: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Wikileaks-Fallout: Prostitution doch nicht verdammen

Irgendwie hatte ich bei Wikileaks ein sehr schlechtes Gefühl; das Gefühl, bald eine Reihe von Regionenn zu kennen, die zu boykottieren ich nicht umhin hönnte. Italien sah ich da leider als eine der ersten Unterdrückernationen an.

Statt dessen: Australien. Gut, das spielt ohnehin keine Rolle. Schweden. Als kleiner, dunkler, fetter Bayer wollte ich da allein schon aufgrund meiner Aversion gegen grosse, blonde Schränke nie hin.

Aber dass ich zu dieser Liste irgendwann auch emanzipierte Frauen rechnen würde, hätte ich nicht gedacht.

Nur mal so theoretisch: Sexuelle Übergriffe werden in Schweden nach Rechtsgrundsätzen und mit Folgen definiert, die einen Mann, vorsichtig gesagt, massiv der Willkür seiner Geschlechtspartnerin, ja sogar Bekannten oder zufälligen Begegnungen aussetzen. Jetzt wirklich mal weg von Assange und aufgrund eigener Erfahrungen mit Stalkerinnen, die ich ab und zu im Briefkasten habe: Da stehen dann wirklich krude Dinge drin, von denen die denken, dass ich sie mit ihnen tun würde. Da werden bescheuerte sexuelle Wünsche auf mich übertragen, wie etwa ein Kinderwunsch mit ihr (ich! Ausgerechnet!), da wird aus meinen FAZ-Texten die Einladung herausgelesen, dass man gleich mal vorbei kommen soll und ich sie am Bahnhof abholen will.

Was passiert, wenn so jemand wirklich vor meiner Tür steht, keine Zeugen da sind, und die eine klare Absage dann als Anlass nimmt, durchzudrehen und mit so einem irren Weltbild dann sauer zur Polizei zu rennen? So etwas ist hier in Deutschland schon unerfreulich genug, wenn man allein an der fehlenden Briefmarke merkt, dass die Person tatsächlich da war. Aber wie ist das erst in Schweden, wenn man an die Falsche gerät und die selbst bei einvernehmlichen Sex ein paar Tage danach alle Möglichkeiten hat, einen ins Gefängnis zu bringen - einfach mit der blossen Behauptung, es wäre kein Kondom im Spiel gewesen? Wenn schon der Umstand, allein mit einer Frau in der Wohnung zu sein, für eine Erpressung und übelste Folgen ausreicht?

Ich bin nun wirklich familiär gegen Prostitution geeicht, das ist neben Alkohol, Drogen und Glücksspiel wirklich nicht vorgesehen - aber unter solchen Bedingungen könnte ich es nachvollziehen, wenn jemand lieber zahlt - einfach, weil man im Bett nicht an solche Risiken denken will. Kein Gefühl, nur Geschäft, reine Dinestleistung, aber auch keine Klagen. Aber da ist ja das nächste Problem: Prostitution ist in Schweden auch verboten.

So gesehen fange ich doch an, dem guten, alten, bayerischen 2. Heiratsmarkt positive Aspekte abzugewinnen: Da weiss man in etwa, was man bekommt, jede Menge Gefühlsmüll aus vergangenen Ehen und das Elend der Einsamkeit - aber wenigstens keinen Haftbefehl durch eine durchgeknallte Staatsanwältin eines scheinliberalen Landes, das in Sachen Frauenrechten so fortschrittlich ist, dass es in dem finsteren Loch der Sexualverfolgung landet, das Bayern schon lange verlassen hat.

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Schlechte Mischung

Regen, Schnee und ein dichter Teppich von wildem Wein sind eine heftige Netzwerkstruktur und machen beim Abbau jetzt nicht wirklich viel Spass. Der Regen ist zwar inzwischen nur noch im Schnee, und nicht mehr in der Luft, aber die Arbeit an der Einsturzstelle geht nur mühsam vorwärts.

Zudem muss ich heute selbst was schreiben - solange möchte ich den Text von Mark793 empfehlen, den er für unser kleines Projekt Deus Ex Machina bei der FAZ über Dotcomsomolzen geschrieben hat.

Ansonsten denke ich beim Abreissen an eine Art Pergola, die man dort machen könnte, und vielleicht ein wenig Grün mit Bankerl. Für den Sommer.

