Sehr zu empfehlen - A Tribute to Laura

In den endlosen Sommertagen der frühen 90er Jahre zogen sich feine Distinktionslinien durch die bessere Gesellschaft der kleinen Provinzstadt, die sich in der Kleidung als äusseres Merkmal für Lebensentwürfe niederschlugen. Da gab es die, die bei Robot und Annas in München einkauften und eigentlich schon weg waren. Es gab welche, die weiterhin den drei, vier Geschäften in der Stadt treu blieben, die nicht billiger, aber weniger ausgefallen waren. Und es gab die, die in die Sendlinger Strasse nach München gefahren sind, die Herren zu Konen, und die Frauen zu - Laura Ashley.

Das waren die, bei denen man wusste, dass sie Kinder wollten und einen wenig störenden Ehemann und davor noch etwas Spass, aber bitte nichts Ernstes, wenn überhaupt. Es gab welche, die vor den Bällen von Mama zwangsweise hingeschleift wurden, auch wenn sie lieber zu Theresa gegangen wären. Die Mehrheit aber kleidete sich freiwillig in spätviktorianischen Zitaten mit vielen Rüschen, Schleifen und Puffärmelchen. Das waren die, um die man besser einen Bogen machte, auch wenn sie damit ins Parkcafe kamen - an der Tür wussten sie, wer das Geld mitbrachte. Laura Ashley war Ausdruck einer geistigen Seuche, die sich in den Villen und Zweifamilienhäusern zwischen dem Oberland und dem Donautal breit machte; Landhausstil, nicht genutzte Mitgliedschaft im Golfclub und Strohkränze an den Türen waren weitere Sympthome, und bald kam die Ehe, die, als wäre es noch nicht genug, auch gehalten hat. Meistens. Ich glaube, wer Laura Ashley getragen hat, lässt sich auch nicht scheiden. Das ist einfach so. Passt nicht in derer festgefügter Lebensplanung, die mit einem Freund in der 10 Klasse beginnt und dabei bleibt.

Kurz, wer wirklich Spass haben wollte, hielt sich an anything but Laura Ashley. Hätte man mir gesagt, dass ich mal freiwillig und allein diesen Laden betrete - mit anderen habe ich es natürlich getan, so weit war der obige Typ vertereten, man konnte nicht anders - hätte ich schief gegrinst. Letzte Woche aber war es so weit, und überzeugt hat mich meine kleine Schwester, die damals Laura Ashley noch mehr verachtet hat als ich. Denn von dort hat sie etwas angeschleppt, was ausserordentlich sinnvoll ist: Englische Wandfarben in kleinen Probierdosen.



Da gab es mal ein kleines Problem, wir erinnern uns vielleicht: Eine mühsam verputzte Wand, eine angerührte Farbe, die im Topf grandios aussah und an der Wand, nach langem Streichen und Trocknen, leider erbärmliches Mint wurde. Die Farbe kostete 30 Euro, das Streichen einen Tag, die Enttäuschung - unbezahlbar, nochmal streichen - zum Kotzen. Man muss sowas immer an der Wand ausprobieren, bevor man streicht. Aber wenn dann erst mal das Pigment in der Farbe ist, kann man nichts mehr ändern. Kurz, Farben sind eine Art Russisch Roulette des Dekorierens. Und bevor ich mir die nächste Kugel gebe, gehe ich lieber zu Laura Ashley und besorge mir die Farben, die passen könnten.

Es ist ja nicht nur die Wand. Es sind auch die Möbel, und das Licht. Es ist leichter, die Farbe anzupassen, als den Bezug der Möbel. Die Hölzer von Stühlen und Parkett sind unveränderbar wie auch die verschiedenen Beleuchtungen von Sonne, Kronleuchter, Stehlampen und Kerzen. Das muss man alles erst mal auspobieren. Man spart sich für ein paar Euro enorm viel Arbeit und Nerven, selbst wenn die Töpfchen unverschämt teuer sind. Dann eben doch da rein und nicht an die Vergangenheit denken und warum Patricia ihren Körper ausgerechnet in - egal, vorbei, lange vorbei. Hauptsache, es ist nachher die richtige Farbe.



