Was treibt der Bayer in Island?

Eigentlich wollte ich mir heute die Pressekonferenz der BayernLB anschauen. Schliesslich bin ich Veteran der Insolvenz-Pressekonferenz der Kirchgruppe, bei der die BayernLB auch gschmackig mit dabei war; das wäre nach der New Economy jetzt die Folgeveranstaltung, das Kreditkrisen Special gewesen. Aber dann kam die Durchsage, dass sich die Veranstaltung verzögern würde, und wenn ichz ehrlich bin: Ich habe die Jungs dort dank gewisser Tätigkeiten in den letzten Monaten besser kennengelernt, als die ihre Bilanzen im Bereich Gewerbeimmobilien und deren Anschlussfinanzierung kennen.

Ich weiss ungefähr, was da noch kommt - ein dreistelliges Millionenpotenzial - und nachdem heute auch noch der ungarische Forint 6% zum Franken verloren hat, habe ich auch eine Ahnung, was da in Ungarn noch drohen könnte. Die dort verwickelte BayernLB-Tochter Hypo Alpe Adria bietet in Österreich Privatkunden gerade Konditionen an, die stark an isländische Banken erinnern. Übrigens war die BayernLB nicht die erste grosse, in Ungarn betroffene Bank, die um Staatshilfen bettelte, sondern die letzte: Die österreichischen, von der ungarischen Pest betroffenen Kollegen haben in ihrem Heimatland alle schon zugegriffen.

Was mich bei der ganzen Katastrophe mit Finanzbedarf von 6,4 Milliarden dann doch überrascht, sind die 1,5 Milliarden, die die BayernLB in isländischen Papieren hat. Die Hoffnung, davon die Hälfte wiederzusehen, halte ich für so wahrscheinlich wie, sagen wir mal, den Umstand, dass der Huber Erwin im nächsten Kabinett immer noch Finanzminister in Bayern und im Aufsichtsrat der BayernLB ist. In Island haben sich viele mit ein paar Millionen verzockt, auch Raiffeisenbanken waren dabei, aber die BayernLB muss schon von übelsten Grossmachtsträumen geplagt gewesen sein, wenn sie dort mitspielt und noch nicht mal überrissen hat, dass sie schleunigst raus muss. Es ist ja nicht so, dass die Schieflage der isländischen Banken nicht seit einem halben Jahr bekannt war.

Was bedeuten diese 6,4 Milliarden? Fangen wir mit dem Guten an:

- Bayern sichert sich einen Happen, bevor es andere tun und nichts mehr da ist, und damit geht das Geld wenigstens in eine staatliche Bank, und nicht zu privaten Halsabschneidern.
- Die Verteilung der Zuzahlung von Staat und Sparkassen, denen das BayernLB-Elend gehört, zeigt einen politischen Zeitenwehsel an: Die Sparkassen wollen nicht mehr für die Eskapaden mitzahlen, die Politiker in ihrem Grössenwahn (Bayern, die CSU und dann noch diese Welt da) anrichten.
- Kann sein, dass die BayernLB jetzt den ein oder anderen CSU-Freund, der sie viel kosten könnte, fallen lässt, und von ein paar Projekten mit hohem Risiko die Finger lässt, womit gewisse Leute ihre Parteispenden abschreiben können.
- Und die widerlichen Pofiteure von der FDP können am Koalitionstisch nicht mehr ihren üblichen Raubzug für ohre Wähler starten, sondern wirklich harte Politik mit harten und unerfreulichen Konsequenzen machen, mit der sie sich wieder aus dem Parlament auf den Misthaufen der Geschichte befördern werden.
- Der Rest der Republik kann sich über die dummen niederbayerischen Bauerndödel amüsieren.

Das Schlechte:
- Der Rest der Republik kann das ein paar Wochen tun, bis er begreift, dass niederbayerische Bauerndödel trotz schwerer Zunge "Revision des Länderfinanzausgleichs" schneller aussprechen kann, als eine Ossiblockpfeife als Ministerpräsident überhaupt "Solidaritätszuschlag" denken kann. Von "Arm aber sexy" Berliner Bankenpleitenverantwortlicher ganz zu schweigen.
- Natürlich ist das für mich eine Gaudi. Aber so teuer hätte es dann doch nicht werden müssen, ich kann auch über Millionen lachen.
- Ein paar abstossende Cretins aus der Eiterbeule des Neoliberalalismus, namentlich gewisse käufliche Schreiberlinge, die sich nie zu schade waren, gerade den bayerischen Schwarzen das stockfinstere Brunzloch zu bekriechen, werden nun behaupten, der Staat könne noch schlechter kontrollieren als private Banken.
- Eine Schwächung von Bayern tut dem ganzen Land ganz sicher nichtgut. Ein Deutschland wie ein durchgängig grosses Sachsen oder Ruhrgebiet kann niemand ernsthaft wollen.
- Die Verantwortlichen für die globale Expansion der eher schwach agierenden Landesbanker, hier namentlich das Gespenst aus Wolfratshausen Stoiber, müssen es nicht mehr ausbaden, und es wird vermutlich auch keine Aufarbeitung geben, wie schon bei Kirch, dem Transrapid, der ostdeutschen Wohnungen, der Verschleuderung der Staatsbetriebe und die Verpulverung der Erlöse von New Economy bis zur Biotechnologie.