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Dienstag, 7. Dezember 2010

Bange Frage

Ob die Chinesen beim nächsten Staatsbesuch in Grossbritannien, Schweden und den USA in Bezug auf Julian Assange so mutig sind, die Menschenrechtslage in den westlichen Unrechtsregimen anzusprechen?

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Dienstag, 7. Dezember 2010

Ihr habt es gut

Ihr könnt in der FAZ meine Einschätzung lesen, wann sich denn ein guter Zeitpunkt für brutale Massnahmen für Währungsschnitte angesichts des Eurozusammenbruchs bieten würde - es ist nicht weit weg.

Ich habe dagegen mit einem echten Zusammenbruch zu tun: Die Schneemassen haben hier das Vordach einstürzen lassen. Die Träger sind wie Streichhölzer geknickt. Einfach so. Und die Minuten, da ich in der Barchetta mit dem Verdeck genau unter dem herabhängenden Dachbalken in den Schneemassen dahinter nicht weiter kam, waren jetzt auch nicht gerade die Erfüllung meines Daseins als Hausverwalter - selbst wenn sie es in anderer Hinsicht hätten werden können.

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Schlechter Witz

So richtig weit ist der Verband freier Journalisten oder was sich dafür hält mit dem Namen "Freischreiber" nicht gekommen. 250 auf der Website gelistete, 350 bei Wikipedia angegebene Mitglieder sind nicht wirklich viel für eine Gruppe, zu deren Gründung sich 150 Leute trafen, und die zwei Jahre Zeit hatte, sich zu entwickeln. Dass man trotzdem ab und zu im Internet auf sie stösst, liegt an ein paar Mitgliedern mit Blogs, die sich stark dafür einsetzen. Auch unter Kollegen wird für den Verein geworben, aber jedesmal, wenn mich einer fragte, schaute ich auf den Vorstand und dachte mir: Eher nicht. Auf mich wirkt das ganze eher wie eine, sagen wir mal, Promoplattform eines hauptsächlich in Norddeutschland angesiedelten Netzwerks, das einen auf Standesvertretung machen will.

Mindestens so wichtig wie die Ziele sind auch die Leute, die sie vertreten, und ich habe nicht den Eindruck, dass es die Leute sind, von denen ich vertreten oder repräsentiert werden möchte. Ich hatte bei den KommWissenschaftlern immer wieder ein paar DJSler im Seminar. Davon waren die wenigsten eine erfreuliche Erscheinung, und generell produzieren Journalistenschulen nicht gerade das, was ich für erstrebenswert halte. Nicht böser gemeint, als solcher Filz ist; ich halte Journalismus generell für eine eher fragwürdige Beschäftigung, die keinesfalls mit dem Bäckerhandwerk konkurrieren kann, und die Vertreter der Tätigkeit, nun, ein paar meiner besten Freunde sind Journalisten. Da darf ich die anderen schon mal für Johurnaille halten.

Wenn dieser unterentwickelte Aussenseiterverein sich nun hinstellt und möchte, dass Blogger eine eigene Vertretung gründen und sich von ihnen als, sagen wir mal, "Vorfeldorganisation" in Netz helfen zu lassen, mag es mir scheinen, als sei das nicht vollkommen altruistisch. Der fragliche Beitrag hat keine namentliche Kennzeichnung, ist aber stilistisch so schlecht und und von einer ungekonnten Begeisterung getragen, dass ich fast auf Wolfgang Michal (Adabei bei Carta.info und dort gross tuend, vielleicht jetzt, da sie sich "neu aufstellen, auch nicht mehr) als Verfasser tippen möchte. Michal ist gleichzeitig Vorstand bei den Freischreibern.

Ich halte diese Idee für sinnlos. Journalisten haben ein gemeinsame Interessen: das Geld, bessere Verträge, Druck auf die Verlage, jemand, der ihnen die Organisation abnimmt. Blogger - und das merkt man vermutlich auch gerade bei Carta - können sich finanzielle Interessen sparen, sie haben keine Verträge, und die Organisation eines Blogs ist halt, wie es ist. Ich denke, dass so ein Verband allenfalls etwas für die üblichen Gschaftlhuber am Rande der Professionalität wäre, und wenn ich sehe, wie gleich wieder ein Oliver Gassner rumwuselt, ahne ich, in welche Richtung das gehen könnte: Keine gute Richtung.



