Nettes und weniger nettes Bloggen

Ich habe mein FAZ-Blog verliehen. In den Stützen der Gesellschaft steckt sehr viel Engagement und Arbeit, und so würde ich es nie leichtfertig verleihen - zumal die Erfahrungen mit bloggenden Journalisten nicht wirklich berauschend sind. Bezeichnenderweise war die junge Dame, bei der ich ein gutes Gefühl hatte, eine Seiteneinsteigerin und obendrein noch sehr frisch. Und an die Anforderungen, die ich gestellt habe - der Titel stand fest, und eine Gesellschaftsbeschreibung sollte es sein - hat sie sich prompt auch nur gerade so gehalten, dass es den Buchstaben, nicht aber meiner Absicht entsprach. Das wusste sie auch. Und ich mag es, wenn Leute sich nicht um Regeln kümmern.

Vor ein paar Jahren stand der Verdacht im Raum, hinter den plötzlich allerorten auftauchenden, oft FDP-nahen und hier sogenannten Neoconnards (Blogger am libertär-rechten Rand jener Internetschreiberei, der wir Politically Incorrect und anderes Widerliches verdanken) könnte es eine Art Steuerzentrale in der FDP und/oder der Friedrich-Naumann-Stiftung geben, die sich um Koordination, Logistik und Organisation einer Vorfeldbewegung im Internet kümmert. Das war die Zeit, als ich über Tage und Wochen hinweg massive Suchabfragen mit einschlägigen Suchwörtern hier im Blog hatte, weil es "jemand" systematisch nach verwertbarem Material durchkämmte. An der Blogbar war durch offensichtlich koordinierte Teams von Störern die Hölle los. Das ist insofern kein Problem gewesen, als ich dank der Unfähigkeit der Gegenseite selbst auf einem grossen Konvolut von Material sass und sitze, mit dem man dem einen oder anderen so richtig weh tun könnte, gell, Steckerlfisch? Wie auch immer: Diese Szene war nicht in der Lage, eine einheitliche Front zu bilden, und zerbrach folglich in einige kleinere Fraktionen. Dummerweise waren es ausgerechnet die Radikalsten, die die grössten Erfolge hatten; andere Projekte, die näher an der FDP waren und blieben, wurden bald wieder bedeutungslos. Jedenfalls, aus meinem Material geht klar hervor, dass, wenn es diese zentrale Koordination zumindest informell gegeben hätte, sie bei Helmut Metzner zu vermuten wäre. Und das Profil von Metzner, wie es mir vorlag (ist ja nicht so, dass Maulwürfe nicht ab und an die Wege kreuzen), passte präzise zu dem, was der amerikanische Botschafter schrieb. Deshalb stand hier schon am 28. November ein Hinweis auf Bamberg. Der, wie wir wissen, nicht ganz falsch war.

Falls hier Journalisten mitlesen: Was bei Wikileaks steht, ist das, worauf sehr viele Menschen Zugriff hatten, aber bei weitem nicht alles, was den tatsächlichen Umfang der Informationen des State Departments ausmacht. Bei Wikileaks steht der Müll zur allgemeinen Verwendung. Was darin steht, wurde zähneknirschend irgendwie eingeräumt. Was man uns über Metzner glauben machen will ist, dass er maximal das tat, was nicht bestreitbar ist.

Die grosse Frage ist eigentlich: Was steht nicht bei Wikileaks. Und warum möchte die FDP-Spitze keinesfalls, dass darüber nachgedacht wird. Und welche Möglichkeiten und welches Material der Mann verfügbar hatte.

Übrigens, bei der Achse des Guten (Broder und Konsorten) ist Metzner als Sponsor aufgeführt.

Sonntag, 5. Dezember 2010, 00:56, von donalphons | |comment

 
Falls hier Journalisten mitlesen: Ich würde mich schleunigst um den Angestellten in der US-Botschaft kümmern, mit dem Metzner verkehrt hat, und dessen Karriere kritisch durchleuchten.

Der Botschafter ist da nämlich weitgehend der austauschbare Grüßaugust. Also besonders darauf achten, wer da gerade möglicherweise etwas hastig Berlin verlässt oder gerade verlassen hat.

Um es mal vorsichtig zu formulieren. Nicht alle Mitarbeiter von US-Botschaften berichten in erster Linie dem State Department. Und die interessieren sich bestimmt nicht für "verdichtete Presseinformationen".

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Gibt es eigentlich überhaupt irgendein Land, in dessen Botschaften nicht immer auch Geheimdienstmitarbeiter tätig sind?

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das müsste schon eines sein, das keinen geheimdienst oder keine botschafter hat.

übrigens sind auch die geheimdienste von eu-staaten in dieser republik tätig, die des grossen verbündeten sowieso. das ist der öffentlichkeit auch bekannt, zumindest kann man dies voraussetzen. es ist noch mehr bekannt, nämlich dass es umgekehrt genauso stimmt. schon vergessen, wie der deutsche fiskus an daten über die steuerpflichtigen kommt, und wer ihm dabei hilft? wer meint, hier einen scoop landen zu können, muss sich dafür schon blätter abseits vom mainstream suchen.

