Es sind die Kurven

Kurven unterbrechen die Geraden des Aufstiegs, Kurven ändern den Blickwinkel, Kurven öffnen neue Wege, und an Kurven erkennt man den Fortgang der Dinge. Fällt man dann in sie hinein, kippt das Bild nach rechts oder links und zerren die Fliehkräfte in Richtung Abgrund, lebt man vielleicht ein wenig mehr als sonst. Es sind nur Sekunden. Man vergisst irgendwann vielleicht die langen Geraden und die teilweise enorme Höchstgeschwindigkeit, das Rauschen der Luft und den Druckausgleich in den Ohren, aber nicht die Kurven. Es waren viele Kurven. Und jede einzelne hat den Druck von meinen Gedanken genommen. In der Kurve gibt es nichts anderes. Das ist wie Luftholen nach langer Zeit unter Wasser.





Irgendwann ist es auch gut damit, man hat nicht so viel Adrenalinvorräte im Körper und am Ende schmerzen Arme und Hände, auch wenn es nur 20 Minuten sind. Nach der Aufregung ist das Denken so langsam, als wären die Synapsen in Gelatine eines schweren Obstkuchens, die Heimfahrt allein reicht schon als Belastung aus, mehr braucht man gar nicht, der Rest funktioniert irgendwie über das Rückenmark. Am Brenner, hinter der Grenze dann Totalausverkauf bei einem Laden mit Radkleidung. Warum nicht etwas Belohnung, sagt man sich frohgemut und Trikots kann man schliesslich nie genug haben.





Ich habe übrigens diesmal aus Italien kein Rennrad mitgenommen.

Das möchte ich nur lobend erwähnen. Weder Schuhe noch Rennrad.

Sonst heisst es wieder, ich würde das nur wegen der Belohnung machen. Ich mache das hauptsächlich wegen der Kurven und um auf andere Gedanken zu kommen, ich wäre gern ein wenig dümmer und das geht nicht anders. Ich habe den Körper eines aus einem Stier geklonten Bauerns, ich bin robust und ziemlich unzerstörbar, ich falle in Abgründe und rase durch Stacheldraht und es geht weiter: Leider zieht der Kopf nicht mit. Zumindest manchmal. Dann habe ich dieses unangenehm zersetzende Hirn und kann gar nicht anders, als es mit spitzen Formulierungen gegen mich selbst zu wenden. Und Fragen zu stellen. Da lenken Kurven perfekt ab, viel besser als neue Schuhe und alte Rennräder.





Dass im Schaufenster dieses Ladens aber eines hing und das schnell weg musste, dafür konnte ich nichts. Ich habe eigentlich auch nur nach dem Preis gefragt, sonst hätte ich mich gleich wieder selbst hinterfragt und das kann es ja auch nicht sein. Also, ich war auf österreichischem Boden und habe es hier dann genommen und so kam das eben, dass ich diesmal wirklich kein Rennrad aus Italien mitgebracht habe, sondern nur Sehnsucht nach Kurven und einigen Tagen der angenehmen Denkfaulheit. Wie man ja sieht, wenn ich so etwas behaupte wie "kein Rad aus Italien".

Montag, 23. September 2013, 21:59, von donalphons | |comment

 
Wie haben Sie das Rad transportiert, auf dem Gepäckträger?

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Da passen sogar drei drauf!

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Ist schon eine etwas zwiespältige Sache , so eine Kurve.
Kurven an sich sind schon schön , nur die zwangsläufig erforderlichen Schräglagen dabei müssen beherrschbar sein.
Die Crux beim Kurvenfahren ist ja , - man muss diese Kurven analytisch gradlinig anschwingen , sonst bleibt nur ein Schluck Wasser für die Rettungskräfte.

Und dasß fast jeder Rennfahrer instinktiv versucht sich eine Kurve (und mag sie noch so schön sein) in kleinere Geraden einzuteilen (Ideallinie) ist auch irgendwie komisch.
Aber maybe das ist ja die eigentliche hohe Kunst des Kurvens.

Bleibt die Frage , - was sind eigentlich Kurven , und wenn ja , - wieviel ? ;-)

http://img96.imageshack.us/img96/9079/csbe.jpg

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Ja, aber diese Ideallinie ist doch ein schönes Beispiel für die Schizophrenie der Menschen.

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Schizophrenie ist ja eigentlich kein Krankheitsbild, sondern eher eine Bereicherung für's Publikum (Wärter sind auch Publikum). Streng markenwirtschaftlich gesehen hat's da nicht unerheblichen Mehrwert
2 for 1 (mindestens). Hey.
Multipler Persönlichkeits-Rabatt beim Einkaufen , - Treuepunkte war'n gestern.

