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Samstag, 25. Dezember 2010
Nützliche Geschenke
Das Haus hat jetzt eine neue Pergola, die noch ein paar Rankgitter und einen neuen Anstrich bekommt.

Immerhin ist es aus den alten, wieder verwerteten Balken der letzten, zusammengebrochenen Konstruktion gebaut - wir haben es hier mit langfristigen Dingen, wie man weiter unten auch sieht. Im Frühjahr sieht das dann sicher ganz hübsch aus. Vielleicht pflanze ich dort Kletterrosen, der wilde Wein wird von selbst über die daneben liegende Terrasse klettern. Darunter kommt eine Bank hin. Das arme Auto bekommt eine Decke.

Das ist noch immer nicht optimal. Als es extrem kalt war, habe ich es in der Tiefgarage geparkt; vielleicht beschaffe ich mir dort eine Dauerkarte, denn eigentlich steht es hier fast immer nur herum. Und im Moment ist man hier mit dem Rad immer noch besser unterwegs. Überhaupt macht es hier keinen besonderen Spass, das Haus zu verlassen. Ich selbst habe auch etwas sehr praktisches bekommen: Ein lange verloren geglaubtes, jetzt wiedergefundenes Portrait von früher, als ich noch viel mit Rossini gekocht habe.

Sollte mich jetzt jemand noch für zu dick empfinden, kann ich beweisen, dass ich in den letzten 180 Jahren nicht nur abgenommen, sondern mich auch recht gut gehalten habe. Gut, der Unterkinnbart damals war eine Modetorheit, die ich heute nicht mehr begehen würde. Aber da war ich auch noch jünger.

Immerhin ist es aus den alten, wieder verwerteten Balken der letzten, zusammengebrochenen Konstruktion gebaut - wir haben es hier mit langfristigen Dingen, wie man weiter unten auch sieht. Im Frühjahr sieht das dann sicher ganz hübsch aus. Vielleicht pflanze ich dort Kletterrosen, der wilde Wein wird von selbst über die daneben liegende Terrasse klettern. Darunter kommt eine Bank hin. Das arme Auto bekommt eine Decke.

Das ist noch immer nicht optimal. Als es extrem kalt war, habe ich es in der Tiefgarage geparkt; vielleicht beschaffe ich mir dort eine Dauerkarte, denn eigentlich steht es hier fast immer nur herum. Und im Moment ist man hier mit dem Rad immer noch besser unterwegs. Überhaupt macht es hier keinen besonderen Spass, das Haus zu verlassen. Ich selbst habe auch etwas sehr praktisches bekommen: Ein lange verloren geglaubtes, jetzt wiedergefundenes Portrait von früher, als ich noch viel mit Rossini gekocht habe.

Sollte mich jetzt jemand noch für zu dick empfinden, kann ich beweisen, dass ich in den letzten 180 Jahren nicht nur abgenommen, sondern mich auch recht gut gehalten habe. Gut, der Unterkinnbart damals war eine Modetorheit, die ich heute nicht mehr begehen würde. Aber da war ich auch noch jünger.
donalphons, 00:59h
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Gute Gründe für Wikileaks
Ich finde, ich habe ein Recht zu erfahren, dass die Briten in Bangladesch an der Ausbildung von rechtsgerichteten Todesschwadronen beteiligt sind, die hunderte von Verdächtigen, Unschuldigen und Regimegegnern ohne Chance auf ein rechtsstaatliches Verfahren ermordet haben - und das alles im Rahmen des "Kampfes gegen den Terror". Und ich finde es gut, wenn solche Regimes, bei der man wirklich fragen muss, wo da bitte der Unterschied zu anderen Exporteuren von Terror sein soll, dann zumindest juristische Probleme bekommen.
donalphons, 00:44h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 23. Dezember 2010
Schräge Kompromisse
Keinem Baum wurde für diesem Christbaumersatz etwas zuleide getan - und wer denkt, das sei nur ein Kompromiss, hat recht: Genau das ist es auch.

Denn wenn es nach mir ginge, müsste es nicht sein. Aber es kommt Besuch, der sich dergleichen wünscht, bevor es dann morgen in die Berge geht, und so sind beide Seiten zufrieden. Schon praktisch, so ein Kronleuchter.
Praktisch ist auch Weihnachten für die irische Regierung, da bekommt keiner mit, was da gerade passiert: Offensichtlich steht die Allied Irish Bank vor der Verstaatlichung. Das ist eine jener irischen Banken, die nach der Gründung einer Bad Bank angeblich wieder sauber waren, und nun aufgrund weiterer Probleme im Portfolio und der Unfähigkeit, sich Geld zu beschaffen, vom Staat übernommen werden muss, damit sie nicht das restliche Bankensystem in den Abgrund reisst. Auch so ein schräger Kompromiss.
Der Spass kostet im ersten Schwung 3,7 Milliarden, 5% des gesamten Staatshaushaltes, und die Bank braucht bis Februar noch mehr als 6 Milliarden, damit sie auf eine vernünftige Kernkapitalquote kommt. Woher das kommen soll? Man wird sehen. Mein Tip: Aus Irland, namentlich aus deren Pensionsfonds, die sie dort gerade plündern (Asset Sales ole!) und wenn die nichts mehr haben, werden sie halt wieder bei Europa anfragen. Rettungsschirm my ass. Nochmal 8% des Staatshaushaltes. Erinnert sich noch jemand an die Zeiten, da ein Defizit von 3% schon als Risiko für die Gemeinschaftswährung betrachtet wurde?
Lasst es mich klar sagen: Man kann natürlich immer so weiter machen und diese irischen Fässer ohne Boden befüllen. Oder man macht Nägel mit Köpfen, spaltet den Euro und schickt die Problemländer mit ihren Bankstern und unseren davon abhängigen Bankstern in die Wüste. Ansonsten ist nächstes Jahr der Franken so teuer wie der Euro. Und das ist immer noch nicht alles. Schräge Kompromisse allerorten.