Es wird das zarte Grün oben ganz links, "Silver Birch", und dazu ein wenig Dekorarion im "faded Gold" daneben. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das nehme, schon im Geschäft habe ich gezögert, und ausprobiert habe ich es erst, als der etwas schwache Ton "Eau de Nil" nicht ganz den Erwartungen entsprochen hat. Es kommen eben sehr viele Faktoren zusammen, in diesen alten Räumen, man weiss nie, wie es ausgeht. Das Blau rechts unten kommt in die Bibliothek, aber nicht allein, weil es zu kalt ist. Aber um so etwas zu wissen, muss man es erst mal ausprobieren. Es ist ja nur Farbe. Und nicht die Ehe mit einer fremden Frau in Laura Ashley.

Dienstag, 4. Juli 2006, 13:31, von donalphons | |comment

 
Du scheinst ein Faible für diese gedeckten Grüntöne zu haben. Welcher von den anderen ist den "Eau de Nil"?

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Obere reihe in der Mitte. ist irgendwie zu lasch, zu gar nichts, und ausserdem passt es nicht zu den anderen Kontrastfarben wie Gold. Silver Birch ist auch als dunkelster Ton in den Sofabezügen.

Die sind übrigens gerade gekommen. Oh Gott, sind die gross.

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Ja, zum Bezug von dem Stuhl ganz links passen Silver Birch und Gold auch am besten. Gibt's im Stadtpalast eigentlich auch blaue Zimmer? Und was macht das tortellinifarbene Esszimmer?

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Gott sei Dank kein Wedgwood-grün
- das hätte ich bei dem Namen fast erwartet. Das faded Gold ist ja auch klasse.

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Ein Raum in ganz in Wedgewoodgrün ist nicht auszuhalten, das ist zu viel.

Das Esszimmer wird wahrscheinlich dreifarbig . Tortellini - weiss - blau, aber alles sehr hell. Ich bin noch am Testen.

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Fuer Farbensucher zwei Links ueber die ich neulich gestolpert bin.

Polychromie Le Corbusier ©FLC
http://www.ktcolor.ch/

Der hier duerfte bei Stadtpalast Renovatoren durchaus auf Interesse stossen:

http://www.kremer-pigmente.de/

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Die sind neben meiner Münchner Wohnung :-)

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und dann greifst du zu Laura Ashley, du Kretin du?

Wobei ich gestehe dass ich dem eh schon angeschlagenen Verhaeltniss zu unserem Archtikten seineizeits den Rest gab als er mir den Corbusier Pastelfaecher mit stolzgeschwellter Brust praesentierte und ich mich zu dem Ausruf hinreissen liesss "Da kann ich doch gleich Laura Ashley nehmen!"

Ich hab gerne satte Farben an der Wand und bisher, mit einer Ausnahme, tierisches Glueck mit "Russisch Roulette" gehabt. Muss allerdings dazusagen dass ich leidenschaftlich gerne malere und es mich nicht juckt wenn ich eine Wand oefters streichen muss.
Die Ausnahme ist das Orange in der Bibliothek das einfach keine homogene Flaeche werden wollte. Zum Glueck sieht das aber aus wie Absicht ... mal sehn, vielleicht mach ich dann doch noch die Pseudovertaefelung mit duennen Tischlerplatten / Furnieren.

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Später vielleicht experimentieren. Ich muss 6 Räume streichen, und hohe Wände, und die Decken. Jeden Raum in einer anderen Farbkombination. Mit den passenden Türen - und dann geht es nämlich wirklich los mit den Problemen. Ich will irgendwann im August fertig sein.

Meine obere Wohnung in der Provinz habe ich mit Ocker von Kremer gemacht. Das war klein - und lustig. Irgendwann war alles Ocker im Topf, und es war immer noch weiss. Sind ja nur 80 Kilometer von hier bis nach München. Und Duschen und all das.