Obwohl , neulich unter Einsatz aller meiner mir zur Verfügung stehenden Persönlichkeiten (ca.41) versucht bei MÖBEL MARTIN einen Fiat 500 zu gewinnen , verlosungstechnisch.
Nix war's. Nada.
Noch nicht mal für niedere Gewinne ( Motiv-Sitzschale , Sanitärbereich) hat es gereicht.
Auf ein Entschuldigungsschreiben warten wir bisher noch vergeblich.

Oh ,einer meiner Berater (ich) weist gerade auf die angeblich erheblche Unterschiedlichkeit bzgl.'Schizophrenie' vs.
'dissoziative Identitätsstörung' hin , - aber das ist wohl wieder eine dieser üblichen Verschwörungen...

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Ein Simoncini hätte mich unlängst auch beinahe in Versuchung geführt. Aber in weiser Voraussicht bin ich nicht mit dem Auto zur Rennradbörse in Rommerskirchen gefahren, sondern mit dem Rad.

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Was ist daran, wenn ich fragen darf, weise?

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Weise ist es, sich nicht über die Beschränktheit der Möglichkeiten zu grämen, es wird da draußen immer mehr schöne Räder geben als ich grade kaufen kann (und will). Zudem ist der Platz im Keller etwas beschränkt, da hätte ich dann ernsthaft überlegen müssen, mich entweder vom Mercier oder vom Olmo (dem ja noch die Stattelstütze fehlte, wegen der ich überhaupt zu diesem Event nach Rommerskirchen geradelt bin) wieder zu trennen.

So hat sich die Frage gar nicht gestellt, ich kann ja meinen Hintern eh immer nur jeweils auf ein Rad schwingen, und daher hatte ich beispielsweise auch seinerzeit nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben, weil ich das Lager von dem Typen in ****weiler nicht besichtigt habe, bei dem ich dieses eine ältere Carbonrad für Dich abholte.

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Während der WM waren hier tausende schöner Räder zu sehen.
Sei es von Besuchern, die mit ihren Schätzchen kamen, sei es auch als Schaufenster-Dekoration in Geschäften aller Art.

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Auf den Pässen waren wenige. Rauf hat mich einer überholt und runter auch und entgegen kamen vielleicht 5 oder 6.

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Kurvenradeln = Eskapismus?

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Ja, absolut.

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"ich wäre gern ein wenig dümmer und das geht nicht anders.
.
Es müsste bei Ihnen aber funktionieren, wenn Tucholsky Recht hat:
"Der Vorteil der Klugheit ist, dass man sich dumm stellen kann; das Gegenteil ist schon schwieriger."

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Im Außenverhältnis geht das sicherlich, in der Innenperspektive dürfte es
- zumindest längerfristig - schwer fallen.

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@jeeves: ich fürchte, ein großer Teil der Beraterbranche beweist täglich, dass Tucholski unrecht hat. Jedenfalls schaffen sie es meist so lange, bis sie im nächsten Projekt sind. Der Kunde hingegen realisiert nicht, dass die nachteiligen Folgen der umgesetzten Ratschläge erst ein, zwei Jahre später eintreten werden, und holt sich dann meist wieder "kluge" Berater.
Richtig dumm, in jeder hinsicht, ist es, wenn auch die Entscheider beim Kunden diese Strategie verfolgen.

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Wer in Ihrem Beispiel ist der Dumme, der sich "klug" meint? Doch wohl nicht der clevere Berater/Betrüger, der sich erfolgreich verkauft.
Der sich nur klug meinende Kunde/Käufer wird verarscht, ergo hat Tucho Recht.

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Das Problem ist halt, dass dumm stellen gar nicht das Thema ist. Es ist mehr die innere Selbstkritik, die man überwinden muss. Und da hilft es, wenn man wenig denkt.

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Der Dumme kann gerissen sein, clever, bauernschlau, you name it, und so manchem Klug erscheinen. Dumm dran sind dann beide, und die Mitarbeiter sowieso.

Was die innere Stimme angeht, da ist in der Tat manchmal "einfach tun" angesagt und keine Diskussion mit dem inneren literarischen Quartett. Wobei man als Wenigdenker dann schnell in schlechter Gesellschaft ist, denn die wahrhaft "Dummen" werfen ja dann um aufs Tempo zu kommen gerne mal ein Ritalin oder gar Schlimmeres ein, wie man so hört.

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"schlimmeres" hilft auf jeden fall um das literarische quartett im gleichschritt marschieren zu lassen ;)

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