Die kürzerste Nacht des Jahres,

niemals ist das Licht, das Morgengrauen näher, und unten im Kasernenhof hat sich eine kleine Gruppe zu enttäuschender Zukunftshoffnungen versammelt, an einem Biertisch, und ihr Gekicher und die Wortfetzen dringen herauf auf die Dachterasse. Sie sitzen nicht allzu oft da unten, es gibt nicht viele Gelegenheiten durch den Druck, das Studium möglichst schnell zu absolvieren. Selbst die Freizeit ist bei denen teilweise organisiert, die Parties werden zu Events, bei denen sie Marketing üben. Das ist die Zukunft, wahrscheinlich auch an den Unis, bei denen ich war, in den Fächern, die damit nichts zu tun hatten und sich im Kampf um Awareness längst auch an diesem Eselsrennen in das hohle Gequatsche beteiligen, bis sie dann vielleicht ihren Artikel auf der SPON-Hochschulseite bekommen.



Da unten ist die Zukunft gerade im Freeze Mode, sie sitzen einfach so da, ohne die Willingness 2 do something 4 Career, die bei ihnen laut der Welt, aus der ich komme, immer abrufbar sein sollte. Es gibt diese Nacht bestenfalls vier mal während ihrer kurzen Zeit hier, und einmal lernen sie gerade für ihr viel zu frühes Diplom, mit dem sie dann, gerade mal 23 Jahre alt, eine Welt erobern wollen, die trotz Globalisierung und dem ständigen Bedarf an Conquistadores nicht unbedingt auf sie gewartet hat. Ausser vielleicht als Trainpersonal oder Hilfstruppen.

Denn da draussen hat sich die Welt gewandelt. Internet-Marketing und eCRM, zu Beginn ihres Studiums noch die Zukunft des Faches, sind heute so gut wie tot, die Spezialisten dafür sind beim Arbeitsamt. Kein Grund zum Mitleid, auch nichts anderes als die armen Schweine in NRW in ihren Bergwerken, eine sterbende Branche, mit dem kleinen Unterschied, dass dem Kumpel kein Papa den Verlegenheits-MBA in der Schweiz bezahlt. Oder dass sich die Elitesse durchringt und trotz der Ödnis von Testaten und Buchprüfung mit diesem Schwerpunkt noch einen Master dranhängt, auch wenn das so überhaupt nichts mit dem tollen Beruf mit Afterwork und Wachstumshype zu tun hat, den sie sich zum Beginn des Studiums erträumt hat.

Vielleicht kommen sie dennoch irgendwo unter. Es ist nicht wirklich schwer, denn der globalisierte Markt hat sich auf sie eingestellt. Die Gruppe der Career Starter, die früher zwischen 25 und 27 Jahre alt war, ist jetzt eben zwischen 23 und 27 Jahre alt. Ihre Zahl hat sich mal eben verdoppelt, aber die Opportunities sind gleich geblieben. Also hat man aus einer festen Stelle zwei Praktikantenjobs gemacht, und verlangt das einfach mal zum Berufseinstieg. Manager, tss, in München allein soll es etwa 6000 bis 8000 mehr oder weniger arbeitslose, ehemalige Führungskräfte geben, die meisten trauen sich nichts aufs Arbeitsamt und hoffen auf ihr Netzwerk und auf die Stellenanzeigen in der FAZ. Da sieht es für Neulinge nicht gut aus, und wenn doch, dann nur zu Sonderkonditionen. Marktwirtschaft, Baby, Angebot und Nachfrage, und Sozialstaat, Baby, kein Kind und Familie und es ist keine soziale Härte, dich zu feuern, und gerade im mittleren Management, wo du hin willst, gibt es noch eine Menge Einsparpotentiale.

Das ist nicht neu, aber bis vor vier Jahren konnte man noch gründen und von Chancen träumen. Vor vier Jahren erzählte mir einer da unten im Hof was davon, dass sie eine enorm hohe Gründerquote haben. Heute geht es nur in die Sackgasse der "Flandering Phase" "Floundering Period", der Zappelphase mit 100 bundsweiten Absagen, die so gar nicht zu den Career Days passen wollen, die an den Unis abgehalten werden. Die Wirtschaft belügt sie alle. Sie sagt: Wir helfen den Unis bei der bedarfsgerechten Ausbildung - und meint: Schafft uns eine üppige Auswahl, we take the best, was ihr mit dem Rest macht, ist euer Problem. Sie sagt: Verkürzt die Studienzeiten, und meint: Wir brauchen eine mobile, anspruchslose Reserve, die die Schnauze hält, um überhaupt irgendwas machen zu dürfen. Sie sagt: Orientiert euch an der Praxis, und meint: Nehmt uns die Kosten der betrieblichen Bildung ab. Sie sagt, die Unis müssen das im globalen Wettbewerb tun, präsentieren ihre dinkelbraunen Quoteninder und die Haarspray-Killerin aus der HR mit Westküsten-MBA als die Rollenmodelle der Zukunft, die mit schöner Regelmässigkeit scheitert, wie man an so gut wie jeder M&A-Studie sehen kann.

