Sonntag, 13. Januar 2008
Empfehlung heute - Koch und Johurnaille beschämen
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Dirt Picture Contest - man könnte natürlich

Es ist nicht wichtig, was man tut. Es ist nur wichtig, die passende Entschildigung zu haben, um genauso weiterzumachen. Berlin hat immer eine Entschuldigung: Arm, schlimme Jugend, schlechte Erziehung, die Kommunisten, Erdstrahlungen, ein goldenes Bleiherz, das geschützt werden muss durch Abzocke, Fiesheit und schlechtes Benehmen. Ein paar Tage in Berlin, und man versteht plötzlich wieder Bundespolitik, Werbung im Allgemeinen und Bestechlichkeit. Das passt hier her. Das ist hier so. Man ist nicht der Hüter seines Bruders. Man is Balina, wa, selbst wenn man Schwabe war.
Und ich? Bin weg.
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Tobias Rüther, der FAZ-Mann ohne Fakten
Irgendwann, als sie den grässlichen Stil und die ungehobelten Sitten nicht mehr ertragen konnte, mauerte Lady Astor eine Fensterfront ihres Anwesens auf Rhode Island einfach zu - um die geschmacklosen Häuser ihrer neuen Nachbarn, der Vanderbilts und Don Alphonsos und wie sie alle heißen, nicht länger ansehen zu müssen. [...] aber so schnell lassen sich Institutionen nicht unterkriegen: Das hat Lady Astor als amerikanische Institution des neunzehnten Jahrhunderts vorgemacht, als sie schließlich den Architekten der Vanderbilts anheuerte, um ihr Wohnzimmer renovieren zu lassen, nur schöner.Jaja, die FAZ. Die Kulturzeitung. Kann es mal wieder nicht lassen, sich die Allgemeinbildung raushängen zu lassen. Dabei hätte Tobias Rüther vielleicht erst mal zeigen sollen, dass er etwas Ahnung vom Thema hat - was er schreibt, ist schlichtweg falsch.
1. Lady Astor hatte nie ein Haus auf Rhode Island. Was nicht überrascht, denn Rhode Island gehört zu Amerika, während die bekannte Lady Nancy Astor die Gattin eines Mitglieds des britischen Astor-Clans und Parlamentsabgeordnete war.
2. Es gibt auf Rhode Island ein Anwesen der amerikanischen Astors, die mit dem englischen Zweig zertritten war: Beechwood. Darin wohnte dann allerdings die berühmte "Mrs. Caroline Astor", die Grand Dame der New Yorker Gesellschaft. Mrs. und Lady Astor sind zwei völlig unterschiedliche historische Personen.
3. Gekauft haben die Astors das Haus 1881, und sogleich einen Restaurationsauftrag an Richard Morris Hunt erteilt. Für das gesamte Haus, nicht nur für ein Zimmer.
4. Besagter Richard Morris Hunt baute erst über 10 Jahre später praktisch daneben das berühmte Vanderbilt-Schloss The Breakers und ab 1888 das ebenfalls den Vanderbilts gehörende Marble House.
5. Von 1877 bis 1881 hatte Hunt allerdings tatsächlich schon für die Vanderbilts ein palastartiges Gebäude errichtet - allerdings in New York an der 5th Avenue, die man von Rhode Island aus nicht sieht.
6. Schon in der Zwischenzeit, genauer 1883, hatte sich Mrs. Astor mit den Vanderbilts arrangiert.
Fassen wir den Kern des Blösdsinns des FAZ-Schreibers also nochmal nach einer kleinen Recherche zusammen:
Mrs. Astor beschäftigte 1881 für die Renovierung ihres kompletten Anwesens Beechwood den Architekten, der Jahre später in der Nähe die Paläste der Vanderbilts errichtete, mit denen die Astors inzwischen durchaus gut umgehen konnten.
An den Behauptungen, die der Möchtegernkulturkenner Tobias Rüther aufstellt, ist nichts Wahres dran. Es ist ein Hoax, eine Lüge, vielleicht eine Legende, oder eine Erfindung ohne jede Kenntnis der Fakten, Gesabber ohne Recherche, ein Gerücht, das er sich zurechtbiegt, um sich zu erheben - und damit auf die etwas zu volle Klappe fällt.
Denn wo schreibt er das? In einem Beitrag der FAZ, der sich mit der Konkurrenz von Bloggern und Journalisten auseinandersetzt und behauptet:
Die Front gibt es also gar nicht, die sich Blogger wie Knüwer oder Don Alphonso herbeiwünschen, um in etablierten Journalisten Feinde zu sehen, Besitzstandswahrer, Gegner von der „anderen Seite“ (Don Alphonso), von hinter der Mauer und dem Mond.Doch. Es gibt die Front zwischen denen, die glauben, sie könnten ihre Leser unbemerkt verarschen, und denen, die sich mit dem peinlichen Schlendrian von Grosskotzen nicht abfinden. Wenn Rüther nur einen Funken Anstand hat, steht morgen auf der Seite eine Entschuldigung für sein Versagen.
dito an der Blogbar.
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 11. Januar 2008
Empfehlung heute - Qualitätsjournalismus
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Dirt Picture Contest - Inventur über die Feiertage

