Nach dem Einschlag
Der Kirch-Konzern hatte in den letzten Jahren seines Bestehens durch die Fragmentierung seiner Tochtergesellschaften enorme Überkapazitäten an Verkaufs- und Geschäftsentwicklungspersonal. Man stand sich gegenseitig auf den Füssen, und verwendete den Grossteil der Arbeitszeit für ein irrwitziges Kompetenzgerangel.
Solche Systeme bekommen schnell eine rasante Eigendynamik. Die Leitung des Konzerns fand jede Form von zukunftsgerichtetem Ausbau gut, weil die Gegenwart meistens nicht wirklich schön war. Es wurde eingestellt, was das Zeug hielt; am besten von den lächerlichen Marketing-Akademien des Landes, die dann Seilschaften entwickelten. Es wurden Posten vergeben und Karrieren hingelegt, die eigentlich nur aus neuen Visitenkarten bestanden. Fast täglich meldeten Kress.de und Horizont.net neugeschaffene Leitungsposten in neugeschaffenen Units.
Momentan bekomme ich im Brotberuf häufig Anrufe von irgendwelchen Kleinstklitschen, von denen ich noch nir etwas gehört habe. Fast immer irgendas mit Vertrieb von Medienprodukten, Marketing, Image Building, fast immer mit diesen witzigen 99er Namen: Blueirgendwas (Bei Liquide heisst eine abstürzende Firma Blue4Media), Blabla4irgendwas, dann aber auch Visions und, gerade wenn Frauen die Inhaberinnen sind, irgendwas Süsses, verspieltes wie Candyfasel oder Freshgeblubber. Aus irgendeiner Grossstadt, und meistens in einer loftigen New-media-Ansiedlungs-Meile.
Bevor man überhaupt weiter diskutiert, schaut man erst mal nach, wer das eigentlich ist. Und viele leitendes Personal dieser Agenturen haben einen Lebenslauf mit einer Station bei Kirch, als der Laden pleite ging. Dann eine Lücke, und dann ab 2003 eine eigene Firma. Wenn man dort anruft, geht immer die Chefin ran. Mitarbeiter erzählen, dass sie ja eigentlich nur frei hier arbeiten und oft nicht da sind.
Eigentlich müsste die Geschichte lauten: Nach der Pleite gefeuert, denn Saban hat in diesem Bereich gnadenlos aufgeräumt. Dann die Abfindung durchgeorgelt, arbeitslos gewesen, keine Stelle trotz der tollen früheren Position gefunden, sich so lange bei den Absagen mit dem Wort "überqualifiziert" den Bauch pinseln lassen, bis sie es geglaubt haben - und dann haben sie ihr eigenes Ding aufgemacht. Oft nicht in München, weil es da zu teuer ist. In allen grösseren Städten sitzen sie jetzt, die Ex-Kirchler, machen Kontakte über OpbenBC, geben Golf als Hobby an, und warten darauf, dass es besser wird. Vetreten die Interessen anderer Kleinstfirmen auf Provisionsbasis. Suchen nach einem Loch aus diesem Wirtschaftskreislauf der immer gleichen, immer vom Konkurs bedrohten Media-Creativ-marketing-Werbungs-Webdising-Branding-Szene.
Und klingen sehr schnippisch, wenn ich ihnen mitteilen muss, dass wir auf ihr Anliegen leider nicht zurückkommen werden. Ja, ich weiss, es ist ein gutes Angebot, aber im Moment, leider, nein, wirklich nicht, und auch in zwei Wochen wird sich unsere Position nicht grundlegend geändert haben, danke.
Solche Systeme bekommen schnell eine rasante Eigendynamik. Die Leitung des Konzerns fand jede Form von zukunftsgerichtetem Ausbau gut, weil die Gegenwart meistens nicht wirklich schön war. Es wurde eingestellt, was das Zeug hielt; am besten von den lächerlichen Marketing-Akademien des Landes, die dann Seilschaften entwickelten. Es wurden Posten vergeben und Karrieren hingelegt, die eigentlich nur aus neuen Visitenkarten bestanden. Fast täglich meldeten Kress.de und Horizont.net neugeschaffene Leitungsposten in neugeschaffenen Units.
Momentan bekomme ich im Brotberuf häufig Anrufe von irgendwelchen Kleinstklitschen, von denen ich noch nir etwas gehört habe. Fast immer irgendas mit Vertrieb von Medienprodukten, Marketing, Image Building, fast immer mit diesen witzigen 99er Namen: Blueirgendwas (Bei Liquide heisst eine abstürzende Firma Blue4Media), Blabla4irgendwas, dann aber auch Visions und, gerade wenn Frauen die Inhaberinnen sind, irgendwas Süsses, verspieltes wie Candyfasel oder Freshgeblubber. Aus irgendeiner Grossstadt, und meistens in einer loftigen New-media-Ansiedlungs-Meile.
Bevor man überhaupt weiter diskutiert, schaut man erst mal nach, wer das eigentlich ist. Und viele leitendes Personal dieser Agenturen haben einen Lebenslauf mit einer Station bei Kirch, als der Laden pleite ging. Dann eine Lücke, und dann ab 2003 eine eigene Firma. Wenn man dort anruft, geht immer die Chefin ran. Mitarbeiter erzählen, dass sie ja eigentlich nur frei hier arbeiten und oft nicht da sind.
