild im Kopf.

Und was den Text auf seiner Bahn hält, was ihn zum Ziel führt, ist der besondere Dreh, der ihm die Stabilität gibt, um die ganze Strecke zu überbrücken, der die Geschichte rotieren lässt, dass man den Eindruck hat, he, der hat wörtlich den Dreh raus, der weiss, wie er es mir erzählen muss, wie er mich nehmen muss, der hat ein Gefühl nicht nur für das, worüber er schreibt, sondern auch dafür, wie es beim Lesen in mir ankommt, so dass es etwas Besonderes ist, eine Geschichte, die mir einfällt, wenn ich an den Blogger denke. Für mich ist der "Dreh" bei Lyssa, um ein Beispiel zu nennen. Lyssa könnte auch über das Telefonbuch schreiben, und es hätte immer noch den sexy Lyssa-Dreh. Dreh muss nicht sexy sein, es geht auch Zynismus, Ironie, irgendwas, was dem Text ein +X verleiht.

Das Ganze ist rein empirisch, es gibt keine Messlatte und keinen Beleg, und es hat auch nicht immer mit Qualität im herkömmlichen Sinne zu tun, denn leider hat auch eine Bild-Schlagzeile unbestreitbar Kraft, und Franz-Josef Wagner hat für viele den Dreh. Aber wenn man ein Seminar mit 10 jungen Leuten hat, erlebt man das oft: Da ist dann einer dabei, der es völlig anders macht, Regeln ignoriert, aber das Ding ist einfach brilliant, und die anderen sind dagegen einfach nur sturer, banaler Bockmist. Ich behaupte, dass weder Kraft noch Dreh erlernt werden können; das sind Dinge, die aus den Leuten selber kommen, da schreibt nicht ein Zeilengeldkassierer, sondern ein Mensch, und genau das ist es, was beim Bloggen garantiert nicht seltener ist, als in den klassischen Medien.

Es mag oft stilistisch nicht toll sein. Na und. Es ist oft nicht gut aufgebaut. Na und, dann ist es eben der konsequente Stil der Leute. Ich lese das trotzdem, es macht mir nichts aus, und selbst, wenn ich es aus formalen nie in der Zeitung abdrucken würde, ist es immer noch verdammt gut. Vielleicht ist es auch "nur" eine Soap-Opera mit jeden Tag ein, zwei Folgen. Na und? Ich bin jeden Tag aufs Neue begeistert von Sickgirl, und jedem Bildungspolitiker, den ich hier in Berlin treffe, sage ich, er soll das lesen, dann kapiert er, wo das Problem an den Unis ist. Für mich ist das gute Unterhaltung mit Kraft und Dreh; andere finden das wo anders, denn jeder hat seine eigenen Kriterien, was diese Begriffe für ihn bedeuten.

Wenn, wie von Martin Roell geschildert wird, in Berlin der Mangel an qualitativ hochwertigen Blogs bemängelt wird, dann haben die keine Ahnung. Qualität lässt sich bei einem thematisch extrem zersplitterten "Markt" wie der Blogosphäre nicht in Quote messen. Es spielt absolut keine Rolle, denn die Leute lesen es trotzdem, die "Märkte" sind kleiner, dynamischer, unvorhersehbar. Dieser Ruf nach mehr Qualität hat nur ein einem kleinen Punkt recht: Die Qualitäten der Blogs und die daraus entstehenden "Audiences" und "Micromarkets" sind keine Qualität, die sich wirtschaftlich ausschlachten lassen.

Wer in Quote messbare Qualität will: Texte, deren Qualität wirtschaftlich verwertbar sind, heissen "Journalismus". Oder Literatur. Auch die brauchen Wissen, Kraft und Dreh, und sind dann aber nicht billig, ganz gleich, ob sie nun in einer Zeitung, auf einem Portal, in einem Buch oder in einer Blogsoftware publiziert werden, und dabei auch noch den besonderen Dreh und die Kraft der Blogtexte haben. Es gibt keinen Grund, das nicht zu tun; Journalismus ist heute öde und langweilig genug. Gerade diejenigen, die die Qualität in der Blogosphäre bemängeln, könnten da doch mal mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, wie das geht. Also los, ich warte.

dito an der Blogbar

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Dienstag, 22. Februar 2005

Kurt Ochners Bank freigesprochen

Das ist das Schöne an den Prozessen zum neuen Markt: Es gibt inmmer einen oder mehrere Idioten, über die man lachen kann. Hätte man die Bank des früheren Nemax-Gurus Kurt Ochner, die mit ihrem Julius Bör Creativ-Fond Abermillionen in deutsche "Weltmarktführer" verpulverte, zur Rückzahlung der Gelder an ihre Anleger verdonnert, wäre es ein Fest gewesen.