Denn wenn es nach mir ginge, müsste es nicht sein. Aber es kommt Besuch, der sich dergleichen wünscht, bevor es dann morgen in die Berge geht, und so sind beide Seiten zufrieden. Schon praktisch, so ein Kronleuchter.
Praktisch ist auch Weihnachten für die irische Regierung, da bekommt keiner mit, was da gerade passiert: Offensichtlich steht die Allied Irish Bank vor der Verstaatlichung. Das ist eine jener irischen Banken, die nach der Gründung einer Bad Bank angeblich wieder sauber waren, und nun aufgrund weiterer Probleme im Portfolio und der Unfähigkeit, sich Geld zu beschaffen, vom Staat übernommen werden muss, damit sie nicht das restliche Bankensystem in den Abgrund reisst. Auch so ein schräger Kompromiss.
Der Spass kostet im ersten Schwung 3,7 Milliarden, 5% des gesamten Staatshaushaltes, und die Bank braucht bis Februar noch mehr als 6 Milliarden, damit sie auf eine vernünftige Kernkapitalquote kommt. Woher das kommen soll? Man wird sehen. Mein Tip: Aus Irland, namentlich aus deren Pensionsfonds, die sie dort gerade plündern (Asset Sales ole!) und wenn die nichts mehr haben, werden sie halt wieder bei Europa anfragen. Rettungsschirm my ass. Nochmal 8% des Staatshaushaltes. Erinnert sich noch jemand an die Zeiten, da ein Defizit von 3% schon als Risiko für die Gemeinschaftswährung betrachtet wurde?
Lasst es mich klar sagen: Man kann natürlich immer so weiter machen und diese irischen Fässer ohne Boden befüllen. Oder man macht Nägel mit Köpfen, spaltet den Euro und schickt die Problemländer mit ihren Bankstern und unseren davon abhängigen Bankstern in die Wüste. Ansonsten ist nächstes Jahr der Franken so teuer wie der Euro. Und das ist immer noch nicht alles. Schräge Kompromisse allerorten.
donalphons, 16:10h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 23. Dezember 2010
Ökonomische Weihnachtsgeschenke
1. Hurra! Der Euro ist zwar unter 1,25 Franken gefallen - aber den Briten geht es noch mieser. Wie man gerade lesen kann, planen die Franzosen eine Art Superwirtschaftsbehörde für 16 EU-Staaten, über die am Ende nur Regierungschefs wie Sarkozy, Merkel, Berlusconi und Zapatero wachen (prima!), und wollen die Briten nicht dabei haben. Wenn die EU schon an solchen Irrsinn denkt - wie dreckig muss es dann erst den Briten gehen?
Nun, sehr dreckig, beim Guardian gestern gab es drei Wirtschaftsnachrichten in Folge:
o UK growth estimates revised down
GDP grew less rapidly than first thought over the past nine months, official figures reveal
o MPC minutes show increasing fear of inflation
o Government deficit reaches record £23bn
Oder auf Deutsch "Bilanzfälscher mit Rekorddefizit am Rande der Geldentwertung".
2. 2011 wird spassig. Vielleicht schafft es ja das Ende des Britischen Peso, vom Kollaps des Euro abzulenken.
3. Also: Geld zusammenhalten, aufpassen, oder in die Sachwerte gehen und andere damit mehr oder weniger glücklich machen - und hoffen, dass die ökonomischen Modelle für das Schenken besser als die Modelle der Regierenden sind.
Nun, sehr dreckig, beim Guardian gestern gab es drei Wirtschaftsnachrichten in Folge:
o UK growth estimates revised down
GDP grew less rapidly than first thought over the past nine months, official figures reveal
o MPC minutes show increasing fear of inflation
o Government deficit reaches record £23bn
Oder auf Deutsch "Bilanzfälscher mit Rekorddefizit am Rande der Geldentwertung".
2. 2011 wird spassig. Vielleicht schafft es ja das Ende des Britischen Peso, vom Kollaps des Euro abzulenken.
3. Also: Geld zusammenhalten, aufpassen, oder in die Sachwerte gehen und andere damit mehr oder weniger glücklich machen - und hoffen, dass die ökonomischen Modelle für das Schenken besser als die Modelle der Regierenden sind.
donalphons, 00:37h
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Masslosigkeit
Manchmal frage ich mich ja, ob die Leute in einen Kaufrausch verfallen, weil sie wirklich Angst haben, dass sie in den kommenden Tagen verhungern. Oder auch nur zu wenig zu Hause haben.

Oder ob es nicht vielleicht einfach die Möglichkeit ist, einmal die Sau rauszulassen und sich dem Schlaraffenland hinzugeben, jetzt, da sie einen moralisch akzeptablen Vorwand frei Haus bekommen.
Am Freitag ist nochmal Wochenmarkt, da könnte ich mal fragen. Allerdings sind die Leute so mit dem Plündern beschäftigt, da will man auch nicht stören.

Oder ob es nicht vielleicht einfach die Möglichkeit ist, einmal die Sau rauszulassen und sich dem Schlaraffenland hinzugeben, jetzt, da sie einen moralisch akzeptablen Vorwand frei Haus bekommen.

