Die Skalpe meiner Feinde - Eyn Vorschlag
wie zu servieren sey der Spargel bey einer Lesung mit schwarzen Gedanken allhie auff dem Gottsacker:
Ich bin kein Christ. Trotzdem kenne ich diese Religion, zumindest was den Katholizismus angeht, besser als die meisten Christen. Ich habe ihre Kirchenväter gelesen, deren Bücher nach heutigem Verständnis klar verfassungsfeindlich sind. Ich kenne die Schriften, die mir aus Sicht der Kirche, im Prinzip bis heute, jedes Recht bishin zum Leben absprechen. Ich kenne die Debatten, ob eine Frau nun schon ein Tier oder noch eine Sache sei. Und wenn ich über die zersprungenen, abgeschliffenen Porphyrplatten laufe, die mit viel Geld an die Pfaffen und Betschwestern übergeben wurden, um das Andenken eines Menschen zu bewahren, weiss ich auch, wer der grösste Versicherungsbetrüger aller Zeiten ist.
Ich stehe dieser Schlechtigkeit mit der kühlen Betrachtung des Wissenschaftlers gegenüber. Und ich weiss, dass ich, der ich vor wenigen Jahrzehnten noch als ein Erzfeind gegolten hätte, heute Zeuge des letzten Kapitels ihres Niedergangs sein darf. 1900 verfluchte Jahre haben sie uns in Büchern gehasst, als Pöbel getreten und mit dem Segen der Oberen ermordet - wer das nicht weiss, kann den Luxus nicht empfinden, heute ungestraft, ohne mit Tritten und Steinen gejagt zu werden, die Reste des sterbenden Kolosses zu betrachten. Andere nehmen seine Stelle ein, die braunen Mordbanden, und die mittrabenden Schönbohms und Schäubles dieses Landes, in der einen Tasche den Scheck des Waffenhändlers und in der anderen das Handy, das hoffentlich irgendwann einmal die Bundeswehr dirigiert, im Inneren, gegen Missliebige; kein Wunder, dass sie sich in der Tradition des Ungetüms sehen.
Aber das ist vorbei. Ich kann es recht leidenschaftslos betrachten, in seinen letzten Zügen, im Wissen seiner Geschichte. Nur manchmal. Da überkommen mich diese Gedanken. Diese bitterbösen, fiesen Gedanken, von denen sie lange Zeit gedacht haben, unsereins könnte sie tatsächlich denken. Ja, wie wäre es denn. Heiliger Märtyrerspargel. Gedünstet, auf einem geschwungenen Teller mit Goldrand, ein klein wenig geriebenes Sauerkraut als Silber und ein Lauchblatt als Banderolen, schwimmend in goldener Bechamelsosse. Auf einer Rokokotischdecke. Wahlweise als Chrysostomos-Rippchen oder als Brustknochen der 1000 Jungfrauen zu interpretieren. Ein himmlischer Geschmack und ein höllisches Vergnügen, Satan, meines Elends Dich erbarme.
Morgen beginnt, um zum eigentlichen Thema zu kommen, die Spargelsaison. Die Zutaten bekommt man auch, wenn man am Sonntag nach Pfaffenhofen (sic!) auf den Flohmarkt fährt.
Ich bin kein Christ. Trotzdem kenne ich diese Religion, zumindest was den Katholizismus angeht, besser als die meisten Christen. Ich habe ihre Kirchenväter gelesen, deren Bücher nach heutigem Verständnis klar verfassungsfeindlich sind. Ich kenne die Schriften, die mir aus Sicht der Kirche, im Prinzip bis heute, jedes Recht bishin zum Leben absprechen. Ich kenne die Debatten, ob eine Frau nun schon ein Tier oder noch eine Sache sei. Und wenn ich über die zersprungenen, abgeschliffenen Porphyrplatten laufe, die mit viel Geld an die Pfaffen und Betschwestern übergeben wurden, um das Andenken eines Menschen zu bewahren, weiss ich auch, wer der grösste Versicherungsbetrüger aller Zeiten ist.
Ich stehe dieser Schlechtigkeit mit der kühlen Betrachtung des Wissenschaftlers gegenüber. Und ich weiss, dass ich, der ich vor wenigen Jahrzehnten noch als ein Erzfeind gegolten hätte, heute Zeuge des letzten Kapitels ihres Niedergangs sein darf. 1900 verfluchte Jahre haben sie uns in Büchern gehasst, als Pöbel getreten und mit dem Segen der Oberen ermordet - wer das nicht weiss, kann den Luxus nicht empfinden, heute ungestraft, ohne mit Tritten und Steinen gejagt zu werden, die Reste des sterbenden Kolosses zu betrachten. Andere nehmen seine Stelle ein, die braunen Mordbanden, und die mittrabenden Schönbohms und Schäubles dieses Landes, in der einen Tasche den Scheck des Waffenhändlers und in der anderen das Handy, das hoffentlich irgendwann einmal die Bundeswehr dirigiert, im Inneren, gegen Missliebige; kein Wunder, dass sie sich in der Tradition des Ungetüms sehen.
