: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 12. Juli 2008

Morgen dann ist es vorbei

Vielleicht dachte sich das schöne Wetter, noch einmal loslegen zu müssen, bevor der grosse Ansturm kommt. Die meisten Schilder zeigen zwar schon "belegt", aber die einen fahren, und die anderen kommen. Aber erst, nachdem das schöne Wetter einem Gewitter Platz gemacht hat, wie überall in Bayern sonst schon während der Nacht.



Es ist noch nicht viel los. Ein paar vereinzelte Gäste, halbvolle Ausflugsdampfer, fast wieder Vorsaison, denn die Tagestouristen aus München sind noch nicht da, oder bleiben ganz aus. Eine Mutter auf dem Weg über den Spielplatz brüllt nach Sarah, Maximilian und Kevin - was sonst - und stört mit ihrer Hektik den ein oder anderen, der im Schatten der Bäume döst.



Nur ein paar Schritte weiter ist es entgültig vorbei mit der Ruhe, denn es werden Zelte aufgeschlagen und Gatter montiert für sie Sportfraktion, die dachte, an einem 13. Juli könnte das Wetter auch mal schön sein. Das wird ein Massaker morgen, beim Triathlon, aber ich bin dann schon auf dem Heimweg.



Bis zur nächsten Schönwetterperiode.

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Das Märchen vom Seher

Und dann, liebe Kinder, geschah es genau so, wie der Seher Don Alphonso vorausgesagt hatte: Die Börsen der reichen Pfeffersäcke brachen zusammen, im fernen Morgenland verschwanden Industriereiche innerhalb weniger Tage, das Geld auf den grossen Inseln im Westen und Norden verlor seinen Wert, und die Banken der giftigen Zwerge mussten von den Königreichen künstlich am Leben erhalten werden. Die Herren der schwarzen Brühe und der zitternden Elektronen verlangten überall mehr Geld, wer konnte, rettete sich in Gold, Silber und Häuser, während die schwarzen Reiter der Finanzbehörden unbarmherzig durch die besseren Viertel peitschten. Die Zauberer der Synergien wurden von Oberzauberern wegsynergiert, und dann kam der schwarze, sturmumbrause Samstag Morgen, als die erste Säule der Grosskönige knickte und in sich zusammenstürzte.


Grossbild hier

Don Alphonso aber sass auf der Spitze des Berges inmitten seiner neu und sicher errichteten Mauern, wog in den Händen seine Silberschätze, liess die Kerzen erleuchten und wusste, dass die Krise ihm nichts würde anhaben können. Er wunderte sich etwas über die Dummheit mancher, ihre letzten Schekel für Technikschrott mit hohen Folgekosten auszugeben, und so ohne jede Not die Geldvernichtung zu betreiben, mit der ihnen andere schon bald das Leben versauern würden; er war etwas erstaunt, dass nicht mehr Leute seinen Empfehlungen gefolgt waren und ihre Dublonen weiterhin Häusern anvertrauten, die diese Kriminellen dringend für eigene, nicht gerade nette Zwecke brauchten. Wirklich froh machte ihn das alles nicht, weder die Nachrichten vom tiefen Sturz von 29.91 auf 0.11 Dollar, noch das Wissen um die 9% Realinflation, die ihm am Tag zuvor ein Höllenknecht unter Schmerzen gegeben hatte.

Aber er erinnerte sich auch der Sekretärin des Höllenknechts, die er angesprochen hatte, warum zum Teufel sie eigentlich die armen, unschuldigen Pflanzen vertrocknen liesse, und an deren trockene Antwort: "Jeder muss selbst schaun, wo er bleibt". Nun, er wusste, wo er bleiben würde, und falls das Gewitter vor dem Fenster keinen grossen Berg auf den kleinen Berg des Don Alphonso hinabschickte und ihn dort begrub, lebt er noch heute, isst Kuchen und empfiehlt, für zwei, drei Jahre jeder Bank gründlich zu misstrauen.

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Freitag, 11. Juli 2008

6153

Auf diesem Niveau macht sich nun der DAX bereit zum Sprung in tiefere Regionen. Ausserdem meldet man Rekordpreise für Öl, und in England haben die Immobilienpreise innerhalb eines Monats 2% nachgegeben - was nicht so schlimm wäre, wären die Häuser nicht mit Konsumkrediten belegt.



Was die Kreditversicherer Fannie Mea und Freddie Mac angeht: Natürlich sind sie pleite. Natürlich kann man auch sagen, dass nur ein Bruchteil der 5 Billionen Kredite keine ausreichenden Sicherheiten in Form von Häusern hat. Nur sollte man sich dann bewusst machen; Ein Haus in Deutschland ist etwas anderes als die billigen, massengefertigten Bretterbuden, die man in Amerika fälschlicherweise als "Haus" bezeichnet. Jenseits der Wolkenkratzer sind die USA architektonisch ein Schwellenland, und so ein Holzhaus ist im Unterhalt - gerade, wenn es in der Insolvenz leer steht - möglicherweise teurer als das, was man nach Abzug aller Kosten bei einer Versteigerung noch erwarten kann.



Wie man es dreht & wendet, am Ende wird man überein kommen, dass die USA als Gesellschaft den ganzen Berg der Lasten übernehmen werden. Und da gibt es dann mehrere Optionen, sei es, dass sie wegen der Schulden und der "Stabilisierung" ihres Systems mit frischem Geld durch Inflation krepieren, oder sie gehen im Sinne eines Staatsbankrotts drauf, weil sie für das alles wirklich einstehen müssen, ohne dass sie reale Gegenwerte jenseits unverkäuflicher Spritschlucker und grosser Glotzen haben. Oder sie zahlen einfach die Schulden nicht, lassen ein paar dummen Staatsfonds anderer Länder die Luft raus und nuken ihre eigenen Banken, die so unkug sind, auf den Forderungen zu bestehen.



Dieses dritte Szenario, das man eventuell auch mit einer Revolution von oben durchführen könnte - Einmauerung der Wallstreet, "making a Guantanam0", ausserhalb der Gesetze stellen, wo sich die Nutzniesser des Systems ohnehin schon wähnten, eine Weile die freie Marktwirtschaft nur dort zulassen, wo Banken krepieren, ein wenig Sozialismus bei den Dingen, die zu den Grundbedürfnissen gehören und anschliessend als "New Deal reloaded" verkaufen - dieses dritte Szenario wäre vielleicht gar nicht so dumm.