Und inzwischen jammert die Wirtschaft - zurecht, übrigens - über die mangelnde Qualifikation der Turbostudenten. Nicht allzu laut, denn ein Bachelor-Depp gibt immer noch einen akzeptablen Prakti ab, und Basic Competences wie Kaffe kochen kann man auch von IPO-Spezialistinnen erwarten. Da unten glauben sie an das Rennen der Besten und daran, dass sie hier auf der richtigen Startbahn sind, aber in Wirklichkeit wird sie nachher der selbe, aufreibende Verteilungskampf treffen, der uns in den nächsten Jahren bevorsteht, und man kann nur hoffen, dass sie es intern mit der ganzen unsolidarischen Härte tun, die sie sich im Kampf der sich für die Besten haltenden angeeignet haben. Zweifel gibt es nur in den ersten Semestern und später mal, wenn eine Firma die Übernahmezusage nicht eingehalten hat, aber selbst das wird nicht offen kommuniziert.

Irgendwann werden sie sich mit dem Sachbearbeiterposten in der Kreissparkasse abgefunden haben. Was dann zumindest der sichere Arbeitsplatz ist, der nach ihrer früheren Ideologie nur bedingt einer Eigenkapitalrendite von 20% auf einem globalisierten Markt und seinen stets optimierten Mechansmen zuträglich wäre. Zum Glück versteht der Mittelständler, mit dem sie dann zu tun haben, davon nichts.

So gegen ein Uhr packen sie dann unten zusammen und gehen in ihre kleinen Wohnungen. Allein, versteht sich.

Mittwoch, 22. Juni 2005, 17:31, von donalphons | |comment

 
"Flandering Phase". Klingt immer noch besser als Flandern Anno 1915.

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Öps - vor allem klingt es nach Verschreiber

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Der als Wortursprung herhaltende Flachfisch besitzt jedenfalls ein Profil, das sich für die berufliche Zukunft der skizzierten Jungakademiker nur als vorteilhaft erweisen kann.

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Es heisst "floundering period"... Und der das Flachmachen besorgen die da schon, und wenn nicht das Studium, dann der Markt.

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Zeitenwende
Für uns war Studieren eine Lebensform, zu der ständig Parties feiern, Haschisch rauchen, auf Demos gehen, mit dem Rucksack durch exotische Länder reisen und öfter wechselnde Sexpartner haben naturwüchsig dazugehörten, ein Student/eine Studentin ein eigener Menschentypus, der eher abenteuerlich und aufmüpfig veranlagt war. Der Einstieg ins Berufsleben geschah jenseits der 30, durch finanzielle Notwendigkeit erzwungen. Doch im Gegensatz zu den Elitessen und Jungkarrieristenspusis sitze ich auf der richtigen Seite des Schreibtisches.

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Mit viel, viel Glück. Wie viele andere auch, mich eingeschlossen.

@floundering: "Früh krümmt sich". Jaja. Ich hasse diesen Satz. Und Möchtegern-Jungkarrieristen, die sich diesen zueigen machen und sich plätten lassen.

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Schreibtisch: Da, wo der rote Knopf ist, der die Falltür unter den Bewerberstühlen aufgehen lässt: "Ach, eine Frage noch, was halten Sie eigentlich vom historischen Materialismus?" "Ah, Geschichte hatte ich nicht, aber natürlich ist es gut, den Materialismus aus der Geschichte heraus zu legitimieren..." (Grinst immer noch blöd, als er schon mit 9,81m/shoch2 in Richtung Fische fällt)

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Genau. Stuhlgewitter unter der Falltür. Der Sturz als inneres Erlebnis. (Jünger werden und herunter kommen sie immer.)

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Aber den Witz begreifen sie doch gar nicht, weil Jünger als Managementliteratur nicht die Brand1-Barrierefreiheit für hirnloses Verstehen hat.

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Reicht doch, wenn wir nach den Vorstellungsgesprächen darüber intern beim Glenmorange schwadronieren können. Ob die Elitiker wohl gestählt genug sind, um an Alligator Control vorbeizuschwimmen?

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Vielleicht,
Meine Lieben, vielleicht
Feiern sie auch nur?
Einfach so
Und so.

Und vielleicht
Sieht die Studienzeit im Rückspiegel
Etwas anders aus
Als aus der Perspektive des Sportfernsehens:
"Mittendrin statt nur dabei".

Aber daß,
Und da haben Sie verdammt recht,
jeder alleine nach Hause geht,
ist eine bodenlose Frechheit,
eine Mißachtung der Mittsommernacht
Wie aller anderen Nächte,
Die nicht nur zum Schlafen und Studieren da sind.

Und noch ein vielleicht,
Ein fragendes, zaghaftes,
Sind die sogar glücklich dabei?

Wie ich?

(Man verzeihe mir mein ellenlanges Geschwafel - das Lernen auf die "Technische Mechanik III", während ich im Freibad über Beine, Brüste und Biere philosophieren sollte, bringt mich noch ganz durcheinander.)