Aber das ist vorbei. Ich kann es recht leidenschaftslos betrachten, in seinen letzten Zügen, im Wissen seiner Geschichte. Nur manchmal. Da überkommen mich diese Gedanken. Diese bitterbösen, fiesen Gedanken, von denen sie lange Zeit gedacht haben, unsereins könnte sie tatsächlich denken. Ja, wie wäre es denn. Heiliger Märtyrerspargel. Gedünstet, auf einem geschwungenen Teller mit Goldrand, ein klein wenig geriebenes Sauerkraut als Silber und ein Lauchblatt als Banderolen, schwimmend in goldener Bechamelsosse. Auf einer Rokokotischdecke. Wahlweise als Chrysostomos-Rippchen oder als Brustknochen der 1000 Jungfrauen zu interpretieren. Ein himmlischer Geschmack und ein höllisches Vergnügen, Satan, meines Elends Dich erbarme.
Morgen beginnt, um zum eigentlichen Thema zu kommen, die Spargelsaison. Die Zutaten bekommt man auch, wenn man am Sonntag nach Pfaffenhofen (sic!) auf den Flohmarkt fährt.
donalphons, 13:11h
Freitag, 21. April 2006, 13:11, von donalphons |
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kranich05,
Freitag, 21. April 2006, 15:35
Ich liebe Grünspargel
Ich fürchte nur, der "sterbende Koloss" hat mehr Leben als 1000 Spargelbeete.
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lebemann,
Freitag, 21. April 2006, 17:25
Die blanke Blasphemie !
Bechamelsosse ?
Tatsächlich ... mit ... B..B...B-e-c-h-a-m-e-l-s-o-s-s-e ?
Warum nicht gleich in Sosse Hollandähsä ersfäufen, die armen Dinger ? Oder mit fingerdicken Scheiben Katenschinken in sich hineinschlagen ? E-kel-haft !
Das da mit den Jesusanbetern, das geht vielleicht noch so durch, ja, aber den armen Spargel in Bäh-schamelsosse zu ersäufen, das geht klar zu weit und verletzt die geschmacklichen Gefühle von Millionen Menschen. Kannst noch von Glück sagen, wenn da nicht von den aufgebrachten Massen der Stadtpalast gestürmt, geplündert und niedergebrannt wird (à propos plündern, für den Fall das die doch anrücken sollten, wo steht denn der Besteckkasten ?).
Tatsächlich ... mit ... B..B...B-e-c-h-a-m-e-l-s-o-s-s-e ?
Warum nicht gleich in Sosse Hollandähsä ersfäufen, die armen Dinger ? Oder mit fingerdicken Scheiben Katenschinken in sich hineinschlagen ? E-kel-haft !
Das da mit den Jesusanbetern, das geht vielleicht noch so durch, ja, aber den armen Spargel in Bäh-schamelsosse zu ersäufen, das geht klar zu weit und verletzt die geschmacklichen Gefühle von Millionen Menschen. Kannst noch von Glück sagen, wenn da nicht von den aufgebrachten Massen der Stadtpalast gestürmt, geplündert und niedergebrannt wird (à propos plündern, für den Fall das die doch anrücken sollten, wo steht denn der Besteckkasten ?).
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donalphons,
Freitag, 21. April 2006, 17:46
Ignorant! Das Silber ist natürlich im chinesischen Silberschrank! Tsss....
Hier im tiefsten Bayern ist de "Beschameisoss" absolut elitetauglich. Und sie anderen lassen wir erst gar nicht rein :-)
Hier im tiefsten Bayern ist de "Beschameisoss" absolut elitetauglich. Und sie anderen lassen wir erst gar nicht rein :-)
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donalphons,
Freitag, 21. April 2006, 20:45
Dann ist es aber nicht wirklich blasphemisch. Wenn ich die Wahl habe, den Glauben zu lästern oder rein zu esseb, nehme ich ersteres. Und mehr Kalorien.
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helgab.,
Freitag, 21. April 2006, 20:53
Essen ist auch Religion. Ich glaub da sind wir uns einig. Zweitens unterschätze nicht die Kalorien von reiner Butter - Frauen wissen sowas (letzte Spargelsaison lief ich zu kreativer Höchstform auf, um Spargel ohne Butter zu essen, aber das ist ein anderes Thema...). Und drittens ist Spargel irgendwie auch heilig. Ergo: Lästere nicht dem edlen Gewächse!!