Wenn man sich mal die Alternativen anschaut.

pardon, ich bin heute etwas von der rolle. am morgen hatte ich ein telefonat mit jemanden, der am nachmittag, als ich bei ihm in münchen war, mehr für sich und seine kunden verloren hat, als meine wohnung am tegernsee gekostet hat. und manchmal frage ich mich auch, was aus den angeblich so sicheren anlagen des führerbunkercchefs a.d. e.d. aus berlin geworden ist.

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Der Wetterbericht

Später Gewitter, Temperatursturz und morgen nur noch 16 Grad. Doch, wirklich, aus dem Gebirge dröhnt schon der erste ferne Donner.



Ich habe gerade mit jemandem die 10.000 Euro Frage diskutiert. Mal abgesehen davon, dass man sich diese Frage nicht mehr lang stellen muss - in Berlin etwa erhöht die GASAG die Preise gleich mal um 14%, da lacht der libaralisierte Energiemarkt rund um Vattenfall - ich wüsste momentan auch nicht, was ich mit 10.000 Euro tun würde, die rumliegen und angelegt werden sollen. Diese Frage füllt häufig die Seiten der Wirtschaftsmagazine, und Powerpointschubser raten zu Fonds, bei denen sie Provisionen einstreichen.

Also, was tun? Silber? Oder es nochmal ordentlich krachen lassen? Als Immobilienbesitzer würde ich raten, das Geld in Energiesparen zu investieren, da bringt es langfristig niedrigere Kosten und rentiert sich. Aber wenn man keine Wohnung hat? Schwierig. Kunst. Da hat man wenigstens seinen Spass beim Betrachten. Eventuell auch ein paar Luxusuhren oder ein wirklich feines Silberservice, und zwar unter Ausnützung der Schwäche der amerikanischen und britischen Währung. Man soll es nicht glauben, aber bei Ebay in den Staaten kosten wirklich ordentliche Longines- und Omega-Uhren umgerechnet nur ein, zweihundert Euro.

Als ich heute beim Supermarkt war - ab und an muss auch ich dorthin - war vor mir an der Kasse eine Mittsechzigerin, mit sandfarbener Guccijeans, rosa Lacostepolo mit grossem Schriftzug auf dem Rücken, Chanelbrieftasche und einem Haufen Conveniencefood im Korb. Besonders auffallend: Vorgeschnittene Tomate-Mozarella mit Kräutern, Öl und Essig in Plastik. Haben Sie eine Punktekarte, fragte der Kassierer nach Überreichen der Rechnung und Entgegennahme eines 200-Euro-Scheins. Keine Antwort, nur ein Grunzen. Sammeln Sie Herzen? insistierte der Kassierer. Grunzen, die Frau stand unbeweglich da und studierte die Rechnung. Dann sagte Sie, mit der Rechnung wedelnd: Tschuldigung, ich hab Sie nicht verstanden, ich bin noch ganz schockiert von den Preisen hier - nahm sie ihr Wechselgeld und ging kopfschüttelnd ab zu ihrem SL, der draussen schwarz funkelte.

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Donnerstag, 10. Juli 2008

Empfehlung heute -Einfach lesen

Das ist einer der Beiträge, wie ich ihn nie im Handelsblatt oder der FTD lese. Überhaupt, das ist einrichtig gutes Wirtschaftsblog. Da können Medien was von lernen.

(Kann sich jemand vorstellen, wie verrückt das alles ist, wenn man es hier in der heilen Welt auf einem Berg über dem See liest, und nebenan stehen die Kühe auf der Wiese? Und dass dieser Irrsinn trotzdem bis hierher Einfluss hat?)

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Wie ich beinahe mal unter die Blogwerber gegangen wäre

Das war heute. Vor nicht mal anderthalb Stunden. Da stand ich auf der Mangfallbrücke, gleich neben dem Denkmal für Thomas Mann und seinen Hund, der hier nach dem ersten Weltkrieg sommerfrischte und auch "Herr und Hund" hier zu schreiben beliebte. Da stand ich dumm feixend, und machte eine dieser lächerlich einfachen Aufnahmen von etwas so lächerlich Schönem, bei dem ich immer daran denken muss, wie es jetzt woanders gerade sein sollte.


Grossbild hier

Es sind diese Momente, in denen ich dem Schicksal danken möchte, mich aus Berlin weggeführt zu haben zu einem Investor, der gerade Geld dringender brauchte als einen weiteren Wohnort am See. Es sind diese Momente, in denen ich zwar nicht reich, aber qua Ort und Möglichkeiten extrem privilegiert bin, ich kann da hingehen und einfach dumm grinsen über dieses Glück. Weil ich geknausert habe, weil ich meine Zeit nicht mit sinnlosen Projekten verplempert habe, weil ich nicht zu meinem Blog muss, das auf dem Rechner unter dem schattigen Baum auf mich wartet, um für die Vermarktung durch Blogwerbung einen möglichst klickträchtigen Zwangsbeitrag zu verfassen. Natürlich gehe ich wieder hoch, natürlich frühstücke ich und schreibe auch darüber. Weil ich kann, weil ich will, aber nicht, weil ich muss. Ich ging also in die Küche, schnitt die handgemachten Brezenzöpfe auf füllte sie mit frischen Tomaten und Mozarella, deckte den Tisch, machte dieses Bild


Mittelgrosser Foodporn hier, extrem grosser Foodporn hier.

und dachte mir:

Eigentlich müsste ich jetzt für ein paar Euro bei Adnation former known as adical Werbung schalten. Mit diesen Bildern. Und dem Claim:

BLOGWERBUNG BRINGT NICHTS!

Es gibt verdammt gute Gründe, warum es solche Bilder beim Werbefeind Don Alphonso gibt. Und nicht bei den Adnation-Teilnehmern, Trigamisten und anderen Vermarktungsfreunden.
Aber dann dachte ich, es könnte ja sein, dass es gerade mein Geld ist, mit dem dann so einer die Grundlage für eigenes Vermögen legt, Erfolg hat und am Ende vielleicht noch hier Urlaub macht, an meinem Zaun vorbeiläuft und mir auf den Teller gafft. Da tanke ich dann lieber meine Barchetta und fahren ein paar Pässe in Österreich.

