Erster Blick ins neue Jahr

Man könnte es eine Art Selbsthilfegruppe nennen. Nicht immer nämlich ist Besitz eine Freude, oft betritt man Räume, in denen man noch nie war und die einem trotzdem irgendwie gehören, und wünscht sich nach dem Rundgang ein Leben zur Miete, irgendwo in einer grossen Stadt, ein Telefon und die Möglichkeit, wegen jeder Kleinigkeit den Vermieter rauszusprengen. Und aus Rache ihm auch mal so ein abgewohntes Loch zu hinterlassen. Nicht immer ist so eine Entwicklung die reine Schuld der Mieter; wir hatten auch einen Fall, bei dem der Mieter sehr schwer krank wurde und starb - mangels Erben blieb es dann an uns hängen, die Wohnung zu räumen. Eine ganze Wagenladung Platten brachte ich damals nach München zu einem Händler.Trotzdem, es gibt so Begehungen nach dem Auszug, die nicht die reine Freude sind. Und dafür braucht man eine Selbsthilfegruppe.



Eine Selbsthilfegruppe, der man die Bilder des neu entdeckten Objekts zuschicken kann. Die anderen Mitglieder haben ein ähnliches Schicksal geerbt und wissen, was es bedeutet. Und kosten wird. Da schaut man schon, was noch erhalten werden kann: Die Türen zum Beispiel. Abschleifen und selbst streichen: 20 Euro und ein halber Tag pro Tür. Es sind 15 Türen. Die Decke ist schlimm und muss isoliert werden, am besten mit einem darüber luegenden Dachgarten. Kostet aber. Mehr als 20 Euro. Dafür sehen die Böden richtig gut aus.



Manche Entdeckung ist auch ganz nett. Betrachtet man etwa diese zauberhafte Lampe, die ich sicher nicht wegwerfen werde, sieht man beispielsweise die Wand im Rücken nicht. Dort geht der Schimmel zwei Meter die Wand hoch. Wie tief er im glatten Fussboden ist - man wird sehen. Aber die Lampe macht Freude. Im Mai 2011 will ich fertig sein. Die Selbsthilfegruppe lacht.



Im Übrigen bin ich durchaus der Meinung, dass Mieter selbst gekaufte Dinge mitnehmen können. Den kleinen Küchenboiler hat meine Grossmutter vor knapp 35 Jahren installiert, die Mieter haben dann beim Einzug kurz darauf ein Waschbecken darunter erworben. Und es jetzt ausgebaut und wieder mitgenommen. Muss man sich mal vorstellen. Immerhin sind die Heizkörper noch da, wo sie sein sollen. Ist man nur lang genug in der Selbsthilfegruppe, ist man froh, wenn es noch Decken und Böden gibt. Manche Mieter bauen auch Türbeschläge aus und nehmen sie mit. Alte Alubeschläge aus den 60er Jahren, auf die man auch verzichten könnte, wäre da nicht der hohe Farbrand, der an der Tür bleibt. Nochmal abschleifen und steichen. Der Lieblingsweg der Selbsthilfegruppe geht vom Objekt zum Heimwerkermarkt und zurück.



Früher (im Sinne von 20. Jahrundert früher, nicht Mittelalterfrüher) war hier hinten die Verwaltung eines Tapetengeschäfts, dessen Besitzer grössenwahnsinnig wurde und seinen - an sich gut eingeführten Betrieb - in den Ruin führte, mit schnellen Autos, Frauen, einem skandalerregenden Pool und zwischenzeitlich auch dem Plan, der Familie den ganzen Komplex abzukaufen. Der hat den Boden machen lassen, damit er auch schwere Büromaschinen aushält, und die Reste seines Geschäfts wurden gar nicht faul von den Nachmietern benutzt, um alles im damaligen Stil zu tapezieren. Da kommt was auf mich zu, mag mir scheinen. Ich bin gespannt auf den Zustand der Mauer dahinter. Aber das Himmelblau von ca. 1910, das würde mir schon gefallen, als Farbe. Die Bilder mit vielen schrecklichen Details, die jeden Tag neu entdeckt werden, gehen an die Selbsthilfegruppe, alle kennen viel schlimmere Dinge und gratulieren zur leichten Aufgabe. Die müssen ja auch nicht im Winter ran.