Nun haben sich aber diese Anleger darauf versteift, wegen einem etwas undurchsichtigen Prospekt zu klagen, und verloren. Da haben also die Möchtegern-Millionäre, die Mit30Pensionisten, die Internet-Gläubigen dem schlechten Geld gutes Geld in Richtung Anwälte nachgeschmissen. Hehe.

Die Fondsbranche kann also aufatmen. Der Prospekt kann weiterhin das Blaue vom Himmel hochverzinst versprechen, Leichtgläubige gibt es immer noch, und bald werden sie auch wieder von einer neuen New economy träumen, und dann gibt es wieder viel zu tun. Und zu lachen.

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Wie in alten Zeiten

sind die aktuellen Geschäftszahlen von Lycos für 2004: Über 34 Millionen Euro Verlust bei dreimal so hohem Umsatz. Das ist hart. Gut, es war auch schon mal schlimmer, aber normalerweise gibt sich bei sowas der Vorstand selbst die Entlassungspapiere. Noch schöner ist der Rückgang der liquiden Mittel: Von 175,2 Millionen auf 121,7 Millionen Euro, denn Lycos hat einiges zugekauft, was demnächst wieder zu Abschreibungsbedarf führen dürfte. Bei der Geschwindigkeit dauert es noch 2 bis drei Jahre, bis Lycos fertig ist, aber wir rufen ihnen dennoch schon mal zu:



Denn wie erfahrene Neuökonomisten wissen: Mit dem richtigen Spirit tut das Sterben halb so weh.

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Real Life 05.09.01 - Damals, bei Siemens Business Services...

Die hatten in schwierigen Zeiten des späten Jahres 2001 noch ein Herz für Startups. Da gab es wirklich noch Entscheider, die die ganze Blase an gescheiterten VC-Verbrennern, arbeitslosen Rechtanwälten, hungrigen Beratern, fickbaren PR- und Marketing-Spezialistinnen und auch so böse Buffetjournalisten wie mich eingeladen haben, und uns erzählten, was wir tun sollten, um mit ihnen ins Geschäft zu kommen. Bester Tipp: "Lassen Sie ihr Nokia-Handy und Ihr Dell-Notebook zu Hause, wenn Sie mit uns verhandeln."

Ausserdem hatten die auch ein Herz für Medienkunst; ein Künstlerpaar durfte im Münchner Headquarter die Brücken über die Eingangshalle von unten mit Schwimmerinnen im blauen Wasser verzieren, was sehr nett aussah und mich immer ein wenig an die Argonauten erinnerte, die auch so eine Vorliebe für Wasser hatten. Die Kantine hätte auch eine Münchner Szenebar sein können; viel Holz, Pastelltöne, niedrige Sitze und betont entspannte Atmosphäre. Nur das Essen, das war zu Beginn wieder typisch Siemens - der welke Salat und die trockenen Brötchen, die die beiden Buffetjournalisten in "Liquide" bekritteln, habe ich in Realität hier erlebt, und die Brezen waren vielleicht Hamburg oder Shanghai, aber sicher nicht der Stadt München würdig. Aber ich habe das einmal lauthals kritisiert, worauf beim nächsten mal die Verpflegung besser war - viel besser, wirklich ordentliche New Economy Wraps.

Insofern versprach dort alles ein angenehmes Leben, nur fragten sich die meisten Gäste, die windigen Leuteschinder, Versager, Grossmäuler mit was auf die Fresse und obskuren PR-Tanten auf Dekoltee-Akquise leise, was die hier eigentlich machen würden, wenn die Mitarbeiter mal nicht in der Lounge waren oder über die Brücken in der Halle gingen. Keiner konnte diese Frage beantworten, aber was uns komisch vorkam: Die Leute, die von Siemens Business Services da waren, machten auch am Abend einen enorm entspannten Eindruck. Um 18 Uhr waren die Mitarbeiter alle schon weg...