Falls sich jemand an das "Internetmanifest" (Das Ding mit dem zentralen Eckpfeiler) erinnert: Damals sollte nach der Erwartung der Initiatoren auch "was passieren". Es ist kein Geheimnis, dass es manchen Beteiligten nicht vollkommen zuwider gewesen wäre, hätte man ihnen gesagt: "Tolle Sache! Werdet unsere Vorreiter, gehet hin und macht eine Organisation, wir ordnen uns unter, tretet für uns und die Ziele ein!" Und natürlich hätte es manchen geholfen, ihre Position als "die Blogger" als Ansprechpartner für Medien und Kongresse zu festigen. Hat halt nicht sollen sein, da waren die Herrschaften ein wenig zu sehr geblendet von ihrer eigenen Herrlichkeit.

Zu einem Verband hätte es vielleicht 2004/5 noch Chancen gegegen, als es zwar Rivalitäten gab, aber keine unüberbrückbaren Gegensätze. Man kann die Jahre zwischen 2005 und heute auch als Jahre des Kampfes um die Hegemonie auffassen; die erste, geldgeile Welle aus Werbung und PR mit den Lummas, Lobos und Lüdenbergers ist durch und hat nach Vodafail, Opel, Cola-WG, Strohfeuer etc. offensichtlich das Interesse verloren, es gibt noch die Berufsjugendlichen Nerdcores und Winkels aus der Entertainmentgosse, die ihr Ding und ihre Community machen, und dann haben wir jetzt eine neue Generation von Ideologen der Post Privacy, die Teile der Blogger in eine Radikalisierung treiben. Weniger auffällig, aber zweifellos vorhanden: Das Auseinandertreiben der Szene bei der Frage der Internetnutzung. Ein Internetreinschreiber wie ich ist etwas anderes als ein vollvernetzter Dauersender.

Und natürlich finden die meisten den JMStV bescheuert. Keiner mag Netzsperren, und Politiker verstehen nicht, dass man Wikileaks nicht stoppen kann, weil es nicht Assange ist, sondern die Veränderung dieser unserer Welt, und unser Umgang mit Daten. Aber das heisst nun mal nicht, dass ich mich mit Leuten in einen Verein setze, dessen Gemeinsamkeit die Benutzung einer Publikationssoftware ist. So, wie Politiker noch 1990 denken, denkt der Vorschlag 2000.

Ich glaube, dass diese Idee den Weg des Podcastverbandes gehen wird. Und das Netzwerk, das man als Blogger braucht, baut man sich so oder so selbst auf - oder es bildet sich ad hoc. Ich kann zum Boykott von Amazon aufrufen und den S*** und den N''*** und den T**** trotzdem für Cretins halten.

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Montag, 6. Dezember 2010

Erster Blick ins neue Jahr

Man könnte es eine Art Selbsthilfegruppe nennen. Nicht immer nämlich ist Besitz eine Freude, oft betritt man Räume, in denen man noch nie war und die einem trotzdem irgendwie gehören, und wünscht sich nach dem Rundgang ein Leben zur Miete, irgendwo in einer grossen Stadt, ein Telefon und die Möglichkeit, wegen jeder Kleinigkeit den Vermieter rauszusprengen. Und aus Rache ihm auch mal so ein abgewohntes Loch zu hinterlassen. Nicht immer ist so eine Entwicklung die reine Schuld der Mieter; wir hatten auch einen Fall, bei dem der Mieter sehr schwer krank wurde und starb - mangels Erben blieb es dann an uns hängen, die Wohnung zu räumen. Eine ganze Wagenladung Platten brachte ich damals nach München zu einem Händler.Trotzdem, es gibt so Begehungen nach dem Auszug, die nicht die reine Freude sind. Und dafür braucht man eine Selbsthilfegruppe.



Eine Selbsthilfegruppe, der man die Bilder des neu entdeckten Objekts zuschicken kann. Die anderen Mitglieder haben ein ähnliches Schicksal geerbt und wissen, was es bedeutet. Und kosten wird. Da schaut man schon, was noch erhalten werden kann: Die Türen zum Beispiel. Abschleifen und selbst streichen: 20 Euro und ein halber Tag pro Tür. Es sind 15 Türen. Die Decke ist schlimm und muss isoliert werden, am besten mit einem darüber luegenden Dachgarten. Kostet aber. Mehr als 20 Euro. Dafür sehen die Böden richtig gut aus.



