Real Life 13.4.2008 - Plexiglas
Gleich hinter der Abzweigung zum Achensee stehen ein paar Biker am Strassenrand, ein Auto mit Warnblinkanlage, ein Warnschild und, malerisch zwischen Asphalt und Gras verteilt, ein paar lose Kleinteile eines motorisierten Zweirades, dessen letzte Saison gerade begonnen und zugleich geendet hat, wie die verbeulte Masse belegt, neben der - offensichtlich unverletzt - der Fahrer auf die Polizei wartet. Es ist gar nicht so leicht in dieser Ecke zu entscheiden, ob es noch in Deutschland oder schon in Tirol passiert ist, was - als Unglück im Unglück - natürlich erheblich unerfreulicher wäre.
So etwas passiert. Besonders dann, wenn ungeduldige Fahrer erst mal lange im Stau stecken. Das passiert hier oft, auf dem Weg hoch zum Sylvenstein etwa schlich auf der Gegenfahrbahn durch den Ort Tegernsee eine schier endlose Schlange von Automobilen, deren Besitzern die Ungeduld ins Gesicht geschrieben war. Weil es so langsam, monoton und langweilig voranging. Und natürlich keiner weiss, warum es nicht weiter geht, warum Lambo, Z8 und die halbe Jahresproduktion von Porsche hier verdammt sind, ein paar hundert PS sinnlos durch die schmale Hauptstrasse zu schieben. Nach ein par hundert Metern hat man auch keine Lust mehr, den Motor aufheulen zu lassen. Was bleibt, ist die ungewohnte Ohnmacht von Entscheidern, nicht über ihr Fortkommen entscheiden zu können. Man sieht es ihnen an.
Es ist vielleicht ganz gut, dass sie nicht wissen, warum sie so kriechen. Es könnte ja sein, dass einer in seinem offenen Wagen deshalb lautstark den inneren Bohlen rauslässt und blöde Bemerkungen macht, die mich als Betrachter zwingen könnten, ihm jeglichen Respekt als Mitmensch zu verweigern. Und da gäbe es ganz sicher den ein oder anderen, denn die Ursache ist nicht nur menschlich - sie ist gegenüber den Leuten in ihren polierten, teuren Geschossen eine unangenehmer Hinweis.
Ein Mann. Ein Mann in bayerischer Tracht nämlich, mit Hut und Feder und Janker, und einer Decke an der Stelle, wo vielleicht Lederhose und Haferlschuhe sein könnten. Er kann nicht laufen, denn er führt nicht mal Krücken mit sich. Aber er hat diesen kleinen, gelben Elektrowagen, um sich herum weissgrün gestreifte Kissen, und nach hinten und vorne grob zugeschnittene Plexiglasscheiben. So, in Augen mancher vielleicht unangemessen, zockelt er mit 10 Kilometern pro Stunde über die Hauptstrasse von Tegernsee Richtung Gmund, und alle müssen sich seinem Tempo anpassen. Er weiss es. Und weil er es weiss, hält er in den Kurven auch ab und zu an, um Fussgänger passieren zu lassen, die der ein oder andere Verfolger in seinem Zorn über das Tempo am liebsten umnieten würde, einfach so.
Das Wetter ist inzwischen angenehm, du schaust nicht ohne ein Lächeln dem Mann mit seinem absurden Hütchen zwischen Plexiglas nach, der langen Reihe ungeduldiger Menschen hinter ihm, seiner Prozession der Entschleunigung, und weisst, wie sie nachher vorbeiziehen werden, und ihren Hass verschlucken, sie werden lieber darauf verzichten, als zu genau zu überlegen, was da unter der Decke ist, die der gleicht, die ihnen vielleicht auch bald droht, hinter dieser Kurve, einer anderen, einer Gelenkerkrankung und obendrein der nicht gerade lustigen Preisentwicklung im Gesundheitswesen.
So etwas passiert. Besonders dann, wenn ungeduldige Fahrer erst mal lange im Stau stecken. Das passiert hier oft, auf dem Weg hoch zum Sylvenstein etwa schlich auf der Gegenfahrbahn durch den Ort Tegernsee eine schier endlose Schlange von Automobilen, deren Besitzern die Ungeduld ins Gesicht geschrieben war. Weil es so langsam, monoton und langweilig voranging. Und natürlich keiner weiss, warum es nicht weiter geht, warum Lambo, Z8 und die halbe Jahresproduktion von Porsche hier verdammt sind, ein paar hundert PS sinnlos durch die schmale Hauptstrasse zu schieben. Nach ein par hundert Metern hat man auch keine Lust mehr, den Motor aufheulen zu lassen. Was bleibt, ist die ungewohnte Ohnmacht von Entscheidern, nicht über ihr Fortkommen entscheiden zu können. Man sieht es ihnen an.
Es ist vielleicht ganz gut, dass sie nicht wissen, warum sie so kriechen. Es könnte ja sein, dass einer in seinem offenen Wagen deshalb lautstark den inneren Bohlen rauslässt und blöde Bemerkungen macht, die mich als Betrachter zwingen könnten, ihm jeglichen Respekt als Mitmensch zu verweigern. Und da gäbe es ganz sicher den ein oder anderen, denn die Ursache ist nicht nur menschlich - sie ist gegenüber den Leuten in ihren polierten, teuren Geschossen eine unangenehmer Hinweis.
Ein Mann. Ein Mann in bayerischer Tracht nämlich, mit Hut und Feder und Janker, und einer Decke an der Stelle, wo vielleicht Lederhose und Haferlschuhe sein könnten. Er kann nicht laufen, denn er führt nicht mal Krücken mit sich. Aber er hat diesen kleinen, gelben Elektrowagen, um sich herum weissgrün gestreifte Kissen, und nach hinten und vorne grob zugeschnittene Plexiglasscheiben. So, in Augen mancher vielleicht unangemessen, zockelt er mit 10 Kilometern pro Stunde über die Hauptstrasse von Tegernsee Richtung Gmund, und alle müssen sich seinem Tempo anpassen. Er weiss es. Und weil er es weiss, hält er in den Kurven auch ab und zu an, um Fussgänger passieren zu lassen, die der ein oder andere Verfolger in seinem Zorn über das Tempo am liebsten umnieten würde, einfach so.
Das Wetter ist inzwischen angenehm, du schaust nicht ohne ein Lächeln dem Mann mit seinem absurden Hütchen zwischen Plexiglas nach, der langen Reihe ungeduldiger Menschen hinter ihm, seiner Prozession der Entschleunigung, und weisst, wie sie nachher vorbeiziehen werden, und ihren Hass verschlucken, sie werden lieber darauf verzichten, als zu genau zu überlegen, was da unter der Decke ist, die der gleicht, die ihnen vielleicht auch bald droht, hinter dieser Kurve, einer anderen, einer Gelenkerkrankung und obendrein der nicht gerade lustigen Preisentwicklung im Gesundheitswesen.
donalphons, 01:28h
Montag, 14. April 2008, 01:28, von donalphons |
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