Donnerstag, 13. April 2006
Was wir aus unserer Statistik lernen:
Bedeutet: Am 13.04.2006, um 13.05 Uhr war hier ein Mensch hinter dem Server von Johanssen + Kretschmer, der Berliner PR-Agentur, der ich heute morgen wegen der Verwendung des Bildes meines Buchcovers eine Rechnung über 250 Euro geschickt habe, nachdem die Firma in den fast 24 Stunden davor sehr uneinsichtig war, was ihr Fehlverhalten anging - obwohl es hier im Blog eine grosse Debatte gab, an der sich auch ihre Mitarbeiter mit nicht tragfähigen Behauptungen beteiligten. Statt sich hinzustellen und zu schreiben:
""Sehr geehrter Don Alphonso!
Wir bedauern die Verwicklungen der letzten Tage, die durch unsere Verwendung und Bearbeitung Ihres Buchcovers entstanden sind. Wir haben leider die Bedeutung falsch eingeschätzt und teilweise auch unngemessen reagiert. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, hatten wir tatsächlich keine Erlaubnis des Verlags, das Bild zu verwenden.
Gerne sind wir deshalb bereit, die von Ihnen vorgeschlagene Kompensationsregelung zu akzeptieren. Wir versichern hiermit, Ihr Bild nicht weiter zu verwenden, und weisen unverzüglich 250 Euro auf Ihr Konto an.
Nochmal Entschuldigung, mit freundlichen Grüssen
Werauchimmer Istmirrecht"
file under: kommunikation auf augenhöhe, oder probieren Sie es einfach mal damit. Es ist gar nicht so schwer, wie manche meinen. Wiklich nicht, andere verstehen es doch auch. Einfach sich für den Fehler glaubwürdig entschuldigen, Thema vorbei.
Statt also das zu schreiben, setzt sich einer an den Computer und gibt die Suche nach "Rebellmarkt" bei Google ein. Um dann hier rauszukommen. Es handelt sich dabei, wie wir an der Bildschirmauflösung sehen, mutmasslich nicht um die Person, die gestern hier als M***y Sch*****g/Mario M*nster gepostet hat und eine grössere Auflösung hatte.
Dazu möchte ich bemerken: Lieber Besucher, meine Adresse steht auf der Rechnung, meine Mail haben Sie. Sie müssen mich also nicht suchen, sondern einfach nur diesen Brief schreiben. Alles andere verzögert nur. Ausserdem, wenn Sie wirklich so gut sind und alles über Blogkommunikation wissen, sollten Sie zumindest so viele Informationen über mich haben, dass sie nicht erst bei Google nach meinem Blog suchen müssen.
Ich bin ein Menschenfreund. Ich hetze auf niemanden einen Anwalt, wenn es nicht sein unbedingt sein muss. Ein Anwalt ist die ultima ratio. Sollte ich aber den Eindruck bekommen, dass jemand anfängt, nach mir zu schnüffeln, dann wäre das gar nicht gut.
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Rechnung
Betreff: Rechnung für die Verwendung meines Bildmaterials für die Johanssen + Kretschmer Website
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Ihnen mittlerweile durch Ihr Blogmonitoring bekannt sein dürfte, haben Sie das Cover des von mir herausgegebenen Buches "Blogs!", erschienenen bei Schwarzkopf und Schwarkopf, sowohl auf Ihrer Startseite als auch im Beitrag "Monatsthema April 06" verwendet. Und zwar so beschnitten, dass jeder Hinweis auf das Buch, den Verlag oder die Autoren fehlt. Inzwischen herrscht wohl Einigkeit darüber, dass Sie damit das Urheberrecht des Gestalters und des Photographen verletzt haben, und keine Erlaubnis meines Verlages vorliegt. Der Photograph bin ich, die Grundidee zur Konzeption stammt ebenfalls von mir.