(die überlegungen hinsichtlich der orientierung der fdp, ihrer medialen aufbereitung und deren koordinierung betreffen keine geheimdienstlichen fragen, ein kleiner teil wurde durch eine indiskretion kurz sichtbar)

übrigens ist die geheimdienstliche arbeit weit weniger spektakulär, als der kenner der 007-filme vermutet. früher stand viel in den zeitungen, heute ist noch das internet dazugekommen, jeder journalist, der ernsthaft recherchiert, tut vergleichbares. auch das nichts neues, schon das w.t.b. wolffs telegraphisches bureau, stand unter dem einfluss des preussischen staatsministeriums und trug, wenn man stiebers memoiren trauen kann, zu dessen auslandsaufklärung bei.

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Laut "Welt" will die CIA "in Notfällen" ja auch Journalisten rekrutieren (Artikel ist von heute und online).

Dem BND hatten sich vor nicht allzu langer Zeit auch einige Journalisten angedient, Informationen über investigativ arbeitende Kollegen zu liefern.

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...Zwangsabschaltung eines Dienstes, Aufrufe zur Hinrichtung des Betreibers, Bespitzelung, Geheimdienstjournalisten, streikende Fluglotsen in den Knast schicken, etc, etc ...wieso riecht das alles so schnell & heftig nach einer ungesunden Mischung zwischen Mittelalter und drittem Reich ?

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bravo, bravissimo! auf diese art könnte hier und anderswo doch noch ein schuh daraus werden.

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Was mir bei dieser ganzen Wikileakssache auffällt, ist, dass die gute alte Tante SPD mitlerweile föllig unbedeutend geworden ist, als dass sich irgendjemand für sie interessiert.
Es ist doch unglaublich, wie Schröder und seine Nachfolger die einstmals so wichtige und für Deutschland só bedeutende Partei ruiniert haben.
Die FDP ist und bleibt eine 5% Partei und Metzner verdient doch gar nicht soviel Aufmerksamkeit.

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so strafen grosse.

die haben noch nicht vergessen, dass die berliner republik beim irak-einsatz die gefolgschaft verweigert hat. dass der afghanistan-einsatz zunehmend in frage steht (vielleicht wollen andere als die kanzlerin auch wahlen gewinnen) passt da nur ins bild. putin läuft sich schon mal am seitenrand warm.

der alte fritz hätts kurz und knapp an den rand der akte geschrieben: unsichere kantonisten.

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Tschuldigung, aber wen interessiert der tote Käse? Oder bist du außer FAZ auch F.D.P.?

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Danke für den Hinweis auf die ,,Achse des Guten". Der Charakter dieser Unternehmung wird deutlicher: eine Art spiritus rector für das Internet-Klo, den Rechtspopulismus, zu sein. Sozusagen die Edelfeder. Und jetzt noch ,,Liberale", die so etwas fördern. Die Tragik in unserem Lande ist vielleicht die, dass der Freiheitswille eines wichtigen Teils des deutschen Bürgertums wohl 1848 nachhaltig zerstört wurde und nie wieder zu Kräften kam.
Wenn ich mir die oben angesprochenen Beiträge aus diesem Umfeld in Erinnerung rufe wundert es mich nicht mehr wenn man jetzt sieht, dass Vieles von diesem schmierigen Herrn Metzner angestiftet gewesen zu sein scheint. Die einzigen Beispiele, die ich selber erlebt habe, bei denen der Blogmaster meine Beiträge eigenhändig gefälscht hatte, gab es denn auch bei liberalen und libertären Webseiten. Das haben nicht mal die Prolls der Spiele-Fans gebracht.

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Zur Verleihaktion: Ich fand Sophies ersten Eintrag bei DeM deutlich besser. Bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt.

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Zur Verleihaktion: Ich fand das "Märchen" eher... nun ja: nichtssagend bis kryptisch (oder böser bemerkt: langweilig bis nichtssagend). Dons Themen konnt' ich nicht erkennen. Aber es war immer noch besser als die Beiträge über die Deutsche Bahn, die's im FAZ-Blog ja auch gibt. Ob dies ein Lob ist?

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Manchmal denke ich, dass ich die Leserschaft etwas verwöhnt habe - ich möchte es mal so ausdrücken: Ich habe 10 Jahre Erfahrung in dem Metier. Wenn ich nach den ersten beiden Blogeinträgen so wie die junge Dame geschrieben hätte, wäre ich dankbar und zufrieden gewesen. Es gibt nur einen Weg, das zu lernen: Indem man es macht. Und allen, dass es besser gefällt als anderes, ist schon mal prima.

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"Freue" mich schon sehr auf diese PBS Frontline Dokumentation. War eigentlich schon für Ende September angesagt.

http://video.pbs.org/video/1546952964/

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Mal ganz was anderes,
schon gelesen?
http://t3n.de/news/neuer-jmstv-286977/
Gruß Gerd

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Ah, daher weht der Wind. Es ist gut zu wissen, woher der Gestank kommt. Dann kann man mehr tun, als nur die Nase zu halten.

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