Real Life 14.6.09 - Was wurde eigentlich aus K.?

Und?

Schrecklich. Habe ich schon mal gesagt, dass der Lido in dieser Jahreszeit schrecklich ist?

Nun, vor ungefähr 20 Jahren bis du an Pfingsten zu uns an den Gardasee gefahren, um zu jammern, wie schlimm der Lido ist. Ausserdem hat dein Vater damals keinen Ferrari gemietet, um es dem blöden Protzapotheker aus der Schweiz gleich zu tun. Ich glaube, damals hat dich die Sparsamkeit deines Vaters mehr geärgert als das Klima.

Und dafür war bei euch die blöde K. aus G., und der R.. Wie kamen die überhaupt zu uns, und hast du das damals zwei Wochen nur ausgehalten?

Ich hatte mein Rennrad dabei, und ein paar weniger Vorurteile als heute. Bildung war mir noch nicht so wichtig. Ich ging in die Konzerte, in die man ging, aber Sonntag Mittag wäre ich damals sicher nicht auch noch zu Haydn und Pergolesi gegangen.



Was wurde eigentlich aus K.?

Reicht es, wenn ich sage, Hauptsache sie ist weg?

Aus irgendeinem Grund hat mich Mutter danach gefragt. Bei den meisten weiss ich es, aber K. ist völlig aus meinem Radar verschwunden.

Ich habe sie vor drei Jahren zufällig in München getroffen. Lehrerin an einem Gymnasium. Erstaunlich; eben jene, bei denen man sich immer fragt, was sie werden, weil sie so gar keinen Charakter haben und absolut keine Ausstrahlung und nur ein paar miese Adern - die werden Lehrerinnen. Die v. P. dagegen, die damals ihre beste Freundin war, hat doch noch die Kurve und einen arrangierten Mann bekommen.

Keine Cowboystiefel mehr?

Du musst lächeln. Die Cowboystiefel für v. P.. Als ihr 18 wurdet und jeder aus irgendwelchen Quellen mehr Geld hattet, habt ihr in den nächsten Jahren zusammengelegt und anderen ziemlich tolle Dinge gekauft. Das war eine Spirale der Verschwendung, eine Art Schneeballsystem. Die jüngere der K-Schwestern etwa bekam einen Fiat, entgegen den ausdrücklichen Wünschen ihrer Eltern. Keinen neuen Fiat natürlich, sondern einen älteren Uno, leicht gebeult und gerostet und nun wirklich das Allerletzte, was Herr K. in der Auffahrt sehen wollte. Er kaufte ihr dann doch ein richtiges Auto, und der Fiat wurde verschrottet. Es mag wie Verschwendung aussehen, aber damit hatten alle anderen die Argumentationsbasis, ihren Eltern ebenfalls den Kauf eines Autos nahe zu bringen. Bei den v. P.s war das überflüssig, Autos waren genug da und die Tochter hatte ein Alkoholproblem, weshalb sie keinen Führerschein machen durfte. Aber sie sollte massgeschneiderte Cowboystiefel bekommen. Als du klar sagtest, dass du es nicht als gegeben ansiehst, dieser Wohlstandsverwahllosung beizutragen, gab es Ärger und Streit. G. machte den kleinen Fehler, sich über deine Knickrigkeit zu laut zu beschweren, was mittelfristig dazu führte, dass ihre Eltern auf das lustige Treiben aufmerksam wurden. Dabei kamen noch andere, ebenfalls reichlich irre Ideen auf, und so endete der Tauschring, bevor du Geburtstag hattest und dich für etwas hättest bedanken müssen, was du selbst hättest erwerben können. Deine Beziehung zur G. war damit natürlich am Ende. Kein Schaden, ausser dem Problem, dass der Pfingsturlaub für alle längst geplant war. Ohne Rennrad wäre es noch unerfreulicher geworden. Glücklicherweise stand irgendwann Iris und die zweifarbig blaue S-Klasse vor der Tür. Iris hatte in einem der seltenen Anfällen von Pubertät ihre Eltern am Lido hatte sitzen lassen. In einer Zeit vor dem Mobiltelefon war vieles noch einfacher.

Keine Cowboystiefel mehr. Leitet jetzt einen Franchisemarkt einer gewissen Kette, den ihr die Familie überlassen hat.

Einmarsch der Musiker. Applaus. Verbeugung. Musik. Vergessen.

Montag, 15. Juni 2009, 01:15, von donalphons | |comment

 
merkwürdig, wie es ist, so aufgewachsen zu sein. so "connected". ich hatte auch cowboystiefel, schwarze mit roten applikationen, aber die hatte ich mir selbst gekauft, mitte der achtziger, und es gab dafür genau einen laden in der kantstraße, bei dem man amtliche kaufen konnte. für meine habe ich damals 150 dm bezahlt, selbst bezahlt. dann hatte ich zu der zeit noch dunkelblaue creepers aus wildleder, die hat ein befreundeter musiker aus london mitgebracht, die konnte man in deutschland nirgends kaufen, ein echtes experiment, aber sie haben gepasst. es waren schwere exemplare, eigentlich viel zu schwer für dünne fräuleinbeinchen, aber schön. blue suede shoes. in einer erinnerung verbindet sich all das mit dem geruch von einer wirklich großen menge haarspray für die tolle. heute ist davon nur der pferdeschwanz übrig geblieben, und niemand käme auf die idee, dass das alles einmal so war.

was aber aus den freunden und bekannten von damals geworden ist, frage ich mich nie. auch die anderen fragen sich das offenbar nicht. auf tauschringe wären wir nie gekommen. vielleicht deshalb.

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Das mit den Verbindungen hat sich eben so ergeben, durch den Aufstieg der Stadt und die Entwicklung des besseren - und des weniger guten - Siedlungsgebiets. Da kamen dann eben Leute im gleichen Alter und der gleichen Erziehung zusammen. Und was man wissen muss, erzählen auch heute noch die Eltern, die mehr mitbekommen. ich bin ja nicht so verknüpft, ich bin - mit Ausnahme von 2006/7 - nie völlig hier gewesen.

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