: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 8. Juni 2009

Noch mehr Freude machen.

Manchmal finde ich es seltsam, dass jene, die hier wohnen, in Urlaub fahren. Ich mein, mitten im Urlaubsgebiet, wo alle hin wollen, und dann fahren sie weg.



Heute jedoch habe ich es ihnen gleichgetan; ich erleichterte mein Konto um eine nicht kleine Summe und fuhr gen Norden, wo das Wetter besser, noch besser und der Antikhändler beim Verkaufen war. Sonntag ist Flohmarkttag, und ich werde wepsig beim Gedanken an die Schätze, die mir entgehen könnten. Irgendwo ist immer etwas, das ich brauchen könnte. Und die Inflation kommt bestimmt. Nicht aber bei jenem jungen Mann, der ein paar unbenützte Reste des grossväterlichen Ledergeschäfts verschleuderte:



Das sind Handschuhe aus Peccaryleder; eine bestimmte südamerikanische Wildschweinsorte, die das beste aller Leder für diesen Zweck liefert. Peccary ist weich, warm, elastisch und fast so unzerstörbar wie Tropenholz. Ich habe schon Peccaryhandschuhe. Auch nach 50 Jahren sind sie noch erstklassig, weich und wunderbar gealtert. Die hier sind mir zu klein; 7 1/4, aber einerseits waren sie lachhaft günstig, viel billiger als der alte, darauf vermerkte Preis von 51 D-Mark in einer Zeit, da man nicht nur goldene Anhänger hatte, sondern auch Topmodelle von Mercedes, die keine 50.000 Mark kosteten. Andererseits habe ich oft Beifahrerinnen, und für die Heizung im Sunbeam würde ich nicht garantieren.



Heute sind Peccaryhandschuhe nicht nur furchtbar teuer und ungewöhnlich, sie haben auch keine derartig netten Anhänger mit der altmodischen Schrift mehr. Innen - und das ist eigentlich ein Grund, der gegen ihre Verwendung spricht - sind dann noch Ratschläge zur Pflege. Für jene, was man damals vielleicht als "Gute Hausfrau" bezeichnete. Sollten sie doch benutzt werden, kann ich vielleicht das Schild wieder dran machen. Ein Schild, das viel sinnvoller als die Werbung mit all den tollen Namen ist, die man heute sonst an Bekleidung findet.



Ebenfalls in der Preisklasse der Kuchenstücke war das Jahrbuch der Alpenvereine von 1914 mit spannenden Neuigkeiten der Pamir-Expedition, Wanderrouten und dem ein oder anderen Bergsteigerlied. Man kann sich nicht vorstellen, dass die Leser ein paar Wochen später in den 1. Weltkrieg zogen, so warm, freundlich und lebensfroh sind diese Texte. Und dann war da noch eine Siegerplakette der VIII. Heidelberger Mitternachtsfahrt von 1964. Mitternacht in Heidelberg. Seit vier Stunden ward niemand mehr auf der Strasse gesehen, da kann man es krachen lassen. Autoplaketten sind übrigens auch so ein verschwundenes Kulturgut, seitdem jeder Depp mit Navi überall auch wirklich ankommt. Ausserdem, wozu noch Sternfahrten von Automobilisten, wenn ohnehin jeder ein Auto hat? Warum an den Besuch von Orten wie Garmisch oder Meran erinnern, wenn die Entfernung nichts mehr bedeutet? Abgesehen davon: Richtige Kühler haben Autos heute auch nicht mehr.



Das alles kostete so viel wie die drei Stück Kuchen vor dem Gewitter und dem abschliesenden Regenbogen, an dessen Ende zu wohnen ich netterweise das Vergnügen habe, um dort Dr. Karl Blodigs Bericht aus der Silvrettagruppe zu lesen. Da will ich hin. Und die Siegerplakette von der Heidelberger Mitternachtsfahrt wird am Kühler sein. Denn ich habe noch einen Kühler. Mit Messingverschluss und 80 PS dahinter.

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