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Das Richtige tun

Indirekte Bestätigung für meine Thesen zum Urlaub bekomme ich gerade per Mail. Ich habe - unverlangt - den Newsletter eines auf Flugreisen spezialisierten Internetreisebüros, das mich wegen zweier Langstreckenflüge wohl für einen Global Jetter hält und mich alle zwei Wochen mit Flügen zu exotischen Destinationen unterhält, Tahiland, USA, Mittlerer Osten, Südamerika, Karibik - man kennt das. Dazu üblicherweise Leihauto, Party, Shuttle, Strand. Heute kamen die neuesten Angebote - bitte schliessen Sie die Gurte, stellen Sie den Sitz aufrecht und schalten Sie alle elektronischen Geräte ab, es wird ruppig bei der fliegenden Klasse:
Radeln Sie los! Entdecken Sie die Schönheiten der Landschaft vom Fahrradsattel aus und lernen Sie nach Lust und Laune Land und Leute kennen. Unsere Radtouren führen durch die grünen Hügel des Saarlandes, entlang der romantischen Weinberge im Breisgau und an den Ufern der Etsch entlang vom Vinschgau bis nach Verona. [...] Radeln Sie auf unserer Schlemmertour durch die reizvolle Hügellandschaft und genießen Sie die erstklassige Küche und die guten Weine des Saarlandes. [...] Am Oberrhein liegt Deutschlands sonnenreichste Region [...] Entlang der Etsch geht es durch die Obstgärten und Weinberge Südtirols, der Gardasee wird passiert und die Altstädte von Bozen, Trient und Verona können bestaunt werden.
Da ändert sich gerade was. Da brechen Strukturen auf, da werden ganz alte Regionen neu entdeckt. Und das finde ich nicht im Mindesten schlecht.



Diese Kirche hier steht an der Inntalautobahn, und jeden Tag fahren ein paar Zilliarden Autos daran vorbei. Dort gibt es einiges zu sehen, würde man nur mal anhalten wollen. Das kommt auch, früher oder später. Anhalten ist das neue Fortfahren.

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Donnerstag, 10. Juli 2008

Würde ich

Würde ich mit schlechter Bezahlung beim Trashportal Zoomer.de arbeiten müssen, wäre heute der Tag, ab dem ich mich intensiv nach einer beruflichen Alternative umschauen würde. Mehr als eine "Neuausrichtung" gibt es in der Regel bei Holtzbrinck nicht, bevor sie ein Projekt in den Eimer treten, in dem schon News Frankfurt und Business News sind.



Würde ich generell bei einem Medium der Mecom-Holding arbeiten, würde ich versuchen, irgendwas dort zu kapern - am besten die Netzeitung - und mir Helfer suchen, um es Montgomery mal richtig zu zeigen. Und sei es nur, um ihm und seinen Aktionären einen Kurseinbruch zu bescheren. Mehr als gefeuert werden kann man dafür auch nicht, und das passiert ohnehin.



Würde ich was mit Medien in einer weniger gut aufgestellten Region machen, würde ich versuchen, dort wegzuziehen, nachdem ich gehört habe, welche Bremsspuren im Bereich Werbung eines grossen Bankhauses zu erwarten sind. Sie sagten, das machen jetzt alle so. Die Durststrecke dauert mindestens anderthalb Jahre. Und was Springer mit dem Projekt "Humanglobaler Zufall" macht, ist auch nicht hübscher als das "Übergeben an die Community", mit dem die Agentur Knallgrau ihr Vorzeigeprojekt Mindestens Haltbar loswerden will.



Würde ich bei Vanity Fair Deutschland arbeiten, würde ich mich fragen, warum man nicht auf diejenigen gehört hat, die sich dem Konzept "Oberschicht" anders angenähert hätten, ohne Gbrüll, Tittenschwingen und D-Promis, die es nie auch nur in die Nähe der überwucherten Gärten am Leeberg schaffen werden - höchstens, wenn sie mal gegenüber in Wiessee auf Entzug sind. Und würde ich Kinder haben, würde ich sie eher auf den Bau schicken, als in die Medien. Zynische Dreckschweine gibt es auch bei Immobilienfonds, aber dann ist es wenigstens kein Hungerleiderjob.

Aber ich habe keine Kinder, bin nicht in Berlin und habe eine Arbeit, die ich auch am Spitzingsee machen kann, oder in der Dämmerung am Ufer, solange der Akku reicht.

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Sehr zu empfehlen - Leben im Alten

Es gab in den letzten Tagen viele Momente, da mir, pathetisch gesagt, das Herz aufging, und ganz besonders bei diesem Bauernhof im Inntal zwischen Schwaz und Hall, bei dem man tagsüber die Türe nicht geschlossen hält.



Ich liebe diesen natürlichen Umgang mit dem Alten, die unregelmässige Schönheit der verwitterten Fassade, die alte Tür mit dem schmiedeisernen Fensterstock darüber, die Oleander, das Holz für den Ofen im fernen Winter, oder vielleicht auch für den alten Herd in der Küche, und den Umstand, dass der Waschtisch ohne Bedenken im Flur als Garderobe gebraucht wird, statt auf dem Müll zu landen. Da wohnen welche, die das Alter nicht als Makel, sondern als normalen Zustand begreifen.

(Tut mir leid, wenn Rebellen ohne Markt in letzter Zeit für manche etwas zu kitschig bebildert sein sollte, aber das sieht hier wirklich fast überall so aus - und ich habe noch nicht mal die Bilder aus Innsbruck bearbeitet.)