Gruß
Texas-Jim

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Texas-Jim: gute Ingenieure, die Technische Mechanik, Festigkeitslehre & Co. beherrschen, braucht man immer. Auf diese künftigen Mittel(maß|klasse)manager kann man eingentlich größtenteils verzichten. Die "besten" unter ihnen drängen irgendwann mit Ideen über merkwürdige Patientenportale, Arztpraxisfernsehen und Spamversand auf den Markt und das alles brauchen wir nicht wirklich.

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Hier geht es gegen Blender, die sich für gaaaanz toll halten. Leute, die schlicht fleißig sind oder ihr Studium aus materiellen Gründen straight und ohne Ablenkung durchziehen müssen, haben damit nichts zu tun.

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Ich habe die von Don A. beschriebene Klientel noch vor meinem Auge:
Nach der Abiturfeier, spät abends, stehen sie da und schwafeln groß von der Zukunft. Denken, dass Papis Konto das Allheilmittel ist. Glauben, dass sie mit ihrem 3,5er-Abitur und den LKs Deutsch und Geschichte echt was geleistet haben.
Ich (Naturwissenschaftler/Ingenieur, gefragt auf dem Arbeitsmarkt) stand schon damals daneben und fragte mich, wie so etwas substanzloses was werden soll. Meine Frage war berechtigt. Die Welt ist doch gerecht ! (ja, der letzte Satz trieft vor Schadenfreude)

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Da muss man sich mal vor Augen halten, welchen Status die BWL früher hatte. Zu meinen Abi-Zeiten hiess es noch: Wer nichts wird, wird Wirt, wer garnichts wird, Betriebswirt.

Demensprechend gab es einen der Wirtschaft studieren wollte, dann aber Wirtschaftsing.

BWL war früher was für Leute wie Dieter Bohlen. Loser, die regelmässig auf dem Nachhauseweg eine Tracht Prügel einsteckten und ihre Oma vorgeschickt haben.

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Gibt es...
...in eurer Welt eigentlich auch Studenten dieser ach so "substanzlosen" Fächer, die etwas wert sind? Deren Leistungen vielleicht doch irgendwie hilfreich, notwendig oder gefragt sind und sein werden? Mit deren Ideen ihr eure sicher hervorragend konstruierten Maschinchen etc. besser oder überhaupt erst verkaufen könnt? Die eure Bücher führen und die Projekte so finanzieren, dass Investoren ggf. lieber bei euch als bei anderen "Schmieden" einsteigen?

Fahrt mal nach Asien und verkauft denen was. Im Zweifel braucht es dazu gewisse "Fertigkeiten", die bei euch unisono unter B wie "blenden" laufen. Oder auch einem deutschen Manager. Im Zweifel lässt der sich auch blenden. Kein Idealzustand, aber Realität.

Und dann werft ihr jungen Menschen vor, sich an diese Gegebenheiten anzupassen, weil sie durch- und vielleicht irgendwie weiter (hoch) kommen wollen?! Mein Wort drauf, ihr sitzt auch nicht "auf der richtigen Seite des Schreibtisches", weil ihr die Geilsten, Gebildedsten, Substanziellsten, "Richtigsten" seid. In dem Sinne wart auch ihr Mitläufer. "Demos", "Sex mit vielen wechselnden Partnern", "Drogen nehmen" - alles die Moden der 68er. Heute ist auch mode, nur anders und das passt euch nicht. Leider.

Und ja, ich bin einer von "denen". Etwas älter und ohne "Turbo" im Werdegang, aber zufrieden - und das ohne dicke Autos, Connections von Papi oder 2.000-Kontakte-OpenBC-Netzwerk.

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3,5er-Abitur und den LKs Deutsch und Geschichte - sorry, aber das beschreibt mich ziemlich treffend, also vorsicht :-)

Nero, ich habe ein paar Jahre, vielleicht die turbulentesten Jahre in einer der schnellsten Regionen der Welt verbracht, und das dauernd mit dem Spruch "Ich hab ja keine Ahnung" oder "Ich bin nur Kulturhistoriker" auf den Lippen. Niemand wollte mir glauben, alle haben das nur für Gerede gehalten, obwhl ich nachweislich keine Ahnung von Wirtschaft habe. Das Irrs, das Du sicher auch mal selbst erleben wirst ist: Allenfalls die Sachbearbeiter und Mittelständler glauben an die Vernunft der Wirtschaft und an korrekte schwarze Zahlen, der Rest liefert sich ein durchgeknalltes Rennen um versteckte Gewinne, unerreichbare Renditen und absurden Geschäftszielen, die sich regelmässig nur mit Mobbing, Hochficken und innerbetrieblicher Korruption erklären lassen.

Und es ist denen ganz oben fucking egal, welche Abschlüsse jemand hat und ob er was von Wirtschaft versteht. Oder von dem Fachgebiet, in dem er arbeitet. Das betrifft sogar mein Gebiet, den Journalismus. Momentan geht es vielen von denen dreckig, klar, aber bei nächster Gelegenheit sind sie sofort wieder da.