Wissen Sie, ich bin ja eigentlich nicht so. Ich habe bislang immer alles ohne Anwälte reguliert, ich kann damit leben, wenn andere meine Texte kompilieren und verwerten, ich beschwere mich auch nicht bei überzogenen Zitaten und Beleidigungen nehme ich mit einem Lächeln. Im Prinzip war ich gewillt, Ihrem Haus eine kleine Lektion über Blogs zu erteilen - wie sie anhand des fraglichen Eintrags sehen können, ist das auch geschehen. Eigentlich könnte ich es damit gut sein lassen.
Ich habe also viel recherchiert, noch eine Nacht darüber geschlafen, und bin jetzt zu folgendem Ergebnis gekommen:
1. Ihre Mitarbeiter haben auf meinem Blog die Unwahrheit gesagt, indem sie behauptet haben, "Wir haben selbstverständlich vor Veröffentlichung des Bildes dessen Verwendung bei Ihrem Verlag abgeklärt." Kurz, sie haben versucht, meinen Verlag gegen mich auszuspielen.
2. Sie haben den Ausschnitt des wohlbekannten Covers zur Illustration eines Artikels verwendet, den ich inzwischen sehr genau gelesen habe. Und ich muss sagen, angesichts der dort vertretenen Ideen zur Überwachung der freien Kommunikation freier Menschen empfinde ich die Verwendung als unverschämt. Hätten Ihre Mitarbeiter das Buch oder meine Texte zum Thema gelesen, wüssten sie, dass ich Strategien, die ich privat als "Schnüffelei" und "Meinungskontrolle" bezeichne, zutiefst verabscheue. Ganz abgesehen davon, dass das in diesem Zusammenhang übliche "Blogclipping" aufgrund des Urheberrechts ohnehin eine Sache ist, für die dieses Monitoring-Business hoffentlich irgendwann ein paar saftige Abmahnungen kassiert.
3. habe ich mich auf Ihrer Website umgeschaut. Wissen Sie, ich war anderthalb Jahre selbst Teil des Berliner Politikzirkus als Journalist. Ich weiss, wie diese Events dort so ablaufen, wie hoch die Cateringkosten sind und wie man dort mit der Kundschaft umgeht, an die solche "Monitoring"-Lösungen verkauft werden. Ich weiss auch, wie Ihresgleichen dann angerannt kommt, um Leute wie mich in ihr Netzwerk einzuspannen und mir höchstinteressante Gesprächspartner zu vermitteln. Dafür zahlen Sie. Viel Geld. Solche Events kosten, aber es lohnt sich für Sie. So bekommen Sie Kunden. Sie würden sicher nicht dem Caterer ein angebissenes Lachsbrötchen, das nicht für Sie bestimmt war, zurückgeben und sagen: "Irgendjemand hat gesagt, dass ich das nehmen darf. Echt jetzt. Doch nicht. Öh. Na da, haste es wieder. Kannste mir aber auch wiedergeben, dann sag ich den anderen, dass es von Dir ist." Würden Sie das tun? ich glaube nicht. Sie würden zahlen.
Wie Sie vielleicht auch wissen, hat mein Mitherausgeber Ihnen den Vorschlag unterbreitet, selbst eine Kompensation vorzuschlagen. Nachdem ich für dieses eine Photo über 20 Mal vom Gasteig zum Deutschen Museum runtergefahren bin, bis ich dieses Bild im Kasten hatte, nachdem ich feststellen musste, dass ausgerechnet Blogüberwacher das Bild verwenden und dann auch noch öffentlich meinen Verlag beschuldigen, es erlaubt zu haben, nach dem "Angebot", das Bild im Ganzen wieder mit einem Link zu unserer Seite online zu stellen, nach dem Fehlen jeder Bereitschaft in fast 24 Stunden, sich für das Vorgehen gründlich zu entschuldigen, nach der Unfähigkeit Ihrer Mitarbeiter, die langsam entstehende Blogkommunikation zu entschärfen und nach einer durchschlafenen Nacht komme ich zu dem Ergebnis:
Ich bin ja gar nicht so, dass ich Ihnen die Sache via Anwalt und Abmahnung und Unterlassungsverpflichtungserklärung zukommen lasse. Ich nehme auch nicht die Summen, die andere in solchen Fällen kassieren, also die marktüblichen 500 bis 800 Euro, die Agenturen Bloggern abnehmen. Aber ich berechne Ihnen
250 Euro
für die bisherige kommerzielle, mein Urheberrecht verletzende Verwendung meines Photos, die ich hiermit gleichzeitig untersage. Ich bitte um umgehende Begleichung. Nicht, weil ich darauf angewiesen bin, für ein paar Pixel Firmen zu nerven.
