Wir haben den Grössten und werden Welt
Der berühmteste Bewohner jedenfalls findet heute noch glühende Bewunderer, und manchmal, wenn ich vom Einkaufen komme und die schwere, alte Tür aufschliesse, durch die man sein Kadaver hinausgetragen hat, kommen die Mutigsten dieser Gruppen herüber und wollen, ähem, mal reinschauen, und, äh, kann man vielleicht auch das Zimmer, wo... NEIN. Manchmal wünsche ich mir so ein Schild.
Ich habe einmal eine Gruppe reingelassen - nie wieder. Touristen, zumal mit christofaschistischem Hintergrund, sind die Pest. In diesen Tagen des Sommers 2006 hätte ich gern aber auch noch ein anderes Schild, auf dem stehen sollte: Flaggendeppen verpisst Euch. Gestern nämlich kam mal wieder einer auf mich zugedackelt, fett, gelbes T-Shirt und Bermudahose, und ich dachte schon, da kommt der nächste Societasfreak - aber nein, er hatte einen anderen Wunsch. Nämlich, wo das Haus doch so eine schöne Stange hat, warum da jetzt eigentlich keine Deutschlandfahnde dranhängt.
Wer historisch etwas bewandert ist weiss, dass Fahnenstangen an Häusern erst im 19. Jahrhundert aufkamen; davor hat man die Fahnen aus dem Fenster gehängt. Fahnenstangen stammen meist aus der Zeit des deutschen Reiches und wurden gern bei Paraden benutzt, oder wenn einmal der Kronprinz kam. Den hat mein Clan sogar einmal in das besagte Zimmer gelassen. Paraden gingen bei uns oft vorbei, schliesslich lag die Kaserne gleich daneben. Und darüberhinaus hatte mein Clan einen erhöhten Anpassungsdrang, was dazu führte, dass man am entsprechend grossen Haus eine Fahnenstange anbringen liess, die damals zu den grössten der Stadt gehörte.
Es folgte Gold gab ich für Eisen und Blut für das süss zu besterbende Vaterland, dann war eine Weile Ruhe, dann, 1944, als der Clan zwischen London, Bergen-Belsen, Franken, Tel Aviv und Kanada zerstreut und kein einziger mehr hier war, die Hakenkreuzfahne der sich als solche dünkenden neuen Eigentümer, die 1945 dann auf weisse Fahnen umstiegen und ein beschleunigtes Restitutionsverfahren einleiteten - was man halt so tut, wenn der frühere Besitzer im amerikanischen Jeep kommt und eine Maschinenpistole dabei hat. Und ein gefürchteter Jäger ist.
Die letzten Soldaten, die an dieser Fahnenstange und dem daran hängenden weissen Leintuch vorbei kamen, waren in einem Fuhrwerk, von dem meine Grossmutter ab und an erzählte. In der Kaserne hatten sich ungarische Pfeilkreuzler einquartiert, die vor der Roten Armee nach der Befreiung von Budapest geflohen waren. Sie lagen in dem Fuhrwerk, und ihre Köpfe wackelten bei der Fahrt über das Kopfsteinpflaster synchron hin und her, als würden sie am Firmament ein Tennisspiel betrachten. Über die Gründe, warum man gleich ein Fuhrwerk zum Abtransport der Kadaver brauchte, gibt es verschiedene Versionen: Die einen sagen, die Pfeilkreuzler wären an einer Seuche und Entkräftung gestorben, andere reden von einem Massenselbstmord aus Angst, nach Ungarn ausgeliefert zu werden. Nun waren Pfeilkreuzler nicht der Typ Unmensch, der freiwillig gehungert hat, wenn er mit vorgehaltener Waffe stehlen konnte, und Selbstmord passt auch nicht zu ihrem Charakter. Wahrscheinlicher ist also eher die dritte Version: In der Stadt waren zwei KZ-Aussenlager, und die Pfeilkreuzler hatten das Pech, von deren befreiten Insassen mit der ähnlich gekleideten SS verwechselt zu werden.