Und was Asien und verkaufen angeht: Davor hat das Schicksal die Hermesbürgschaft oder das Joint Venture gesetzt. In beiden Fällen hilft nicht blenden, sondern banales Schmieren an der richtigen Stelle. Mal abgesehen davon, dass Asien entgegen der Hurra-Schreierei der einschlägigen Medien ein Markt ist, in dem das Wort "Bonität" so gut wie nicht bekannt ist.

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Das beschreibt nicht nur Don. Ich habe bisher nur einen Menschen kennengelernt, der ein schlechteres Abi hat als ich: Meine Frau. Obwohl ich kein BWL oder Medizin studiert habe, fragen mich Pharmaunternehmen, wenn sie eine ökonomische Evaluation ihres neuen Produkts haben wollen. Für meine Angetraute hat es immerhin zu einer A16-Stelle als Beamte gelangt.

Aber es hat sich einiges in den letzten 20 Jahren verändert. Mit einem Abitur von > 3,0 kann man heute nicht einmal Germanistik studieren: Zum Wintersemester 2004/2005 brauchte man in Köln einen Abiturdurchschnitt von 2,5 für ein Magisterstudium Germanistik. Die Universität Hamburg hatte so viele Bewerber, dass der lokale NC auf 1,6 kletterte. Nur in den Spitzenunis Paderborn und Greifswald war das Fach zulassungsfrei. Demnächst soll man in den Unis vorsprechen und ein möglichst interessanten Lebenslauf vorweisen - mit 18! Es wird also Leistung gefordert, ohne das diese Leistung hinterher in Form von Arbeitsplätzen honoriert wird. Man darf sich hinterher in die Heerscharren von unbezahlten Praktikanten einreihen, ohne Aussicht auf einen festen Job und ein wenig Planungssicherheit. Ein gewisser Unmut ist da verständlich.

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Ich schätze es ja immer, von Menschen zu hören, deren Abi zumindest teilweise noch schlechter ist als meins. 1995 hat es noch knapp für einen Studienplatz gereicht, aber fragen Sie nicht, wo.

Ob es um den Untergang des "Studiums als Lebensform" mit Rebellenpose und Joint wirklich schade ist, wage ich vorsichtig zu bezweifeln. Als durchaus Außenstehende fehlt mir da sicherlich jegliche Innensicht, aber dieses Milieu ist mir nie als weniger zwanghaft erschienen als die Welt der golfspielenden Jurastudenten mit dem Großkanzleitick. Mir scheint manchmal, es handele sich lediglich um die Anpassung an einen anderen Mainstream. Dass der Durchschnitt der Geisteswissenschaftler Mitte der Achtziger gebildeter sein wird, als der Durchschnitt der Betriebswirte 2005 unterstelle ich einfach einmal als selbstverständlich. Ob sich hinter den fachspezifischen Besonderheiten und dem Wechsel des vielleicht auch vordergründigen Habitus wirklich flache, unkritische Persönlichkeiten verbergen, weiß ich nicht, und kann es mir eigentlich kaum vorstellen: Sie hätten, meine Herren, mich in der zweiten Hälfte der Neunziger vermutlich auch irgendwo antreffen können, und sich verabschiedet in der Annahme, einer entsetzlich stromlinienförmigen Jurastudentin mit ekelhaft glattem Lebenslauf begegnet zu sein. Vielleicht sieht auch diese Pose aus der Nähe betrachtet ganz anders aus.

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Unter den golfspielenden Jurastudenten gibt es sicher auch ein paar ganz eloquente und gebildete Exemplare, denen Standesdünkel eher fremd ist.

Gerade das unterscheidet die "Nach-68er" von den heutigen Studenten und Absolventen. Wenn ich es mal aus meiner Sicht sagen darf: Wir haben uns nicht in Schubläden stecken lassen, und stecken andere auch nicht in Schubläden. Wir wären nie auf die Idee gekommen, uns zu fragen, was man abends anzieht, wenn man in Friedrichshain unterwegs ist und nicht nach Kreuzberg aussehen darf. Anpassung und Mainstream gibt es immer, aber es darf den Blick aufs Wesentliche nicht versperren und soll das Leben einfacher machen und nicht alles komplizierter.

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Liebe Modeste,

@ "Ob es um den Untergang des "Studiums als Lebensform" mit Rebellenpose und Joint wirklich schade ist, wage ich vorsichtig zu bezweifeln. Als durchaus Außenstehende fehlt mir da sicherlich jegliche Innensicht, aber dieses Milieu ist mir nie als weniger zwanghaft erschienen als die Welt der golfspielenden Jurastudenten mit dem Großkanzleitick." - Stimmt, genau über das Thema habe ich einen in größeren Strecken satirischen Roman geschrieben, der demnächst erscheinen wird. Dieses Milieu war durchaus in der Lage, Leuten, die die feministische Schreibweise nicht auch im Alltagsgespräch mitsprachen (also Groß I und klein mensch statt "man" usw.) in Schauprozessen wg. "Verbalsexismus" die soziale Ächtung zu erklären. Dieses Milieu hatte unglaubliche Macken und ging mit sich selbst teilweise wirklich grausam um. Und ich war stets interner, derbe spottender Kritiker dieses Milieus und meinte das mit dem politischen Kampf so richtig ernst, für mich war gerade das eben keinb Studententrip und keine Attitüde.