Sondern aus einem anderen Grund. Die Rechnung trägt den Konflikt dorthin zurück, wo er hergekommen ist. Sie sind ein Unternehmen. Jede Zahlung setzt einen Mechanismus in Gang, die Rechnung muss ihren Weg gehen, begründet und abgebucht werden. Viele Menschen werden sie sehen, manch einer wird sie auch lesen. Man wird nicht umhinkommen, darüber intern zu reden. Und hoffentlich begreifen, dass es eher unklug ist, sich auf diese Weise mit Bloggern einzulassen. Vielleicht haben sie auch was draus gelernt, kann gut sein, dann sind die 250 Euro gut investiertes Geld. Wenn ich Ihnen als Incentive noch einen kostenlosen Rat geben darf: Kümmern Sie sich lieber um andere Dinge. Es lohnt sich nicht. Blogs sind harmlos. Blogger tun keinem was. Sie wollen nur spielen.
Fast immer.
Mit freundlichen Grüssen,
Don Alphonso Porcamadonna
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 12. April 2006
Soeben bahnt sich für eine PR-Firma
Es geht um grosse Töne zum Thema Blogüberwachung, die Behauptung, dass sie das können, und um eine in diesem Zusammenhang begangene Urheberrechtsverletzung. Angeblich sind die gut - sie haben auch die Krisen-PR für Hartz IV gemacht. Das Thema baut sich gerade ganz langsam in den Kommentaren bei Robert Basic auf und wird hier so gegen 13.30 Uhr an die grosse Glocke gehängt - für den Fall, dass sie doch nicht so gut sind und nicht mitbekommen, was hier gerade abgeht.
Eigentlich hätten sie nämlich schon reagieren müssen: Das Thema ist seit 30 Minuten bei einem nach ihrer Meinung wichtigen "A-Lister" online. Haben sie aber nicht. Das ist nicht gut. Gar nicht gut, angesichts der postulierten Ansprüche.
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Heia Walpurgisnacht - III. Bayerische Bloglesung

Mitzubringen sind: Kerzen, Grablichter (an denen ich diesmal hoffentlich nicht meine Texte abfackle), Decken, natürlich auch Mäntel und Wärmendes - blicke ich aus meinem Fenster hinüber zur gotischen Kirche, von der Beelzebub im Jahre 1497 einen Rotmarmorstein 700 Klafter weit geworfen haben soll, sehe ich den feinen Nieselregen dazwischen und die Wolken, so dunkel wie an dem Tag, da bei uns im Speicher Frau Shelley zufolge ein gewisser Frankensteinstein einen Homunkulus zum Leben erweckte, dann mag derlei Wärmendes durchaus angebracht sein. Vielleicht aber auch nicht, und der Frühling erwärmt unsere steifen Knochen. Sollte es tatsächlich regnen, lesen wir im Twisted bavarian gleich um die Ecke - dort folgt dann auch die After Show Party.
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Dienstag, 11. April 2006
La Primavera é arrivata!

Und der Berlusconi versucht schnell noch, die Stimmen der Auslandsitaliener für ungültig erklären zu lassen, und Nachzählungen durchzusetzen. Allein, es ist zu spät.
