In der EU hergestellt

Man hört ja viel über all die bösen Verschwörungstheorien, die im Netz kursieren. So richtig froh kann man darüber natürlich nicht sein, selbst wenn sich manche Theorie am Ende doch nicht als ganz falsch herausstellt. Eine bestimmte VT hat es aber inzwischen zum Mainstream geschafft: Dass die Krise Deutschland gefällt, weil man über sie dem Kontinent ein neues Regime aufzwingen kann. Selbst, wenn es darauf hinauslaufen sollte: Ich glaube nicht, dass die Deutschen oben oder unten das wollen. Oder wollen können.



Es gibt da nämlich Aspekte, die klar dagegen sprechen: Das sind die wirtschaftlichen Folgen, die dieses Regime der Sparsamkeit haben wird. Das fängt schon beim Allheilmittel der Privatisierungen an, von dem so viel geredet wird: Das wird kurzfristig das ein oder andere Loch in den Staatshaushalten etwas stopfen. Nicht sehr natürlich, denn solche Massenverkäufe in Krisenregionen, die man schon von der Treuhand kennt, sind nicht wirklich lukrativ. Im Gegenteil, sie haben Folgekosten. Private Investoren werden die Käufe auf extreme Effizienz trimmen, mutmasslich oft genug mit dem Ziel einer Zerschlagung und einem schnellen Weiterverkauf, wie in der Private Equity Branche üblich. Dadurch entstehen soziale Kosten, die wiederum auf die Staaten durchschlagen, die ohnehin schon kein Geld mehr haben. Sollte man sie dann wieder retten, und das Land in Schwung kommen: Prima für die Investoren, die von der Gesundung profitieren, während der Rest der Bevölkerung allenfalls aus dem Loch kriecht, hinein in eine Welt, wo vieles privatisiert und teurer ist.



Wie so etwas in der Praxis läuft, steht gerade bei FT Alphaville, und ich frage mich schon, warum ich dafür nach England gehen muss: Solche Beiträge müssten eigentlich auf der ersten Seite der deutschen Medien stehen. Die Lücken bei den Krisenbanken anderer Länder werden schon jetzt von der Bundesbank gefüllt, und es wird niemanden besonders überraschen, dass die Verantwortlichen - eben jene Reichen, die als Systembegünstigte reich wurden und dann ihr Geld abzogen - danach wieder als Investoren aktiv werden. Grob gesagt, bezahlt die Bundesbank dem Klüngel dr PIIGS-Staaten teilweise ihren Raubzug gegen das Gemeinschaftsvermögen der Staaten, indem sie das System so weit am Laufen hält, dass es geschlachtet werden kann. Ob das Geld dennoch wiederkommt? Bei solchen Reichen? Ich denke mal eher: Nein.



Das nächste Problem mit solchen Privatisierungen sind gemeinhin weitere kostensparende Aktionen. Bei so einem Staatsbetrieb ist es kein Problem, als deutscher Minister zu kommem und Aufträge im Wert von xxx Millionen zugunsten der üblichen deutschen Exporteure zu vereinbahren. Man denke an den Starfighter-Skandal, an die Bestechungsversuche von Siemensmitarbeitern, an die Art, wie die Österreicher den Eurofighter bekamen. Ganz klassisch Politik als Fortsetzung der Korruption mit anderen Mitteln. Abschlüsse, bei denen auch langfristige Interessen mit hinein spielen. Das alles fällt weg, wenn ein Investor so schnell wie möglich hohe Profite erwirtschaften will. Die erste Arbeit nach den Entlassungen ist gemeinhin der Kampf gegen die Lieferanten und deren Preise. Und in den PIIGS-Staaten würde ich auch nicht darauf wetten, dass deutsche Exporteure da gerade ein leichtes Spiel haben, wenn es zum Gericht geht. Diese Exporteure, die für uns hierzulande angeblich so wichtig sind.



Dass sie auch nicht mehr so viel exportieren, wenn die Wirtschaft in den fraglichen Ländern in die Knie geht - geschenkt. Dass deutsche Produkte dann vielleicht durch billigere Alternativen ersetzt werden - absehbar. Dass dann der Ruf nach neuer Konkurrenzfähigkeit kommt - wahrscheinlich. Und dass es dann wieder heissen wird: Löhne und Leistungen in Deutschland runter, Subventionen und Steuerprivilegien rauf - da kann man Gift nehmen. Und wie das gehen soll? Nun, im unteren Bereich des Lohnniveaus kann man von der Freizügigkeit in der EU profitieren - hier mal ein schöner Beitrag darüber, wie im Baltikum die Probleme zuerst mal über Abwanderung reduziert wurden. Oder auch: Einwanderung in andere Arbeitsmärkte. Dafür können sie nichts, sie nutzen nur Chancen, profitieren tun sie nicht. So ist das mit der verknüpften, postnationalen EU: Das Forcieren der Krise in einem Land importiert die Krise in die exportierenden Länder zurück. Nicht unbedingt bei allen, aber am Ende so einer Sparsamkeitsrunde wurde an den einen gespart, was die anderen bekommen. Ich denke schon, dass diese Ideen manchen Deutschen gefallen - aber dieser Kampf ist nicht Deutschland gegen den Rest, sondern die Absahner und Profiteure gegen die meisten anderen. Es gibt überall Gewinner neben den Verlierern.