Aber das Entscheidende ist etwas Anderes: Studium war zu meiner Zeit(1984-1993) neben dem Fachlichen eine auf ein knappes Jahrzehnt befristete Zeit kreativer Muße, in dem man die Zeit hatte, mit dem Leben zu experimentieren, sich in neuen sozialen Milieus, Lebenslagen und Beziehungen auszuprobieren und, getreu Humboldts Bildungsideal , sich darum zu kümmern, eine vielseitig gebildete Persönlichkeit zu werden, wozu eben nicht nur Fachwissen, sondern Herzensbildung, soziale Kompetenz, Lebenserfahrung und bei mir besonders auch Interkulturalität gehörten, insofern gehörten meine Frankreich-Ägypten-und Portugaltrips für mich als sozusagen praktische soziokulturelle Exkursionen voll mit ins Programm, eine Trennung von Studium und Freizeit gab es für mich nicht, das stellte alles eine Einheit dar. Ob Leute diese Art von Studium als prägendem Lebensabschnitt mit eigener Subkultur nun in der linken Szene, im Yuppie-Zeitgeist-Milieu, in einer Burschenschaft, einem Kreis gemeinsam auf abenteuerliche Exkursionen mit Tauchgängen etc. gehender Zoologen oder einer Gruftie-Clique verbrachte, ist dabei zweitrangig: Fakt ist, dass uns Angebote zur Ausgestaltung des eigenen Lebens und zur Entfaltung der Persönlichkeit zur Verfügung standen, wie sie die Enge des heutigen studentischen Lebens nicht mehr bieten kann.
P.S.: Die 68er Revolte habe ich aus der Perspektive des die Demos live und den Vietnamkrieg im Fernsehen betrachtenden 4-6 jährigen mitbekommen. Auf eine eigenartige Weise prägt das sehr intensiv, aber ich will auf keinen Fall mit den 68ern über einen Kamm geshoren werden.

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Jaja, die gute alte Zeit der Alt-88er; damals, als ich zu Abizeiten noch mit Jackett ins Nürnberger KOMM gewetzt bin in der Annahme: egal, was du anhast - die Einstellung zählt. Bis mir mal irgendwann bei einem Konzert ein Punk vor die Füße gespuckt hat...

Was die Abinoten angeht, so hat mich gerade in den letzten beiden Schuljahren eine akute Sinnkrise davor bewahrt, mit doch mal einem klein wenig Lernen diese 13 durchlangweilten Jahre abzuschließen und den Traum meiner (nach dem Prototyp der Therese Krumbholz entworfenen) MonsterFrau Mama zu erfüllen, mit dem Einsnull-Abi ihres Sohnes herumprahlen zu können. Das hat mir dann schon mit 19 das Gefühl einer gebrochenen Biografie vermittelt, und damit habe ich mir dann die Folgejahre versaut. Bis heute träume ich gelegentlich nachts davon, mein Abi nachholen zu müssen. Letztendlich hat mich das alles wohl nur vor irgendwelchem Karriere-Irrsinn bewahrt. Wenn ich z.B. an die beiden FlachwichserFachkräfte denke, die mich vor einem Jahr in Alt-Moabit jobinterviewt haben, und gleich darauf den Blick durch das Büro schweifen lasse, in dem ich schließlich für fast das doppelte Geld gelandet bin, bestätigt dies mal wieder meine Erfahrung, daß formelle Qualifikation für nicht allzuviel mehr als den Eintritt taugt - diese Art der Qualifikation ist umso wichtiger, je weniger "Entscheider" Qualität beurteilen können.

Und Juristen würden wohl genauso häufig auf die Interviewfrage "Sind Sie stromlinienförmig?" hin entrüstet verneinen wie seinerzeit Passanten auf die Frage "Sind Sie heterosexuell?"

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Auf Deinen Roman, Che, bin ich ja sehr gespannt. - Ob das heutige studentische Leben aber tatsächlich eng ist, vermag ich aus meiner begrenzten Perspektive wohl nicht abschließend zu beurteilen. Dass der Erwerb von Interkulturalität und Lebenserfahrung etc. etwas mit der Dauer eines Studiums zu tun haben, kann ich mir indes kaum vorstellen. Ich habe nach acht Semester abgeschlossen, und wäre gar nicht auf die Idee gekommen, länger zu studieren, in diesen knappen vier Jahren war zumindest in meiner Erinnerung eine Menge Zeit für exotische Seitenwege und abseitige Veranstaltungen wie Kirchenrecht, römisches Recht oder die Staatstheorie, die ich aus pragmatischen Gründen niemals zum im Lebenslauf ausgewiesenen Studienschwerpunkt gemacht hätte. Die Praktika in Osteuropa und Südostasien haben mir einiges über die Relativität der eigenen Vorstellungen vermittelt, und die Schule des Herzens besucht man ja ohnehin selten tagsüber.