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Und nun zur Berliner Republik
Das wäre eine schlimme Sache und vielleicht auch eine Krise, hätten wir ansonsten andere Parteien im Parlament. Haben wir aber nicht. Die Union, die bei der letzten Wahl das Debakel schlechthin eingefahren hat, die nur noch die Altersheime und ein paar Lobbyisten bedient, wollte eigentlich nach der Wahl mit einer Erneuerung beginnen: Ran an junge Familien, an Leistungseliten, aber auch an Arbeiter und Angestellte, die Sicherheit wollen. Statt dessen macht sie in Uropas Blubo-Theorien, Bundeswehr im Inneren, Kernkraft und hofft auf die Fussball-WM. Der Laden ist schlichtweg zu feige, sich mit den hausgemachten Problemen zu beschäftigen, und von einer alten Tante wie der Vorsitzenden kann man diese Impulse auch nicht erwarten. Der zweiten Reihe von Koch bis Ede ist das Kochen schwarzbrauner Ideologiesuppen wichtiger als Politik für die Menschen. Ist einfacher, als sich gedanken um das Land zu machen.
Und dann gibt es angeblich ja noch sowas wie eine Opposition. Bestehend aus einer liberalen Partei, die jetzt irgendwie nochmal vier Jahre bis zur Regierungsbildung und den neuen Fleischtöpfen rumbringen will. Wo die Melange aus Hoppe-Antidemokraten, halbfaschistischen Marktwirtschaftsverehrern und Reste der FPÖ-Kopisten die traditionellen Zahnärzte verschrecken und sich Grabenkriege liefern (übrigens auch in den Blogs, wo es vor kurzem in diesem Klientel zwischen einem Assi, einem börsenspekulierenden Lokalpolitiker gekracht hat). In der FDP war alles auf die Regierungspolitik ausgerichtet, für das Versauern in der Opposition hat man keine Konzepte, und der Anwalt Westerwelle lässt sich vom Anwalt Schröder auch noch gerichtlich unterbuttern - so macht das denen sicher keinen Spass, und diese demotivierte Grundhaltung der an der Bar versauernden, hässlichen Pickelfressen merkt man auch als Wähler. Konzepte? Neue Perspektiven als Liberale Partei zwischen Schwarz und Grün? Nix.
Dabei wäre der Zustand der Grünen mit ihrem zu Apparatschiks verkommenen System eigentlich reif für einen Frontalangriff. Die verlogene Bande, die inzwischen zur Rentnerpartei geworden ist und jungen Leuten die Chancen eines abgeschlossenen Jesuitenkollegs bietet, hat es sich bequem gemacht. Dergestalt als Funktionselite fett und faul haben sie noch immer nicht begriffen, dass Öko allein heute auch nicht mehr die 5% der Stimmen garantiert, die sie brauchen, um keine FDP-Zitternummer zu werden. Die Sorgen braucht die PDS nicht zu haben, dank der nützlichen Idioten der WASG und einer Verwurzelung im Osten, die allen politischen Analysen von vor 17 Jahren Hohn spricht. Da will man keine neuen Impulse, es soll so bleiben wie es war, nur etwas anders und mehr Jobs, bitteschön.

Wenn eine Partei dann in ein paar Monaten zwei Vorsitzende zerschleisst, ist das fast schon ein Lebenssignal aus der Pathologie von Berlin Mitte. Da zuckt noch was. Aber nicht genug, als dass ich nicht froh wäre, dort raus zu sein und nicht mehr als Korrespondent das Geschnarche vermitteln zu müssen.
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Prodi hat gewonnen
Eine Opera Buffa, wenn man so will.
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Montag, 10. April 2006
Der österreichische Standard, [UPDATED]
Es darf schon mal gefeiert werden: Während bei der RAI und beim Corriere die Server schmoren, sind die Exit Polls da: Prodi 50-54% im Parlament und Senat, die braune Dreckschleuder 45-49%. Ciao Cretino!
Der Senat ist schon eine gmahte Wiesn, wie man in Bayern sagt: 159-170 Sitze für Prodi/Ulivo, 139-150 für die Rechte. Da geht nix mehr für den Glotzengossen-Möchtegernnapoleon. Auf St. Helena wäre vielleicht noch ein Plätzchen frei.
Berlusconis Imperium winselt auf Canale 5 schon um Gnade: "La grande incognita: la legge proporzionale" - Die grosse Unbekannte: Das Proporzwahlrecht. Das dürfte die letzte Chance für Berlusconi sein, das Parlament zu erobern - aber bei den deutlichen Zahlen wird da nichts gehen. Spassigerweise sind die Verluste für den christlich-reaktionär-faschistischen Block vor allem auf die Verluste von Berlusconis Forza Italia zurückuführen, man mutmasslt runter von 29% auf 23%.