Und wir sind noch lange nicht fertig. Man merke sich "Hypo Alpe Adria", die haben die besten Chancen, für Bayern das zu werden, was Ormond Quay für die SachsenLB wurde.

Mittwoch, 22. Oktober 2008, 01:38, von donalphons | |comment

 
Damit wären dann schonmal glatte 6,75% des tollen "Sondervermögens" weg. Und die BayernLB ist zwar gut dabei, aber sicherlich nicht die Spitze der Inkompetenz...

... link  

 
Ich bin mir da nicht so sicher. Keine andere LB war so tief in Osteuropa dabei, und hat so viel undurchsichtige Konstrukte am Laufen. Man darf nicht die lange Skandalgeschichte der Hypo Alpe Adria vergessen. Und das mit Island könnte auch nur ein Teil anderer, auch nicht so toller Wahrheiten sein. Bei einer Bilanzsumme von weit über 300 Milliarden ist das bisher alles gar nicht so viel.

... link  

 
Das muss wohl die magyarische Rache für das Lechfeld sein, anno 955

... link  


... comment
 
Tja was uns der Schröder an Irakausgaben gespart hat
verpulvern wir halt jetzt

... link  

 
Wenn erst mal die zweite grosse Inflation kommt, ist das Geld gleich wieder da. Vielleicht sogar mehr als vorher.

... link  

 
Aber wer hat es dann?

... link  

 
Derjenige, der die werthaltigen Assets hat. Geld ist gerade nicht wirklich sexy.

... link  

 
Jaja, ich bin noch am suchen nach meiner voralpenländischen Immobilie

... link  


... comment
 
Nur eine Einrede. Arm aber sexy Wowereit ist ausnahmsweise an der Berliner Bankenpleite unschuldig. Das waren Diepgen und Landowsky die jetzt wieder die Strippen in der Berliner CDU ziehen.

... link  

 
Nee, das stimmt so nicht. In den Neunzigern hatte Berlin eine große Koalition, mit Klaus Wowereit zunächst als stellvertretendem, dann als Fraktionsvorsitzendem der SPD.

Die Gründung der Bankgesellschaft wurde 1994 von der SPD mitgetragen und von den Grünen mit dem Kommentar begleitet, daß so eine Konstruktion zu kriminellen Handlungen geradezu einlädt. So ist es dann auch passiert.

Ich bin wahrlich kein Freund der Berliner CDU, aber die Berliner SPD ist ähnlich verfilzt und hat es ziemlich geschickt verstanden, 2001 so zu tun, als hätten sie mit der ganzen Sache nichts zu tun.

... link  


... comment
 
Große Sparkassen
Es würde mich nicht wundern wenn die ein oder andere Großsparkasse auf eigene Rechnung mitgespielt hätte im großen Finanz-Casino.

... link  

 
Man hört, dass sich beispielsweise die Frankfurter Sparkasse durchaus bemüssigt fühlte, hier und da bei den Grossen mitspielen zu wollen. Daher auch ihre eigene Lehman-Geschichte.

... link  

 
Meinst Du die Lehman-Zertifikate, die sie vertickt haben oder noch was anderes? Bei den Zertifikaten war die Sparkasse in Hamburg ja auch nicht untätig.

... link  


... comment
 
"muss schon von übelsten Grossmachtsträumen geplagt gewesen sein"

War das in Bayern seit seinem Bestehen jemals anders?

