Schon eingepreist

Das schönste Fernsehprogramm ist immer noch der Ofen, sagt die Beifahrerin, und sie hat so unrecht nicht. Was nicht nur an der aufgehenden Tarte, sondern auch an der Alternative liegt.



Eine Alternative, die, wie auch das Internet, sich im Bereich Wirtschaft einer grossen Lüge hingibt, dem "ist schon eingepreist", wenn irgendwelche kroiminelle Koksfresser in Frankfurt Papiere nach oben zocken, deren Aussichten in den kommenden Jahren miserabel sind. Dabei gibt man ohnehin ur zu, was man zugeben muss. Auch, wenn ganze Geschäftsbereiche wegbrechen, die Börse klammert sich an der Blase fest und negiert, was jahrelang gepredigt wurde: Dass sie eigentlich in der Lage sein soll, das zukünftige KGV einzupreisen.



Da schaut es 2009 mehr als mau aus. Gerade Banken mit starkem Investmentgeschäft. Überhaupt sieht es gar nicht so arg nach Kreditklemme aus: Im Gegenteil, es wird weniger investiert, also braucht man auch weniger Kredite. Und Banken. Tatsächlich würde man vielleicht aus mit der Hälfte der Banken auskommen, und volkswirtschaftlich besser fahren. Kommt vielleicht 2009. Lustigerweise sind Banken trotz der Kursmanipulationen immer noch so billig, dass sie eigentlich Angreifer anziehen müssten. Aber niemand findet sich, der sich jetzt sowas ans Bein hängen will. Ab einem Kursziel von 3 Euro können wir nochmal drüber reden.



Wenn man davon ausgeht, dass diese Leute dort die Entwicklung generell zu positiv einschätzen, werden wir nach dem Platzen der Obama-Blase ein lustiges Frühjahr sehen, und all diejenigen, die jetzt - zum wievielten Mal eigentlich? - von Bodenfindung reden, dürften ein paar unschöne Überraschungen erleben. Staatsanleihen, Währungen, Rohstoffe: Alles, was nicht gerade der von den Pressemehrlochhinhaltern ohne Fachkenntnis unter Beobachtung steht, also, sagen wir mal: Alles, was nicht der DAX ist, ist ausser Kontrolle.



Und natürlich wartet man auch heute wie schon nach der New Economy von einer grossen Entschuldigung derjenigen, die sich haben kaufen und nur zu gerne haben anlügen lassen. Iich wünsche keinem was Schlechtes, aber wenn für 10 arbeitslose Banker auch ein PR-Stricher und sein Medienfreier aus Arbeitssuche geschickt werden, ist das nicht gerade ein Anlass für Trauer. Auch das, keine Sorge, wird man dann als "schon eingepreist" bezeichnen.



"Schon eingepreist" ist nur das Mantra zur Selbstvergewisserung unserer modernen Scharlatane und Zukunftsschauer, das "wir wussten das alles schon vorher", man sollte sie anspucken, wenn sie dergleichen Lügen verbreiten, und sie wissen lassen, dass die Reinigung ebenfalls eingepreist ist; nur wenn ihnen jemand, wenn die Welt die Schnauze voll hat von diesen Leuten, das Maul einschlagen würde - das müssten sie dann selber zahlen.

Dienstag, 30. Dezember 2008, 12:55, von donalphons | |comment

 
Die Rohstoffpreise sind ja schon wieder dort, wo sie hingehören: Auf dem Boden der Tatsachen.

Was die Blasen angeht, wird es sein wie immer. Wer sich nicht rechtzeitig ausser Reichweite bringt, wird beim platzen nass gemacht. In Zeiten der Globalisierung reichen dummerweise die früher erlernten Abstände nicht mehr aus, es spritzt einfach viel weiter als die meisten wahr haben wollen.

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Nicht mal scheiden geht noch. Keiner will das im Wert sinkende Haus. Also bleiben beide da, im ersten und im zweiten Stock.

"We're finding the husband on one floor, the wife on the other," Ms. Decker said. "Now one is coming home with a new boyfriend or girlfriend, and it's creating a layer to relationships that we haven't seen before. Unfortunately, we're seeing 'The War of the Roses' for real, not just in a Hollywood movie." [Quelle]

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Scheidung und Immobilie ist immer ein Problem - ausser es entwickelt sich eine solche Blase wie in den USA, bei der in relativ kurzer Zeit das Haus rechnerisch durch den Wertgewinn schuldenfrei wird. Willkommen in der Realität.