Manche Entdeckung ist auch ganz nett. Betrachtet man etwa diese zauberhafte Lampe, die ich sicher nicht wegwerfen werde, sieht man beispielsweise die Wand im Rücken nicht. Dort geht der Schimmel zwei Meter die Wand hoch. Wie tief er im glatten Fussboden ist - man wird sehen. Aber die Lampe macht Freude. Im Mai 2011 will ich fertig sein. Die Selbsthilfegruppe lacht.



Im Übrigen bin ich durchaus der Meinung, dass Mieter selbst gekaufte Dinge mitnehmen können. Den kleinen Küchenboiler hat meine Grossmutter vor knapp 35 Jahren installiert, die Mieter haben dann beim Einzug kurz darauf ein Waschbecken darunter erworben. Und es jetzt ausgebaut und wieder mitgenommen. Muss man sich mal vorstellen. Immerhin sind die Heizkörper noch da, wo sie sein sollen. Ist man nur lang genug in der Selbsthilfegruppe, ist man froh, wenn es noch Decken und Böden gibt. Manche Mieter bauen auch Türbeschläge aus und nehmen sie mit. Alte Alubeschläge aus den 60er Jahren, auf die man auch verzichten könnte, wäre da nicht der hohe Farbrand, der an der Tür bleibt. Nochmal abschleifen und steichen. Der Lieblingsweg der Selbsthilfegruppe geht vom Objekt zum Heimwerkermarkt und zurück.



Früher (im Sinne von 20. Jahrundert früher, nicht Mittelalterfrüher) war hier hinten die Verwaltung eines Tapetengeschäfts, dessen Besitzer grössenwahnsinnig wurde und seinen - an sich gut eingeführten Betrieb - in den Ruin führte, mit schnellen Autos, Frauen, einem skandalerregenden Pool und zwischenzeitlich auch dem Plan, der Familie den ganzen Komplex abzukaufen. Der hat den Boden machen lassen, damit er auch schwere Büromaschinen aushält, und die Reste seines Geschäfts wurden gar nicht faul von den Nachmietern benutzt, um alles im damaligen Stil zu tapezieren. Da kommt was auf mich zu, mag mir scheinen. Ich bin gespannt auf den Zustand der Mauer dahinter. Aber das Himmelblau von ca. 1910, das würde mir schon gefallen, als Farbe. Die Bilder mit vielen schrecklichen Details, die jeden Tag neu entdeckt werden, gehen an die Selbsthilfegruppe, alle kennen viel schlimmere Dinge und gratulieren zur leichten Aufgabe. Die müssen ja auch nicht im Winter ran.

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Machtverlust

Sehr hellsichtiger Kommentar zur Weltlage nach Wikileaks unter besonderer Berücksichtigung der USA in der New York Times.

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Sonntag, 5. Dezember 2010

Nettes und weniger nettes Bloggen

Ich habe mein FAZ-Blog verliehen. In den Stützen der Gesellschaft steckt sehr viel Engagement und Arbeit, und so würde ich es nie leichtfertig verleihen - zumal die Erfahrungen mit bloggenden Journalisten nicht wirklich berauschend sind. Bezeichnenderweise war die junge Dame, bei der ich ein gutes Gefühl hatte, eine Seiteneinsteigerin und obendrein noch sehr frisch. Und an die Anforderungen, die ich gestellt habe - der Titel stand fest, und eine Gesellschaftsbeschreibung sollte es sein - hat sie sich prompt auch nur gerade so gehalten, dass es den Buchstaben, nicht aber meiner Absicht entsprach. Das wusste sie auch. Und ich mag es, wenn Leute sich nicht um Regeln kümmern.