Am Freitag ist nochmal Wochenmarkt, da könnte ich mal fragen. Allerdings sind die Leute so mit dem Plündern beschäftigt, da will man auch nicht stören.
donalphons, 00:37h
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Neureiche noch vor Neujahr
Einer der Gründe, warum ich mich mit viertklassigen Ölskizzen aus dem österreichischen Balkan und Schweizer Biedermeierportraits begnügen muss, ist der nicht gerade niedrige Preis bei jeder Art von Kunst aus der Zeit vor 1850. Das liegt zum einem an der Flucht in die Sachwerte - übrigens steht der Euro gerade bei 1,2510 Franken - zum anderen aber auch daran, dass durch Neukunden aus Russland und China die Märkte in Aufruhr sind. Kauften deren Oligarchen früher vor allem Zeug ihrer eigenen Geschichte wie Ikonen und Imari sowie Deppenverarsche Leipziger Schule, steigen sie inzwischen wohl auch in Märkte des alten Europas ein. Man muss sich also nicht wundern, wenn ich solche Leute mitsamt ihrem Betragen in der FAZ nicht gerade nachsichtig betrachte.
donalphons, 13:58h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 21. Dezember 2010
Entschlüsseln
Das hier war gestern im Paket:

"Dralles, loses Frauenzimmer wird von einem Pfaffen und einem alten Sack mit moralischen Geschmiere belästigt, kichert sich aber einen und geht nach links ab, um sich dem Begleiter hinzugeben."
Nun ja. Nicht ganz.
Wichtig ist es zuerst vielleicht, die Herkunft, die Machart und die Datierung zu wissen. Es kommt aus Wien. Es ist eine sogenannte Ölskizze, also eine Art Vorgemälde, das Auftraggebern gezeigt wird, bevor das echte Monumentalgemälde ausgeführt wird. Mit Ölskizzen kann man die Position der Figuren, das Licht, die Räumlichkeit, die Haltung ausprobieren. Man sieht das sehr schön am liegenden Priester - dem wurde ein Engelsflügel hinzugefügt, der absolut nicht passt. Man kann davon ausgehen, dass die Skizze beim Auftraggeber nicht vollends zur Zufriedenheit ankam, und der sich statt des Priesters vielleicht lieber einen Engel wünschte. Der Maler zeigte mit ein paar flüchtigen Pinselstrichen, wie das die Komposition verändern würde. Die Datierung ist klar Rokoko, aufgrund der eher niedrigen Perücke der Hauptperson, des aufgestellten Rocks und der bewegten Haltung der Personen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Danach - so um 1760 - wird es recht schnell klassiszistisch und steifer.
Was sehen wir? Die Hauptperson wird als Königin definiert, sie trägt einen Nerzmantel und eine Krone. Hinter ihr ragt ein dicker Baum empor, an dem ein überdimensioniertes Astloch auffällt. Die Dame ist klar entzückt über das, was ihr auf der rechten Seite verkündet wird: In den Wolken schwebt eine Dreieinigkeit mit Flammenherzen, aus dem ein Strahl zu den Personen auf dem Boden weist. Der alte Herr steht gemeinhin als Allegorie für Moses und das alte Testament, was mit der Schriftrolle zudem verdeutlicht wird. Der Herr mit dem Buch darunter... nun, das ist ein Jesuit, anhand der Kleidung und der Kopfbedeckung eindeutig identifizierbar. Zudem ist der Herr auch ein Hinweis auf die Datierung: 1775 wurden die Jesuiten in Österreicht verboten, und wären kaum mehr gemalt worden. Hinter der Frau links ist noch ein Mann mit Perücke, der einen länglichen, weissen Gegenstand in der Hand hält.
Zuerst einmal ist es eine typische Arbeit der Zeit: Das Helldunkel und die räumliche Wirkung kennt man in jener Zeit aus dem Umkreis von Franz Anton Maulbertsch, der in der Zeit um 1750 zu einem der führenden Maler Österreichs aufstieg. Dieser Umkreis war zudem berühmt für Ölskizzen und allegorische Darstellungen - wobei zu bedenken ist, dass die Anfertigung einer Ölskizze damals aufgrund der verwendeten Farben sicher kein Geschmier war, sondern ein eigenständiges Werk, das mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden war (und wenn man nicht gerade bei der ersten Riege der Künstler des 18. Jahrhunderts einsteigt, kann man davon ausgehen, dass man heute nur noch einen Bruchteil dessen bezahlt, was die Gemälde den Auftraggebern gekostet haben, Kunst hin oder her).
Die Lösung ist aufgrund dieser Indizien gar nicht so schwer: Bei der Dame dürfte es sich um Maria Theresia handeln, die mit der sogenannten "pragmatischen Sanktion" als Frau die Erbfolge der Habsburger antreten konnte. Bis dahin waren nur männliche Nachkommen erbberechtigt, aber alle anderen Stammhalter waren gestorben, als Maria Theresia die Macht übernahm. Daraufhin begann 1740 der österreichische Erbfolgekrieg, und das Haus Habsburg verlor die deutsche Kaiserkrone an das Haus Wittelsbach. Maria Theresia blieb erst mal nur Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen. Es dauerte bis 1748, bis sie sich wirklich auf dem Thron etabliert hatte, und allgemein als Erbin akzeptiert war. Davor hatte man den Krieg gegen sie natürlich auch juristisch und theologisch begründet, indem man ihr als Frau das Recht absprach, Stammhalterin des Hauses zu sein. Gerade Bayern und Franzosen, beide katholisch wie die Österreicher, taten sich mit solchen Argumenten hervor, als sie in den österreichischen Besitzungen einfielen.
Mit diesem Vorwissen ist es leicht, das Bild zu entschlüsseln. Dass wir es mit wirklich Maria-Theresia zu tun haben, zeigt ein Blick auf die Krone: Obwohl ihr Kopf geneigt ist, steht das Kreuz darauf senkrecht. Zusammen mit den Zacken geht man sicher nicht fehlt, an die ungarische Stephanskrone zu denken, die Maria-Theresia seit 1740 trug.

