1 Jahr auf dem blauen Raben

Vorbei an windgefurchten Wiesen und Gräsern, entlang des Auwaldes, über enge Feldwege und durch stille Strassen führt mein Weg. Die Schafskälte, heisst es, soll kommen, der übliche Kälteeinbruch zum Juníauftakt, eine letzte Reminszenz an nicht ganz so schöne Tage, mit schweren Wolken und - hallo!



Man kennt mich hier. Die einen, weil sie mich schon immer kennen; die anderen, weil das Rabeneick eine so auffällige Erscheinung ist. Mittlerweile gehört es zum Inventar dieser Stadt; steht es irgendwo rum, und eine Bekannte kommt vorbei, finde ich später einen vergeblichen Anruf auf dem nicht mitgenommenen Mobiltelefon. Oder sie suchen. So viele Orte, an denen sich sein könnte, gibt es in der Stadt nun auch nicht: Bäcker, Schuster, das ein oder andere Cafe, ein Buchladen, das Erdbeerfeld, der Wochenmarkt. Es ist ein freundlicher Begleiter in der Stadt, und manchmal fragen sie mich, ob ich es verkaufe. Natürlich nicht! Wo kämen sie denn da hin!



Denn das könnte ich nicht verantworten. Inzwischen bin ich fest überzeugt, dass das Rabeneick verflucht ist. Gekauft habe ich es nach etlichen vergeblichen Besichtigungen rostiger Schrotthaufen und meiner massiven Entgeldung durch eine Wohnung am Tegernsee, um mich endlich auf andere Gedanken zu bringen. Wenn schon schrauben, dann an so einem freundlichen Rad, das ist auch alt und aufsehenerregend, man gibt eine gute Figur ab und hat immer wieder mal was zu tun. So ein Rabeneick ist eine gute Ablenkung vom alten Automobil, das ich nicht brauche. Dachte ich damals.

Und schraubte. Kaufte Weisswandreifen. Fand einen wunderbaren Sportsattel mit bestem Leder. Entdeckte im Keller eine passende Chrompumpe. Glitt über Wiesen und Wege, war mit der Technik des Jahres 1952 vollauf zufrieden, und bereicherte die Stadt mit dem hübschen Bild, das ich abgab: In der rechten Hand der Lenker, in der linken Hand das Baguette. Ein Bild vollster Zufriedenheit. Sollte man meinen. War aber nicht so. Ganz im Gegenteil. Wer einen Raben retten kann, schafft das auch mit anderen rostigen Blecheimern, dachte ich mir. Da ginge noch was. Das darf so allein nicht stehen bleiben. Und die Technik der 50er Jahre reicht wirklich aus. Was auf dem Rad geht, sollte auch mit Motor möglich sein. Nichts, nichts auf der Welt hat den Entschluss, mir einen Sunbeam zuzulegen, so bekräftigt wie dieses billige, schrottreife Rad vom Flohmarkt.

Und blöderweise ist mein sonstiges Leben gerade so gestaltet, dass ich nicht mal eine Mittlebenskrise als Ausrede anbringen kann. Morgen ist der Sunbeam dann beim TÜV. Man wird sehen, wo das endet. Mittelfristig, hoffe ich, an der Riviera. Gestern habe ich noch einen alten Gepäckträger gekauft. Schliesslich möchte ich in Menton mit dem Raben Baguette holen fahren.

und in exakt diesem Blau möchte ich auch einen Triumph TR2 oder einen MG A

Mittwoch, 3. Juni 2009, 00:35, von donalphons | |comment

 
Reifen
Ich seh schon:
Die Weißwandreifen hast Du gekauft, damit Du die Reflektoren in den Speichen weglassen kannst.
Diese reflektierenden Reifen in Ballonausführung würden die Schutzbleche noch etwas mehr ausfüllen. Wenn es denn Ballonreifen mit reflektierender Flanke gibt(?)

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Gibt es. Vom Marktführer Schwalbe zB den Big Apple, der serienmäßig mit Reflexstreifen ausgeliefert wird. Unter anderem auch, weil diese in Holland Pflicht sind. Ich bin mir sicher, dass es bei anderen Herstellern ähnlich aussieht.

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Um G`ttes Willen, Reflektorstreifen wären doch nicht original! Das sind "New old stock"-Reifen. Und ich wollte dünnere Exemplare, weil sie sportlicher laufen. Ich fahre dann eben nur bei Tag, für alles andere wohne ich mitten in der Altstadt, da geht alles zu Fuss.

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Nur keine Ballonreifen! Sowas passt nicht ansatzweise zu diesem Rad und würde die Fortbewegung damit plump gestalten. Ein bereits lange eingefahrener Ledersattel ist natürlich eine feine Sache: Kauft man ihn neu, hat man etliche tausend Kilometer vor sich, bis er erträglich wird.

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Sportlicher laufen?
Wäre laufen nicht sportlicher als sich rollen lassen :-D

Über den Zusammenhang zwischen Leichtlauf und Reifenbreite möchte ich auf diesen Link verweisen:
Grundlagen: Warum rollen breite Reifen leichter als schmale?