Aktuelle (vorsichtige) Hochrechnung v0n 17.45 Uhr - Prozente der Parlamentswahl: Ulivo/Prodi/Union: 55,9%, Katholen/Reaktionäre/Faschisten 43,6% laut (linksliberalen) Corriere.
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Über das Rundmachen eines Staatspräsidenten
und heute nacht wandert silvio auf den müllhaufen der geschichte, abteilung corleone, mussolini & loge p
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Sonntag, 9. April 2006
Neukölln
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Avanti Amici!
und ich wieder mit freuden über den brenner fahren kann, die barchetta drängelt schon in richtung süden
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Munich Area Business Dinner
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Samstag, 8. April 2006
Dirt Picture Contest - Der Urgrund der Kronleuchter
Nun pflege ich es nicht so weit zu treiben, dass man sich nicht mehr in die Augen schauen kann und der andere einem das Objekt angewidert hinwirft. Ideal ist es, wenn man danach noch ein Schwätzchen führen kann, zur Frage, wo denn die neue Preziose herkommt. In diesem Fall stammt sie nicht aus einer Wohnung, sondern aus der Durchfahrt eines Wohnhauses in Pankow, wo sie im Gegensatz zu ihren Geschwistern von den 30ern bis 2006 alles überstanden hat, Krieg, Diktaturen, Wiedervereinigung, und langes Dämmern, bis der Investor anrückte und feststellte, dass diese eine, letzte verbliebene Lampe eigentlich nur störte und alles, was sonst noch an die alte Zeit gemahnte und beweglich war, eben jenem Händler verkaufte, der ihn mir verkaufte, der ich justament für die Küche im 1. Stock so einen hohen, schmalen Kronleuchter mit wenigen Kristallen brauche.
Was dieses Glück für mich in Berlin letztlich bedeutet, kann man sich an diesem Objekt in der Danziger Strasse anschauen, das als eines der ersten nach der Wende restauriert wurde.

Da hat man also die Rosetten an der Stuckdecke nackt stehen lassen und statt dessen die üblichen, langweiligen, runden Billiglampen an die Seite gesetzt. Sofort verschwindet der üppige Raumeindruck, denn der Stuck und der gesamte Raum ist nun mal darauf berechnet, dass das Licht frei in der Mitte des Raumes schwebt und alles gleichmässig mit Licht erfüllt, wobei die Kristalle dieses Bemühen mit Brechungen unterstützen. Statt dessen entstehen helle Batzen und dunkle Areale. Die Wand unter den Leuchtmitteln ist im Dunkeln und lädt geradezu dazu ein, hier Müll, Plunder und andere Hässlichkeiten zu postieren - fällt ja keinem auf. An diese Wand wird dann auch ein Holzbrett mit Briefkästen gestellt - sieht ja keiner. Und wenn es ohnehin schon so schmuddlig aussieht, kann man auch noch die Räder drin stehen lassen. Auch wenn sie einen Platten haben. Dann braucht auch der Hausdienst nicht mehr in jeder Ecke putzen, da kommt der nicht mehr hin. Dann wischt man allenfalls noch den Boden, und lässt die Konsolen verstauben. Und wenn der Putz bröckelt, was soll´s, spielt eh keine Rolle mehr, in einem Hausgang, der so verschandelt ist.
Die Kronleuchter im Hausgang sehen tatsächlich für den heutigen Betrachter etwas protzig aus. Aber sie zu entfernen und gegen pflegeleichte Rundlampen zu ersetzen, bedeutet, das erste "Broken Window" in einem langen Prozess des Niedergangs zu produzieren. der rausschmiss des alten Luxus öffnet das Tor zum allgemeinen Niedergang, dessen Kosten nichts sind im Vergleich zum bescheidenen Aufwand, alle paar Monate die Kistalle zu putzen. Der Schmierer ist nur das Ende einer Dreckskette, die ihren Anfang beim Investor und seinen 5-Euro-Lampen nimmt. Das Dirt Pic hat seinen Ursprung nicht im Schmutz an sich, sondern im Umgang aller Berliner mit ihrer Stadt. Es tut meiner Küche im 1. Stock gut. Berlin aber...