Auf der rechten Seite sehen wir demnach die Verkündigung ihres von Gott und der Religion sowie den beiden Testamenten abgeleiteten Rechts, diese Position einzunehmen. Die beiden Gestalten am Boden verweisen auf die entsprechenden Stellen, aus denen sich ihr Recht des Erbes und der Thronfolge ableiten lässt. Damit lässt sich auch der auffallende Baum im Hintergrund erklären: Auch wenn ein grosser Ast erkennbar abgebrochen ist, geht der Baumstamm stark und füllig weiter nach oben. Es ist eine Allegoerie des Hauses Habsburg, die zeigen soll: Es macht nichts, wenn der männliche Stamm weg ist, die Familie geht unverändert weiter. Den Mann im Hintergrund würde ich deshalb als ihren Vater Karl VI. vorstellen wollen, der in der Hand die Urkunde der pragmatischen Sanktion hält.
Nachdem von der deutschen Kaiserkrone in diesem Bild noch nichts zu sehen ist - später taucht sie durchaus liegend neben der Kaiserin auf -, und man sich nach 1748 in der Erbfolge sicher sein kann, ist das Bild recht leicht in die Phase des Erbfolgekrieges zwischen 1740 und 1748 zu datieren.
Ölskizze aus dem Umkreis von Maulbertsch, "Maria-Theresia wird von der Dreifaltigkeit und dem alten und neuen Testament in ihren Rechten als Erbin des Hauses Habsburg bestätigt", 1740-1750 - das dürfte vermutlich die richtige Interpretation sein. Die Interpretation mit dem losen Frauenzimmer gefällt mir natürlich trotzdem besser. Am besten aber gefällt mir, dass es so sagenhaft billig war - weil der Kunsthändler und andere potenzielle Käufer nicht in der Lage waren, es zu entschlüsseln, zu datieren und zuzuweisen. Peinlich, meine Herrschaften.

"Dralles, loses Frauenzimmer wird von einem Pfaffen und einem alten Sack mit moralischen Geschmiere belästigt, kichert sich aber einen und geht nach links ab, um sich dem Begleiter hinzugeben."
Nun ja. Nicht ganz.
Wichtig ist es zuerst vielleicht, die Herkunft, die Machart und die Datierung zu wissen. Es kommt aus Wien. Es ist eine sogenannte Ölskizze, also eine Art Vorgemälde, das Auftraggebern gezeigt wird, bevor das echte Monumentalgemälde ausgeführt wird. Mit Ölskizzen kann man die Position der Figuren, das Licht, die Räumlichkeit, die Haltung ausprobieren. Man sieht das sehr schön am liegenden Priester - dem wurde ein Engelsflügel hinzugefügt, der absolut nicht passt. Man kann davon ausgehen, dass die Skizze beim Auftraggeber nicht vollends zur Zufriedenheit ankam, und der sich statt des Priesters vielleicht lieber einen Engel wünschte. Der Maler zeigte mit ein paar flüchtigen Pinselstrichen, wie das die Komposition verändern würde. Die Datierung ist klar Rokoko, aufgrund der eher niedrigen Perücke der Hauptperson, des aufgestellten Rocks und der bewegten Haltung der Personen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Danach - so um 1760 - wird es recht schnell klassiszistisch und steifer.
Was sehen wir? Die Hauptperson wird als Königin definiert, sie trägt einen Nerzmantel und eine Krone. Hinter ihr ragt ein dicker Baum empor, an dem ein überdimensioniertes Astloch auffällt. Die Dame ist klar entzückt über das, was ihr auf der rechten Seite verkündet wird: In den Wolken schwebt eine Dreieinigkeit mit Flammenherzen, aus dem ein Strahl zu den Personen auf dem Boden weist. Der alte Herr steht gemeinhin als Allegorie für Moses und das alte Testament, was mit der Schriftrolle zudem verdeutlicht wird. Der Herr mit dem Buch darunter... nun, das ist ein Jesuit, anhand der Kleidung und der Kopfbedeckung eindeutig identifizierbar. Zudem ist der Herr auch ein Hinweis auf die Datierung: 1775 wurden die Jesuiten in Österreicht verboten, und wären kaum mehr gemalt worden. Hinter der Frau links ist noch ein Mann mit Perücke, der einen länglichen, weissen Gegenstand in der Hand hält.
Zuerst einmal ist es eine typische Arbeit der Zeit: Das Helldunkel und die räumliche Wirkung kennt man in jener Zeit aus dem Umkreis von Franz Anton Maulbertsch, der in der Zeit um 1750 zu einem der führenden Maler Österreichs aufstieg. Dieser Umkreis war zudem berühmt für Ölskizzen und allegorische Darstellungen - wobei zu bedenken ist, dass die Anfertigung einer Ölskizze damals aufgrund der verwendeten Farben sicher kein Geschmier war, sondern ein eigenständiges Werk, das mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden war (und wenn man nicht gerade bei der ersten Riege der Künstler des 18. Jahrhunderts einsteigt, kann man davon ausgehen, dass man heute nur noch einen Bruchteil dessen bezahlt, was die Gemälde den Auftraggebern gekostet haben, Kunst hin oder her).
Die Lösung ist aufgrund dieser Indizien gar nicht so schwer: Bei der Dame dürfte es sich um Maria Theresia handeln, die mit der sogenannten "pragmatischen Sanktion" als Frau die Erbfolge der Habsburger antreten konnte. Bis dahin waren nur männliche Nachkommen erbberechtigt, aber alle anderen Stammhalter waren gestorben, als Maria Theresia die Macht übernahm. Daraufhin begann 1740 der österreichische Erbfolgekrieg, und das Haus Habsburg verlor die deutsche Kaiserkrone an das Haus Wittelsbach. Maria Theresia blieb erst mal nur Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen. Es dauerte bis 1748, bis sie sich wirklich auf dem Thron etabliert hatte, und allgemein als Erbin akzeptiert war. Davor hatte man den Krieg gegen sie natürlich auch juristisch und theologisch begründet, indem man ihr als Frau das Recht absprach, Stammhalterin des Hauses zu sein. Gerade Bayern und Franzosen, beide katholisch wie die Österreicher, taten sich mit solchen Argumenten hervor, als sie in den österreichischen Besitzungen einfielen.
Mit diesem Vorwissen ist es leicht, das Bild zu entschlüsseln. Dass wir es mit wirklich Maria-Theresia zu tun haben, zeigt ein Blick auf die Krone: Obwohl ihr Kopf geneigt ist, steht das Kreuz darauf senkrecht. Zusammen mit den Zacken geht man sicher nicht fehlt, an die ungarische Stephanskrone zu denken, die Maria-Theresia seit 1740 trug.