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Empfehlung heute - Fernes Grauen

Langsam,die verschiedenen Konsistenzen auskostend, senken sich die Bronzezinken durch Marzipan, Sahne, Schokolade und ganz unten angekommen, hauchzart über dem Boden, durch eine Schicht Himbeermarmelade.



in ganzer Pracht und Grösse auch noch hier zu finden

Da muss doch, wird der Leser vielleicht sagen, irgendwo ein lyncheskes Grauen versteckt sein, das leise metallische Ticken der Gabel beim Durchbrechen des Bodens könnte nur die Konzentration anstacheln, das Abgründige zu entdecken, nichts darf so sein ohne Widerpart, der im Dunkeln lauert. Und es stimmt, denn auf dem Notebook ist die feine Seite Knaeckeboot aufgeschlagen, ein Photoblog aus dem fernen Berlin, das aus der grossen Entfernung und ästhetisch abgelichtet, genau so viel Grauen in diese Welt entlässt, wie für einen angenehmen Schauer im sicheren Wissen um die trennenden, ja fast unüberbrückbaren Welten nötig ist (würde ich Berlin nicht kennen, ich könnte das alles nicht glauben).

Fast genauso fern liegt mir der Gedanke, sowas wie ein deutschen Blogportal für gute Geschichten zu machen, aber falls es doch mal sowas geben sollte, müsste es viele solche Photoblogs haben, die jeden Tag einen Überblick über das Land liefern, von Nord nach Süd, von Reich bis Arm.

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Dienstag, 8. Juli 2008

Sieben sommerliche Lügen zum Dienstag

Liebste Frau Mama!

Sollte Ihre Freundin Frau P. wirklich morgen kommen und die nächsten Tage bleiben wollen, so bin ich natürlich gern bereit, meinen Aufenthalt hier zu beenden. Frau P. wird sicher ohne Unfall durch all die holländischen Staus hier angelangen, und so schlimm ist es auch nicht, wenn ihre Rosen vertrocknen - sie hat eh zuviel von dem Unkraut. Ich weiss, ich habe versprochen, ihren Stadtgarten zu giessen, aber leider habe ich hier schon entsetzlichen Heuschnupfen. Frau P. wird es aber sicher besser überleben als die Rosen. Und Lilien. Und Asparagi. Und was da sonst noch den praktischen Golfrasen verhindert. Also, wenn sie will: Sie kann gerne kommen!

Untertänigst

Euer liebender Sohn.



Liebe Mieter des Stadtpalastes,

leider habe ich daheim einige Unterlagen für die Abrechnung auf einem USB-Stick vergessen, so dass Ihr noch etwas warten müsst. Angesichts der leider mal wieder gestiegenen Kosten für Gas und Strom verschönt Euch mein Missgeschick noch die folgenden Tage - zu gern hätte ich diese Arbeit jetzt schnell hinter mich gebracht. Ihr wisst ja, ich mag diese Aufschieberei absolut nicht.

Bis dann,

Don



Hallo A.,

das ist natürlich blöd, wenn es bei Euch an der Nordsee regnet. Aber mach Dir nichts draus, hier ist es auch manchmal bewölkt.

Alles Liebe und Sonne im Herzen

Don



Liebe Frau F.,

vielen Dank für Ihre Einladung, als Ersatz für die blöde, geldgeile Sau den geachteten, aber verhinderten Onlineprofi P. fast kostenlos nach Berlin zu fahren und dort vor führenden Arschkrampen und PR-Strichern Kommunikationsprofis in dieser vergammelten Vertreterabsteige diesem exklusiven Rahmen einen Vortrag über Anzugarschficken Web2.0 zu halten. Leider kommt ihre Anfrage etwas kurzfristig, und mein Terminplan lässt - wie so oft in diesem arbeitsreichen Jahr - diese Wahrnehmung dieser Gelegenheit leider nicht zu. Darf ich Ihnen raten, sich an den vergammelten Ritalinfresser Herrn Soundso zu wenden? Der ist Spezialist für diese Themen und macht es ebenfalls sicher gern umsonst, wegen der glänzenden Business Opportunities.

Mit freundlichen Grüssen

Don Alphonso Porcamadonna (nach Diktat verplant)



Liebe Susi,

jederzeit wieder, aber ganz ehrlich: Ulli und ihre Kinder werden sich hier zu Tode langweilen, das hier ist absolut ungeeignet für alle unter 30, nur alte Knacker, also, wenn Du Ulli einen Gefallen tun willst, lass sie daheim und komm allein hierher. Es ist nicht wegen meiner nordischen Klassikeroriginale, die mir die Blagen ruinieren würden, es ist nicht, weil ich Dich in Ruhe vernaschen will oder weil ich Kinder hasse, ich meine es einfach nur gut. Das hier ist Altersheim.

Und nun eile!

Don



Liebe Frau H.,

ich habe schon gehört, dass der andere Don abgegeben hat, und mir fehlen wegen diverser familiärer und privater Zwischenfälle nur noch 10.000 Zeichen. Ich schwöre, dass ich morgen fertig bin!

Tief beschämt, Ihr pralinenmitschickender

Don



Lieber Herr Prof. Dr. Nachbar,

ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Ihr Wagen ist schlecht für die Umwelt und frisst Ihnen mit seinen 6 britischen Zylindern und Ihrem Akademikergehalt die Haare vom Kopf. Hellblau ist unmodern, und über den Luftwiderstand der Speichenräder brauchen wir erst gar nicht zu reden. Als Einstand in dieser Anlage biete ich ihnen hiermit 1000 Euro Übernahmeprämie an, die ihnen beim Erwerb eines Opel Astra helfen können; ich werde ihr vorsintflutliches Monster derweilen einmotten und nur ab und zu bewegen, weil für die Schrottpresse, das gebe ich zu, ist es doch zu schade.

Mit besten Empfehlungen an die Frau Gemahlin, die sicher genug Pannen erlebt hat,

Ihr - sagen Sie Donnie zu mir - Porcamadonna



Immer diese Schreibarbeit im Urlaub, als ob die Markisenkurbelei nicht schon genug Stress wäre, und dann die Lauferei über das Strandbad zum Konditor - nun zu Tee und Kuchen.