Und, Herr Booldog, die meisten Juristen, zumindest die formal gut qualifizierten, sind intelligenter und smarter dazu, als Sie es sich vorstellen können und vermutlich auch wollen. Verneinen würde dies wohl nur der, der die Anpassung an den gesellschaftlichen Mainstream als einen grundsätzlichen Charakterfehler oder Ausweis individueller Dummheit ansieht. Warum Anpassung grundsätzlich weniger wertzuschätzen sein soll als Rebellion oder Verachtung, mag mir indes nicht recht einleuchten: Die Welt in ihrem gegenwärtigen Zustand mag ein ungerechter Ort sein, gleichwohl sind ihre Einrichtungen und Mechanismen hinreichend unterhaltsam, um sich keine andere Welt- oder Gesellschaftsordnung zu wünschen. Welchen Sinn es haben soll, gegen Wände anzurennen, die man auch umgehen kann, ist mir nie so recht deutlich geworden.

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Ich bin auch durch diese linke Szene gegangen, aber für mich war neben allgemeinem gegen AKWs, prügelnde Bullen und für soziale Gerechtigkeit Sein ausschlaggebend, dass die Linken die besseren Parties feierten und den besseren Musikgeschmack hatten. Das Dock 4 und das JUZI machten einfach mehr Spaß als die Glitzerdisse oder der Verbindungsball. @strappato: Und das mit der Ungezwungenheit stimmt, jawohl!

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Mein Kommentar zielte nicht darauf ab, dass alle Deutsch-Geschichte-3,5er ausnahmslos Verlierer sind. Bestimmt nicht. Ich will auch nicht sagen, dass man als Ing. irgendwie besser ist und auf Verkaufstalente keinen Wert legen muss. Linkige licht- und kontaktscheue Ingenieure sind wahrlich nix Tolles. Ein Ingenieur, der sich heutzutage nicht vor die versammelte Kundschaft stellen kann, um sein Produkt wortgewandt und eloquent zu verkaufen, hat ebenfalls ein Problem.

Ich wollte vielmehr anklagen, dass die von mir angesprochene Personengruppe in großen Teilen das Leistungsdenken schon im Frühstadium (nach dem 3,5er Abitur eben) ad acta gelegt hat und dachte, der Aufschwung zieht mich mit - egal, was ich mache. Zur Not helfen Papis Beziehungen und sein Bankkonto nach.

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Liebe Modeste, der Seitenhieb auf die Juristen bezog sich auf die Stromlinienförmigkeit, ebenso wie sich die Frage der formellen oder nicht-formellen Qualifikation auf meine eigene Domäne bezieht, die, wie Du weißt, mit der Juristerei wohl nicht allzusehr vergleichbar ist. Es ist mir jedenfalls noch nie mit einem Nichtjuristen passiert, daß ich auf einer Party ein harmloses Detail aus meiner mehrfach gebrochenen Biografie enthüllt habe und daraufhin von meinem Gesprächspartner einfach stehengelassen worden bin. Auch putzig ist das nervöse Lidzucken bei Juristinnen, das ich regelmäßig beobachten kann, wenn ich mein Alter verrate.
"Vorstellen wollen" klingt ja gerade so, als würde ich es darauf anlegen, eine Lebenslüge zu zementieren. Und meine Kritik an der Angepaßtheit, die ich - Moment, kurz nochmal mein Posting überfliegen - genau, eigentlich gar nicht thematisiert hatte, würde ich höchstens so formulieren, daß mich die Arroganz der Angepassten wie auch der Nichtangepassten anwidert - denn meistens nimmt einem das Leben diese Entscheidung ab und man kann weder groß etwas dafür noch dagegen.

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Und @kay: Berufssöhne und -töchter haben in der Regel kein 3,5-Abi. "Nurture" nennt man das.

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Und, Herr Booldog, die meisten Juristen, zumindest die formal gut qualifizierten, sind intelligenter und smarter dazu, als Sie es sich vorstellen können und vermutlich auch wollen.
Den fachbezogen höchsten Durchschnitts-IQ - den ich problemlos schlage - stellen die Physiker. Und in der Tat habe ich noch keinen Juristen getroffen, von dem ich vermute, daß er da - an den Durchschnitt - heranreicht. Bitte um Belegexemplare zur Begutachtung.

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Ach, Herr Booldog, was ist schon Intelligenz im rein formalen Sinne - das Leben ist keine Veranstaltung, in der es darum ginge, Rätsel zu lösen oder Fragebögen zu beantworten. Und der Sinn für das fließende Leben, die Fähigkeit, den Stier zu reiten, bedarf der Intelligenz, aber eben nicht nur der Intelligenz. Meine persönliche Intelligenzausstattung schätze ich (ich habe niemals einen Test gemacht - wozu auch) als eher mittelmäßig ein, der an diversen Fakultäten von Zeit zu Zeit vernommene Eindruck, als Jurist sei man ein bornierter und arroganter, gern auch ein wenig dämlicher Zeitgenosse, ärgert mich aber doch regelmäßig mehr, als er mich belustigt. Ob ich die Meinung auch ernstnehme, hängt natürlich ganz vom Urheber ab, und Physiker sind regelmäßig nicht diejenigen Menschen, die auf meiner Skala der ob ihres Unterhaltungswertes meist geschätzten Gesprächspartner einen der vorderen Plätze einnehmen. Und dann, wenn Intelligenz nicht in Unterhaltungswert umschlägt, handelt es sich doch um eine im wesentlichen sinnlose Veranstaltung.