Was arbeiten die hier, gurrte damals eine der unvermeidlichen Ketchum-Blondinen in meine Richtung, und ich sagte, dass sie wohl eher nichts machen und Siemens auf der Tasche liegen, das sei hier wohl so eine Art Schlaraffenland-Startup, wo man kluge Dinge sage und es damit gut sein lasse. Oh, gurrte die Ketchum-Blondine und machte ihre Haare auf, packte die Brille weg, ging zum Buffet, holte sich ein Wrap und lernte dabei unauffällig jemanden von SBS kennen, der dort wohl was zu sagen hatte, und der...

vielleicht heute bei diesen 675 ist, die gefeuert werden.

6 Tage nach dem Event krachten die Flugzuge ins World Trade Center. SBS hat nie wieder Startups eingaladen. Die Ketchum-Blondine wurde bald darauf bei Ketchum freigesetzt, ohne einen Ersatzarbeitsplatz zu haben. Sie war eigentlich sehr nett, aber damals waren alle nett. Am Abend. Noch. Brutal wurde es erst 2002.

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Montag, 21. Februar 2005

f.a.c.e. it - Du gehst das Klo runter

Ich fahre in Frankfurt ja immer gern durch die Hanauer Landstrasse. Diese Strasse ist ab Hausnummer 170 für Frankfurt das, was die Munich Media Works in der Rosenheimer Strasse für München war, oder die Lokfabrik in der Chausseestrasse für Berlin - ideale Testgelände zum Einschiessen des Dotcomtod-Finalizers. In Frankfurt sassen dort so Dinge wie Snacker oder Venture-Lab, man entwickelte Corporate Mangas wie Sushee, das blauhaarige Comicgirl, oder etwas später dann eine Reality Show namens Pink Slip Party, und im Zentrum dieses blubbernden Dotcom-Sumpfes ein gewisser Frank Lichtenberg, unvergesslich - auch wenn sein letztes Ding Provenice inzwischen auch schon tot ist, aber das sind nur 20 Punkte am Rande. Keine Ahnung, wo er sich jetzt rumtereibt, aber vielleicht wird er ja bald Vice President Marketing & Communications/Chief P2P Corporate Business Blog Manager Pixelpark AG - möglich ist alles.

Ausser, dass die Zeit von damals wiederkommt, in der Hanauer Landstrasse. Denn dort wird kräftig weiter gestorben. f.a.c.e., das steht für federal ambient communications enterprise GmbH & Co. KG, das steht für jede Form von Marketing und Werbung, und seit heute auch für die Nummer 810 IN 189/05 F beim Amtsgericht Frankfurt. Nun, wer allen Ernstes seinen Kunden Werbung integriert in themenbezogene Schulbücher anbietet, der geht nicht umsonst das Klo runter, sondern zum Besten der Gesellschaft, mag mir scheinen - gut, dass Jamba da noch nicht draufgekommen ist.

Zur Seite: Oh Gott. Es gibt wirklich eine Agentur, die allen Ernstes derartige Kloszenen-Wallpapers/Ecards anbietet - und dann Schulbücher mit Werbung vollpflastern will. Die Hanauer Landstrasse ist immer noch für Überraschungen gut.

Nachtrag: Das Ganze ist übrigens dem Segen des Hessischen Kultusministeriums. Nun, liebe mitlesende Journalisten, nachdem der Exklusivvertrieb mit f.a.c.e. gerade einen Insolvenzantrag laufen hat, wäre das nicht mal ein Thema?

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Real Life 21.02.05 - Call Center World

Ich halte mich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung und presche unter den Brücken hoch zu den Gates. Direkt davor ist ein Parkplatz frei, Glück gehabt. Ich trage einen braunen Dufflecoat, ein weiches, dunkelbraunes Sakko, Hose, Schuhe. Ich steige aus und bin im falschen Film. Männer in Anzügen, schwarz, dreiteilig, billiger Stoff und schlecht geschnitten, unsauber gebundene Krawatten. So muss sich der Brite gefühlt haben, wenn er bei der Grand Tour im Berlin der 20er Jahre Bakanntschaft mit der Unterwelt gemacht hat. Aber wir schreiben das Jahr 2005, und es ist der Flughafen Tegel, wo zwar viel seltsames, runtergekommenes Publikum rumläuft, aber eben anders als diese kaputten Bizz-Typen. Egal, es ist 11 Uhr, sie muss jede Sekunde auschecken, also eile ich zu Gate 2.