Wie auch immer: Bei diesem letzten Soldatentransport an der Fahnenstange vorbei waren sicher nicht die Falschen beteiligt, und wenn meine Grossmutter davon erzählte, dann klang immer ein Stück Stolz mit. Es war der letzte Aufmarsch, es war die richtige Fahne, und ich werde ganz sicher nicht anfangen, da noch ein Kapitel hinzuzufügen. Es ist gut, wie es ist. Wer etwas anderes denkt - bitte, es ist noch viel Platz auf dem Fuhrwerken dieser Erde für Arschlöcher, die sich für was Besseres halten, nur weil sie dem künstlichen Konstrukt einer Nation angehören.
Übrigens: Die 3%, die hier bei uns mit aus China importierten Billigfahnen ihr Nationalgefühl durch die Gegend fahren, entsprechen zahlenmässig den 3% unverbesserlichen Nazis in Deutschland. Und ich glaube nicht an Zufälle.
Dass die Nazis mit den Farben der Weimarer Republik etwas am Hut haben, glaube ich nicht. Die versammeln sich derzeit eher unter der Islamistenfahne des persischen Propheten, feiern ein beschwingt-braunes Sommerfest und singen: Allahu akbar al Hitler rassul allah!
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Bei den Dominikanern und Jesuiten war das anders - da kam dann noch der Glaube hinzu. Dann wird's vollends teuflisch ...
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Religionskriege sind für mich so ziemlich das scheußlichste, was Menschen veranstalten können: Der Kriegsgefangene hat noch 'ne Chance, der Ketzer aber muss brennen.
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Ein Infoblatt mit weiteren Details wird natürlich angeboten.
Ich bin sicher, der Oberbürgermeister inkl. Touristenbeauftragtentussi werden rotieren :)
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zugegeben, nicht unbedingt was für jemand der da weiter wohnen möchte. andererseits, wenn es so gut gemacht ist, dass die frömmler nicht dagegenanstinken können, fehlt das noch. geben sie unter der hand vielleicht sogar selber zu.
wäre aber eine überlegung wert, schon mal damit anzufangen, künftige exponate zu sammeln. als allererstes ein emailleschild mit etwa der aussage, dass dieses haus bewohnt wird und deshalb kein gegenstand von besichtigungen ist. wer solche schilder macht? die hier, beispielsweise: http://www. muldenthal-emaille.de/d/html/informationsschilder.html
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fazit: sowas würde ich nur machen, wenn ich ausreichend parkfläche zur verfügung hätte und noch einen umbauplan für den stadtpalast zu einem hotel, achso, und daneben die brauerei, die ist so wichtig wie die parkplätze.
unter diesem brauhauszeichen
wirst du geld und ruhm erreichen
und den himmel obendrein
richtst du eine wallfahrt ein
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wobei, so ein kleiner exklusiver club für ausschweifungen besserer töchter, der hätte schon was
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*prust*
*gacker*
;->
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Dachterasse?
Wieder einmal leitet das Lesen des Rebellmarkt "den Bollerwagen meiner Phantasie auf einen äußerst schlammigen Pfad"
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Warum eigentlich kam noch keiner auf die Idee, mal eine, hm, Pralinenstuhl-Bloglesung zu machen?
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wm-taz: Die Welt im Puff
Schönes Zitat:
der Public-Relations-Manager des Betriebs, der Eike Wilkmans genannt werden möchte, meinen Töchtern zuliebe, "sie studieren". Die Frage, ob er sich seine Töchter in diesem Job vorstellen könnte, kennt er schon längst. Also, zum hundertundersten Mal: "Nein, sie sind in ganz anderen Verhältnissen aufgewachsen, das würde für sie nicht in Frage kommen."
Eine komplexe Sache, in der Tat.
