Die Skalpe meiner Feinde - 15 Jahre treue Gefolgschaft.

Leonard Monheim. Ist im Spiegel der mittelgrossen Silberschale eingraviert, die ich heute gekauft habe. Irgendwann in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts also hat besagter Leonard Monheim diese Schale erworben, die nicht billig, aber auch nicht allzu teuer gewesen sein dürfte, er hat die Schrift anbringen lassen und sie der Person geschenkt, die 15 Jahre in seiner Gefolgschaft war und sich dabei offensichtlich gut verhalten hat.



15 Jahre. Das ist eine lange Zeit. Wenn jemand 15 Jahre gut für eine Sache, eine Person arbeitet, sollte auch so etwas wie persönliche Nähe entstehen. Und es sollte vielleicht als etwas anderes wahrgenommen werden, als treue Gefolgschaft. Die vorraussetzt, dass der andere nicht nur der Führer ist, sondern auch die Folgen des Standesdenken als Wert definiert, sonst wäre es nicht in Silber verewigt. Selbst im Boden des Fressnapfes eines Hundes wäre so eine Inschrift nach 15 Jahren etwas seltsam unpersönlich. Der Wert ist Treue und Folgsamkeit, kein eigenes Denken, keine konstruktive Kritik, kein freier Wille, kein Ratschlag. Maul halten, mitmachen, keine blöden Fragen stellen, nach 15 Jahren gibt es dafür eine Silberschale, in der steht, dass man dem System ordentlich angepasst war. Toll.

15 Jahre, und dann vielleicht noch lange Zeit weiteres Vegetieren im Dienst der Sache. Die Erben finden das nach dem Tod nicht besonders wichtig, vielleicht sogar peinlich, und überlassen die Schale lieber dem Wohnungsentrümpler. Der sieht das auch als Problemfall an und ist schnell bereit, mit dem Preis runterzugehen. Am Ende sind wir knapp über dem Materialwert, für die feine Arbeit und die dumme Inschrift gibt es gerade mal 10 Euro über dem, was es nach dem Einschmelzen wert wäre. Das also ist der aktuelle Marktwert von 15 Jahren treuer Gefolgschaft.

Leonard Monheim und der Beschenkte wären sicher nicht froh, wenn sie wüssten, dass die Schale mir jetzt als Brotkorb dient, und die beizeiten, beim Frühstück danach, unachtsam und ohne jede Beachtung der Inschrift leergefressen werden wird, von einer jungen Frau, vielleicht fleischige Elitesse, vielleicht dünne Buchhändlerin, die in diesem Moment alles andere als treu ist, und ganz sicher nicht dem folgt, was Gesellschaft, ihr Freund und die Peer Group von ihr erwartet. 15 gottverdammte Jahre sind nichts gegen so eine Nacht davor, und dem Frühstück mit den Spolien der versunkenen Spiessergrossreiche danach.

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Samstag, 19. Februar 2005, 17:06, von donalphons | |comment

 
Hab Erbarmen!
Immerhin hat sich hier jemand 15 Jahre treu ficken lassen!

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... und das eventuell auch noch für Schokolade. Welch süße Ironie.

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Vielleicht sollte ich ihnen vorher Schokolade aus der Schale geben -aber nichts billiges! Hmmm...

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Sollte sich im LSD-Viertel finden lassen, oder?

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Nein, doch nicht sowas! Ich will sie natürlich, frisch und ganz normal, ohne irgendwelche künstlichen Zusatzstoffe. Schokolade wirkt auch so euphorisierend, siehe hier

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Doch, doch - LSD kommt schon hin: Dunckerstraße 10, da gibt es u. a. die fabelhafte Domori. Wer diese Fütterung ablehnt, ist ein hoffnungsloser Fall und verdient es nicht, befrühstückt zu werden.

http://www.intveld.de

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Da weiss ich, wo ich morgen früh sein werde...

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Neben dem Laden gibt es noch ein Café, das sich ebenfalls dem Konsum von Schokolade verschrieben hat. Da gibt es eine fabelhafte heiße Schokolade, fast so gut wie die Potsdamer Version, nach der man ganztags nichts mehr essen kann. Die Schokolade für das Zeug wird im Laden nebenan mit so einer großen Maschine geraspelt.

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Treue ist ein seltenes Gut
Heute klingt das altmodisch. Wir leben in einer beweglichen Welt, die sich fortlaufend neu vernetzt und neu paart. Der Nutzen steht im Vordergrund. Nicht die Beständigkeit. Manchmal wirkt es geradezu orientierungslos oder gar opportunistisch. Auch hedonistisch. Im Geschäftsleben wie im Privatem.