Auf der rechten Seite sehen wir demnach die Verkündigung ihres von Gott und der Religion sowie den beiden Testamenten abgeleiteten Rechts, diese Position einzunehmen. Die beiden Gestalten am Boden verweisen auf die entsprechenden Stellen, aus denen sich ihr Recht des Erbes und der Thronfolge ableiten lässt. Damit lässt sich auch der auffallende Baum im Hintergrund erklären: Auch wenn ein grosser Ast erkennbar abgebrochen ist, geht der Baumstamm stark und füllig weiter nach oben. Es ist eine Allegoerie des Hauses Habsburg, die zeigen soll: Es macht nichts, wenn der männliche Stamm weg ist, die Familie geht unverändert weiter. Den Mann im Hintergrund würde ich deshalb als ihren Vater Karl VI. vorstellen wollen, der in der Hand die Urkunde der pragmatischen Sanktion hält.
Nachdem von der deutschen Kaiserkrone in diesem Bild noch nichts zu sehen ist - später taucht sie durchaus liegend neben der Kaiserin auf -, und man sich nach 1748 in der Erbfolge sicher sein kann, ist das Bild recht leicht in die Phase des Erbfolgekrieges zwischen 1740 und 1748 zu datieren.
Ölskizze aus dem Umkreis von Maulbertsch, "Maria-Theresia wird von der Dreifaltigkeit und dem alten und neuen Testament in ihren Rechten als Erbin des Hauses Habsburg bestätigt", 1740-1750 - das dürfte vermutlich die richtige Interpretation sein. Die Interpretation mit dem losen Frauenzimmer gefällt mir natürlich trotzdem besser. Am besten aber gefällt mir, dass es so sagenhaft billig war - weil der Kunsthändler und andere potenzielle Käufer nicht in der Lage waren, es zu entschlüsseln, zu datieren und zuzuweisen. Peinlich, meine Herrschaften.
donalphons, 23:43h
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553 Millionen Dollar Strafe
und das Eingeständnis, kriminell gehandelt zu haben - wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
Wenn das die Deutsche Bank in den USA tut und eingestehen muss, braucht man sich über Liechtenstein nicht weiter zu beschweren.
Aber, wie sagt die Bank nicht so schön:
The bank said the settlement would not have any impact on net income.
Na dann ist ja alles prima.
Wenn das die Deutsche Bank in den USA tut und eingestehen muss, braucht man sich über Liechtenstein nicht weiter zu beschweren.
Aber, wie sagt die Bank nicht so schön:
The bank said the settlement would not have any impact on net income.
Na dann ist ja alles prima.
donalphons, 23:42h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 21. Dezember 2010
Nicht ganz 22 Zoll
Man müsste mal eine Serie machen: "Nicht ganz passende Verpackungen für Gemälde aus beliebten Auktions- und Kunsthandelshäusern". Das letzte Mal hatten wir eine Klobrillenverpackung, diesmal kommt noch mehr Unsauberes: 22 Zoll ist der Bildschirm gross gewesen, der früher im Packerl war.

Insofern ist es nicht schwer, das zu toppen, und die Ölskizze aus dem österreichischen Rokoko - zu mehr reicht meine kleine Barschaft im Moment nicht - ist tatsächlich auch hübscher, als nach dem Bild im Katalog zu erwarten war. Gut restauriert, immer noch nach Firnis riechend, und durchaus gekonnt in der Abstimmung von Hell und Dunkel.

Nur etwas besser schreiben hätte der Künstler sollen. Jetzt sitze ich also da und versuche, das Datum zu entziffern. 1791 kann es nicht sein, das wäre viel zu spät angesichts des Stils der Kleidung; das geht eher in Richtung 1750.

Auch eine Art, seine Nachmittage herumzubringen: Karton entsorgen, mit der Lupe über Bildern hängen, recherchieren und nichts finden. Wenn die Flohmärkte noch oft so verwaist sind, wegen Eis und Schnee, bleibt mir auch wenig anderes übrig. Noch schlimmer als die Verpackung ist übrigens das Warten auf den Postboten.