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I didn't start the fire! ;-)

Nun gut, was den Sinn und Unsinn von Testintelligenz und den Unterhaltungswert von Physikern angeht, sind wir uns wohl vollkommen einig. Und, nebenbei bemerkt, der intelligenteste - und unterhaltsamste - Stier, den ich mir ausmalen kann, ist einer, der in die Arena trottet, in deren Mitte einen riesigen Haufen defäziert (vgl. "bullshit") und verrichteter Dinge wieder davontrottet (Deines schön zu lesenden Corrida-Beitrags unbenommen).
(Der Schachweltmeister Aljechin - den ich übrigens zu meinen Lieblingsjuristen zähle - hat einer Anekdote zufolge anläßlich einer Simultanveranstaltung im Zustand der Volltrunkenheit - "pissed", wie der Angelsachse sagt - ein vergleichbares Verhalten an den Tag gelegt. Aber ich schweife ab...)

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Und ein Fach, das sich u.a. auch mit Kafka und Serner ziert (die es allerdings gehaßt haben), kann nicht ganz verkehrt sein...

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quite not on topic
Ist jemand auf der Mailingtage 2005 ?

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@nero: "Demos", "Sex mit vielen wechselnden Partnern", "Drogen nehmen" - alles die Moden der 68er.

Nö, nicht meine Generation, die Moden der 81er bis 88er in Unistädten wie Bremen, Oldenburg, Göttingen, Marburg, Gießen, Freiburg. Und ansonsten kann ich mich meinen beiden Vorrednern nur anschließen.
Ach ja: Abi mit Note 3.0, später Prädikatsdiplom und magna cum laude, hätte ich heute wohl keine Chance mehr, mein damaliges Studium starten zu können.

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Hätte ja nie gedacht...
...dass ich mich mit einem NRW-2,2-Abi mal befriedigt seufzend zurücklehnen können würde :o) Ihr seid echt eine aufbauende Gesellschaft. Allerdings sind dafür meine Leistungen im Studium nix mit magna oder summa sondern einfach nur cum geblieben.

@don
Ich verstehe, was du meinst. Allerdings glaube ich, dass die Schwachstelle der "Jungen" -also meiner selbst und meiner Generation- woanders liegt. Instinktiv erkennen wir, wie es abläuft. Wir sehen uns konfrontiert mit Praktikanten, die Ihren Vertrag über Vitamin B bekamen und einfach nur hohl sind, mit Kommilitoninnen, die sich nach ihrem Praktikum so lange vom Partner knallen lassen, bis sie ihren Job haben, weil ein Coming Out sowas von desaströs würde. Von Chefs, die ganz sicher keine Leuchten sind, aber trotzdem immer und immer weiter klettern. Von gegelten Investmentbankern, die meinen, dass ihr neues Zertifikat DAS Ding für Anleger ist, obwohl sie damit dieselbe Scheisse wie immer in neuer Mixtur verkaufen. Das ist unsere Welt. Und unser Problem ist, dass wir kaum noch rebellieren, sondern stattdessen adaptieren. Genau das führt zu diesem Nachwuchs, den du da runtermachst. Ich glaube, nicht die Leute sind dir zuwider, sondern die Tatsache, dass sie nichts mehr verändern wollen und daher in den Hades hinabsteigen, um Teil davon zu werden...

Hört sich alles verdammt altklug an, ich weiss. Habs aber so wie es hier steht am eigenen Leib erfahren und erlebt - alles. Aber das ohne Vitamin B von anderen, ohne Karriereficken und immer mit angemessener Leistung. Ich werde aus genau dem Grund nie CEO, CFO oder sonstwas mit "C" werden, aber das geht völlig in Ordnung so.

Die Frage ist nur, ob man "uns" nicht eher Mut machen sollte. Ich denke, einige könnten es durchaus mal als Motivator brauchen - mich eingeschlossen.

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Auch wenn mir dazu erstmal nichts Anderes einfällt als ein aufmunterndes virtuelles auf-die-Schulter-Klopfen, kommt das zumindest von ganzem Herzen!

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@ modeste: Den Roman kannst Du gerne vorab bekommen. Was "Die Welt in ihrem gegenwärtigen Zustand mag ein ungerechter Ort sein, gleichwohl sind ihre Einrichtungen und Mechanismen hinreichend unterhaltsam, um sich keine andere Welt- oder Gesellschaftsordnung zu wünschen. Welchen Sinn es haben soll, gegen Wände anzurennen, die man auch umgehen kann, ist mir nie so recht deutlich geworden." angeht - nun, ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass der westliche Wohlstand, den wir so genießen, mit Leichenbergen in anderen Ländern bezahlt wird, dass noch jeder deutsche Odachlose zugleich Ausbeuter der Dritten Welt ist, und ich habe das Elend solcher Länder mit eigenen Augen gesehen. Und deswegen wünsche ich mir eine andere Welt- und Gesellschaftsordnung, fände ich mich mit dem Vorhandenen ab, könnte ich auch gleich Zuhälter oder Auftragsmörder werden.