Eigentlich müsste die Geschichte lauten: Nach der Pleite gefeuert, denn Saban hat in diesem Bereich gnadenlos aufgeräumt. Dann die Abfindung durchgeorgelt, arbeitslos gewesen, keine Stelle trotz der tollen früheren Position gefunden, sich so lange bei den Absagen mit dem Wort "überqualifiziert" den Bauch pinseln lassen, bis sie es geglaubt haben - und dann haben sie ihr eigenes Ding aufgemacht. Oft nicht in München, weil es da zu teuer ist. In allen grösseren Städten sitzen sie jetzt, die Ex-Kirchler, machen Kontakte über OpbenBC, geben Golf als Hobby an, und warten darauf, dass es besser wird. Vetreten die Interessen anderer Kleinstfirmen auf Provisionsbasis. Suchen nach einem Loch aus diesem Wirtschaftskreislauf der immer gleichen, immer vom Konkurs bedrohten Media-Creativ-marketing-Werbungs-Webdising-Branding-Szene.
Und klingen sehr schnippisch, wenn ich ihnen mitteilen muss, dass wir auf ihr Anliegen leider nicht zurückkommen werden. Ja, ich weiss, es ist ein gutes Angebot, aber im Moment, leider, nein, wirklich nicht, und auch in zwei Wochen wird sich unsere Position nicht grundlegend geändert haben, danke.
donalphons, 16:28h
Sonntag, 29. August 2004, 16:28, von donalphons |
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che2001,
Sonntag, 29. August 2004, 18:27
Das geht auch ohne Kirch
Ich erinnere mich noch an die Namen der norddeutschen NE-Firmen in Hypezeiten: Interzart 3 D Commerce (die wollten mich als Texter, aber mein Weg führte mich woanders hin), Impress (hatten eine besonders süße Marketingtanja, präsentierten einen Science-fiction-Zeichentrickfilm als Produktwerbung für ihre Middleware ("sehe Planeten mit hohem Softwareintegrationsbedarf! Fliegt raus, Jungs, und integriert!") und schmissen scghließlich ihr komplettes Vertriebspersonal raus, bevor sie Richtung seriöser IT-Dienstleister mit knallharter Kalkulation umstrukturiert wurden. Oder Wespe.de, met@box etc. pp.
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lorio,
Montag, 30. August 2004, 18:18
Wespe.de hat doch nur Domains verkauft (heute BCC.de). Wie passen die in die Ära Metabox? Bis jetzt haben die mir noch keine Domains auf Mars oder Jupiter verkaufen wollen ;-) Mehr Details, bitte.
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hella,
Sonntag, 29. August 2004, 18:28
OpenBC scheint sowieso eine hohe Dichte an Randexistenzen zu haben, die sich gegenseitig versichern, welche wichtigen Dinge sie so machen.
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donalphons,
Sonntag, 29. August 2004, 18:33
Ja, ich lese das im Moment, und bin manchmal sehr traurig, wenn ich dort von alten Bekannten lese. Ich verstehe nicht, warum sie sich das antun.
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jim,
Sonntag, 29. August 2004, 18:53
Die, die nach dem Loch suchen ...
Ganz Bloggerland ist voll davon.
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donalphons,
Sonntag, 29. August 2004, 19:05
Wie meinst Du das? Sex?Business Blogs? Blogs als Zeitvertreib für gefloppte Startupper?
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hella,
Montag, 30. August 2004, 00:08
Blogs als Zeitvertreib.
Um es mal ganz grob zu sagen: Wer als "Unternehmer" intensiv bloggt, lebt entweder davon (blog-provider, Autor) oder hat keine Aufträge. Wenn in den blogs dann noch zu lesen ist, dass der blogger in 3 communities á la OpenBC aktiv ist, dann fällt mir nur mein Lieblingdzitat ein:
Die Ich-AG ist zum Beispiel keine Alternative: Sie ist bestenfalls die als Held verkleidete Opfervariante des gescheiterten Kapitalisten
Dirk Baecker, Soziologe
Um es mal ganz grob zu sagen: Wer als "Unternehmer" intensiv bloggt, lebt entweder davon (blog-provider, Autor) oder hat keine Aufträge. Wenn in den blogs dann noch zu lesen ist, dass der blogger in 3 communities á la OpenBC aktiv ist, dann fällt mir nur mein Lieblingdzitat ein:
Die Ich-AG ist zum Beispiel keine Alternative: Sie ist bestenfalls die als Held verkleidete Opfervariante des gescheiterten Kapitalisten
Dirk Baecker, Soziologe
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donalphons,
Montag, 30. August 2004, 05:53
Vielleicht ist er auch nur ein gnadenloser Kommunikator. Ein Adabei, wie man in bayern sagt.
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hella,
Montag, 30. August 2004, 10:59
Adabeis schreiben in ihrem weblog nicht, dass sie jetzt mal für 2 Stunden einen Termin haben und der nächste Eintrag frühenstens in 3 Stunden zu erwarten ist.
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siggi,
Montag, 30. August 2004, 00:01
Wieso hab ich plötzlich so einen heftigen Waschzwang? Das stösst nen ollen Musiker irgendswie ab. Ich würd das Genre wechseln.
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pascalo,
Sonntag, 10. Oktober 2004, 08:17
Noch ein später ...
... hey, die "Backe"!
Hab ich auch mal gearbeitet und mich als Azubi ausnutzen lassen :(
Ich weiß wo ich nicht mehr arbeiten will. Ausserdem: die Räume hallen, und die Stöckelschuhe der Mitazubine machten eine gepflegte Unterhaltung über neue Programmiertechniken unmöglich. Und dann noch der brüllende Chef! Tzz tzzz
Hab ich auch mal gearbeitet und mich als Azubi ausnutzen lassen :(
Ich weiß wo ich nicht mehr arbeiten will. Ausserdem: die Räume hallen, und die Stöckelschuhe der Mitazubine machten eine gepflegte Unterhaltung über neue Programmiertechniken unmöglich. Und dann noch der brüllende Chef! Tzz tzzz
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