Montag, 6. Dezember 2010, 00:39, von donalphons | |comment

 
"Eine ganze Wagenladung Platten..."
Schallplatten?
Ich war auch mal so'n Sammler, konnte aber die die LP-Sammlung (gesamte Jazzgeschichte) noch zu Lebzeiten komplett verkaufen. Die Überlebenden interessiert so ein Spezialgebiet nicht und es würde in ein paar Jahren doch auf dem Müll oder -wie hier- beim Trödler landen. Tja, wenn ich englische Silberkannen...

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Der Mann war beim Theater im Bereich der Tontechnik, und hatte mehr als man hätte aufheben können. Und in München gab es gleich nebenan ein Spezialgeschäft für alte Schallplatten, dessen Besitzer ich freundschaftlich verbunden war.

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Ohne Schweiss kein Preis.
Dann aber doch lieber Rodeln...

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Mein Beileid...
Vor allem graust es mir nicht vor den sichtbaren Schäden, sondern vor den dann erscheinenden morschen Balken und sonstigem. Das Haus, in dem sich meine Wohnung befindet, ist zwar nur 100 Jahre alt - dafür ist hier aber auch alles schief und krumm...

War gestern übrigens wieder auf der Neureuth. Trotz Wochenende war Null Verkehr und die Anzahl der Rodler war auch okay. Jetzt regnet es erstmal, aber ab Ende der Woche soll es ja anscheinend ununterbrochen schneien...!

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Nachdem nunmehr das Anwesen hier Eigentumstatus erlangt hat, machte ich mich diesen Winter an erste ernsthafte Sanierungsarbeiten in den Wohnräumen. Es gab nur eine Schicht Tapete (vmtl. aus der Bauzeit) aber geschätzte hundert Farbschichten, deren Ablösung mich Wochen kostete. Da half kein Ritzen oder Nageln, Schicht für Schicht löste sich mit mittlerer Gewalt nur schwer ab, ich will der Putz darunter nicht übermäßig strapazieren.

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Eine kleine Steigerung wäre noch der Geruch von Katzenpisse...

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Och, ihr armen, armen Immobilienbesitzer, was dauert ihr mich. Da wäre doch so eine Enteignung geradezu ein Segen. Also, her mit der Revolution - nein, ihr kommt dann nicht sofort an die Wand...

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Schön, wenn die Welt so einfach ist. Hier der dicke Mann mit Zylinder und Zigarre, dort die ausgemergelte Familie mit fünf Kindern auf drei Zimmern.

Bei so einem Thema kann ein wenig Differenzierung hilfreich sein. So sehe ich z.B. neben den üblichen Schweinevermietern auch solche, die sich viel Mühe geben, eine ordentliche Wohnung anzubieten - und neben den ausgebeuteten Massen auch echte Schweinemieter.

Es gibt Leute, die vor den Sommerferien immer wieder vor der Wahl stehen, ihr Geld und ihre Zeit in einen Urlaub oder in eine Renovierung zu stecken. Ganz so einfach ist die Sache jedenfalls nicht.

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Wer ist der neue Eigentümer nach der Enteignung? Der Mieter muss doch wissen, bei wem er sich beschweren kann, wenn der Rolladen klemmt.

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Oha, wo bin ich denn hier gelandet? Verband der Haus- und Hofbesitzer? Guter Vermieter, böser Mieter? Oder ar's umgekehrt? Don, ich glaub, du musst mal Positionen klarstellen, sonst wirst du demnächst noch unter "neoliberales Marktarschloch" einsortiert ;--))

Übrigens: Wenn das Haus enteignet ist, gehört es denen, die vorher Mieter waren. Ja, ja, ich weiß, sozialisiertes Eigentum verkommt, weil ohne Profitstreben niemand am Erhalt interessiert ist. Widdewiddewid, ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt...