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Ich weiss schon, warum ich was wie schreibe. Ich gehe davon aus, dass meine Leser genau hinschauen. Wollte ich schreiben: "Ihr Nazis" - würde ich das schreiben, und keine lange Geschichte.
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;-)
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ich versteh sehr gut, warum Du keine fahne raushängst. ich hänge ja auch keine fahne raus. aber da bringst Du dinge in einen indirekten zusammenhang, der sich mir schlicht nicht erschließt. weil einen direkten zusammenhang gibt es ja nicht, wenn man genau liest.
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Sorry, ich will Aufklärung, Wahrheit, Sinn, Exaktheit. Ausdembauchraus-Ungefährheiten, die durch sprachliches in-die-Nähe-bringen das nicht zusammenhängende in unbeweisbare, gefühlte Verbindung bringen, sind Methoden für den Feind. Das steht Dir nicht, Don. Du bist doch einer von den Guten.
PS. Wahrheit sollte zumindest einem einmal-drüber-Nachdenken standhalten. Was dann schon nicht mehr wahr ist, kann meines Erachtens nicht Wahrheit genannt werden.
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Und was von Nationaldeppen zu halten ist, deren Symbol für 17 cent das Stück unter unmenschlichen Bedingungen in China fabriziert wird, damit sich jeder Dödel so eine Fahne leisten kann, mag sich jeder selbst ausmalen - während gerade die europäische Textilbranche unter dem Druck chinesischer Billigtextilien zusammenbricht. Vielleicht mag mir ja jemand mal die konkreten Unterschiede der Lebensbedingungen einer wegen einem Pipifax verurteilten 14-Stunden-Arbeiterin in einem Sweat Shop in Nordchina für Deutschlandfahnen und der einer 14-Stunden-Arbeiterin in einem Zwangsarbeiterbetrieb in der Tschechei Anno 1944 für etwas andere Deutschlandfahnen erkären. Und bevor jetzt jemand losjault: Ich schaue schon erst mal nach, dass hinten nicht "Made in China" draufsteht.
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@ netbitch: Beim Pro-Kopf-einkommen liegt taiwan auf Platz 25 weltweit, und es gibt dort keine staatlich eingerichtete und extensiv genutzte Zwangsarbeit.
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Eigentlich sind diese positiven Kommentare der Medien und Politik auf dieses "Phänomen" nur Verlegenheitsantworten: Die spüren genau den latenten diskriminierenden Impetus, der hinter einigen Fahnenschwenkern steckt. Dieselben "Fussballfans", die jetzt mit deutschen Flaggen die Weltmeisterschaft herbeiwinken wollen, werden in der neuen Saison wieder dunkelhäutige Spieler mit Schmährufen bedenken - von der Bundesliga bis zur 3. Kreisklasse.
Im übrigen, mal grundsätzlich: Diese "Weltmeisterschaft" der Nationen ist mittlerweile ein Anachronismus in sich. Die Spieler kämpfen in den Ligen in den Vereinen jede Woche gegeneinander, da die weltweit besten Spieler in den lukrativsten Märkten unter Vertrag stehen. Folge: Die Nationalmannschaften sind zusammengewürfelte Truppen von Spielern, die kaum Erfahrung als Mannschaft haben. Und Fussball ist nun mal ein Mannschaftssport. Das sieht man auch an den Leistungen. Die mit hochkarätigen Spielern bestückten Mannschaften wie Brasilien, Frankreich, Italien, aber auch die zweite Reihe der kleinen Nationen, deren Mannschaften fast ausschlisslich mit "Legionären" (welch ein schrecklicher Begriff) aus kommen müssen: Die Leistungen waren eher durchwachsen, da die Spielpraxis miteinander fehlt. Fussball hat sich in den letzten 20 Jahren technisch und taktisch rasant entwickelt. In 6 Länderspielen im Jahr und 4 Wochen Vorbereitung auf die WM kann man keine stimmige Mannschaftsleistung formen.