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lebemann,
Freitag, 21. April 2006, 20:54
Aber wie ist das blasphemisch !
So verstockte Spargellästerer hätte man in den schlechten alten Zeiten flugs auf den Scheiterhaufen geworfen. Mittelalterlich und menschenverachtend, mag ja sein, aber nicht völlig unbegründet.
So verstockte Spargellästerer hätte man in den schlechten alten Zeiten flugs auf den Scheiterhaufen geworfen. Mittelalterlich und menschenverachtend, mag ja sein, aber nicht völlig unbegründet.
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first_dr.dean,
Freitag, 21. April 2006, 21:25
Aber Herr Alphonso!
Mit gesottenem Papst macht man sich das Aroma noch des frischesten Spargels kaputt. Außerdem würde das Silber schwarz beschlagen.
Mit gesottenem Papst macht man sich das Aroma noch des frischesten Spargels kaputt. Außerdem würde das Silber schwarz beschlagen.
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lebemann,
Freitag, 21. April 2006, 21:42
@ Dr. Dean,
altes Fleisch ist meist zäh und will bei kleiner Hitze langsam geschmort oder gargezogen werden.
Ferner mag Spargel, so frisch vom Feld, Beilagen eigentlich gar nicht haben. Der so frei gewordene Platz auf dem Teller lässt sich mit zusätzlichen Stangen sehr gut füllen.
altes Fleisch ist meist zäh und will bei kleiner Hitze langsam geschmort oder gargezogen werden.
Ferner mag Spargel, so frisch vom Feld, Beilagen eigentlich gar nicht haben. Der so frei gewordene Platz auf dem Teller lässt sich mit zusätzlichen Stangen sehr gut füllen.
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lebemann,
Freitag, 21. April 2006, 21:53
Zwangskollektiviert, eingesperrt und liquidiert oder einfach "auf heroische Art" ?
Nicht ablenken von den wirklich wichtigen Dingen :-)
Nicht ablenken von den wirklich wichtigen Dingen :-)
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strappato,
Freitag, 21. April 2006, 22:30
Spargel + neue Kartoffeln. Sonst nix. Dazu ein leichter deutscher Silvaner.
Der nächste Spargelstand ist ja hier in Niedersachsen nie weit. Nicht nur ein Drittel aller Eier kommt aus Niedersachsen, auch ein Drittel des deutschen Spargels. Zum nächsten Bauern, der Spargel vom Hof verkauft sind es bei mir nicht mal 30 Meter.
Der nächste Spargelstand ist ja hier in Niedersachsen nie weit. Nicht nur ein Drittel aller Eier kommt aus Niedersachsen, auch ein Drittel des deutschen Spargels. Zum nächsten Bauern, der Spargel vom Hof verkauft sind es bei mir nicht mal 30 Meter.
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donalphons,
Freitag, 21. April 2006, 22:42
Und deshalb sehn die da oben auch alle so aus wia Krischperl und koane Monna ned. Soss. Ohne a Soss gehd nixn.
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lebemann,
Freitag, 21. April 2006, 23:08
Na ja, aber nicht wie grotesk aufgeschwemmte, vielkinnige und merkwürdig gekleidete genetische Freilandversuche, die man im Süden in manchen Gegenden begaffen kann, halt. (Darüber hinaus gehen neuste Studien von kausalen Zusammenhängen zwischen Jodmangel, hässlicher Kropfbildung und mangelhafter Beherrschung des Hochdeutschen aus.)
Aber egal, für die ist eh der Zug abgefahren - viel wichtiger, was hat es denn mit der Bäh-Schämdich Sosse zum Spargel genau auf sich ? Warum die und keine andere ? Die ist doch nun wirklich nicht der Hauptgewinn unter den Sossen, eher pappiger Magenkleister, der nun gar nicht zum zarten Spargel passen mag.
Aber egal, für die ist eh der Zug abgefahren - viel wichtiger, was hat es denn mit der Bäh-Schämdich Sosse zum Spargel genau auf sich ? Warum die und keine andere ? Die ist doch nun wirklich nicht der Hauptgewinn unter den Sossen, eher pappiger Magenkleister, der nun gar nicht zum zarten Spargel passen mag.
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der_immobilienmakler,
Samstag, 22. April 2006, 12:46
@ don
>> in der einen Tasche den Scheck des Waffenhändlers und in der anderen das Handy, das hoffentlich irgendwann einmal die Bundeswehr dirigiert, im Inneren, gegen Missliebige <<
einfach hervorragend ausgedrückt. Der Don schafft es immer, den Immobilienmakler mit seinen wohlgewählten Worten in andächtige Bewunderung zu versetzen.
einfach hervorragend ausgedrückt. Der Don schafft es immer, den Immobilienmakler mit seinen wohlgewählten Worten in andächtige Bewunderung zu versetzen.
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