Das lebende Fossil vom Spitzingsee

Man kennt das: In abgelegenen Regionen, nicht weit entfernt von lebensfeindlichen Wüsten und Einöden, wie beispielsweise der in Auflösung befindlichen SchurkengenossenschaRepublik Österreich, überstehen Lebensformen lange Zeitläufe, die sie andernorts längst hinweggespült haben. An der Grenze zu Österreich, in einer deutschen Sackgasse und von einem 1150 Meter hohen Sattel vom eh schon retardierten Schliersee getrennt, befindet sich der Spitzingsee, und an dessen Gestaden wird in einem Cafe ein Apfelrahmkuchen gehalten, den man ansonsten nur noch von Stillleben des 18. Jahrhunderts kennt:



Da ist der hoch überstehende Rand, der früher typisch für Kuchen war, das sind die handgeschnittenen Apfelscheiben, da ist der Rahm, den man heute unter Hungerleiderzwang nicht würde haben wollen, und da ist das Fehlen des Zuckers. Zucker war teuer, deshalb lebt der Kuchen allein vom Fruchtzucker der Äpfel und der Süsse des Honigs. So hat man das früher gemacht, und deshalb glänzen die Kuchen des 18. Jahrhunderts auch so gelblich in den prunkvollen Darstellungen der Tischkultur.



Das Ganze findet sich mit Sonnenterasse und blauweiss bedirndelter Bedienung - inzwischen finde ich diese Tracht gar nicht mehr so besonders, nur hier ist es mir wegen des besonders angenehmen und natürlichen Exemplars aufgefallen - im Cafe Kameter, und selbst, wenn man mich dafür zwischen Ostsee und Main hassen wird: Auf 1100 Meter wurde es heute locker über 20 Grad warm. Der Spaziergang um den Spitzingsee war dann auch nur mit Ablegen des Pullovers zu ertragen. Bei der Gelegenheit habe ich auch das Haus gefunden, in dem man prima einen Roman über die schlechte Zeit schreiben könnte, in der man einen Aston Martin DB7 mit 40.000 Meilen auf dem Tacho für weit unter 20.000 Euro kaufen kann. Allerdings braucht man den hier oben nicht, denn das Haus ist nur zu Fuss zu erreichen, und wozu einkaufen, wenn man zum Cafe rudern kann?



Ein kleiner Nachteil bleibt bestehen: Dieser grandiose Sonnenuntergang liess den See schon kurz nach 3 Uhr in Silber erstrahlen. Toll, wenn man viel zu lesen hat, eine Deadline für einen Roman, oder was immer man sonst so in der Einöde treiben kann. Oder vielleicht doch keinen Roman, sondern Kochübungen nach Grossmuttern Art. Und hoffen, dass auch dieses Jahr der Schnee ausbleibt. Sonst verwandelt sich die Region leider in der Münchner liebstes Skigebiet.

Dienstag, 4. November 2008, 00:55, von donalphons | |comment

 
Ich liebe Apfelstrudel "ohne alles"

Da bin ich sehr allein. Die Sahne muss meist sein.

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aber das auf dem Bild ist kein Strudel.

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Sahne finde ich auch unpassend. Lauwarm und saftig, mehr muss nicht sein.

Und der Kuchen ist doch recht nah am "Millirahmapfelstrudel", wenn man so will.

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20 Grad am 3. November sind bestenfalls Anlass für Neid an der Ostsee, aber kein Grund zum Hass. ;-)

Den haben gestern ja andere geliefert.

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Da war ich dann im Windschatten :-)

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... und was trinkt man dort oben dazu?
20 Grad, Sonne, Herbstlaub und das Gefühl, der Herbst könnte noch ein paar Wochen andauern, dann über Nacht in den Winter mit Schnee - und bitte dann erst Minusgrade - übergehen, das hatten wir gestern auch. Heute scheint wieder so ein Tag zu sein.
Den Kuchen - pah, dazu habe ich vor zwei Wochen erst die Apfelernte eingelagert. Das gilt also nicht. Aber was oben fehlt - gut, dem Hausherrn und seinen Eigenheiten geschuldet, ist ein Schluck Wein. Das muss kein neuer sein (sollte es nicht sein), aber ein schöner Herbsttropfen, mit Blick auf die Weinberge, das wäre es schon. Das fehlt - da helfen auch die Bergspitzen nicht - liebliche Rundungen sind da doch (in jeder Hinsicht) besser.

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Mir hat der Tee vollkommen ausgereicht. Wein haben sie aber auch, wenngleich sicher nicht allzu teure Sorten. Die Begleitung war jedoch von Kaffee und Schokolade sehr angetan.

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sie sind/waren da offenbar nie im sommer. oder aber sie sind kummer gewohnt. der schönen häuser gibts da wirklich viele - aber nicht direkt um den see rum.

ich war da einen sommer auf der alm, ein paar hundert meter weiter oben, kurz unterm gipfel. nur zu fuss erreichbar. kein handyempfang. kein strom. das kann ich empfehlen. das da unten ist eine saisonhölle, auch wenn die saison nun zuzgegebenermassen kürzer ist als die am see bei bonzach-egern.

entschuldigen kann man das eigentlich nur der begleitung wegen.

tom

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Ich war da auch schon in der Saison - manchmal hat man Glück, und unten erscheint alles grau, aber oben ist es sonnig und leer. Gerade jetzt aber ist es wirklich ok und nicht überlaufen. Und der Affenfelsen Rottach ist eh nicht meins, ich wohne etwas oberhalb des Sees direkt gegenüber der ersten Alm. Allerdings mit Internet, sonst gäbe es hier keine Bilder.

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angesichts ihrer blogfrequenz habe ich eh den verdacht, dass sie mit einer hut-cam rumlaufen und ihre blogeinträge nicht tippen, sondern live und draussen direkt in ein mir bisher unbekanntes voice-interface diktieren, das der olbertz für sie gestrickt hat.
aber dann ist es auch wieder so, dass sie vielleicht genau die zeit, die ich mit meinen kindern verbringe damit zutun, hier zu schreiben, das geht dann wohl auch auf.

der neid der nichthabenden - ich verbringe den föhntag nicht auf der terasse, sondern im grossraumbüro, zwischen 2 handys und 2 tfts, immerhin auch in netter begleitung.

tom

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Ach so.

Einerseits ist manches arbeitsbegleitendes Rumtippen, andererseits habe ich Journalismus im Radiotagesgeschäft gelernt, mit drei Beiträgen pro Tag. ich kann formulieren, ohne allzu tief nachdenken zu müssen. Und die Nacht verbringe ich dann über Kurven, Daten und Bezahlten Textablieferungen - wirklich arbeiten kann ich nur Nachts. (Und entgegen der Gerüchte bin auch ich nicht arbeitsfrei, leider)

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