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Einsparpotenziale

Derzeit werden die Daumenschrauben im Journalismus noch etwas weiter angezogen. Was unter der Ägide von Mecom bei der Berliner Zeitung und der Netzeitung geschieht, ist nur ein mildes Vorspiel für das, was der ganzen Branche droht: Ein Wegbrechen der Anzeigenerlöse, Kostenreduktion, Entlassungen. Dabei könnte man es sich ganz einfach machen, und dabei garantiert keinen Falschen erwischen:



Ich bin der Meinung, dass jeder Journalist, der in den letzten drei Monaten die Subprimekrise für abgehakt, überwunden, an ihrem Tiefpunkt angelangt oder sonstwie bewältigt erklärt hat, sofort seinen Job verlieren sollte. Und fünf Jahre Berufsverbot für verschärfte Dummheit, Rechercheunfähigkeit und nachweisliche Unfähigkeit, eine banale, allumfassende Krise zu erkennen. Dito mit den Leuten, die behauptet oder unkritisch "Studien" zitiert haben, eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke würde die Strompreise, die die Stromkonzerne eben erst erhöht haben, für die Verbraucher signifikant sinken lassen. Das sind zwei Beispiele von journalistischem Komplettversagen angesichts einfach in Erfahrung zu bringender Informationen, solche Leute verdienen keinerlei Presseprivilegien, sondern als Ergänzung zur Kriminalität der weissen Krägen ein paar Jahre die Pflicht, den Dingen sauber auf den Grund zu gehen. Den Grund, der sich in Toiletten unterhalb des AbwasserSpiegels befindet, und das gerne auch an der Reeperbahn.

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Montag, 7. Juli 2008

Benzin und Reise

Es gibt viele gute Gründe, die aktuellen Benzinpreise als unerfreulich zu erachten, angefangen bei der Unterstützung krimineller Machenschaften der beteiligten Wirtschaftszweige bishin zu den sozialen Ungerechtigkeiten, die daraus folgen. Andererseits finde ich es absolut nicht schlimm, wenn die Zeiten der Raserei auf der Autobahn zu Ende geht, Schlüsselindustrien gezwungen sind, ihre Geschäftsmodelle zu überarbeiten und andere transatlantische Regionen endlich mal einen Eindruck davon bekommen, wo sie mit ihren Verbrechern und Mördern an der Staatsspitze und deren Verschwendung hinkommen. Die Globalisierung stottert, Produktion kommt zurück zu Standortfaktoren, und man überlegt es sich gründlich, ob man das Licht brennen lässt. Kleine Läden mit grossen Fenstern haben ein paar kleine Vorteile gegenüber neonbestrahlten Shopping Malls. Sejtn a Schon, wo koa Nutzn dabei is, sagte meine Grossmutter immer, und sie hatte damit natürlich wie immer recht.



Dass sich die Zeiten ändern, erlebe ich gerade bei zwei mich ansprechenden Themenkomplexen. Der eine betrifft die Preisentwicklung von Immobilien in den Alpen. Mal abgesehen davon, dass ich für meine Wohnung nicht das bezahkt habe, was üblich ist: In den letzten Monaten ist das Angebot ausgetrocknet, bei gleichzeitig anziehender Nachfrage. Es macht den Anschein, als würde angesichts der kombinierten Kredit- und Energiekrise niemand Lust haben, seine Wohnung in inflationsgefährdetes Bargeld umzutauschen. Gleichzeitig wird nach Sicherheit gesucht, die ferne Gegenden wie Mallorca, die spanische Küste und andere südliche Regionen nicht mehr bieten. Sei es, dass man die Klimaerwärmung zu spüren bekommt wie der befreundeten Familie P., die in Tunesien war und es nur im Wasser oder unter der Klimaanlage ausgehalten hat. Oder wie Familie K. entdeckt, dass die Fluggesellschaften längst nicht mehr so viele Überkapazitäten in Richtung der Ferienwohnung am Mittelmeer anbieten, und der Spass inzwischen auch mit Billigflug richtig teuer wird.



Die Menschen tun das, was sie in Krisen immer tun: Sie fliehen zurück in Bereiche, die sie kennen;von denen sie wissen, dass sie ihnen und dem staatlichen System dahinter vertrauen können, wo das Wasser nicht rationiert wird und man nicht mit Aussicht auf eine Algenpest im Meer fast krepiert, wenn die Klimaanlage wegen Überlastung der Stomnetze ausgefallen ist. Bei uns ist das Deutschland, oder genauer, die besseren Regionen. Zumal es schneller und einfacher zu erreichen ist. Sollte Benzin noch teurer werden, bliebe bei kürzeren Strecken immer noch die Bahn als Alternative. Bei Anlegern aus Ländern wie Italien oder Russland steht wegen ähnlicher Überlegungen amüsanterweise die gleiche Region hoch im Kurs, zumal es sich in Oberbayern leichter kaufen lässt, als in der Schweiz oder in Österreich.



Wenn es hier also anzieht, geht es andernorts steil nach unten. Seit ungefähr zwei Jahren überlege ich den Kauf eines alten Autos, und in der engen Wahl ist ein britischer MG B oder Sprite. Seit zwei Jahren gucke ich wöchentlich, wie sich im Heimatland dieser Wägen die Preise entwickeln. Solche Autos sind für viele ein überflüssiger Luxus gewesen, den sie sich leisten konnten. Früher las man so gut wie nie etwas über den relativ niedrigen Verbrauch, der diese Fahrzeuge auszeichnete, oder das Problem der anziehenden Kreditzinsen. Heute sind die Anzeigen häufig ein Spiegel einer Gesellschaft, der schlicht und einfach das Geld und der Sprit ausgeht, um mal eben grössere Roadstertouren zu machen. Eine Gesellschaft, in der kleine Roadster schon fast unverkäuflich sind und in 12 Moanten ein Drittel des üblichen Preises verloren haben. Das Problem betrifft uns in Deutschland etwas abgemildert auch: Früher gehörte es fast schon zum guten Ton, am Wochenende von München aus an den Gardasee zu rasen. Das ist selten geworden.



Natürlich sagen Marktforscher, dass der Urlaub das Letzte ist, woran die Deutschen sparen. Das mag stimmen, aber es wird nicht billiger. Es gibt wenige Länder, in denen die teuerungsrate so niedrig wie in Deutschland ist. Und viele klassische Urlaubsländer, die einen enorm hohen Energieverbrauch durch Tourismus haben, dessen Kosten auf die Besucher umgelegt werden. Die Toursimusindustrie verschweigt, dass es kein Grundrecht auf 4 Wochen Ibiza mehr gibt, aber der Markt wird es so einrichten, dass diese Botschaft mit dem Geldbeutel verstanden wird. Das Konzept Ferienbomber, beheizter Pool und klimatisierte Räume in kaputtbetonierter Landschaft hat seinen Zenit überschritten, und die hohen Transportkosten werden die Konsumenten zwingen, sich zu entscheiden: Wirklich noch Ballermann, dann aber nur für eine Woche, und der Rest auf dem eigenen Balkon, so vorhanden? Oder doch lieber ein wenig länger wegfahren, aber dafür nicht mehr so weit?