Wobei, welches Jahr es war, da die Glotze auf der Strasse landete, ist freilich nicht bekannt. Ich würde nicht darauf wetten wollen, dass es schon 2007 war. Der Zerstörungszustand spricht eher dagegen.
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Was ich gut fand
Ich will nicht so werden wie die. Ich will offen bleiben, ich will dazulernen, ich will nie denken, ich wüsste schon alles, und bräuchte nicht mehr zuhören.
Und ich bin sehr froh, mein kleines, autarkes, nchtkommerzielles Ding im Internet zu haben. Etwas, mit dem ich erzählen und kommunizieren kann, und von nichts und niemandem abhängig bin. Keine Klickrate, kein Werbepartner, keine Photostrecke, kein Geschrei um Awareness, nichts. Ich und mein Blog und die Kommentare, die kleinste, billigste publizistische Einheit, simpel, funktional und effektiv wie eine Bakterie, die Grundeinheit der Öffentlichkeit. Ich will und werde so diese Leute und ihre Sachwalterattitüde überleben, wie ich die Blogvermarkter überleben will. Ich mache mir keine Sorgen, dass die Kontrollfreakvisionen - die Nazis! die Kinderschänder! die Beleidigungen! - je Realität werden, da sind DJV und Presserat heute schon zu schwach, und ich traue denen zu, dass sie sich dazu hinreissen lassen würden, mit den Zensurapparaten gegen die Konkurrenz der Blogs losgehen, während ein Winterreifenspezial von Firma C. journalistisch aufbereitet wird. Gewisse Entwicklungen sind unumkehrbar, und wenn die Medien weiterhin Blogs in die Ecke drängen, ist das vielleicht gar nicht so schlecht - jedenfalls nicht schlechter, als von diesen Medien vereinnahmt zu werden. Regeln helfen nur denen, die sie passend zurechtinterpretieren, und wo das hinführt, habe ich gestern mal wieder gehört: Was nicht Gatekeeping- oder zivilisierte Geisteselite ist, soll einfach das Maul halten. Solange sie es nicht mit verbindlichen Regeln durchsetzen können, sollen sie es ruhig fordern, und Blogs schlechtreden. Das ist nur fair, ich bin auch nicht nett zu ihnen. Es macht die Vermarktung der Blogs durch ritalingeräucherte Kommerzwürste schwerer, prima, von mir aus, manche Opfer tun mir wirklich nicht weh, aber es ändert nichts am Nutzerverhalten der Blogleser, und was aus der Bloggerei wird, kann jeden Tag von jedem neu bestimmt und erfunden werden.
Es ist nicht wichtig, was die davon halten. Es ist wichtig, was man tut. Oder bleiben lässt.
http://www.djv.de/Journalismus_im_www.2027.0.html
Sonst nichts.