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Freitag, 7. April 2006
Trouvaillen umtopfen

Wobei, die kleine Tänzerin - die könnte demnächst der zweitgeborenen meiner Eltern zum Opfer fallen. Man wird sehen. Aber was kümmert einen das, wenn die Sonne in die neuen 15 m² scheint, der Thinkpad beim ersten Eintrag in diesem Raum leise summt, der Frühling anbricht und die Dielen unter den Schritten sanft knacken. Oder wenn man es mit 120 Quadratmetern zu tun hat, die von Mietnomaden runtergewirtschaftet wurden, nachdem man selbst vor 8 Jahren zwei Monate geschuftet hat, alles wieder in ordentlichen Zustand zu versetzen. Dann hilft allenfalls die Erinnerung an Berlin und der Gedanke, dass es dort sicher noch weitaus schlimmer sein würde.
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Wenn der Postmann nicht mehr klingelt

Clicken auf das Bild öffnet die Strecke.
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Legenden pieksen
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Freitag, 7. April 2006
Wir nennen es Money Shot
Und hey, es ist gar nicht so schlecht. Das hätte ich gerne bei Youtube. Am Ende werden es freie Mitarbeiter gewesen sein, die das veranlasst haben, und man selbst hatte ab-so-lut keine Ahnung. Wobei man schon mal fragen könnte, wieso Schüler zu-fäl-lig gerade dann anfangen, Zeug zu schmeissen, wenn die Kameras anrücken. Also, wenn man jetzt nicht unbedingt ein sensationsgeiles Stück Mediendreck ist. Was die presserechtlich, aber sich moralisch nicht so fühlenden Verantwortlichen aber ganz sicher nicht sind. Sondern privilegierte Gatekeeper mit dem Auftrag, das Volk zu informieren.
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Wertes Publikum,
Wertes Publikum, mit denen, die kommen, auch weil "der Don" kommt, habe ich wirklich sehr gute Erfahrungen gemacht. Trotzdem möchte ich eine Sache hier klarstellen - wirklich nur präventiv, denn bislang ist alles wunderbar gelaufen, die meisten durften feststellen, dass die anderen Vorleser mitunter in Natura weitaus hübscher sind und/oder vorlesen, als ich. Dennoch:
Ich lese nur mit Leuten, von denen ich eine hohe Meinung habe. Wenn ich wo lese, kann man davon ausgehen, dass ich den anderen hohen Respekt entgegenbringe. Allein, weil es gar nicht so leicht ist, sich mit einem Text vor ein Publikum zu stellen. Aber auch, weil ich etwas Neues erleben will. Ein Urteil über einen Text oder einen Autor bilde ich mir erst, wenn er sein letztes Wort gesagt hat. Denn es gibt Texte, die verdienen es, allein für den letzten Satz bejubelt zu werden. Ich habe "meine" Zuhörer bislang stets als Menschen erlebt, die diese Haltung teilen und sich so verhalten haben, wie es wohl alle Vortragenden geschätzt haben. Das Cliquengehabe der Blogs hat bei einer Lesung nichts verloren.
Dafür möchte ich mich bedanken und die Hoffnung ausdrücken, dass es so bleibt. Sollte es aber mal anders werden und einer "meiner" Leute mit Quasseln, Lästern oder Danebenbenehmen während des Vortrags anderer auffallen, dann möchte ich hiermit klarstellen, dass ich keiner von denen bin, die sowas als Teil der individuellen Huldigung begreifen, sondern schlichtweg als miese Nummer und Unverschämtheit von Typen, die bitte zu Hause bleiben wollen.