Vielleicht sogar das tun, was ich für den richtigen Weg halte, und das nach ein paar tausend Jahren Reiseerfahrung für die vergleichsweise kurze Periode des Massenflugtourismus von 1980 bis 2008 vergessen wurde: Die Reise als Reise zu betrachten, und nicht als verlorenen Tag für An- und Abreise. Ich habe hier das Itinerar einer Verwandten, die im laubfrosch/hellgrünen Käfer Cabrio einer Reise nach Pompeji zu Beginn der 50er Jahre gemacht hat, drei Wochen lang, davon 5 Tage in jede Richtung. Es gibt kein einziges Bild, das nicht interessant ist, kein genervtes Gschau, keine Hektik. Es gibt zweimal wunderschönes Tirol, atemberaubende Berge, oberitalienische Städte, Adria und thyrrenisches Meer, Rom, Neapel, Pompeji, es ist von vorne bis hinten Urlaub, vom ersten Tag an. Autofahren war damals, als der normale Bundesbürger froh um ein Fahrrad war, Luxus und sehr teuer - niemand wäre auf die Idee gekommen, diesen Luxus nicht angemessen zu zelebrieren.



Dieses Vergnügen an der Reise muss wieder entdeckt werden. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere auch noch an die Aufkleber, die man in den 70er Jahren auf der Reise nach Italien an jedem Pass erwerben konnte: Grossglockner, Felberntauern, Reschenpass, Sellajoch. An die Prägeautomaten, an denen man sich Erinnerungsplaketten drucken konnte. Und an die Aufregung von Frau Mama, wenn ihr Gatte die Kurven am Pordoji zu sportlich nahm. Die Reise ist von diesem Erlebnis an abgestürzt zu dem, was Kulturwissenschaftler als "gesunkenes Kulturgut" ansehen, ein Wegwerfartikel des modernen Lebens, mit austauschbaren Namen und immer gleichen Hotels. Das betrifft alle Schichten gleichermassen, egal ober Ferienbunker oder die Nobelhotels dieser Welt, die überall im gleichen pseudoklassischen Neostalinismus mit Antikmix entworfen werden, mit austauschbaren Wellnessangeboten und Thai-Chi-Molekularfrass, das Junkffod der Reichen und Gelifteten.



Diese Beliebigkeit zwischen Adlon und Ballermann, die sich fortsetzt bis in die immer gleichen Gated Communities, in die unsere Gesellschaft und Städte zerfallen, ist nur möglich durch billigen Transport von Menschen, Waren und Dienstleistungen. Nur so schafft es Tropenholz auf Dächer über alpine Pools, nur so kann man chinesischen Billiggranit für die Auffahrt verlegen, nur so kann man es sich überall leisten, das Dortige zu ignorieren und in einem substanz- und inhaltslosen Überall zu verweilen, das Reise nur als geschobene Kulisse für die Unfähigkeit begreift, das Naheliegende, oder gar das Selbst zu erkennen, zu schätzen und für sich als Erholung zu begreifen. Man kann, pauschal, all inclusive, 24/7, anything goes, es ist ganz leicht und erschwinglich - gewesen. Und jetzt ist es vorbei und kommt nie wieder. Entfernung ist teuer. Und die Nähe ist weniger schlecht, als man gemeinhin glaubt.



Wobei ich gerne zugebe, dass es mir durchaus wenig ausmachen würde, wenn eine Vielzahl von Leuten es lieber eine Woche ordentlich in den Tourismusgummizellen global krachen liesse, statt mir vier Wochen meinen hier gezeigten Radelweg zum Tortenholen nach Tegernsee mit ihrer Anwesenheit zu verpesten. Es wird wohl beides geben, manche werden kleinräumiger denken, handeln und es dennoch schätzen. Ich halte den Menschen für in Grenzen lernfähig, und das heisst umgekehrt auch, dass Grenzen beim lernen helfen können - sei es, sie zu überwinden, wenn es wichtig ist, oder sie auszufüllen, wo man sich mit ihnen abfinden muss. Es ist weniger schwer, als man glaubt - solange man nicht jetzt auf die Idee kommt, die PS-Schleuder verkaufen und noch schnell am See ein Schnäppchen machen zu wollen.

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Montag, 7. Juli 2008

Real Life 6.7.08 - Susi geht voran

Du hast ihr gesagt, dass es keinen Spass machen wird: Erst über die volle Autobahn hierher fahren, sich durch den Stau der Münchner zum Seee quälen, dann weiter über die verstopfte Uferpromenade und letztlich noch hoch zur Burg, wo es keine Parkplätze gibt. Aber so, wie früher manche selbstverständlich jeden Sonntag in die Kirche gingen, brauchen manche am Wochenende eine Matinee. Als wären die bedrängnisse nicht genug, findet sich auf der Burg ein Blick über das Tal und den See, wo sich andere vergnügen, und ein anderer Blick hinauf zu den Bergen, wo sich anhand der Wolken bald andeutet, dass es heute noch regnen und stürmen wird. Susi hat es dennoch getan, stellte dort oben fest, dass sie bedauerlicherweise auf einem Saxophonkonzert gelandet war, hielt dennoch tapfer durch, aber dann, unten am See angekommen, gibt es kein Halten mehr. Susi will jetzt, sofort an den See, der türkisgrün hinauf zur Burg funkelte, und geht voran.