Den Spass mit den Leuten, die man dabei kennenlernt, und von denen man ansonsten nie etwas gewusst hätte, gibt es einfach so dazu. Ich mag diese Möglichkeiten. Das finde ich gut.
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 10. Januar 2008
Dirt Picture Content - was ist das?
[ ] Crime Scene - do not cross
[ ] Der generelle Zustand Berliner Medienschaffender
[ ] Ooops - gestern wurde es mal wieder heftig
[ ] Der Restetat des Berliner Finanzsenators für 2008

[ ] balaner, ortstypischer Berlindreck
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Dirt Picture Contest - Vitamin C + Dreck

Angesichts des ortstypischen Angebindes, das sich hier in einer der heissesten Ecken der Stadt, direkt vor meiner Tür unterhalb der Kinderwagenräder der Prenzelmütter so findet, das so original und echt ist, wie es meine kunstsam gerichteten Stilleben nie sein werden, möchte ich hier doch meine Zweifel an derartigen Interpretationen anmelden. Sollte es doch so sein, nehme ich an, dass die Autoren solcher Biedermeiervergleiche nicht nur aus Berlins durchgängiger Gossenpresse, sondern auch aus den finsteren Ecken Marzahns stammen.
Zumindest geistig.
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Livestream für heute Abend
Hier alles nochmal, so ab 15 Minuten geht es los:
http://www.djv.de/Journalismus_im_www.2027.0.html
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Dirt Picture Contest - Ugly in Pink

Oder sind es diese unerschöpflichen Vorräte auf der Strasse, die das Gründen in Berliner Startup-Bunkern so lukrativ und billig machen? Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass ich hier nicht gerne bin, und der Gedanke, dass der Gardasee 150 Kilometer näher an meiner Heimat ist als diese öffentliche Müllkippe - dieser Gedanke schmerzt.
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 9. Januar 2008
Dirt Picture Contest - Keine Matratzengeschenke

Diese Matratzen hier sind schon so lange draussen, dass der Bezug durchgemodert ist. Selbst unter Berücksichtigung der hiesigen Matratzenqualität, die ungefähr so ausgeprägt wie die Freundlichkeit der Einheimischen und der Erfolg der Blogvermarkter ist: So schnell geht das mit dem Vermodern auch in Berlin nicht. Was nur bedeutet, dass diese Bettverweichung hier schon etwas länger steht. Vielleicht schon seit Herbst, oder noch länger. Manches modert in Berlin ja schon seit der Re:Publica vor sich hin. Wer kann schon sagen, seit wann es hier in Kreuzberg liegt. Zusammen mit einer Kleiderstange und einem Stuhl ohne Lehne.
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Empfehlung heute - Dem Koch
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Die Zone betreten
Nun, das ist vorbei, die Behelfsbrücke ragt nur noch als Restrumpf in die Nacht. Statt dessen ist schon die Ausfahrt eine Baustelle, geht weiter über eine Rumpelstrecke, für die man sich sogar in der Oberpfalz schämen würde, und mündet in eine Schikane, in der man sich besser nicht an das vorgeschriebene Tempo 30 hält, wenn dazu noch ein LKW neben einem ist, der Anstalten macht, einen aus der Spur zu drücken.
Will sagen: Das hässliche Provisorium wurde ersetzt durch eine üble Todesfalle. Das ist es wohl, was man als "Aufbau Ost" bezeichnet. Ansonsten sind die Strassen weiterhin kaputt, die Hinterlassenschafter der Hunde dort, wo sie nicht sein sollen, und der Berliner als solcher so nett und zuvorkommend wie ein Stasi-Offizier. Und im teuren Büroprojekt der backfabrik hat sich nun ein Billigfirnessstudio breit gemacht, das man gewöhnlich nur an unschönen Ecken findet.
Aber hat Berlin überhaupt etwas anderes?
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 8. Januar 2008
Akzidenz
rauscht heran ein kleines Boot.
Käuzchen machen sich Gedanken
und der Himmel färbt sich rot.