Vor ein paar Jahren stand der Verdacht im Raum, hinter den plötzlich allerorten auftauchenden, oft FDP-nahen und hier sogenannten Neoconnards (Blogger am libertär-rechten Rand jener Internetschreiberei, der wir Politically Incorrect und anderes Widerliches verdanken) könnte es eine Art Steuerzentrale in der FDP und/oder der Friedrich-Naumann-Stiftung geben, die sich um Koordination, Logistik und Organisation einer Vorfeldbewegung im Internet kümmert. Das war die Zeit, als ich über Tage und Wochen hinweg massive Suchabfragen mit einschlägigen Suchwörtern hier im Blog hatte, weil es "jemand" systematisch nach verwertbarem Material durchkämmte. An der Blogbar war durch offensichtlich koordinierte Teams von Störern die Hölle los. Das ist insofern kein Problem gewesen, als ich dank der Unfähigkeit der Gegenseite selbst auf einem grossen Konvolut von Material sass und sitze, mit dem man dem einen oder anderen so richtig weh tun könnte, gell, Steckerlfisch? Wie auch immer: Diese Szene war nicht in der Lage, eine einheitliche Front zu bilden, und zerbrach folglich in einige kleinere Fraktionen. Dummerweise waren es ausgerechnet die Radikalsten, die die grössten Erfolge hatten; andere Projekte, die näher an der FDP waren und blieben, wurden bald wieder bedeutungslos. Jedenfalls, aus meinem Material geht klar hervor, dass, wenn es diese zentrale Koordination zumindest informell gegeben hätte, sie bei Helmut Metzner zu vermuten wäre. Und das Profil von Metzner, wie es mir vorlag (ist ja nicht so, dass Maulwürfe nicht ab und an die Wege kreuzen), passte präzise zu dem, was der amerikanische Botschafter schrieb. Deshalb stand hier schon am 28. November ein Hinweis auf Bamberg. Der, wie wir wissen, nicht ganz falsch war.

Falls hier Journalisten mitlesen: Was bei Wikileaks steht, ist das, worauf sehr viele Menschen Zugriff hatten, aber bei weitem nicht alles, was den tatsächlichen Umfang der Informationen des State Departments ausmacht. Bei Wikileaks steht der Müll zur allgemeinen Verwendung. Was darin steht, wurde zähneknirschend irgendwie eingeräumt. Was man uns über Metzner glauben machen will ist, dass er maximal das tat, was nicht bestreitbar ist.

Die grosse Frage ist eigentlich: Was steht nicht bei Wikileaks. Und warum möchte die FDP-Spitze keinesfalls, dass darüber nachgedacht wird. Und welche Möglichkeiten und welches Material der Mann verfügbar hatte.

Übrigens, bei der Achse des Guten (Broder und Konsorten) ist Metzner als Sponsor aufgeführt.

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Samstag, 4. Dezember 2010

Nie!

Gewisse Dinge, Verhaltensweisen und Tätigkeiten habe ich mir früher nicht vorstellen können. Zum Beispiel, dass ich kein Fleisch esse - keiner hätte das mit 16 von mir geglaubt, 10 Jahre später war ich Vegetarier und bin es bis zum heutigen Tag, wenngleich auch nicht so, dass ich andere überzeugen wollte. Nie hätte ich mir mit 20 vorstellen können, dass das Leben jenseits der 40 angenehme Seiten hat. Von offenen Autos hielt ich wenig, bis ich zunm ersten Mal damit die Gardesana nach Süden fuhr. Und Colnagos waren in meinen Augen zwar schön, aber nichts auf der Welt rechtfertigte die überzogenen Preise, die sie für das Eingravieren eines Kreuzzeichens (eigentlich kein Spielkartensymbol, sondern eine symbolisierte Blüte des Frühlings) in einen ansonsten normalen Rahmen verlangen.



Inzwischen habe ich zwei Colnagos, eines aus Titan und eines aus Stahl. Früher wäre es nie denkbar gewesen. Warum dann heute? Weil die Gelegenheiten günstig waren, weil ich Colnagos natürlich trotzdem mochte, und weil es keinen Sinn macht, etwas liegenzulassen, nur weil es zwar günstig, aber gegen alte Auffassungen ist. Ich habe nichts gegen Colnagos. Grossartige Räder. Das Argument des Preises hat sich mit dem Aufstieg von Carbon verflüchtigt, also, warum nicht. Nie hätte ich das tun gekonnt, aber das Wollen ist eine andere Sache, die das Können in sich trägt.