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Wir vermieten hier seit 1846. Wir kommen fast immer gut mit den Leuten aus. Normalerweise könnte ich hier eine Hausverwaltung einstellen und jeden Cent auf die Mieter umschlagen, aber ich mache es selbst, und so sind die Nebenkosten hier für 100 m² so hoch wie in München für 50 m². Auf der Strasse werde ich gefragt, ob ich der Hausmeister bin, weil ich um 6 Uhr Schnee räume. Es ist mir egal, wie ich einsortiert werde. Wir waren schon immer so. Unser Haus, unsere Aufgabe.

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@ rainersacht: nicht so empfindlich. Wer gut austeilt, kann doch auch gut einstecken.

Die Idee mit dem sozialisierten Teileigentum scheint mir eine böse Falle für den Mieter zu sein. Nicht weil das Zeug verkommt, das wird es sicher nicht. Aber was macht der neue Eigentümer, wenn er kurzfristig weg will oder muss? Es gibt ja zum Glück nicht nur Wohnsilos mit 48 Klingelschildern, sondern auch Häuser mit zwei oder drei Wohnungen.

Nebenbei: Profitstreben und Erhalt schließen sich meistens aus, zumindest bei Immobilien. Das werden viele Mieter bestätigen, die in privatisierten (ehemals städtischen) Mietskasernen wohnen.

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Don, magst Du nicht auch mein Vermieter werden und die Wohnung, in der ich wohne, kaufen? Mein derzeitiger Vermieter will sie loswerden - womöglich kauft sie einer, der Eigenbedarf anmeldet. Du darfst hier dann auch - wenn das Hinterhaus fertig ist und Du eine neue Aufgabe brauchst -, herumrenovieren und mir noch einen Kronleuchter ins Bad hängen oder so. ;-)

Ich hätte so gerne mal einen gescheiten Vermieter. Mein jetziger hat offenkundig einen IQ, dessen Wert nur knapp über Zimmertemperatur liegt. Seufz.

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@arboretum:
Ich fühle mit Ihnen, denn Ihre Schilderungen erinnern mich immer stark an das beim Mieterverein einschlägig berüchtigte Konstrukt von Vermietungs- und Verwaltungsgesellschaften, mit dem ich es zu Mannheimer Zeiten ein paar Jahre lang zu tun hatte.

Abgesehen von diesen sehr nervigen Erfahrungen kann ich über die Gattung der Vermieter sonst eigentlich nichts schlechtes sagen.

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@ilnonno: Ich empfindlich? Das wüsst ich aber ;--)))

Mir kommt nur immer das Essen (Nein, kein Billig-Döner...) hoch, wenn Besitzende sich über die mit dem Besitz verbundene Arbeit beschweren. Das hört sich immer so nach RTL an: "Siehste, die Reichen, die haben's auch nicht leicht..."

Dies aus den Tasten eines keiner Altersversorgung entgegensehenden Freiberuflers proletarischer Herkunft dessen einer Großvater Gärtner in einer Irrenanstalt (aber immerhin Beamter) war und dessen anderer Opa schon 1933 in Folge seines kommunistischen Glaubens verschwand.

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Übrigens: Wenn das Haus enteignet ist, gehört es denen, die vorher Mieter waren.

von wegen. dann gehört es zunächst denen, die die enteignung betrieben haben. die sagen dann, sie seien der staat, und haben die verwaltung einer behörde dieses staates übertragen. weil nicht alle revolutionäre als jugendherbersväter eingesetzt werden können.

die mieter haben die wahl, billig und schlecht oder schlecht und billig zu wohnen. für die, die mitmachen und sich besonders willig, anstellig und auch sonst zu hilfsdiensten bereit, gibts neubauten, sogar mit zentralheizung, feine sache das, vor allem im sommer.
eigenleistung ist nicht, material schon gar nicht, erstmal müssen die villen, in denen die revolutionäre residieren, instand gesetzt werden, so sieht revolutionäre praxis aus.

ansonsten, immer fleissig "viva maria" schauen, das zeigt viel besser als all die braunen bücher (von einem gewissen uljanow), wies gemacht wird.