In Berlin, da sind die Räuber
Journaille und Beraterpack.
Hallihallo bussibuss die Räuber
und kratzen sich am Sack.
Sie wissen nichts vom Verderben
das sich mit Torte und Praline naht.
Doch jaget über Sachsens Scherben
der, der hat ein Mittelchen parat.
Was der Schwede mit dem Trunke
früher an Medizin verteilet hat
halli hollo den gleichen Trunke
bringt das Boot aus dem Tal Josaphat.
Gewürzet mit dem feinen Schwefel
der einst der Sodomiter Scharen labte
wird es nun kredenzt dem Frevel
der Blogs zu insultieren wagte.
Aus dem tiefsten, schwarzen Bayern
macht sich jetzt Angst und Schrecken auf
hallihallo das provinzielle Bayern
schenkt der Spree ein und saget: Sauf!
Und wenn Du es geschlucket hast
du Stricher des Berliner Sumpfes
dann prüfen wir, ob noch was passt
in die Mitte Deines fetten Rumpfes.
Noch ist es fern im schönen Franken
das Grausen, das Berlin wird knesten.
halli hallo durchs schöne Franken
prescht Don Gnadenlos - zu Eurem Besten.
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Ein herzliches Hosen runter
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Montag, 7. Januar 2008
Verpisst Euch Angry Don Wochenend Edition
Einen Beitrag abgelehnt, weil in Kooperation von jetzt.de und Schündfunk des BR.
Eine Einladung abgelehnt, weil ich den Veranstalter für ein Arschloch halte.
Noch eine Einladung abgelehnt, weil bei der Veranstaltung die Arschlochquote zu gross war.
Den billigen Schokoladenmüll der Spammer von Trigami entsorgt.
Abmahnung gegen ein paar Schnüffeldrecksäue in Auftrag gegeben.
Braucht sonst noch jemand da draussen was in die Fresse?
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Berlin zieht an! Kaufen Sie jetzt!
Wenn es also irgendetwas in Berlin nicht geben kann, dann ist es ein anziehender Immobilienmarkt. Noch nicht mal im Bereich der Spekulation, die am Ende immer einen Käufer finden muss - und die Ergebnisse der letzten Spekulationswelle kann man überall an den Vermietungsplakaten erkennen. Wer sich eine Wohnung leisten kann, hat sich schon eine geleistet, und ver sich verspekulieren kann, hat sich schon verspekuliert. Trotzdem gibt es aber angeblich einen Boom. Von dem in den letzten Wochen aber häufig die Rede ist.

Und da treffen dann Redakteure der grösseren Berliner Zeitungen und Journalistenbüros auf Leute wie den Herrn, über dessen Umtriebe ich zur Zeit Leute informiere, die bein ihm investiert haben. Dieser Herr hat eine Menge Immobilienprojekte laufen, und obendrein ein paar Banken am Hals, die ihr Geld zurückwollen. Jetzt, während der Subprime-Krise, erheblich drängender. Und dann passiert - etwas vereinfacht gesagt Folgendes: Der Herr kauft über eine Beteiligungsgesellschaft von einem anderen Herrn ein paar Wohungen zu einem wirklich hohen Preis, und erzählt dann den Medien, dass er damit prima Geschäfte machen wird, so billig, wie das ist. Die Gattin des anderen Herrn wiederum kauft aus dem - de facto - Notverkauf eines abkratzenden Fonds unseres Herrn ein paar Wohnungen zu überzogenen Preisen, geht damit zu den Medien und erzählt, wie super der Immobilienmarkt in Berlin gerade ist, und man habe da gerade noch ein Schnäppchen machen können. Und beide sind an einer ausländischen Immobilienfirma beteiligt, die solche Wohnungen gleich nochmal übernimmt und den Medien erzählt, irgendwo auf der Welt würde man sich um diese Wohnungen als Kapitalanlage prügeln, nur die Deutschen sind so doof, die Chancen nicht zu erkennen.
Und alle wissen, dass die Banken Mitte nächstes Jahres die Geduld verlieren werden, weil sie ohnehin schon genug Ärger an der Backe haben. Mitte nächsten Jahres werden die Immobileinbesitzer Geld brauchen, viel Geld, sie werden auf Teufel komm raus verkaufen müssen, und ein Boom könnte sie retten. So ein Ringtausch ist da prima: Es beruhigt die Investoren, weil man eventuell ja doch noch gute Preise für den hingeklatschten Ramsch bekommt. Es ist ein Signal an die Banken, dass man sich sogar noch was aus eigener Kasse leisten kann. Und es soll den Idioten in Starnberg, New York, Stockholm, Moskau und Düsseldorf klarmachen, dass sie in Berlin jetzt noch ein Schnäppchen machen können. Die Medien hören so etwas gern. Endlich kommt ihre Stadt wieder. Manchmal schaltet so eine Gesellschaft auch eine Anzeige. So geht das, mit dem Immobilienboom der Hauptstadt.
Also. Kaufen Sie lieber im Sommer vom Zwangsvollstrecker, und nicht jetzt den überteuerten Scheiss, an den im Moment jeder Wohnungsbesitzer in Berlin glaubt.
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Ich kapiere das Merkel nicht
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Montag, 7. Januar 2008
Glaube Hass Hoffnungslosigkeit