Was dir Gelegenheit gibt, einerseits ihre Erscheinung zu bewundern. Mal abgesehen von der - in Berlin würde man sagen - Pornobrille, macht sie einen formidablen Eindruck, angefangen bei der Perlenkette, die sicher auch Yma Sumac gefallen hätte, über das von vorne schlicht hochgeschlossene hellblaue Sommerkleid, das nach hinten in Bänder, Schleifen und an den richtigen Stellen, wo Verhüllung bedauerlich wäre, einiges Nichts zerfällt, dazu eine grosse Tasche von Burberry und im identischen Schottenkaromuster und Farbe exakt passende Schuhe, die so aussehen, als wären sie dazu gefertigt worden. Sind sie nicht, es war ein weiter Weg zu diesen Schuhen, an denen du dich erfreuen kannst, und der Idiot, der den Weg für diese Schuhe auf sich nahm, ist schon etwas länger abgelegt, wie man das mit alten Prada-Handyanhängern macht. Susi, keine Frage, ist auch in diesem Umfeld, wo Ferraris am Strassenrand das Parkverbot missachten, eine formidable Erscheinung.

Das sieht auch offensichtlich der Herr so, der ein wenig näher am See einen Parkplatz für seinen 5er Kombi gefunden hat und nun dabei ist, das Auto unter Anweisung seiner Bewgleiterin zu leeren. Es gibt Paare, denen sieht man an, dass der letzte Tag, an dem sie sich wirklich noch um Äusserlichkeiten gekümmert haben, der Tag der Eheschliessung war. Man ahnt instinktiv, dass es sich mit dem gegenseitige "Ja" ausgehaucht und gezärtelt hat, es folgen Karriere und die Entscheidung, ihn das Geld bringen zu lassen, und die weitere Entwicklung garantiert die Unsterblichkeit der Regionalpresse, denn über was soll man sich sonst anschweigen, am Frühstückstisch und am See. Hast du die Zeitschriften, fragt sie in dem nachsichtsfernen Tonfall, mit dem sie vielleicht auch Kinder zurechtweisen würde, und er mault irgendwas, während er Susi nachstarrt. Auf die Art, wie nur verheiratete Männer starren, weil es keine Rolle mehr spielt, wie sie wirken, und weil es deshalb auch keinen Grund gibt, sich nicht gehen zu lassen.



Es kommt, wie es kommen muss, grau bis tiefschwarz, und es reicht gerade, um einmal in den See hinaus zu schwinmen, ein wenig zu liegen, den Gebräu der Wolken über den Blaubergen zuzuschauen, dann schnell einzupacken und von Windstössen getrieben den Rückweg anzutreten. Während Susi mit den Tücken der Absätze im weichen Boden des Strandbades kämpft, schaut er ihr wieder lange nach, mit dem starren Blick einer Kuh voller falscher Medikamente, während seine Frau Anweisungen erteilt, wie er all das Mitgeschleppte sinnvoll und in einem Rutsch abtransportieren soll. Susis Haare sind noch nass, ein paar Tropfen lösen sich und perlen den zart gebräunten Rücken hinunter, fangen sich im Kleid und verleihen ihr einen vollkommen unzutreffenden, aber nicht unangenehmen, weil leicht unanständigen Eindruck, als wäre irgendetwas Heisses vorgefallen, etwas Verbotenes, Anderes, von dem nicht zu erwarten ist, dass es bei den anderen jemals wieder vorkommen sollte.

Du solltest Heiratsschwindlerin werden, du würdest hier eine glanzvolle Karriere machen, sagst du, und Susi lacht silberhell unter dem Grau des Himmels und der Leben, die ganz anders geworden sind, matt, schal und unerfreulich, was dann vielleicht auch erklärt, warum der 5er Kombi nach der Ausfahrt so drängelt und dicht auffährt, bis du abbiegst in die schmale Anliegerstrasse, und er freie Bahn hat, wo immer auch seine Wege ihn nie hinführen werden.

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Boote im Sonnenuntergang

Gestern Abend um kurz nach 9, etwas über Scholastica beim Achensee auf 1000 Meter über NN, ein ziemlich grandioser Sonnenuntergang



Grossbild hier

Danach über den Achenpass hinunter an den Tegernsee, im Ort selbst um 20 vor 10, Blick vom Park bei Kloster Tegernsee Richtung Norden.



Grossbild hier

Gar nicht so schlecht, das hier. Man könnte sich glatt daran gewöhnen.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 5. Juli 2008

Real Life 4.7.08 - Das Geschäftsgeheimnis der Loddirrl

Frau S., die bekanntlich keinen kleinen Anteil daran hat, dass du dem Tegernsee nahe kamst und dich nun als südlichster der bekannteren deutschen Blogger bezeichnen darfst, Frau S. nun erkennt dich, der du auf der Rückreise vom verhinderten Besuch der Silvretta Classic kommst (Autobiographische Skizze "Bildnis des Don als junger Geck") an meinem Gefährt im Rückspiegel, hält an, gebietet dir zu bremsen und nötigte dich, noch hinten mit einzusteigen, um sie, das Hannerl und eine Bekannte nach München zu begleiten. Dort sei das Wetter schöner, und du wärst sicher ein idealer Begleiter für das, was zu tun sei. Ich verrenkst dir also die Füsse auf der Rückbank eines alten 450er SLC in "Dallas Special" Gold, fürchtest dich etwas wegen der 3-Satzes der Geschwindigkeit (225 km/h, (vermutlich reale) 75 Jahre am Steuer und 25 Liter Verbrauch) und findest dich zuletzt unverletzt in einem bestimmten Antiquitätenladen wieder, in dem alles zufällig arrangiert wirkt, aber in Wirklichkeit in seiner verstaubten Überfülle verkaufsträchtig angeordnet ist.



Man denkt, dass in all dem zerfledderten Kram, bei all den zerschlissenen Stoffen und der gestapelten Melange aus echtem Rokoko und angepinselten Stilmöbeln des späten 60er Jahre irgendwas dabei sein müsste, das dem Betrachter gefällt und gleichzeitig finanzierbar wäre, wenn man es nicht gerade zur Einrichtung eines Luxusgeschäfts in der Münchner Innenstadt braucht und steuerlich geltend machen kann -

Exkurs: Wusste die Leserschaft übrigens, wie das geht? Ein grosser Teil der überteuerten Antiquitäten werden beim Kauf durch Anwalt, Architekt und Ladenbesitzer nicht heruntergehandelt, sondern zu Package Deals vereint. Statt also ein Dutzend Imariteller zu kaufen, nimmt man noch eine Karaffe und eine Teekanne dazu, die Rechnung aber nennt nur die Teller zum hohen Originalpreis, der dann benutzt wird, um die Stücke als Dekoration beim Finanzamt geltend zu machen, und nach zwei Jahren räumt man sie in die eigene Wohnung, wo Teekanne und Karaffe schon warten, und das Spiel beginnt von vorne. Nur so kann man die manchmal atemberaubenden Preise erklären. Exkurs Ende.