Gate 2, der Ausgang des Billigfliegers dba, ist sowas wie der Versammlungsplatz dieser seltsamen Typen, die sich in ihren Anzügen erkennbar unwohl fühlen. Sie sind sauber rasiert, aber hektisch, sprechen kurz abgehackt; manche erteilen Befehle, andere, meist Jüngere, die aussehen wie Fünftsemester Maschinenbau beim Pitch um Venture Capital, gehorchen. Sie warten auf die gleiche Maschine wie ich, und sie warten lange, denn, wie sich herausstellt, verzögert sich die Ankunft wegen Schnee in München. Ich gehe nochmal zum Auto, nehme Shakespeares Richard III und setze mich drinnen wieder unter diese absurden Gestalten, die sichtlich genervt sind vom Warten, unzufrieden, böse. Niemand lächelt, die Stimmung ist eisig. Richard von Gloster, später Richard der Dritte, bringt seinen Bruder um, dann ruft sie mich an, um ihre Verspätung zu entschuldigen. In München warten die Billigflieger wie die Businessklässler auf eine freie Startbahn.



Es ist normal, dass sie eine Billigmaschine für die paar Stunden Pressekonferenz und Mittagessen mit mir nimmt. Aber irgendwas seltsames muss in der Maschine sein, halbseiden, vielleicht ein Betrüger, ein Leuteschinder; irgendwas, was diese Typen hier anzieht, die eine masslose Unzufriedenheit ausstrahlen, vielleicht auch Gier und eine gewisse Raubtiermentalität. Ich kenne sie von früher, immer das gleiche, die Fördergeldratten, die Subventionsabstauber, die Förderungsforderer, die nichts bieten ausser Macjobs und aussertarifliche Arbeitsbedingungen. Das war 2001, nach dem Crash, aber heute ist 2005, was wollen die hier und warum sind es so viele.

Richard III lässt seine Familie ermorden, da tritt von Links eine weitere Person auf, kein Zweifel, dass sie dazu gehört, aber es ist eine Frau. Jemand hätte ihr sagen sollen, dass ihr russischer Prinzessinnenmantel in Sauerkirschyogurthrosa nicht wirklich gut kommt. Jemand hätte ihr sagen sollen, dass die dunkle, gestreifte Hose zu affektiert ist, und vielleicht noch hinzufügen können, dass die Dose Haarspray in ihrer Businessfrisur nicht darüber hinwegtäuscht, dass sie nicht mehr ganz jung ist, so wie die meisten, die ihre besten Zeiten in der New Economy verplempert haben. Allerdings hätte dieser Jemand kein gutes Leben mehr gehabt, denn diese Frau ist die personifizierte Intrige, der Typ, der immer irgenwie nach oben kommt, um unter sich Unheil anzurichten. Und irgendwann so mächtig zu sein, dass sich keiner mehr was sagen traut.

Richard III und sein Gegner Richmond erhalten Besuch von den Geistern derer, die Richard mit Worten wie "If any spark of life be yet remaining, down down to hell and say I sent thee hither" um die Ecke gebracht hat, da hat sie die Schnauze voll vom Warten, zieht aus ihrer Handtasche Unterlagen und ein Handy, ruft jemand an und macht ihn mit nicht wirklich verschönernden, wütenden Gesichtszügen zur Sau; redet sich mit Worten wie Telco, Handy und Outsorcing in Rage, und schiebt die Lippen verächtlich nach vorne, als sie auflegt. Dann ist der nächste am Drannsten, aber dafür geht sie etwas weiter weg, weil die billigen Typen in ihren Anzügen schon etwas seltsam schauen. In einer Ecke hinter einem Werbeplakat setzt sie ihr Vernichtungswerk fort, und mir fällt auf, dass einer der übergrossen schwarzen Knöpfe an ihrer sauerkirschyogurthrosanen Oberbekleidung fehlt und durch einen anderen, kleineren, durchsichtigen ersetzt ist.

Richmond bringt Richard III um, ruft zum Frieden zwischen weisser und roter Rose auf, da landet das Flugzeug, und meine Bekannte kommt heraus. Hinter ihr ist ein Schwarm von schlecht frisierten, billig schwarz angezogenen, wenig ansprechenden Typen, deren Bilder viel Photoshop bräuchten, wenn sie mal auf die Vorstandsseiten sollen. Die anderen Männer, die gewartet haben, gehen ihnen entgegen. Sie verschmelzen zu einer homogenen Masse verlogener, routinierter Freundschaftsrituale. Einer der Neuankömmlinge, Typ braungebrannter Gebrauchtwagenhändler, bleibt stehen und schaut sich um, sieht die Frau in Rosa, die gerade im Schmutz kniet, und ihr Handy in der Tasche verstaut. Sie sieht ihn von unten an, ihr Gesicht ist ungesund rot, und lächelt berufsmässig.