Aber die Herrschaften hier vorne im Chorgestühl sind sicher angetan, wenn die Besucher auf den Knien sind, um sich keine Lungenentzündung zu holen, und die Arme im Gebet schön hochrecken, damit es inbrünstig aussieht.
Und ich weiss schon, warum ich das Konzept "Religion" kritisch betrachte.
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In unserm Puff kriegt jeder, was er braucht
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Sonntag, 6. Januar 2008
Deutsche Sitten
Wann immer ich mich aber mit einem von ihnen traf, besuchten wir zuerst, wenn man so will, das Hauptgeschäft: Die Theatinerkirche selbst. Wie manche gewohnheitsmässig an der Residenzstrasse die Nasen der Löwen vor dem Palasteingang bereiben, ging man hier in die Kirche und zündete hinten links eine Kerze an. Und als ich heute, zur Auffrischung der Erinnerung und des kunsthistorischen Wissens, mich durch die enge Pforte in das schon dunkle Kirchenschiff gedrückt hatte, war dort eines dieser mitteljungen Paare, wie es sie nur in solchen besseren Gegenden gibt, er Consultant, sie Reiterin, idealtypisch in Kleidung, Aufmachung und Verhalten, und dazu knallten ihre Stiefel auf dem Marmor, als ginge es darum, den Klang von 33 wiederzubeleben, der draussen vor der Feldherrnhalle seinen Ursprung hat. Sie knallte also an der kleinen Nonne vorbei, kaufte eine Kerze, zündete sie an, dann verharrten sie etwas, sie mit gefalteteten Händen und er mit ihrer Tüte in der Hand -

und verliessen vor mir die Kirche. Ich ging, wie man das so macht, wenn man die besonderen Reize hier kennt und auf das Gewühl auf der Theatinerstrasse verzichten möchte, quer durch den Hof, blieb vor den Schaufenstern hängen, verzichtete wegen akuter Überfüllung - ich hatte mir vorher schon zwei Bände Wiener Fastenpredigten von 1796 gekauft - auf einen Besuch bei Arzmiller, und machte mich dann auf den Weg zum englischen Bücherladen der grossen Kette, die ich ansonsten wie die Pest meide. Allein, ich brauchte die Worl of Interiors, ergatterte dort das vorletzte Exemplar, und als ich das Geschäft verliess, war das Paar aus der Theatinerkirche vor dem Schaufenster, in dem immer noch, säuberlich beschriftet, die Geschenkvorschläge des vergangenen Festes zu sehen waren. Sie redeten. So laut, ordinär hätte meine Grossmutter gesagt und damit wie immer recht gehabt, so laut also, dass man ihnen kaum das in der Kirche gezeigte Decorum hätte zutrauen wollen, und zwar so -
Sie: Das Buch wäre wäre wirklich was für Tante B.
Er: Von einer Cancer Foundation. Cancer hat sie doch schon.
Beiderseitiges, silberhelles Lachen.

Und gingen hinüber, in das Cafe des Literaturhauses.
Es gbt sehr gute Gründe, warum man heute von den besseren Kreisen in der Vergangenheitsform reden sollte - wobei es auch sein kann, dass sie in der Form, wie man das in Sonntagsreden von der guten alten Zeit unterstellt, nie existiert haben. Die Rituale, der eingetrichterte Glaube, besonders an die Belohnung für die Kerzen, das Standesbewusstsein und dessen Dünkel, alles, was man so deutsche Sitten nennen möchte, ist auch Dekaden nach Einführung des Privatfernsehens noch da. Aber es sind Riten, die jeden Inhalt längst verloren haben, Verhaltensfassaden, hinter denen das Lecktmich-Bewusstsein steht, das eine gesamtgesellschaftliche Klammer zwischen allen Schichten ist. Deutsche Sitten und Tugenden, was soll das bitte sein? Die Sekundärscheisse, mit der man auch ein KZ betreiben kann, wie es Oskar L. mal auszudrücken beliebte?
Und ich klinge langsam wie der Depp, der die Fastenpredigten von 1796 geschrieben hat.
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Empfehlung heute - Wie allgemein
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