Insofern ist es nicht schwer, das zu toppen, und die Ölskizze aus dem österreichischen Rokoko - zu mehr reicht meine kleine Barschaft im Moment nicht - ist tatsächlich auch hübscher, als nach dem Bild im Katalog zu erwarten war. Gut restauriert, immer noch nach Firnis riechend, und durchaus gekonnt in der Abstimmung von Hell und Dunkel.

Nur etwas besser schreiben hätte der Künstler sollen. Jetzt sitze ich also da und versuche, das Datum zu entziffern. 1791 kann es nicht sein, das wäre viel zu spät angesichts des Stils der Kleidung; das geht eher in Richtung 1750.

Auch eine Art, seine Nachmittage herumzubringen: Karton entsorgen, mit der Lupe über Bildern hängen, recherchieren und nichts finden. Wenn die Flohmärkte noch oft so verwaist sind, wegen Eis und Schnee, bleibt mir auch wenig anderes übrig. Noch schlimmer als die Verpackung ist übrigens das Warten auf den Postboten.
donalphons, 00:36h
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Gestern Europa,
übermorgen die restliche Welt, dazzwischen aber Amerika: Eigentlich sollte ich Karten anlegen, mit ein paar treffenden Bemerkiungen (Norddeutschland= Überschwemmungszone, Sylt = zu blöd den Tegernsee nachzumachen) - aber dazu fehlt mir die Software, also schreibe ich den zweiten Teil meiner Weltbetrachtung wie auch Amerika nieder. In der FAZ.
donalphons, 03:55h
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Montag, 20. Dezember 2010
Shikata ga nai
Im Prinzip reicht es jetzt mit dem Schnee. Was mit den Reisenden passiert, ist mir nicht so wichtig, aber es ist genug für den restlichen Winter, und von nun an darf es sonnig sein. Und am besten nicht mehr so kalt.

Es gibt nämlich schönere Sonntagsbeschäftigungen als das Laden von Batterien und das Schneeräumen. Irgendwie habe ich verdrängt, wie das letztes Jahr war. Inzwischen wache ich schon wieder von selbst um halb sieben auf und tue, was getan werden muss. Schöner wäre es aber, liegen zu bleiben und an die zu denken, die jetzt nach draussen müssen.

Es gibt nämlich schönere Sonntagsbeschäftigungen als das Laden von Batterien und das Schneeräumen. Irgendwie habe ich verdrängt, wie das letztes Jahr war. Inzwischen wache ich schon wieder von selbst um halb sieben auf und tue, was getan werden muss. Schöner wäre es aber, liegen zu bleiben und an die zu denken, die jetzt nach draussen müssen.
donalphons, 00:37h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 18. Dezember 2010
Vorglühnachherweinen
Momentan - die Strassen sind nicht besonders geräumt, und Unfälle häufig - bevorzuge ich klar den Fussmarsch oder, wenn es doch etwas weiter ist, ein altes Bergrad mit nicht zu hart aufgepumpten Reifen. Und wenn ich nicht hätte bremsen können, wären die Reifen schon weich gewesen.
Konnte ich aber. Trotzdem wüsste ich gerne, wer auf die Idee kam, zu rutschigem Wetter und glatten Strassen auch noch verbrämten Alkohol auszuschenken. Damit die Leute nicht nur nicht aufpassen, sondern auch hinfallen, wenn sie es dann merken.

Um fünf Uhr Nachmittags sturzbesoffen auf die Strasse rutschen. Das habe ich gern. Das geht auch nur, weil es so früh dunkel wird, und ausserdem als "gemütlich" akzeptiert" wird.
Konnte ich aber. Trotzdem wüsste ich gerne, wer auf die Idee kam, zu rutschigem Wetter und glatten Strassen auch noch verbrämten Alkohol auszuschenken. Damit die Leute nicht nur nicht aufpassen, sondern auch hinfallen, wenn sie es dann merken.