Ich verlasse mit meiner Bekannten das Gate. Draussen stehen etliche schwarze Mittelklasse-Mercedeslimousinen, auf denen notdürftig "Call Center World VIP-Shuttle" aufgeklebt ist. In der Tat... Wir fahren zum Essen, und ich bin wie immer sehr angetan von ihrer ruhigen, höflichen Art und ihren kleinen, bitterbösen Bemerkungen.

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Hunter S. Thompson

1939-2005. Irgendwie konsequent. Leider.

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JAAAAAAAAAAAAAAAAA! Latte rektal.

Die Fresse von der Merkel! Und vom Koch! Und von dem Überfremdungstrottel in Kiel! Und vom Be Scheuertmann! Und die Zufrühmaulaufreisser von SPONFAZ! Heult bitte!

Wie sagte nicht schon Stoiber: "Eines ist sicher: Wir haben diese Wahl gewonnen." Bitte mehr so Siege für die CDU/FDP. In Kiel sagte man: Christian von Boetticher, als künftiger Agrarminister im Gespräch, runzelt die Stirn: "Noch haben wir 35 Sitze. Es ist Arsch über Latte, wie man so schön sagt". Na, dann doch eher Latte rektal.

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Sonntag, 20. Februar 2005

Frage und Hinweis an die Leser

Seitdem Heise auf dieses Blog gelinkt hat, sind die Unique Visitors dieses Blogs um 200, 300 pro Tag nach oben gegangen, und die Zahl bleibt auch oben. Kann es sein, dass sich hier gerade viel altes DCT-Publikum befindet? Falls ja, stay tuned, Gerüchte besagen, dass es bald frohe Kunde gibt - für alle, ausser die New Economy und ihre Wurmfortsätze in Politik und Gesellschaft. Und solang könnt ihr auch gerne hier mitdiskutieren, my old pals...

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itfarts

Ein Veranstaltungskalender, der im November 2003 aufhört, eine Academy, die auch schon seit anderthalb jahren nicht mehr lehrt, und eine Partnerliste, deren Mitglieder eine gute Erklärung liefern, wo das ganze schöne Geld der Berlinförderung hinläuft - das nennt sich also itstats. Kann sein, dass manche der Partner immer noch volkswirtschaftliche Schädlingstum praktizieren, aber hier ist wenigstens mal was ordentlich tot.

Ich bin ja eigentlich dafür, dass solche Ruinen stehen bleiben; hätte man in Berlin schon 1945 so halten sollen - also bitte, wenigstens jetzt nicht abschalten. Als Mahnung an die Terrordiktatur, als man an die Jobmaschine Internet und den Spirit der Company glauben musste, wenn man essen wollte.

:::::::::: <- 20 Punkte.

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Am 9. März will Premiere an die Börse

Ich war dabei, als bei der Pleitekonferenz von Kirch in einem bemerkenswerten Durcheinander auch die Insolvenz von Premiere angekündigt wurde. Angeblich werde der Antrag gerade vorbereitet, sagten die Anwälte - aus Unterföhring kam aber ein Dementi. Danach war die Konfusion gross, aber Unterföhring behielt recht. Keine Pleite.

Drei Monate später traf ich mich dann mit einem Informanten zu einem vertraulichen Gespräch, weil jemand von DCT um ein paar harte Fakten zu Premiere angefragt hatte. Was der so erzählte, war wenig schmeichelhaft. Wäre ich bei einer der Banken, die den IPO begleiten, würde ich ganz genau hinschauen, wieviel der bilanzierten Forderungen tatsächlich realisiert wurden, und wieviel der besonders in strukturschwachen Regionen geworbenen Kunden wahrscheinlich mangels Masse eher nicht zahlen werden. Stichworte sind da Hamburg, Bremen, Ostdeutschland, sowie das 4-Millionen-Slum bei Marzahn. Premiere hat eine ausserordentlich ungesunde Sozialstruktur in der Kundenkartei, sickerte damals durch. Allerdings verdienen Banken nur beim IPO und nicht, wenn sie zu kritische Fragen stellen.

