Von A nach B

Die Krise ist vorbei, wenn die World of Interior wieder so üppig wie 2007 ist, mit 250 oder mehr Seiten. Diesmal - die neue Ausgabe ist gerade gekommen - sind es nur 150. Und eine Geschichte beschäftigt sich mit einem dort bislang stets werbenden Kaminfachmann. Ein Sammler, ein Händler und ein Reproduzent alter Stücke, die vor der Krise enorm gut an den Mann zu bringen waren. So ein kamin musste damals einfach sein. Von 2008 bis jetzt sah es eigentlich so aus, als könnte den Händler und seine Werbung kein Wässerchen trüben, aber die ganze Geschichte ist jetzt - quasi als letzter Freundschaftsdienst - darin nachzulesen: Die 1400 Quadratmeter Ladenfläche stehen nicht mehr zur Verfügung, der neue Laden ist sehr viel kleiner, und seine gesamte Hauseinrichtung geht jetzt zu Christie's. Vieles verschwindet, nur die alte Hässlichkeit des Münchner Bahnhofviertels, wo ich das Magazin erwerbe, hat Bestand.



Die Probleme der WoI, sich mit Anzeigen zu füllen, und Geschichten zu finden, die nicht so traurig sind - das Titelbild ist ein Haus eines Müllsammlers - deuten darauf hin, dass trotz all der Beschwichtigungen irgend etwas bei den Vermögenden nicht mehr richtig funktioniert. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich in guten Zeiten ausreichend eingedeckt haben. Vielleicht ist da aber auch die Angst vor dem grossen Knall, so, wie er sich jetzt mit der Ratingabwerung von Ländern und Eurotettungsfonds andeutet. Wobei, gewarnt wurde vor dem weitgehend fremdfinanzierten und gehebelten Vehikel schon länger: Die Idee ist so dumm wie jeder dieser auf unrealistische Erwartungen hin konstruierten Fonds, und ich sehe auch nicht, wieso sich die Staaten andere Schiefer als Starnberger Zahnärzte einziehen sollten, wie sie nun mal bei ähnlichen Konstrukten für normale Vermögende häufig waren. Das AAA-Rating dieser Einrichtung war schon ein enormes Entgegenkommen. Jetzt ist es weg. Das wurde schon lange befürchtet, das wurde schon beim Zusammenschludern der Konstruktion vorgetragen: Die Politik wollte anders, sie wollte sich den Märkten und ihrem fehlenden Vertrauen unterwerfen, jetzt kommt dafür die Rechnung.



Nein, das waren keine Geheomnisse, nein, das war nicht am Anfang noch undenkbar, und weil man damit rechnen konnte, ist das Geschrei von Westerwelle und Co. pure Heuchelei: Man wollte das Vertrauen, man hat es nicht bekommen, und die Idee, es jetzt mit einer eigenen Ratingagentur zu erzwingen, klingt für mich mehr nach Altersruhgesitz für gescheiterte Neoliberalalas. Will der eine Markt nicht, sucht man sich halt einen anderen, in der Hoffnung, dass der einem mehr vertraut, und der Steuerzahler soll diese Abnickgremium bezahlen. Inzwischen pfuscht man nicht an den Symptomen herum, sondern an denen, die auf die Schäden durch das Herumpfuschen an den Symptomen hinweisen. Und das tun ausgerechnet jene, die das alles beschlossen, abgenickt und bildlich gesprochen, ihre neoliberalgelben Hinterteile dem Markt zum Hineintreten hingehalten haben. Über die Vorstellungen einer marktfaschistoiden Ratingagentur der FDP-Ideale muss man sich keine Gedanken machen: Dort wird dann Lohnzurückhaltung und Steuersenkung als Grundlage der guten Noten gelten. Für die FDP ist das der feuchte Traum: Weg von der wählbaren Lobbyistenkamarilla hin zur institutionellen Selbstbereicherungsagentur.



Es gibt für die Abwertung des Fonds allerbeste Gründe: Europa bricht wirklich auseinander. Deutschland produziert und exportiert am Anschlag, in den PIIGS-Staaten gehen die Lichter aus, Jugendarbeitslosigkeit, Enteignung, Griffe in die Rentenkassen, Verstärkung der Ungleichgewichte zwischen Arm und Reich, Technokratenregime, die das Elend als Druckmittel benutzen. AA+ bedeutet übersetzt auch nur: Deutschland wird am Ende schon zahlen können, hoffentlich. Der Unterschied zu AAA ist nicht der Zweifel, ob Deutschland zahlen wollte, sondern dann letztlich könnte, wenn es hart auf hart käme. Und die Begehrlichkeiten au dem Euroraum, schon jetzt Ländern wie Italien bezuspringen, sind offensichtlich. Bei so einem politischen Konstrukt auf Basis von Entdemokratisierung und gegenseitiger Beraubung und Umverteilung ist die Einschätzung, es könnte da ein paar Probleme mit einem gemeinam verantworteten Finanzkonstrukt mit fiesem Leverage geben, nicht ganz falsch. Nun ja.