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Change of Business Model
Da war der Laden, bei dem ich vorgestern vor dem hier die Lampenschirme gekauft habe. Das Geschäft mit seinen hohen Decken und langen Räumen war für Berliner Verhältnisse etwas überteuert, aber es war auch mitten im In-Bezirk des Prenzlauer Berges, etwas nördlich der Danziger Strasse. Sprich, in dieser Ecke sind die "besseren Leute" vom Helmholtzplatz in fünf Minuten zu Fuss. Und genau so ging es dort auch zu, früher, als die Mütter einem die Kinderwägen in die Kniekehlen rammten. Diesmal steht aber "Räumungsverkauf" auf den Schaufenstern. Der lange Winter sei miserabel gewesen, erzählt der Besitzer, er wird jetzt doch weitermachen, aber es war knapp.
In der Prenzlauer Allee sind dagegen die meisten Geschäfte verschwunden, eine Neugründung kann das nicht auffangen. An den Mieten dürfte es nicht liegen, die bewegen sich weiterhin seitwärts oder nach unten. Besonders im Wedding, wo es früher mal besonders viele Geschäfte gab - hier waren vor einem Jahr drei nebeneinander.

Manche gibt es noch. Als Ladenbesitzer. Ganz vorne an der Brunnenstrasse ist einer zum Technik A&V umgestiegen. Die Porzellanpracht nebenan ist jetzt durch 2nd hand Klamotten ersetzt. Der Kellerladen, aus dem zwei der prunkvollsten Kronleuchter der gesamten Berlin Season stammen - die Art, von der man denkt, man findet sie niemals, bis sie dann plötzlich gleich zweimal nebeneinander in einem staubigen Loch hängt - hat schon seit langem nicht mehr offen, die Fenster sind völlig verdreckt, der Zettel mit der Handynummer an der Tür ist vergilbt. Der Gebrauchtmöbelmarkt, dessen Besitzer sich immer so standhaft geweigert hat, den mozzarabischen Elfenbein-Ebenholztisch zu verkaufen, an dem er mit seinen Freunden, Tee trinkend, auf Kundschaft wartete, hat umgebaut - draussen werden die letzten Bücher verschleudert, und dort, wo sie früher in langen Reihen standen, sitzen jetzt Kids und machen Online-Ballerspiele auf langen Reihen von Computerkonsolen.
Er erkennt mich und erzählt, dass er den Tisch schon vor einem Monat verkauft hat, das tut ihm leid, aber es macht keinen Sinn mehr, die XXXL-Möbelhäuser sind so billig, da geht einfach nichts mehr, alles hat er versucht, sogar Sozialscheine, aber es bringt nichts. Und da hat er sich eben dazu entschlossen, es zu machen wie viele andere: Internet, Games, Konsolen. Das Buch, das ich gefunden habe, Rankes historische Charakterbilder in Halbleder, schenkt er mir. Zum Abschied. Hinten quäken Computerlautsprecher aus einer Welt der Gewalt und Brutalität.
Auf dem Rückweg sehe ich den Laden, aus dem mein roter Ledersessel stammt, meine erste echte Erwerbung in dieser Stadt, der immer noch dort ist und wohl auch bleiben wird. Ein Solarium kotzt dort heute blaues UV-Licht auf die Strasse. Es hätte auch ein Discountbäcker, ein Handyladen, ein Nagelstudio oder ein Alice-DSL-Verticker werden können. Egal. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit den Verwertern des Niedergangs der Niedergang selbst zum Abschluss kommt. Der Markt ist vom Guten leergefegt und von den Händlern aufgegeben, die Kunden wandern ab, es entstehen neue Märkte mit anderen Gütern, die schon nach einem Jahr gebraucht zu haben sind und nach drei Jahren so veraltet und kaputt, dass niemand sich die Mühe machen wird, sie zu bewahren. Warum auch. Die globalisierte Wirtschaft punpt unablässig das Neue in das historische Nichts, von dem nur noch die Mauern stehen, aber dahinter ist man längst auf der digitalen Wanderung in ein gelobtes Land, in dessen Versionen man nie ankommen, sondern nur als Update-Nomade stolpern wird, den Träumen der Konsolen, Netzgeräte und Fernbildempfänger hinterher.
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