Um fünf Uhr Nachmittags sturzbesoffen auf die Strasse rutschen. Das habe ich gern. Das geht auch nur, weil es so früh dunkel wird, und ausserdem als "gemütlich" akzeptiert" wird.
donalphons, 23:49h
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Lügner in Ämtern und Redaktionen
Ich bin nicht ganz desinteressiert an Hugo Chavez, über den ich beruflich viel gelesen habe, als er noch ein Ex-Golpista war, ein ehemaliger Staatsstreicher. Einfach, weil die Geschichte spannend ist. Und eine der spannendsten Dinge der Cablegate-Depeschen von Wikileaks ist meines Erachtens die Art, mit der sich das State Department einerseits an der Isolation von Chavez und andererseits an seinem Niedergang abarbeitet. Davon liest man ja auch recht viel in den Medien, Venezuela steht angeblich am Rand des Bankrotts, die Leute hungern, es ist alles so schrecklich... nachgerade lustig sind die Berichte von 2006 aus Spanien bzw. vom State Department, in denen nach Besuchen vorhergesagt wird, in 24 Monaten würde das System zusammenbrechen. 24 Monate später waren die USA in der Wirtschaftskrise, in der sie immer noch sind.
Natürlich weiss ich auch nicht, wie es in Venezuala aussieht, wenn man die Propaganda mal beiseite lässt - die Spanier haben ja zugegeben, dass sie die Medien mit falschen Informationen versorgt haben, und man darf davon ausgehen, dass vieles davon auch unsere Berichte beeinflusst.
Keinesfalls kleiner sind meine Bedenken heute geworden: Da gibt es nämlich eine Depesche, die behauptet, die Kubaner hätten den Film "Sicko" von Michael Moore nicht gezeigt, weil sie Angst gehabt hätten, die Kubaner könnten neidisch auf die tollen US-Krankenhäuser werden. Das wurde prompt auch von Medien aufgegriffen und freiwillig und ohne Recherche übernommen. Das Problem: Es stimmt nicht. Sicko lief in Kuba mit grossem Erfolg in Kinos und im Fernsehen.
Extrem peinlich für die Versager im State Department. Saupeinlich für die Medien. Und schlimm für uns alle, die wir uns fragen müssen: Auf was für einer Wissensbasis machen die USA Politik? Also, jetzt nicht nur im Grossen bei den Massenvernichtungswaffen. Auch im Kleinen. Und was wollen sie, dass wir davon glauben.
Natürlich weiss ich auch nicht, wie es in Venezuala aussieht, wenn man die Propaganda mal beiseite lässt - die Spanier haben ja zugegeben, dass sie die Medien mit falschen Informationen versorgt haben, und man darf davon ausgehen, dass vieles davon auch unsere Berichte beeinflusst.
Keinesfalls kleiner sind meine Bedenken heute geworden: Da gibt es nämlich eine Depesche, die behauptet, die Kubaner hätten den Film "Sicko" von Michael Moore nicht gezeigt, weil sie Angst gehabt hätten, die Kubaner könnten neidisch auf die tollen US-Krankenhäuser werden. Das wurde prompt auch von Medien aufgegriffen und freiwillig und ohne Recherche übernommen. Das Problem: Es stimmt nicht. Sicko lief in Kuba mit grossem Erfolg in Kinos und im Fernsehen.
Extrem peinlich für die Versager im State Department. Saupeinlich für die Medien. Und schlimm für uns alle, die wir uns fragen müssen: Auf was für einer Wissensbasis machen die USA Politik? Also, jetzt nicht nur im Grossen bei den Massenvernichtungswaffen. Auch im Kleinen. Und was wollen sie, dass wir davon glauben.
donalphons, 23:48h
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Samstag, 18. Dezember 2010
Mittleres Politmanagement auf dem Schrottplatz
Ich denke, niemand erwartet an dieser Stelle Mitleid meiner Person mit unserem Noch-Aussenminister namens Westerwelle. Als er mit Möllemann bräunliche Stimmung machte, hatten wir einen hübschen Namen für ihn: Möllewelle. Geschadet hat ihm das auf lange Sicht nicht, nur auf ganz lange Sicht sieht es etwas anders aus - da hat er einfach zu viele Fehlgriffe getan, und zu wenig gelernt.
Denn was soll so ein Aufsteiger - ein Neureicher der Politik, könnte man auch sagen - tun, wenn sein Aufstieg beendet ist und er nicht mehr den Roland Koch machen kann, weil der Absturz längst eingesetzt hat. Der Marktwert in der Privatwirtschaft für abgehalfterte Politiker hat auch etwas damit zu tun, wie sie die Politik verlassen haben; rechtzeitig als scheinbare Sieger oder zu spät, wie beispielsweise Stoiber, Huber, Beckstein und bald auch Seehofer. So ein Verlierer ist kein Schmuck für den Vorstand, und es gibt auch keinen Grund, ihn für teure Vorträge bei Banken zu buchen, da man ihn entmachtet hat.

Jemanden wie Westerwelle kann man auch nicht einfach nach Brüssel abschieben, oder anderweitig versorgen: Wenn 2011 erst mal rum ist, wird die FDP massenhaft weitere Versorgungsfälle haben, die in den Parlamenten keinen Platz mehr finden. Und schon jetzt ist absehbar, dass es den Bundestagsabgeordneten grossenteils auch nicht besser ergehen wird: Dann noch den Mann zu bevorzugen, der es angerichtet hat und zudem zu spät einsah, dass er es weder als Minister noch als Parteivorsitzender kann, erscheint wenig opportun. Zumal man auch davon ausgehen sollte, dass ein Gegenputsch nie ganz auszuschliessen ist.
Dabei ist das Schicksal dieser Person eigentlich ein Musterbeispiel für den Liberalismus: Schneller Durchmarsch, leistungsorientiert zumindest in den Lippenbekenntnissen, strategisch denkend, auf den eigenen Vorteil bedacht, am Markt der Wähler orientiert und mit dem Speichellecken ähnlich gepolter Johurnalisten endlich ganz oben im mittleren Management angekommen, wo dann erst mal Boni an die Unterstützer verteilt werden. Solche Leute werden, wenn sie wenig können, vom System schnell wieder rausgekegelt, und bilden eine eigene Gruppe der Chancenlosen: Nie hoch genug gekommen, zu offensichtlich inkompetent, massenhaft Referenzen, aber nicht mehr markttauglich, und blöderweise noch nicht alt genug für die Rente. Im Nichtberufsleben werden solche Leute oft Alkoholiker; Westerwelle wird vielleicht irgendeine Stiftung leiten, wenn es hoch kommt, und irgendeine Wirtschaftsdingensspezialsache. Macht die SPD ja auch nicht besser, die es nicht schafft, Restbestände und Altlasten wie Struck und den eigentlich wegen des Kurmaz-Skandals untragbaren Steinmeier zu entsorgen.
Kein Wunder, dass Westerwelle jetzt kämpfen will. Bleibt ihm auch nichts anderes übrig.
Denn was soll so ein Aufsteiger - ein Neureicher der Politik, könnte man auch sagen - tun, wenn sein Aufstieg beendet ist und er nicht mehr den Roland Koch machen kann, weil der Absturz längst eingesetzt hat. Der Marktwert in der Privatwirtschaft für abgehalfterte Politiker hat auch etwas damit zu tun, wie sie die Politik verlassen haben; rechtzeitig als scheinbare Sieger oder zu spät, wie beispielsweise Stoiber, Huber, Beckstein und bald auch Seehofer. So ein Verlierer ist kein Schmuck für den Vorstand, und es gibt auch keinen Grund, ihn für teure Vorträge bei Banken zu buchen, da man ihn entmachtet hat.

