: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 3. Januar 2012

Aber Fisch isst Du schon, oder?

Das ist sowas wie meine Lieblingsfrage auf meine Aussage hin, dass ich Vegetarier bin. Als sei eirgendwas, das im Meer lebt, kein Tier. In der Patristik gibt es im 3./4. Jahrhundert von mehralsnomalarschigen Kirchenvätern öfters mal die Frage, ob eine Frau jetzt nur minderwertig ist, oder gar als seeltenloses Tier bewertet soll. Daran erinnert mich diese erstaunliche Frage ein wenig.



Nein. Ich esse keinen Fisch. Das hat einerseits etwas damit zu tun, dass ich den Geschmack noch nie mochte. Dann aber auch mit der Art und Weise, mit der Fisch öfters serviert wird. Es gab im Altmühltal mal einen Gasthof mit Becken, aus dem man sich den Fisch heraussuchen konnte. Ich quengelte immer so lange, bis meine Eltern darum einen Bogen machten. Ich fand das pervers, und wenn ich bei Dallmayr bin, was inzwischen recht selten vorkommt, mache ich um das Fischbecken einen grossen Bogen. Fischmärkte am Mittelmeer sprechen mich auch nicht an.



Der Umstand, dass ich mal dabei war, wie jemand den letzten Fisch des Lebens ass, trägt auch nicht gerade dazu bei, Fisch zu schätzen. Der japanische Aal wehrte sich mit einer Gräte im Hals, das war ein ziemliches Spektakel und das brutal gekeuchte Ende einer Vorliebe für Fisch. Heute geht es der Person und allen Fischen gut, die sie nicht gegessen hat. Aber auch so habe ich eine gewisse Verachtung für Leute übrig, die mit Sushi angeben wollen. Man kann auch bei der Rinderzucht am Tegernsee mit den besten Voraussetzungen immer noch den Kopf schütteln, aber der Zynismus, der dem Wort Beifang innewohnt, ist nicht kleiner als die langen Leinen der industriellen Fischausrottung - so muss man das, was mit dem steigenden Bedarf von Meeresfisch in dem Meer fernen Regionen wie München verursacht wird, wohl nennen dürfen. Natürlich ist das Problem so weit weg wie der chinesische Sklavenarbeiter, der das Macbook zusammenschraubt. Das merkt man nicht so. Aber Fisch isst Du schon, oder?



Nein. Ausserdem hasse ich Angler. Sollten ein paar siffige Berliner Geldbussen erhalten, weil sie keinen Schein haben: Prima! Sollte die fette alte PR-Lachnummer, die ihre aufgequollene Fazialgegend bei einem Fastfooddrecksladen hinhält, Imageprobleme kriegen - schade, dass es nicht auch wegen der abartigen Hummerfresserei ist, mit der er sonst Idioten abzockt. Letzthin war ein Journalist am Tegernsee und schmierte Blödsinn über einen Bach, aus dem Kiesel und Fisch stammen sollten, die zusammen im Restaurant serviert wurden: Ganz schön peinlich reingefallen, der Mensch hat den besagten Bach schon vor längerer Zeit grösstenteils fischfrei gemacht, durch massive Eingriffe. So wird man verarscht, in den entsprechenden angeblichen Luxusrestaurants am See. Da kann die Pampe gar nicht teuer und schwermetallhaltig genug sein. Bei Fisch packt mich ein Eifer, den ich so eigentlich beim Fleisch gar nicht kenne.



Immerhin, ich nöle charmant. Ich bin durchaus freundlich, wenn es darum geht, Leute von den angesagten Fischrestaurants wegzulocken, zumal es dort für mich wirklich ausser einem Salat gar nichts gibt - das letzte Mal habe ich das vor 10 Jahren in einem alten Gasthof in Rheinland-Pfalz erlebt, jetzt kommt es durch die Fischmode wieder ins Klenzeviertel zurück. Und obendrein irgendwie bin ich auch froh, dass 2011 in dieser Hinsicht das Jahr einer gewissen, sagen wir mal, Bereinigung war: ich habe zwar kunstgeschichtlich ein gewisses Verständnis für Fischstilleben, aber ich bin nicht traurig, wenn ich deren Wiedererfindung in italienischen Restaurants nicht im Kopf stetig wegschieben muss.



Das sind dann so die kleinen Erfolge auf dem Weg von München zurück an den Tegernsee: Etwas weniger Fischverbrauch, zumindest an diesem Abend. Irgendwie sind wir so weit, über die Jagd auf Wale die Nase zu rümpfen. Da kann man wenigstens noch sagen: Gefangen und getötet wird der Wal, und sonst nichts. Aber die Ausrottung von Thunfisch, Hai und Dorsch, sei es nun für den Gewinn oder weil es halt anfällt, das ist in Ordnung. Das gilt irgendwie als Alternative zum Fleischkonsum.

Immerhin, ich vermute mal, ich bin der bessere Unterhalter gewesen, als die Frustfresse, die unbedingt in diesen Fischladen wollte. Kann also sein, dass sie wieder mit mir ausgehen und den kalten Brocken das nächste Mal dahein lassen.

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