Ok, und dann muss ich sagen, gibt es auch eine Art Erotik des Widerstands, und ich bin so ein Heraklit-Typ, der nicht leben kann, ohne für oder gegen irgendetwas zu kämpfen.

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Auch bekannt als "Chés Heraklit-Platte"! ;-)

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@Nero
Kopf hoch. Dazu gehört auch, dass Sätze wie: Ich werde aus genau dem Grund nie CEO, CFO oder sonstwas mit "C" werden verschwinden müssen. Es geht nicht um die Cs auf der business card. Es gibt Positionen, in denen man viele Cs ganz schön in den A.., treten kann. Um die gehts.

@che
Und diese Positionen sind es auch, in denen man Wände nicht nur streicheln kann, sondern auch ein paar Werkzeuge in die Hand bekommt.

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@booldog: Die müsste ich mal wieder zubereiten, ist eine heiße und sehr würzige Platte, auf der zugleich alles fließt.

@strappato: 100 % ACK!!!

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Dass, Che, ist wohl wirklich eher Temperamentsfrage. Ich habe die Welt nie ändern gewollt, mir hat es immer gereicht, sich dem fließenden Wasser zu überlassen. Dass diese Wirtschaftsordnung ungerecht ist, ist mir dabei völlig klar. Ich würde einen Großteil der Analysen von Globalisierungskritikern unterschreiben, aber die Vision einer gerechteren, besseren Welt übt auf mich keine besondere Attraktion aus. Fasziniert hat mich immer das Sinken, die Melancholie des Niedergangs in fragiler Eleganz und bröckelnder Schönheit. Der dieser Position innewohnende Zynismus ist mir selbstverständlich bekannt., und gehört zu den Widersprüchen dieses Lebens, die ich nicht auflösen kann.

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Ich persönlich möchte nicht, dass man Sohn irgendwann vor den Trümmern steht und fragt: Warum hast du dem Bröckeln zugesehen?

Klingt ziemlich abgedroschen, aber motiviert. Wenn ich so vom Schreibtisch rausgucke, auf Koppeln und Pferde, dann wäre es Schade, wenn das alles durch Rezession, Umweltfrevel oder nur durch Dummheit zerstört würde.

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Das, liebe Modeste, musst Du ja auch gar nicht. Dein Blog heißt ja schließlich auch nicht "Manie Furiosa", und wahrscheinlich würdest Du gut ins Fin de Siecle oder nach Rom kurz vor dem Hunnensturm oder ins China der späten Ming-Zeit hineinpassen. Die düstere Romantik, die Liebe zum Abgründigen teile ich auch, sonst würde mich Dein Blog nicht so ansprechen. Aber mich faszinieren eben auch die Utopien, und mein Temperament ist das eines Kämpfers. So ganz frei von Zynismus bin ich dabei auch nicht, und in der linken Szene galt ich manchen sogar als Opportunist und furchtbar unmoralisch.

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Die Melancholie des Niedergangs - hm.

Eine Urgroßmutter, die sehr schön gewesen sein muß, eine fescher k.u.k.-Offizier, mit dem sie elegant zu Pferde durchbrennt, ein von einem Patienten mit Polio infizierter Urgroßvater, der im Rollstuhl zurückbleibt und das gar nicht romantisch findet; ein Großvater, der dadurch keine Kindheit hat und sich begeistert den Nazis anschließt; ein Vater, der zum Gefühlskrüppel wird, und wiederum dessen Sohn, der um jeglichen familiären Kontext betrogen ist.
Niedergang ist ein Fluch - "bis ins dritte und vierte Glied", wie es im Alten Testament heißt, und schön als vollzogener Prozeß nur für Außenstehende wie Wohnungsauflöser und Antiquitätenhändler. Schön sind die Gobelins, die alten Stiche aus dem 18. Jahrhundert an der Wand in einem unbeheizten und fast unbewohnten Haus, schön sind die polierten Jagdgewehre im Waffenschrank - und die alte Wehrmachts-Luger, die sich der Enkel immer wieder gerne von Zeit zu Zeit durchgeladen an den Kopf halten würde, um spielerisch das Lebensbejahende seines rechten Zeigefingers auszutesten.

(Gott, was bin ich heute wieder für'n pathetischer -- Knallkopp...)

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Wie ich sehe, hattet ihr einen anregenden Tag mit netten Gesprächen (ich hatte was anderes zu tun, ganz im Sinne von Voltaire meinen Garten zu bestellen, thailändischer Tempel-Basilikum, ihr versteht) :-)

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Ah! Che sciagura d'essere senza basilico! :-)

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