Yes we can blackmail

Du hast eine Wohnung am Rande der Berge, gleich oberhalb eines traumhaft schönen Sees. Es ist Anfang November und immer noch sehr warm. Das Wetter ist wunderbar, und du entschliesst dich, heute mit einer Bekannten in ein Kloster zu fahren, das eine Wirtschaft mitsamt Sonnenterasse und einen phänomenalen Blick über die Alpenkette vom Chiemgau bis zur Zugspitze hat. Eine Sonnenterasse, auf der sich fette, alte Münchner an Schweinshaxen vollfressen, bis sie nicht mehr können und der Würgerei überdrüssig die Knödel zurück gehen lassen.



Du setzt dich an den äussersten Rand, denn schön ist das reiche Schauspiel nicht, und entscheidest dich für einen Germknödel. Es dauert ein wenig, weil es trotz Werktag voll ist, aber da ist diese Fernsicht mit 100 Kilometern, an der du dich nicht sattgeaffen kannst. Dann kommt der Germknödel und bildet den ersten Hügel in einer langen, grandiosen Reihe von Bergen voller Wald, Fels und Schnee.



Um das alles perfekt zu machen, erlebst du auch noch einen grandiosen Sonnenuntergang; Du würdest Deine Begleiterin jetzt gerne umarmen, in diesem warmen, satten, alles durchdringenden Licht, das dich aufsaugt mit seinem Glanz,



es zieht dich hinein, entreisst dir den italienischen Namen, das Leben, die Wohnung, den See, den Geschmack des Germknödels, du bist nackt in diesem Licht, es wirft dich auf deine Existenz zurück und obendrein in ein Bett in einem Schwellenland. Genauer, das viertgrösste Schwellenland der Erde, dein Kopf dröhnt noch vom Licht und vom Alk gestern Abend, und langsam fällt es dir ein: Du hast keine Wohnung am Tegernsee und keine Bekannte, die wie Romy Schneider aussieht, du bekommst keine Germknödel und das da vor dem Fenster sind auch keine Berge, sondern die von Favelas umschlossene Hauptstadt Washington. Du heisst Obama, bist seit gestern so eine Art künftiger Diktator, kannst aber im Gegensatz zu den drei grösseren Schwellenländern weder Wahlen kaufen wie die Inder, noch einen Volkskongress einschüchtern wie die Chinesen, und Oligarchen verknacken und Firmen erpressen wie der Putin darfst du auch nicht. Kurz, du bist der Boss eines maroden Landes, und du musst jetzt aufräumen, was dein Vorgänger Idi George Amin Bush an Zerstörung hinterlassen hat; ein paar Kriege, eine angekotzte Welt, und einen Quasi-Staatsbankrott, den Leute angezettelt haben, die dummerweise für deine Wahl gezahlt haben. Du beginnst zu begreifen, dass es eigentlich gar nicht so schlecht wäre, wenn jetzt deine besiegten Gegner, die Alte mit den Glubschaugen oder der Tattergreis die Scheisse angehen müssten.

Gestern warst der Held, heute wollen sie schon, dass du ihnen die fetten Arsche auswischst. Es ist der Tag nach dem Sieg, und die Hauskreditversicherer Ambac und MBIA lassen dich wissen, dass sie zusammen im letzten Quartal über 3,3 Milliarden Dollar Verlust verzeichnet haben. Um das in Relation zu setzen: Die einzelne Ambac-Aktie ist 2,01 Dollar wert, und macht einen Verlust von 8,45 Dollar. Sprich, die Läden sind so fertig und windig wie einer ihrer Subprimekunden im Rust Belt. Leider kannst du sie nicht pleite gehen lassen. Ohne Kreditrisikoversicherung werden Banken keine Kredite geben, und die Wirtschaft wird leiden. Also, das heisst: Was von ihr noch da ist, nachdem tausende Banken durch die Pleite der Versicherer gezwungen wären, die von Ambac und MBIA vertriebenen Derivate mit exakt Null anzusetzen, mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft. Das wird teuer. Zumal jetzt auch wieder das für die Refinanzierung so wichtige Rating wackelt.

Du hängst noch kotzend über dem Waschbecken, da stehen auch schon die Jungs des Autofinanzierer GMAC in der Tür. Eine Hälfte gehört General Motor, die andere dem Hedgefonds Cerberus, dem auch Chrysler gehört. Und siehe da, auch sie haben wegen schlecht zahlender Kundschaft 2,5 Milliarden Quartalsverlust. Wenn die keine Kredite mehr geben - wer soll dann noch einen schrottigen US-Wagen kaufen? Da wird der Staat helfen müssen. Sonst bricht der Staat zusammen. All diese Klitschen sind ziemlich tot, und du musst sie jetzt retten, damit sie im Untergang dem Land nicht den Rest geben. Deren Lage ist verzweifelt, aber deine ist auch nicht besser, wenn du solche Verwerfungen mit vielen Steuermilliarden beheben musst.