Man steht also mittendrin zwischen dem Eberkopf und Möbel aus der Zeit des geköpften Louis XVI, und denkt, da müsste doch was zu machen sein. Aber nein: Teuer, teuer, so teuer, dass man auch mit Steuertricks nie, nie, nie irgendwas auch nur halbwegs güsntig erstehen könnte. Findet auch Frau S., die es dann doch nicht so arg nötig hat, ein weiteres Sofa für die Männer zu kaufen, die auf den Auswahlprozess ihrer modebedürftigen Frauen warten, erwirbt nur ein paar Gläser als Ersatz für einige Exemplare, die der Hund letzte Woche umgeworfen hatte, und dann zieht ihr weiter. Hierhin.



Das hier sieht nicht nur aus, wie ein ordinäres Heizkraftwerk, es ist auch eines. Hoch, verglast, unten ein Klotz und oben Schornsteine. Nicht wirklich das, was man in der Skyline sehen möchte, wenn man, sagen wir mal, 100 m² an der Isar hat und dann über den hinteren Balkon Richtung Altstadt schaut. Diese Panoramaverschandelung des Gärtnerplatzviertels hat einen wenig klangvolle Adresse - Müllerstrasse nämlich - und ist seit Neuestem der feuchte Traum der Münchner High End Immobilienenentwickler. Am anderen Ende der Alsttadt läuft der Verkauf der neostalinistischen Lenbachgärten gleich neben den Nazibau der Oberfinanzdirektion nach deinem Wissen nicht allzu gut, hier entsteht gewissermassen das neue, jüngere Gegenstück. Bei den Lenbachgärten wurden Universitätsgebäude abgerissen, um Platz für eine globale Elite zu machen, hier nun wird ein Heizkraftwerk umgebaut. Und du stehst davor und begreifts nicht, wie man signifikant mehr als für eine Altbauwohnung zahlen kann, nur um im alten Heizkraftwerk zu wohnen.

Wissen S´, erkärt dir Frau S. mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung als reale Geschäftsfrau, das ist wie hinten beim Antiquitätenladen: Sie brauchen für so einen Verkauf eine Frau und ein Loddirrl.

Exkurs 2: Loddirrl ist bayerisch für Lattentür. Eine Lattentür sind ein paar zusammengenagelte Bretter, die wenig Haltekraft haben; ein Tritt, und sie brechen zusammen. Diese Eigenschaft haben auch gewisse verheiratete Ehemänner, was dazu führt, dass man sie bei und nicht als Pantoffelhelden bezeichnet, sondern als Loddirrl. Exkurs 2 Ende.

Das geht dann so, doziert Frau S.. Die Frau und ihr Loddirrl sitzen beim Verkäufer, und der erzählt dann etwas von der exklusiven Lage, die natürlich auch den hohen Preis zur Folge hat. So sei die Wohnung dann natürlich nicht für jedermann, da kämen nur ganz bestimmte Leute rein. Dann sage man dem Loddirrl, das er, das erkenne man sofort, natürlich zu dieser Klientel zähle. Bei der Frau nun laufen zwei Prozesse ab: Einerseits will sie natürlich irgendwo leben, wo nicht alle leben, und natürlich will sie auch ein Loddirrl, der lahm und feige ist, gleichsam aber reich, potent und fähig, ihr genau das zu bieten. Am Abend lässt sie ihn dann spüren, dass sie nur zu ihm aufschauen kann, wenn er sich auch als entsprechend erfolgreich und potent erweist - und so bekommt sie am Ende die Wohnung, er mehr Spass in der Nacht und der Immobilienentwickler das Geld. So - und nur so -wird aus einem maroden Heizkraftwerk der Stadt München eine Topadresse für global agierendes Publikum.

Wie die Loddirrl und die Frauen erst mal zu solchen Immobilien kommen, schob sie nach, geht übrigens so: Wenn man ein paar Jahre eine gewisse Modezeitschrift im Abo hat, bekommt man Einladungen von "exklusiven Events" in München. Erst irgendwas kleines, um die Person einordnen zu können, und wenn die Erscheinung passt, folgen Empfänge und Modeschauen in Immobilienobjekten, die zufällig gerade fertig und zu verkaufen sind - und natürlich ist das theoretisch nicht zugänglich, aber man macht jetzt mal eine Ausnahme und zeigt eine Musterwohnung - so kommt das Loddirrl dann erst zum Verkäufer, und die Modezeitung zu sehr viel mehr Geld, als 10 Anzeigenseiten brächten. Frau S. lächelte auf eine Weise, die man mit viel gutem Willen als mokant bezeichnen könnte, aber doch eher verschlagen und zynisch war.

Du denkst etwas darüber nach, gibst Frau S. recht, und nach einem Stück Torte geht es auf der linken Spur wieder zurück an den Tegernsee, der nicht billig ist, aber spottbillig im Vergleich zu dem, was Loddirrl in München für einen verbesserten Blowjob ausgeben - bis zu dem Tag, da der nächste Investor das neueste Projekt aufmacht, und die Süddeutsche Zeitung erneut einen euphorischen Bericht bringt.

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Es gibt Reisen, die bricht man ab.

Gestern zum Beispiel. Irgendwann reifte in mir die Erkenntnis, dass alles seine Grenzen hat. Die Reifen eine Grenze der Haftung. Die Strasse eine - leider im Wolkenbruch unsichtbare - Grenze zum Angrund. Und meine Dummheit kennt eine Grenze, selbst wenn irgendwo Oldtimer auf Passstrassen zu sehen wären. Die Grenze war ungefähr hier:



Das ist das, was andernorts der hellichte Tag ist. Und ja, das da oben ist Schnee. Neuschnee. Die Alpen sind klimatisch nicht mit dem Flachland zu vergleichen. Aber eine Geschichte mit Grenzerfahrung habe ich trotzdem mitgebracht.

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