"Weil ich kann", sagt ein Freund oft, wenn man ihn auf solche Möglichkeiten anspricht. Trotzdem bin ich eigentlich ein sparsamer Mensch, der sehr genau und auch kalt abwägt, was Sinn macht. Und der auch vieles bleiben lassen kann. Ich bin nicht wie andere, sie auch Jahre später entgangenen Gelegenheiten nachweinen. Es ist, wie es ist, es kommen neue Gelegenheiten.

Und manche Sachen kommen ohnehin einfach nicht in Frage. Zur Mille Miglia fahren: In Ordnung. Photographieren, begleiten, hetzen, darüber schreiben, drei Tage Ausnahmezustand an den Auspüffen, in den Abgasen alter Kisten - sicher. Selbst wenn es trotz bezahlter Arbeit ein Verlustgeschäft ist. Aber die Teilnahmegebühren beim Rennen an sich sind vollkommen irrwitzig. Was man mit dem Geld alles machen könnte. Brutal gesagt: Die Mille Miglia kostet so viel wie eine ordentliche, günstige Barockkommode. Plus ein paar Biedermeierkommoden für den Rest. Für 4 Tage Autofahren durch Italien ist das einfach zu teuer.



Allerdings habe ich vor zwei Wochen das Angebot bekommen, als Copilot bei einer Bewerbung um die Startplätze mitzumachen. Das wird einem gesagt. Und in dem Moment ist es, als stünde man in Brescia, und man hörte von hinten das böse Geräusch eines alten Motors, der bald 1000 Meilen durch Italien geprügelt wird. Es kribbelt den Rücken hinunter. Ich sass in meiner Wohung, aber ich hatte den Geruch von schlecht verbranntem Benzin in der Nase. Ich war auf dem Sofa, aber in diesem Moment war ich wieder an der Engelsburg in all dem Lärm und Gestank an der grossen Rampe:

È confusa la mia testa,
Non so più quel ch'io mi faccia,
E un orribile tempesta
Minacciando, o Dio, mi va
Ma non manca in me coraggio,
Non mi perdo o mi confondo,
Se cadesse ancora il mondo,
Nulla mai temer mi fa.

Und dann habe ich sofort ja gesagt. Einfach so. Weil ich kann. Einmal nicht der Zuschauer sein, sondern am Lenkrad, in all dem Lärm der Nacht an der Engelsburg.

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Freitag, 3. Dezember 2010

Mal so, mal anders

Natürlich ist es schön, wenn es schön ist. Klassisches Wintersportwetter.



Aber ehrlich gesagt: Ist es mir egal. Das mit dem Wetter ist so ein wenig wie mit Wikileaks: Es stört mich nicht, ob die USA als lausige Schnüffler dastehen, die Deutschen als Tölpel und die meisten sowieso als Kriminelle. Hauptsache, man sieht, wie es ist. Man muss nehmen, was man kriegen kann. Auch wenn das Ergebnis nicht wirklich angenehm ist. Wem soll man vertrauen? Vielleicht noch Assange. Der Rest: Muss erst mal erklären, warum sie besser als Assange sein wollen. Überhaupt gibt es wohl ein krasses Missverständnis zwischen dem, was Politiker und viele Medien in Wikileaks sehen, und dem, was normale Menschen davon denken. Fluch für die einen, Bestätoigung für die anderen. Das ist wie mit dem Berg: Manche werden sich bei der Vorstellung von darüber jagenden Nebelschwaden schütteln, ich mag das.



Morgen ist hier übrigens Winter Opening, direkt zu meinem Füssen am nächsten Berg. Mit einem Programm so bescheuert, dass als Realsatire dutrchginge. Voll Eventcharakter. Tegernsee lernt von Achensee das prollig sein. Bis Sonntag lassen sie es hier krachen, und wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die Flutlichtanlage, links hinten. Das heisst,ich würde sie sehen, wenn ich noch da wäre. Aber ich komme erst am Montag wieder, und fahre morgen heim. Es war angenehm kalt und scheusslich, ein grosser Spass. Solange die anderen nicht da sind.

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Liebe Frau Clinton

von mir aus dürfen Sie die Beziehungen zwischen Putin (lupenreiner Demokrat) und Berlusconi (aufrechter Kämpfer gegen die Mafia) jederzeit erheben - aber mit der Veröffentlichung nicht warten, bis es Wikileaks und der Guardian tun.