Am Ende zählt nur das Geld. Die FIFA, die Medien, die Spieler - aber auch die Importeure von Flaggenkram. Das ist ein riesiger Basar.
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Seid froh wenn sich die Leute grundlos freuen. Das ist mir allemals lieber als dieses ewige "Deutschland? Oh Gott, oh Gott. Alles ist so schlimm und in Zukunft wird es noch viel schlimmer!"-Gewinsel der letzten Jahre.
Laßt dem Volk Brot und Spiele und wenn es sich bunte Fähnchen ans Auto hängen , nationale Perücken aufsetzen und drei Streifen ins Gesicht schmieren will gönnt Ihm den Spaß.
Jeder Jeck is anners und nicht jeder der bierseelig seine Fahne schwenkt zieht morgen seine Unterwanderstiefel an und verprügelt die Freunde aus der Welt die zu Gast sind.
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Bruchlinien, 2006.
Würde ich nicht Alles unterschreiben, ist aber auch nicht uninteressant.
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"Trainer, sach was mer machen solle" - so läuft das nicht mehr. Die Spieler müssen taktische Vorgeben selber umsetzen. Mannschaftsleistung halt. Das hat man beim Kroatien-Spielen gesehen: Klasnic versteht sich mit Klose blind bei Werder. Macht Spass da zu zusehen. Mit seinen neuen Sturmparner Kranjcar klappt das nicht.
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Bayern ist ein Sonderfall. Aber wenn man die anderen erfolgreichen Bundesligavereine sieht (Werder, HSV, Schalke, ...) dann sind die Zeiten der Magaths, Heynckes und anderer Schleifer und Feldherren vorbei.
Der Aufruhr, den Klinsmann mit seinen Methoden entfacht hat, der zeigt ja, dass die deutschen Vereine da noch Nachholbedarf haben.
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ja, patriotismus
ist dem einen eine hehre göttin, dem anderen eine kuh, die ihn mit milch und butter wohl versorgt.
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Und was soll man noch groß über marianische Glaubensfanatiker Worte verlieren... credo quia absurdum (Tertullian; und wider der kirchlichen Auslegung im Wortsinne aufzufassen).
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Ich gehe auch davon aus, dass er zu den 3% Unverbesserlilchen gehört.
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Nachdem er Vertrauen gefaßt hatte, ssagte er dann: Kann ich auch die Kotze aufwischen
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Wenn das so ist, dann werde ich gleich mal den Pfarrer meiner alten Schule verklagen, denn wie der auf meinen nicht vorhandenen religiösen Empfindungen rumgetrampelt ist...
doch, der lebt noch.
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Wie schon bei seiner verfassungsfeindlichen Hetze gegen das Kruzifix-Urteil des BVG, bietet Äh-Äh-Ede einmal mehr nicht die Gewähr des jederzeitigen Eintretens für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Die Sache mit der Trennung von Staat und Kirche müßte ihm nochmal erläutert werden.
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PS: Ein wirklich schönes Bild zum Thema haben die vom SpOn aus dem Archiv gekramt.
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"Dös is ja klar, dass der (S**)jud ned flaggt, dös kenma ja scho. So san's hoid, so san's oiwei gwen, aba ma derf ja heid nix mehr soggn gegen dös Gschwerl. Aba a Schand is' scho."
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Schneidet man nämlich das überschüssige Gelb aus den Dtl.-Wimpeln raus, so erhält man eine Manifestation zivilen Muts in schwarz-rot.
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MfG
che2001 schrieb: *Was dann die Farben des Anarchosyndikalismus bzw. der Autonomen wären.*
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Schon passiert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Johann_von_Tilly02.JPG
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@ loreley: Upsa, vor einoger Zeit war das Ding noch sehr umstritten. Na, dann haben sie es geschafft - hier beissen sie immer noch auf Granit.
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Sehen Sie's doch mal so, bester artur.
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