Gibt es noch treue Kunden und Geschäftsbeziehungen? Hält man zueinander? Es ist seltener geworden. Gilt das Wort? Der Handschlag? Die Unterschrift? Weniger. Wo gibt es noch Mitarbeiter, die mit dem Unternehmen durch dick und dünn gehen? Nur noch bei den Älteren. Unternehmer die für ihre Mitarbeiter einstehen? Nicht mal mehr in Traditionsunternehmen.

Soll man sich darüber beklagen? Es ist der Lauf der Zeit. Treue ist ein seltenes Gut, dass immer seltener wird. Aber es ist trotzdem ein Wert. Treue heisst Vertrauen. Das ist durch Bonuszahlungen oder durch das philosophische "Wir" im Corporate Culture nicht zu ersetzen.

So gesehen ist Treue ein Relikt aus vergangener Zeit. Und landet als Brotkorb beim Don auf dem Frühstücktisch ... Nun ja, Hauptsache die Brötchen sind frisch wie die Dame, die sich ihrer bedient. [Das Grinsemänchen verkneife ich mir an dieser Stelle.]

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Aber bitte, tu Dir keinen Zwang an.

Treue gibt es vielleicht nicht mehr. Man ist nicht treu zu denen, die einen terrorisieren. Jemand, der sich bei 40 Grad Fieber aus Angst noch in die Arbeit schleppt, ist auf eine Art treu, die vielen Unternehmern weitaus besser gefällt, als das alte "Betriebszugehörigkeitsgefühl". Aber das stand mehr auf der Seite der Firmen auf der Abschussliste ganz oben, denn bei den Arbeitern. Dass die New Economy von Arbeitern geprägt war, die nach darwipopulistischen Ideen gearbeitet haben, ist klar - nur wird jetzt versucht, das auf alle anzuwenden, und die Folgen sind eben eine allseits übliche Leckmich-Haltung, Verantwortungslosigkeit, Fehlen von Sicherheit und Identität, hohe Sparquote und schlechte Binnenkonjunktur.

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Leo
Vielleicht die Leonhard Monheim Kommanditgesellschaft, Vorläufer von Trumpf Schokolade ? Treue Gefolgschaft bis in den Tod. Was kann man sich mehr wünschen ;.--=) ?

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Denkbar - die Monheim AG hatte einen Sitz in Berlin. Aber der Alte war schon tot, als die Schale gemacht wurde. Und so selten ist der Name auch nicht.

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Abschied
Irgendwann in 10 Jahren wenn ich mal so alt wie der Don bin, werde ich evtl. auch solch wahrhaft nachdenklich stimmende Assets finden.

"Danke Pit, 10 Jahre warme Luft"
JvM

"Danke Ivan, 10 Jahre warmer Po"
Axel F. (z.Zt. in Haft)

"Das war nicht so prickelnd"
Pixelpark

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Ja, aber das sind dann keine Silbergegenstände mehr, sondern nur noch T-Shirts mit Aufschriften wie "Yellout - sag es jetzt" oder "NEMAX und der IPO flutscht", mit denen Du gegenüber den Elitessen perverse Spielchen wie "Eine Nacht als Prakti mit Pit&Paulus" ankündigen kannst. Ich glaube, Raubgut aus der Zeit der Industrialisierung oder dem Wiederaufbau ist da zielführender.

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Auf der Schale steht "Leonard" und nicht Leonhard. Die Schokoladenspur ist trotzdem warm wie Trinkschokolade und weist sogar nach Berlin (http://www.lindt.de/ueber_lindt/das_unternehmen/entwicklung.php).

Und das mit den 15 Jahren Betriebstreue: Menschen arbeiten für Geld. Wer Loyalität will, sollte sich einen Hund kaufen.

Womit wir bei Hitlers Blondie wären.

Tut mir ja leid um Deinen Brotkorb, lieber Don, aber das gravierte Wort "Gefolgschaft" ist leider Braunwelsch. Das "Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" vom 20. Januar 1934 erklärt die Arbeitnehmer zur Gefolgschaft der Unternehmer und unterstellt sie deren Befehl, womit das Führerprinzip im Betrieb durchgesetzt ist.

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Lieber Immobilienmakler, lass mir mal Deine Mailadresse zukommen (kannst Du gerne über Don als Mittelsmann machen).

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