Es sind historische Zeiten, in denen wir leben, aber ich befürchte, wir werden auch bald erfahren, dass es nicht historische Zeiten der Freiheit sind.

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Donnerstag, 2. Dezember 2010

Auf dem Sofa

Ich liege auf dem Sofa und schaue hinaus in die Nacht. Gestern war es noch sternenklar, und die Milchstrasse zog sich als funkelndes Band über das Firmament. Heute treibt der Schnee vorbei. Endlich, möchte man fast sagen, nachdem der Tag praktisch ohne Niederschläge war. Ein Zentimeter Neuschnee, höchstens. Das allseits verschrieene Chaos hat hier einfach nicht stattgefunden. Wenn man von uns aus nach Gmund hinunter geht, versteht man auch, warum.



Das schlimme Wetter des Flachlandes kommt nur mit Mühe hier hoch, um gleich wieder auf den See hinunter zu fallen. Wir sind zu weit oben, gefangen zwischen zwei Wolkenschichten, aber das Elend entspringt der tieferen Lage, bis dann in der Nacht andere Wolken in grosser Höhe kommen. Hier ist es noch nicht mal richtig kalt, sehr erstaunlich. Ich nehme noch einen Tee und finde es angenehm, noch eine Nacht bleiben zu können. Auf dem Heimweg, lese ich zu meiner Überraschung - ich lese sonst nie Wetterzeug - bleiben die Leute auf der Autobahn stecken. Würde ich morgen rodeln gehen, so wäre ich sicher durch den Neuschnee auch langsamer. Das wäre es aber auch schon.



"Können wir um 5 telefonieren?"
"Gerne, dann gehe ich jetzt auf den Berg."

So klingen die Gespräche zwischen mir und den Bewohnern des Flachlandes, die das Haus nur verlassen, wenn es gar nicht anders geht. Vielleicht würden sie es hier ebenso halten, vielleicht wäre ihnen die Vorstellung unerträglich, als einziges menschliches Wesen dieses Massiv hochzustapfen, die Vorstellung, wie das aus ein paar Kilometer Höhe wirken muss, ein langsamer, brauner Punkt inmitten eines entfärbten, weissgrauen Waldmeeres, einsam dem Takt des Schneeknirschens folgend, mag nicht behagen, wenn man nur den Arm ausstrecken müsste, um seinen Nächsten zu berühren. Aber genau das tun sie ja auch nicht, und mich umarmen dort oben das Nichts, die Einsamkeit und die Kälte. Die Wärme des Blutes und die Hitze der Anstrengung halten dagegen. Schritt für Schritt. Allein mit meinen Gedanken. Fast allein. Auf dem Weg nach oben flatterte ein Rotkehlchen neben mir von Ast zu Ast bis zum Steinsturz, und in den schnellen Kurven des Mittelstücks rannte mir ein Hase voraus.



Ich liege auf dem Sofa, schaue hinaus und komme langsam wieder in diese gefährliche, für mich ganz untypische Haltung des fehlenden Interesses an was auch immer. Zwei Wochen, sehe ich beim Blick in den Kühlschrank, könnte ich hier aushalten, ohne das Haus verlassen zun müssen, und bis dahin sind die Strassen nach Italien und zu den Feinkostgeschäften in Sterzing sicher wieder frei. Unten im Dorf haben wir einen Dorfladen, der vielleicht noch etwas besser werden muss, um da mithalten zu können, aber alles in allem lässt es sich hier bestens den Winter überleben. Ich nehme noch einen Tee, verfolge den Flug der Flocken von der Strassenlaterne zum Baum mit den Lichtern. In der Tiefgarage, sicher vor Sturm und Kälte, schläft das Auto, um mich morgen zurück zu den anderen Menschen da unten zu bringen. Oder auch wieder nur zum Berg. Ich weiss es nicht. Ich liege auf dem Sofa und denke darüber nach, was ich kochen soll. Käsknödel, in Butter und mit Parmesan golden glänzend. Farbe am Ende eines Tages in Weiss und Grau. Das wäre fein. Und dann früh ins Bett, wie meistens hier in den Bergen.

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Für Tegernseer und andere:

Schenken und sauber einschenken mit dem Don Alphonso und der FAZ.

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