Jemanden wie Westerwelle kann man auch nicht einfach nach Brüssel abschieben, oder anderweitig versorgen: Wenn 2011 erst mal rum ist, wird die FDP massenhaft weitere Versorgungsfälle haben, die in den Parlamenten keinen Platz mehr finden. Und schon jetzt ist absehbar, dass es den Bundestagsabgeordneten grossenteils auch nicht besser ergehen wird: Dann noch den Mann zu bevorzugen, der es angerichtet hat und zudem zu spät einsah, dass er es weder als Minister noch als Parteivorsitzender kann, erscheint wenig opportun. Zumal man auch davon ausgehen sollte, dass ein Gegenputsch nie ganz auszuschliessen ist.
Dabei ist das Schicksal dieser Person eigentlich ein Musterbeispiel für den Liberalismus: Schneller Durchmarsch, leistungsorientiert zumindest in den Lippenbekenntnissen, strategisch denkend, auf den eigenen Vorteil bedacht, am Markt der Wähler orientiert und mit dem Speichellecken ähnlich gepolter Johurnalisten endlich ganz oben im mittleren Management angekommen, wo dann erst mal Boni an die Unterstützer verteilt werden. Solche Leute werden, wenn sie wenig können, vom System schnell wieder rausgekegelt, und bilden eine eigene Gruppe der Chancenlosen: Nie hoch genug gekommen, zu offensichtlich inkompetent, massenhaft Referenzen, aber nicht mehr markttauglich, und blöderweise noch nicht alt genug für die Rente. Im Nichtberufsleben werden solche Leute oft Alkoholiker; Westerwelle wird vielleicht irgendeine Stiftung leiten, wenn es hoch kommt, und irgendeine Wirtschaftsdingensspezialsache. Macht die SPD ja auch nicht besser, die es nicht schafft, Restbestände und Altlasten wie Struck und den eigentlich wegen des Kurmaz-Skandals untragbaren Steinmeier zu entsorgen.
Kein Wunder, dass Westerwelle jetzt kämpfen will. Bleibt ihm auch nichts anderes übrig.
donalphons, 00:53h
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Ich möchte vor weiteren Rettungen gerettet werden
Das geht nämlich so: Am Abend beschliesst ein inkompetenter Sauhaufen von sog. Regierungschefs der EU weitere Rettungsmassnahmen, ganz schnell, husch husch, die massive finanzielle Folgen und Belastungen für weitere Jahre haben werden. Durchgerechnet? Sicher nicht. Risikoanalyse? Das machen doch Politiker nie? Worst Case Szenarien? Nur nicht die Leute beunruhigen. Demokratie? Parlamente? Fucking egal! Ratifizierung bis 2012, wenn es denn bis dahin Bestand hat.
Am nächsten Morgen kommt eine Ratingagentur daher, und tritt die Iren ungeachtet irgendwelche Beschlüsse weiter in die Tonne. Weil jedem, der für ein Fünferl denken kann, klar ist, dass die nicht mehr aus dem Loch rauskommen. Keine alte Marktsau interessiert sich für das Geschwätz irgendwelcher Politiker. Das läuft seit zwei Jahren und hat nichts gebracht - warum sollte es jetzt was ändern? Und soweit, dass die EU den Banken an den Kragen geht und sie im Zweifelsfall auch abräumt, wird es nicht kommen. Die würden ihre Bürger in die Sklaverei verkaufen, solange sie den Bankstern weiter hintenrein kriechen dürfen.
Gleichzeitig ist aus der europäischen Familie ein banaler Familienstreit geworden, wo sich alle gegenseitig zum Hals raushängen. Da gibt es protototalitäre Vertuscher und halbkriminelle Bilanzfälscher, feige Winsler und Anderendashausanzünder, und das alles an der Spitze. Will man so eine Familie? Nein. Und deshalb plädiere ich erneut für einen gepflegten, letzten Familienkrach und Familienbruch mit einer Aufteilung, die was Anständiges aus der EU macht: Eine Rest-EU und eine Gross-Schweiz. In der FAZ.
Am nächsten Morgen kommt eine Ratingagentur daher, und tritt die Iren ungeachtet irgendwelche Beschlüsse weiter in die Tonne. Weil jedem, der für ein Fünferl denken kann, klar ist, dass die nicht mehr aus dem Loch rauskommen. Keine alte Marktsau interessiert sich für das Geschwätz irgendwelcher Politiker. Das läuft seit zwei Jahren und hat nichts gebracht - warum sollte es jetzt was ändern? Und soweit, dass die EU den Banken an den Kragen geht und sie im Zweifelsfall auch abräumt, wird es nicht kommen. Die würden ihre Bürger in die Sklaverei verkaufen, solange sie den Bankstern weiter hintenrein kriechen dürfen.
Gleichzeitig ist aus der europäischen Familie ein banaler Familienstreit geworden, wo sich alle gegenseitig zum Hals raushängen. Da gibt es protototalitäre Vertuscher und halbkriminelle Bilanzfälscher, feige Winsler und Anderendashausanzünder, und das alles an der Spitze. Will man so eine Familie? Nein. Und deshalb plädiere ich erneut für einen gepflegten, letzten Familienkrach und Familienbruch mit einer Aufteilung, die was Anständiges aus der EU macht: Eine Rest-EU und eine Gross-Schweiz. In der FAZ.
donalphons, 12:47h
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