... link  

 
Ja. Der Irrsinnskurs der globalen Wirtschaftsaktivitäten ist eine Stoibersche Spezialität. Die BayernLB war eine stinknormale Landesbank, bevor man vor dem Hintergrund der Privatisierungserlöse dachte, mit dem Ding ein passendes Vehikel zur Dominanz in Osteuropa zu haben. Bayern hat versucht, damit Politik zu machen und genehme Regierungen zu unterstützen, unter dem Label "Demokratieaufbau im Osten". Es gibt allerdings tatsächlich eine lange reihe von bayerischen Potentaten, die mit solchen Ambitionen gescheitert sind, und das fängt schon beim bayerischen Stammesherzogtum des 8. Jahrhundert an.

... link  

 
Demokratieaufbau im Osten
Das kommt davon, wenn man Dinge tut, von denen man nichts versteht

... link  


... comment
 
Mich würde interessieren, wie das Geld aus dem Fonds bei der BayernLB wieder zurückkommen soll. An die Börse wird man die ja nicht bringen...

... link  

 
Durch Verkauf von Töchtern und Beteiligungen. Die BayernLB heisst zwar so, ist aber politisch gewollt eine global operierende Universalbank, die von Liechtenstein bis Schanghai präsent ist. Besonders aber in Osteutopa. Da böte sich nach der Teilsanierung der Verkauf an. Abgesehen davon kann das alles nach menschlichem Ermessen nicht ohne hohe Inflation ablaufen, insofern wird die BayernLB in 6 Jahren gefühlt 30% weniger zahlen müssen.

... link  

 
Es sei denn, die fangen an, kräftig in die USA zu investieren, weil der Dollar ja wieder usw...

Nächstes Jahr erwischt es die nächsten eiskalt

... link  

 
Optimistin.

... link  

 
Apropos "Verkauf von Töchtern und Beteiligungen"
Was wird aus der DKB?

... link  


... comment
 
Und
dieses herrliche Becksteinsche Eigentor faellt dabei voellig unter den Tisch?

... link  

 
Wenn am Sonntag gewählt werden würde, käme die CSU auf dicke unter 40%.

... link  

 
"I'm shocked, shocked to find that something wrong is going on in here!"

Der Bankenchef hat ja shon gestanden, dass er vor der Wahl keinen Runbrief mehr verfasst hat, damit die CSU ihm nicht die Pleite anhängen konnte. Das wird kein Spass für die FDP, wenn ein Untersuchungsausschuss zustande kommt.

Vielleicht will sie ja doch lieber mit den anderen, die keinen Dreck am Stecken haben?

... link  

 
Großen Koalition - Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition ermöglichte die Förderung “forderungsbasierter Papiere” auch in Deutschland. Die Koalitionspartner schrieben auch fest, dass man nur eine “Finanzaufsicht mit Augenmaß” betreiben wolle. Damit war die Saat gesät, die heute als die größte Bankenkrise aller Zeiten keimt. Ein “Kindergeburtstag” ist das was wir bisher gesehen haben.

... link  


... comment
 
Deshalb ging der Rettungspakt in 7 Tagen durch ...
... die kannten beim Durchprügeln des Gesetzespakets die Schieflage schon. Und die Politiker haben sich nur beeilt, um lange und laut auf die Banken zu schimpfen, und dann am Ende eine Bank zu retten, die denen selber gehört. Worauf man natürlich nicht hinweist, sondern von bösen Bankern spricht. Dass das zum großen Teil auch Politiker bzw. Politikergünstlinge sind.

Hypo Alpe Adria werde ich mir merken. Bin mir sicher, da folgt noch was.

... link  

 
Ich denke, da sollte ein Untersuchungsausschuss her. Aber auch die westLB wird noch mit Überraschungen aufwarten. Was Ungarn und die HAA angeht: Das wird lustig, angeblich gibt es eine Vereinbarung zwischen den banken und der Zentralbank, angesichts der Flucht in den Schweizer Franken die Carry Trades in Forint umzuschreiben. Was bedeutet, dass das Währungsrisiko der 6-7%-Kredite bei den Banken liegt. Man muss schon sehr verzweifelt sein, sowas in einem Land zu tun, dessen Leitzins bei 11,5% liegt.

Und dann sind unsere Umgarn auch noch als gute Neoliberalisten im Besitz der zweitgrössten Pensionsfonds der Osteuropa-EU, und haben damit im letzten Jahr fast 15% Wertverluste eingefahren - bis Sommer dieses Jahres. 2,2 Milliarden Euro Verluste. Was sagt uns das über das kommende Weihnachtsgeschäft in Budapest?

... link  

 
Gestern...
...kam ein Stellenangebot der Hypo Alpe Adria 'rein. Die suchen Bilanzbuchhalter für den Standort München.
Ich bin fast tot umgefallen vor lauter Lachen....

... link  


... comment