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@exurbia: Meinen die Leute das damit, wenn sie sagen, dass eine Familie in Krisenzeiten stabilisierend wirkt?

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@amelia: Man könnte sagen, dass die Realität in Krisenzeiten opaker wird, weniger durchlässig für Exitstrategien. Umgekehrt dürften Bindungen um so prekärer werden, je mehr das institutionelle und finanzielle Gewicht der Welt schwindet, weil das immer mitlaufende Phantasma des Ausbruchs fast unweigerlich irgendwann die Oberhand gewinnt.

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Vielleicht ist das ja auch eine Antwort auf die Frage, worin die Vorteile von Doppelhaushälften liegen. Man kann Durchbrüche machen und sie wieder zumauern.

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...oder man fährt gleich eine sechswohnungsstrategie. ...was die aufteilung nicht unbedingt undramatischer ausfallen lässt.

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In Krisenzeiten geht die Selbstmordrate zurück, und es wäre nicht überraschend, wenn die garstige Realität eine langweilige Beziehung sicher und verlässlich erscheinen lassen würde.

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Der Einsturz des Immobilienmarktes in den USA ist eine komplexe Sache. Dieser von Reuters geschilderte Fall, zeigt, dass Bailouts keine Lösung sind.

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Banken plattmachen und verstaatlichen, Versager juristisch durchleuchten und bei Unregelmässigkeiten zahlen lassen, Hilfsprogramm für Hauseigner mit neuer Refinanzierung und Kostenplänen, das hätte eher was werden können.

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Vielleicht lieber genausoviele Banken, aber nur halb so große
Dann könnte man auch vielleicht mal eine Pleite gehen lassen ...

Ansonsten:

Guten Rutsch (und das angesichts des Wetters und des neuen Rodels auch wörtlich)

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Danke!

Ich denke, aktuell könnten auch mittlere Raiffeisenbanken und Sparkassen anfangen, Privatbanken zu schlucken.

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aus der SZ v. 23.März 2009
Sexy Raiffeisenbanken

Keine Regel jedoch ohne Ausnahme, und vielleicht ist Pierin Vincenz ja so eine. Es ist unsere letzte Verabredung, und nachdem wir bei unserer Suche nach der glücklichen Schweiz nicht wirklich vorangekommen sind, könnte vielleicht dieser Termin das Bild noch ein wenig aufhellen. "Sind Sie ein glücklicher Banker, Herr Vincenz?" Der große, grauhaarige Herr aus Graubünden lächelt. "Ein zufriedener Banker, ja."

Raiffeisenbanken haben kein besonders aufregendes Image, und diese hier, die von Pirin Vincenz geleitete Raiffeisen Gruppe, ist keine Ausnahme. Doch vielleicht ist ja gerade das ihr großes Plus in diesen Zeiten. Grundsolide bis zur Langweiligkeit, stetiges Wachstum seit Jahren, keine Verluste, keine Affären - man könnte gähnen, man könnte es aber auch überaus sexy nennen angesichts all der Bankenpleiten in der Welt.

Shareholder value, zweistellige Renditen, man kennt den ganzen Wahn, doch den Herrn Vincenz scheint er irgendwie nicht angesteckt zu haben. Er sagt, er betreibe eine "ganz vorsichtige Kreditpolitik", und sein Erfolgsrezept bestehe darin, nur in dem Markt tätig zu sein, den man wirklich kenne. Er redet von Werten, vom gesunden Menschenverstand und sagt, dass Rendite nicht alles sei: "Wenn ich nur auf die Rendite schauen würde, müsste ich morgen 300 Filialen schließen."

Auch die Spitzengehälter halten sich in einem akzeptabel klingenden Rahmen. Pierin Vincenz beantwortet alle Fragen ruhig, bedächtig und ohne Allüren, und wie er so redet, denkt man plötzlich, dass die Kirche ihren Platz im Dorf vielleicht doch wieder zurückerobern könnte.
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(SZ vom 23.03.2009/woja)

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