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@auch-einer: naja, das hört sich jetzt an, als könnte eine Enteignung nicht anders als nach den Handbuch "Revolution nach DIN" durchgeführt werden.

Da würde meine Phantasie schon ein paar weitere Varianten hergeben.

@rainersacht: da bin ich ja ein richtig Privilegierter, was Alterversorgung betrifft. Ich habe nach dem Abi immerhin dreieinhalb Monate sozialversichert gearbeitet.

Letztes Jahr hat mir dieses Rentenamt die dreieinhalb Monate bestätigt mit der dringenden Aufforderung, das rückzubestätigen, da mir sonst dramatische Nachteile drohen. Nach der dritten Mahnung habe ich dann bestätigt, dass bereits das Porto des ersten Schreibens meine gesamten Rentenansprüche übersteigt.

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ogottogottogottogott... das kann was werden. ich wünsche dir ganz viel kraft! (es erinnert mich stark an die allererste wohnung in kreuzberg anfang der 80er jahre. und an die renovierung... das war NICHT lustig. wenn du hilfe brauchst, sag' bescheid - ich habe urlaubstage!)

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Das ist jetzt wirklich nicht so schlimm, da war im haupthaus sehr vieles sehr viel schlimmer. Es ist nur runtergekommen, aber nicht zerstört. Das wird schon.

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Ich sehe da jede Menge interessanter Blogbeiträge. ;-)

Gibt es eigentlich auch blaues Joghurt? :-)

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Da können wir gleich anfangen: Wie mir der Carport unter den Schneemassen zusammenbrach. Gerade eben. Barchetta gerade noch gerettet.

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weia. und all das schon anfang dezember...

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Schneemassen!?
Hier unter den Palmen in der Mitte des Pazifik hat es schoene 28 Grad!
Zum Kommentatorenrodeln bin ich wieder zurueck in Bayern.
Viel Erfolg beim Renievieren inzwischen!

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In einem Alter wie dem meinem nimmt man den Zusammenbruch ebenso gelassen hin, wie den Umstand, dass es andere besser haben.

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von all den Dingen die dort genannt wurden, würde mir der Spack an der Wand noch die größten Sorgen machen ...

bei so einem Befall hilft eigentlich nur noch Putz runter und das Myzel komplett entfernen. hatte so einen Fall (damals noch als Mieter) und die befallene Fläche war deutlich kleiner. Den Vermieter rausgesprengt ... der hat auch gemacht, aber nur oberflächlich mit einer offensichtlich stark chlorhaltigen Lösung. Ein halbes Jahr hatte man Ruhe, aber mit einsetzen des ersten Winterfrosts konnte man auch wieder mit der pelzigen Wand kuscheln (Nordseite, Windschneise).

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Tatsächlich geht es heute auch mit Chemikalien ganz gut, aber in dem Fall tendiere ich auch dazu, es im Putz zu machen.

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der neugier halber ... wie alt ist das hinterhaus? ebenfalls so biblisch wie das vorderhaus?

den bildern nach könnte es auch aus den 50er 60er Jahren stammen, es schwirrte jedoch bereits die Jahreszahl 1910 durch den raum ...

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Hintere Wand: Um 1300. Erdgeschoss: Um 1450 (sicher vor 1570). 1. Stock: 19. Jahrhundert. 2. Stock: Späte 50er Jahre.

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Platten
" eine ganze Wagenladung Platten " ....
möglicherweise eine Fehlentscheidung, da muß Gold drunter gewesen sein.

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