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@svenm:
Diese Gleichung hat einen Haken, nämlich den "gleichen Luftdruck". In meine Dackelspalter vom Rennrad (18-622) kann ich bis zu 9 bar reinknallen, da können wir die Materialverformung beim Federn getrost vernachlässigen. Außerdem leuchtet mir eh nicht ein, warum die Materialverformung hier nur "im Verhältnis" auftaucht, was für die Betrachtung der kinetischen Energieverhältnisse weniger relevant ist als die absolute Menge an Energie, die für die Materialverformung draufgeht. Sprich: Man wird den Eindruck nicht los, als würden die die top-modischen Retro-Walzen hier künstlich schöngerechnet.

Davon abgesehen würde dem Rabeneick nach meinem Dafürhalten bisschen mehr Reifen im Schutzblech schon ganz gut stehen - zumindest von der Seite gesehen. Wenn man selber draufsitzt, fällt das wohl weniger auf.

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Nachdem ich mir als nicht mehr ganz junger Mann aber gerne den Spass mache und an der Ampel hektisch kurbelnden Mountainbikern zeige, dass sie mit ihrer Strampelei so peinlich wie ein Blogwerbenetzwerk sind, brauche ich aber Reifen mit geringer Schwungmasse. Gerade bei der Beschleunigung zählt da jedes Gramm.

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Jedes Gramm? ok hier kommts:
http://www.bike24.net/p18637.html

sähe natürlich sehr peinlich aus, aber leicht sind die Dinger allemal. Und Stabil. Und einen Achter bekommen die Dinger auch nicht ;-)

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Beim Auto zahlt man für Speichenräder einen hohen Aufpreis, beim Fahrrad soll es andersrum sein... Ich habe noch Erfahrung mit frühen Scheiben, und das war jedesmal eine grosse Freude, wenn ein Auto überholte und der Windstoss kam. Da finde ich Hochfelgen und Speichen irgendwie sinnvoller.

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Jedes Zoll zählt
will man ab einer gewissen Beinlänge würdevoll sein Baguette balancieren - und da sind die Maße der Deutschen Herrenradindustrie oft begrenzt gewesen. So ein Rabeneick oder Falter oder Bauer sehen zwar wunderhübsch in ihren Details aus (man achte auf die Werkzeugdose), doch in Bewegung wirkt nur der gallische Weinhändler um die Ecke darauf einigermaßen herrschaftlich. Der schlanke Friese aus den Niederlanden setzt daher seit dem Vorkrieg auf den einzig akzeptablen Raddurchmesser: 28 Zoll. Mit der Farbigkeit ist es dann aber wie beim Ford T. Advantage Aphonso ....?

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Oh, das hier istz auch mit 28 Zoll gesegnet, das war Grundvoraussetzung beim Erwerb.

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In meiner Jugend
gabs noch 27-Zoll-Räder, die größer waren als die Standard-28er. Weiß nicht, ob das amerikanische Zoll waren im Unterschied zu englischen, aber die sind anscheinend ausgestorben.

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In meiner Jugend
gab es Bonanza-Räder. Mit denen konnte man auch ohne 28 Zoll elegant ein Baguette transportieren.

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Bonanza-Räder
waren sicherlich coool. Aber elegante Fortbewegung auf dem Rad ist doch was anderes, als auf dem Bananensattel zu sitzen wie der Affe auf dem Schleifstein. ;-)

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Ähm ja - das nun wirklich gerade nicht. Bonanza, das war nicht das, was ich mir unter einem tollen Rad vorstellte.

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Bei uns in Wanne-Eickel, nun Herne - Stadtteil Wanne, war das schon, was man sich unter einem coolen Rad vorstellte ;-)

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@strappato:
Ist vielleicht weniger regionalspezifisch, sondern auch altersabhängig. Mit Verlassen der Grundschule waren Bonanzaräder (am besten noch mit Fuchsschwänzen für den Lenker des künftigen Mantafahrers) bei uns völlig abgemeldet. Da musste es dann unbedingt das 10-Gang-Rennrad sein. Selbst wenns nur für ein No-name-Rad aus dem Wertkauf reichte.

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Ja, habe ich auch so erlebt. Mit 9 gabs das Bonanzarad, mit 13 das Rennrad. Staiger, rot, 10-Gang-Schaltung.

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Bonanza-Rad aber nur mit Fuchsschwanz hinten dran!

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...und mit Spielkarten, die mit Wäscheklammern so am Bonanza-Rad befestigt waren, dass es schön laut knattert! (womit jetzt vermutlich der Kreis zum Sunbeam wieder geschlossen ist ;-)

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Ay, was für ein Rad, sehr schön. Erhalten Sie es. Sollte es dann doch mal etwas Neueres sein möchte ich Ihr Augenmerk auf folgendes lenken:
http://gabrielbikes.com/
http://www.umbertodei.it/index.htm
und für die Dame des Hauses:
http://www.elfarad.de/seiten/elfenbein.php

Denn neu muss nicht stillos sein.

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