Also, es ist der 5. November und du hast die Arschlochkarte in diesem Spiel gezogen, gehe in das Oval Office. Gehe direkt dorthin, gehe nicht über den Biergarten von Kloster Reitberg Reutberg und ziehe keinen Germknödel ein.

Mittwoch, 5. November 2008, 23:11, von donalphons | |comment

 
Michelle Obama's Dress: Another Missed Opportunity For Liz Claiborne(LIZ)? (Clusterstock, Nov 5, 08). Daselbst das Cramer Saves The Economy Transkript (provided by capital fellow H.B.). Gut auch der Inaugurationsvergleich der Zwiebel, mitgeteilt in The Big Picture.

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Ich weiss nicht, ob der Job nicht doch was für Don wäre:

Der bekommt am Ende seine eigene Bibliothek.

de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentenbibliothek

Viel Platz für sehr viele Bücher.

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"George W. Bush Presidential Library"

Die wird nicht viel Platz brauchen.

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... und alles nur, weil du dir deinen Germknödel mit Vanillesauce bestellt hast und nicht - wie es sich gehört - mit auslassenem Butter, Mohn und Zucker.

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Es gibt kein Entkommen
„Auch den Kerberos sah ich, mit bissigen Zähnen bewaffnet
Böse rollt er die Augen, den Schlund des Hades bewachend.
Wagt es einer der Toten an ihm vorbei sich zu schleichen,
So schlägt er die Zähne tief und schmerzhaft ins Fleisch der Entfliehenden
Und schleppt sie zurück unter Qualen,
Der böse, der bissige Wächter.“

Nie gab es einen treffenderen Namen für einen Hedgefonds.

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Weitere Folgen eines eventuellen GMAC-Autofinanzierer-Konkurses: GMAC Leaves Individuals With $15 Billion of Car Lender's Junk. "An investment like this is totally unsuitable for the retail investor. You're selling it to the widows and orphans who think of GMAC as being this strong, long-standing corporation when the reality is far from that."

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Da hab ich auch schon gegessen. Da gibt es doch dieses Fleisch, das so grausam heißt. Presssack.

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Ich bin Vegetarier, für mich ist das alles gleich. Aber die Germknödel kann ich mit gutem Gewissen empfehlen.

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Für Nichtvegetarier: Das saure Lüngerl ist dort ein Hochgenuß, passiert selten, dass man noch ein selbstgemachtes bekommt anstatt eines aus Dose oder Kochbeutel.

An schönen Tagen ist da grad die Hölle los, weil irgendeine Zeitung einen Bericht über Reutberg geschrieben hatte, man muss sich auf sehr lange Wartezeiten einstellen, da sie personalmässig nicht drauf eingestellt sind. Aber das war bei diesem herrlichen Föhnwetter nicht wirklich schlimm, dann hat man länger Zeit für diesen herrlichen Ausblick.

Den Germknödl hatte ich auf der Karte übersehen, der fiel mir leider erst auf, als er vor meiner Nase vorbei getragen wurde.

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mit verlaub...
es muss 'Reutberg' heissen. nicht die stärkste der Barockkirchen dort, aber die Brauerei... die Terrasse... der Moorsee in der Nähe... hach, Neid;-)

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Du hast natürlich recht. In jeder Hinsicht. Allerdings hat die Kirche eine hübsch düster-staubige Pracht.

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Den nahen Kirchsee durfte ich vorgestern vom Abendrot beschienen erleben. Es war traumhaft den im Gegenlicht der untergehenden Sonne glitzern zu sehen. *vorschwärm* Gerade jetzt im Herbst sehr zu empfehlen.

Die Kirche gefällt mir von außen besser, aber das ist Geschmackssache. Sehenswert sind allerdings die kleinen Details an den andern Gebäuden, wie z.B. eine alte Klappe an der Scheune der Werkstätten.

Seit Juni gibt es dort ein Klosterlädchen, in dem habe ich einen sehr seltenen Weihrauch ergattert. Ich habe die Atmosphäre dieses "unvollkommenen" Lädchens richtig genossen. Man spürt, dass die Klosterschwestern noch nicht viel Erfahrung haben mit dem Laden und das ist in unserer überperfekten Welt fast schon so was wie eine liebevolle Rarität.

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