Überhaupt diese Hektik beim Börsengang. Schnell schnell, damit keiner genau hinschaut, keine kritischen Berichte kommen, keiner allzu präzise nachfragt. Vielleicht gibt es ja wieder genug Vollidioten aka Kleinaktionäre, die sich von ihren Kundenberatern Premiere als Altersvorsorge aufschwatzen lassen. Ich kenne noch ein paar Fälle, die Pro7Sat1-Aktien wärmstens empfohlen haben, weil das Kirch-Filmpaket in Zeiten des Internets chronisch unterbewertet sei. Das war zu einem Zeitpunkt, als die Deutsche Bank Kirch bereits geshitcanned hatte. Premiere-Aktien sind das Jamba-Abo für Erwachsene, wenn man so will.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 20. Februar 2005

Myblog 20 sucks mit Jamba

(SCNR) aber was sehen da meine Äuglein? Jamba, die inzwischen als Klingeltonverkäufer mit penetranter Werbung und durch seltsame Geschäftspraktiken mit Minderjährigen ins Gerede gekommen sind, beschreiten neue Wege beim Jugendmarketing! Und wer ist ihr neuer Werbepartner? Der inzwischen zu 20six gehörende Bloghoster Myblog.de, auch bekannt als Zulieferer für News Frankfurt… hier ein schnell geschossener Screenshot eines neu eröffneten Myblog-Blogs: mehr an der Blogbar und ich will 20 DCT-Punkte.

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Die Skalpe meiner Feinde - 15 Jahre treue Gefolgschaft.

Leonard Monheim. Ist im Spiegel der mittelgrossen Silberschale eingraviert, die ich heute gekauft habe. Irgendwann in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts also hat besagter Leonard Monheim diese Schale erworben, die nicht billig, aber auch nicht allzu teuer gewesen sein dürfte, er hat die Schrift anbringen lassen und sie der Person geschenkt, die 15 Jahre in seiner Gefolgschaft war und sich dabei offensichtlich gut verhalten hat.



15 Jahre. Das ist eine lange Zeit. Wenn jemand 15 Jahre gut für eine Sache, eine Person arbeitet, sollte auch so etwas wie persönliche Nähe entstehen. Und es sollte vielleicht als etwas anderes wahrgenommen werden, als treue Gefolgschaft. Die vorraussetzt, dass der andere nicht nur der Führer ist, sondern auch die Folgen des Standesdenken als Wert definiert, sonst wäre es nicht in Silber verewigt. Selbst im Boden des Fressnapfes eines Hundes wäre so eine Inschrift nach 15 Jahren etwas seltsam unpersönlich. Der Wert ist Treue und Folgsamkeit, kein eigenes Denken, keine konstruktive Kritik, kein freier Wille, kein Ratschlag. Maul halten, mitmachen, keine blöden Fragen stellen, nach 15 Jahren gibt es dafür eine Silberschale, in der steht, dass man dem System ordentlich angepasst war. Toll.

15 Jahre, und dann vielleicht noch lange Zeit weiteres Vegetieren im Dienst der Sache. Die Erben finden das nach dem Tod nicht besonders wichtig, vielleicht sogar peinlich, und überlassen die Schale lieber dem Wohnungsentrümpler. Der sieht das auch als Problemfall an und ist schnell bereit, mit dem Preis runterzugehen. Am Ende sind wir knapp über dem Materialwert, für die feine Arbeit und die dumme Inschrift gibt es gerade mal 10 Euro über dem, was es nach dem Einschmelzen wert wäre. Das also ist der aktuelle Marktwert von 15 Jahren treuer Gefolgschaft.

Leonard Monheim und der Beschenkte wären sicher nicht froh, wenn sie wüssten, dass die Schale mir jetzt als Brotkorb dient, und die beizeiten, beim Frühstück danach, unachtsam und ohne jede Beachtung der Inschrift leergefressen werden wird, von einer jungen Frau, vielleicht fleischige Elitesse, vielleicht dünne Buchhändlerin, die in diesem Moment alles andere als treu ist, und ganz sicher nicht dem folgt, was Gesellschaft, ihr Freund und die Peer Group von ihr erwartet. 15 gottverdammte Jahre sind nichts gegen so eine Nacht davor, und dem Frühstück mit den Spolien der versunkenen Spiessergrossreiche danach.

Alle Skalpe

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