Ich verlasse München, fahre an den See, und wäre es nicht so entsetzlich kalt bei uns, ich wäre länger draussen geblieben und hätte mir den Nachthimmel angeschaut. Man sagt, dass man mit blossem Auge vielleicht 6000 Sterne am Himmel sehen kann, aber die Kamera hat inzwischen eine bessere Auflösung, und mit etwas Filtern und Schrauben sieht sogar das Grossbild dieser eisigen Winternacht ganz eindrucksvoll aus. Hin und wieder sollte man daran denken, dass das Grosse, Ganze ein Spiralnebel ist, an dessen Peripherie... an den Finanzplätzen sieht man dieen Himmel nie, und deshalb nehmen sie sich dort so wichtig. Der Galaxis fällt der kleine Drecksplanet gar nicht auf, sonst hätte sie schon längt einen Räumkometen vorbeigeschickt.

Dienstag, 17. Januar 2012, 00:48, von donalphons | |comment

 
Das Schlimme ist nur, wer sollte noch Abhilfe schaffen?
Ich sehe weit und breit niemanden.
.
Ich für mich habe schon die Flucht ins Private beschlossen.
Sie fahren an den See und ich auf meinen Berg!

... link  

 
Ich empfehle zum Sterneknipsen die Wanderung auf den Berg, oder besser noch eine schöne Waldlichtung bei klarem Himmel und Neumond. Danach versteht man, warum es Milchstraße heißt.

Vielleicht gibt es demnächst ja wieder vernünftige Science-Fiction zu lesen, wenn schon das Hier und Jetzt so trübe ist.

... link  

 
Assoziation:
... schon ein paar Jahre alt:
"Per Anhalter durch die Galaxis":
.
Leider muss die Erde einer Hyperraum-Expressroute Platz machen und muss daher gesprengt werden.
Die Bewohner hätten sich ja informieren können - beim zuständigen Planungsamt auf Alpha Centauri ...

... link  

 
Man kann keine Abhilfe gegen strukturelle Krisen haben, ohne die Struktur als solche abzuschaffen oder grundlegend zu reformieren, was auf eine Abschaffung der alten Struktur hinausläuft.

Entweder das, oder man lehnt sich zurück, wartet ab und bereitet sich auf das unvermeidliche nächste Rattenrennen vor, denn das Leben hört ja nicht auf und das Ende des Einen ist nur der Anfang des Anderen, wie man an der Erfolgsstory diverser ehem. Funktionäre diverser komm. Parteien im ehem. Ostblock sieht, die schnell kapiert haben, wie die neuen Regeln lauten und sich nun als erfolgreiche Unternehmer darstellen oder sich zumindest nachhaltig ausreichend bereichert haben.

... link  


... comment
 
...das ist mir alles zu traurig, deshalb ein bißchen Schumann zur Aufmunterung:

Schumann -- 3. Sinfonie

http://youtu.be/ZmuH6HGOIIQ

... link  


... comment
 
Potzblitz, alter Gedankenleser.
Aber dass das mit dem EFSF keinen Sinn machte (wenn man sich mal den Korb der EUR-Anleihen danebenlegt) war wirklich von Anfang an klar; aber die Leute wolltens auch von mir nicht hören. Tja.

... link  

 

... link  

 
Noch. AA+ ist ja nicht schlecht. Trotzdem ist die nahe Zukunft nicht gnz rosig.

... link  


... comment
 
Jetzt habe ich gerade auf FAZ-net den Kommentar zu Niebel und den Artikel dazu gelesen ( erst dachte ich, auf dem Photo sei Bangemann).
Die gehören einfach weg! Wie so eine Clique binnen drei Jahren eine wichtige Partei zerstören ist fast schon strafbar !

... link  

 
wichtige Partei?
Wenn in der FDP einigermassen demokratische Zustände herrschen sollten, sind deren Mitglieder als Wähler dieser Nulpen zu einem gerüttelt Maß dran schuld das es soweit kam.

... link  


... comment
 
"die Kamera hat inzwischen eine bessere Auflösung"

Tuning-Maßnahmen oder andere Kamera?

... link  

 
Ich habe eine Samsung WB-690, die ganz erstaunliches kann (manchmal. manchmal auch nicht.)

... link  

 
Wirklich erstaunlich. Das Nachtbild lässt bei einer so kleinen Kamera auf eine echte Inselbegabung hoffen.
Die Pen würde sich meiner Erfahrung nach schwer damit tun. Wenig Licht, kein Bild. Es sei denn, man frisst sich durchs Menü, wählt abenteuerliche Zwangseinstellungen, baut ein Stativ auf und betet. :-)
Die Einstellungen sollen schon wohlgewählt sein, aber das fände ich fast nicht mehr im Sinne des gepflegten Rowdytums mit einer Fast-immer-dabei-Kamera.

... link  


... comment
 
Da saß ich heute Morgen so da, habe diesen Beitrag gelesen, und dann von meinem Arbeitsplatz, vom zwanzigsten Stock aus, nach diesem Gebäude auf dem ersten Foto gesucht, und es aus der Vogelperspektive sofort gefunden ;)

So ein Ausblick bei der Arbeit ist wirklich schön.

... link  

 
Ich sitze leider in einer Innenwabe. Aber aus der Kantine sehe ich das manchmal auch.

... link  

 
Naja, Nachkriegsmoderne anstelle von Historismusprunk.

... link  


... comment