Um so etwas zu machen, muss man entweder geschmiert sein, was ich grosso Modo bei allen PIIGS-Regierungen und etlichen anderen in Paris und London annehmen würde, oder getrieben sein von der Angst. Was ich Frau Merkel unterstellen würde. Irgendwie muss das Geld geretttet werden, sonst dreht der deutsche Sparer durch, und wenn es dafür woanders drunter und drüber geht: Auch egal. Man tut gerade so viel, wie man eben tun muss, man opfert die anderen, wenn es sich anbietet, man negiert grosse Entwicklungem, bis sie einen überrollen, und man sieht auch nicht ein, dass der Feind nicht "die Regierung" oder "die Schulden" sind, sondern ein mafiöses Geschwür, das von Europa auf allen Ebenen mel mehr, mal weniger Besitz ergriffen hat. Das Problem ist die Umverteilungsspirale, zu deren Vehikel die Wirtschaft und ihr Wurmfortsatz der Politik verkommen ist. Da muss man ran.



Aber solange Briten und Iren ihren Zocker- und Steuerirrsinn schützen können, auch wenn sie dafür die Pensionskassen plündern, und dieses Deutschland nicht in der Lage oder Willens ist. sich dagegen durchzusetzen, muss niemand Angst vor Frau Merkel haben. Nur vor denen, die von ihrer Inkompetenz und Unschlüssigkeit profitieren.

Mittwoch, 7. Dezember 2011, 00:51, von donalphons | |comment

 
Der smallwars Artikel entlarvt sich doch selbst mit seinem konstanten Unterton ala "diese Germans wollen den US Einfluss auf Europäische Politik schmälern"

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Das war jetzt nur mal ein Beispiel.

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"aber dieser Kampf ist nicht Deutschland gegen den Rest, sondern die Absahner und Profiteure gegen die meisten anderen."
War es nicht immer so? Ich meine, es ist doch immer auch ein Problem, wie Handlungserfolge auf die Intention und die Motivation eines Landes zugerechnet werden, wie etwas angeschaut werden will. Da wird nicht unterschieden zwischen Profiteuren und Anderen. Und wie sich dann, international, ein Bild und eine Stimmung entwickelt. Irgendwann ist das dann festgefahren und man braucht nicht mehr nachdenken über die Ursachen. Dann is der Käs bissn.
Wir scheinen - und das ist bedenklich - auf dieser Ebene in Erklärungsmuster zu verfallen, die die kriegsähnliche Bedrohung erkennen aber nicht deuten können. Der Artikeltitel von Hudson, der Artikel in Smallwars, der Autor „Clausewitzexperte“(!). Nur wird die Ebene der Bedrohung und der ursächlichen Handlungen eigenartigerweise fast ausschließlich auf einer nationalen, wenn nicht sogar nationalistischen Beschreibungsebene formuliert. Hier bräuchte es wohl einen Paradigmenwechsel wie damals die Beschreibung der assymetrischen Kriegsführung um mal klarzumachen, daß die Staaten oder wie Hudson meint die Demokratie in einem Boot sitzen.
Daran besteht aber wenig Interesse. Fragt sich, woher das kommt.
Komische Zeiten.

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Nach England
muss man nicht unbedingt, um sich mal ein paar fundamentale Zusammenhänge in dieser Gesamtgemengelage zwischen Finanzmarkt-Mechanismen und Politik klarzumachen. Die aktuelle Ausgabe von "Lettre International" macht mit einem wie ich finde sehr guten Erklärstück dazu auf.

Nach der Lektüre möchte man eigentlich am liebsten, ach lassen wir das...

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Auch in diesem Blog ergibt sich nach einiger Zeit die Diskussion um den Umgang mit Kommentaren.

Wir möchten, dass auch die Kommentare für die Leser eine Bereicherung sind. Darum wollen wir sicherstellen, dass sich die Kommentare auf die Sache beziehen und es darin keine verbalen Ausfälle gibt. Deshalb geben wir in diesem Blog nicht jeden Kommentar frei.

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Ich hol mir schon mal das Popcorn...
Besten Dank, Hansi, das wird ein lustiger Abend.
Bis später!

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Tja, die Iren. Sind Kummer (und Schnee) gewohnt.
[...] It had begun to snow again. He watched sleepily the flakes, silver and dark, falling obliquely against the lamplight. The time had come for him to set out on his journey westward. Yes, the newspapers were right: snow was general all over Ireland. It was falling on every part of the dark central plain, on the treeless hills, falling softly upon the Bog of Allen and, farther westward, softly falling into the dark mutinous Shannon waves. It was falling, too, upon every part of the lonely churchyard on the hill where Michael Furey lay buried. It lay thickly drifted on the crooked crosses and headstones, on the spears of the little gate, on the barren thorns.
His soul swooned slowly as he heard the snow falling faintly through the universe and faintly falling, like the descent of their last end, upon all the living and the dead.
(J. Joyce, Dubliners)

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Sehr guter Artikel
Das ist gerade wieder so ein mediengesteuertes Ding und auf einmal geister das Schreckgespenst Merkel durch Europa. So wenig ich für Merkel überhabe, so dämlich finde ich die derzeitige Diskussion, als hätrte die Welt keine anderen Sorgen.
Es klingt fast wie Neid was da derzeit auf Euro-Ebene so geschwallert wird........
Whatever, warten wir mal die Rezession ab

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mich kotzt die kuenstliche aufrechterhaltung dieser bloedheitsepoche an.

ich habe all mein geld von der bank genommen. mir scheint dies mittlerweile der einzige weg. ein weg, der auch schnell in die koepfe der menschen hinein muss. ein volksentscheid sozusagen. 5 - 10 % aller buerger raeumen ihre bank....und morgen schon muessten echte antworten folgen.

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@miner: als Anwort würden die "Entscheider" in ihrer unendlichen Weitsicht die Banken noch mehr stopfen...

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Leitzins auf 1%. Das ist verschenkt.

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Im März dann 0,5%. Falls es sowas wie Zentralbanken dann noch gibt.

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