Furniere sind komplex, da würde ich eher zu einer gemalten Version greifen - wenn ich es könnte. Hint: Es gibt für sowas aber auch Tapeten.

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Bibliothek
ein Bild von der Bibliothek (am besten: vorher und nachher) wäre auch sehr schön! Liebe Bücher, vor allem in großen Mengen.

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Gerne. Ich muss nur noch die 3000 Bände herbekommen. Und zwei Stockwerke hoch. Das wird lustig.

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ui, so teuflisch schwule Tapeten waern was fuer den Roten Salon den ich immer wollt und nun doch nicht habe.
Und den Kristallluester kann ich bei 2,40m Decke wohl auch nicht aufhaengen.
Von geplanten 8 Wochen Bauphase blieben mir am Ende 3. Mit Vorstrich und 2 Farbanstrichen hatte ich hier knapp 2000qm reine Wand/Deckenflaeche und als Schmankerl eine Stunde einfache Zugfahrt bis nach Hause. 2 Waende raus, 4 Waende rein, kein Bad, keine Kueche...
Dafuer wohnen wir jetzt schoen im Gruenen, wo unsere homophobe Nachbarin heute Mittag versucht hat vorsaetzlich einen unserer Hunde anzufahren ...

Anyways was lustiges, ich hatte mal eine bescheidene Behausung mit Aussentoilette in der ein fleissiger Vormieter aufs ordentlichste Baumarkttapete mit Holzmasserung verklebt hatte. Fuer Experimente immer zu haben griff ich in der Werkzeugkiste nach einem Rest Mahagonibeize. Auf den ersten Blick sah das noch nicht mal sooo schlecht aus. Anfassen durfte man es allerdings nicht.
Hier im Neubau waer es ueberhaupt kein Problem mit 0,5er Tischlerplatte eine Vertaefelung zu 'faken'. Sogar an der runden Wand.
Im Gegensatz zu dir ist mir wichtig dass sich solche gestalterischen Extravaganzen problemlos wieder entfernen lassen. Frueher oder spaeter wollten wir ja eh noch mal umziehn weil ich mit 65 keine Totalsanierung mehr stemmen moechte. (Wenn das mit dem Nazipack im Haus so weitergeht ziehn wir vermutlich sehr viel frueher als spaeter wieder aus).

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2,40 reicht allemal für einen Kronleuchter, man muss nur wissen, wie. Es gibt da die Hängung a la anglaise, bei der Korpus direkt an die Decke gehängt wird, wo sonst die Kette käme, und der überstehende Teil mit einer Stoffmanschette umwickelt wird.

Und das untere Sexverliess Schlafzimmer wird vielleicht auch ein paar rote Flecken enthalten.

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3000? Beeindruckend. Aber, hands down, wieviele (gerne auch prozentual) davon sind Romane, wieviel Nachschlagewerk (gerne ja 20-bändig)?
Sehr sympathisch, jedenfalls. Menschen, die Bücher lieben, sollte man unbedingt und bedingungslos schätzen.

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Ich habe keine Glotze, ganz einfach. Und alles zusammen sind es um die 5000, glaube ich. 1.200 Fachbücher von Paläolithikum bis Codicologie, aber die habe ich meistens gelesen. Abgesehen davon gehört Bücherlesen zu meinem Beruf, denn bei meinem Thema ist so gut wie nichts im Internet.

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Ich auch nicht. Wozu auch? Für Filme geht man in's Kino, Nachrichten gibt's im Netz und bei mir aus der SZ und bei Langeweile kann man immer noch Origami-Kraniche falten, ja. Man lebt so tatsächlich besser. Ohne Glotzen.
Gut, so ein Fachbereich sorgt für einiges an Zuwachs. Nevertheless: diese Woche erscheint das neue Buch von Peter Stamm, "An einem Tag wie diesem". Einer der wenigen guten noch lebenden Autoren. Bitte alle: Lesen!

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Muss ich mir das Rezensionsexemplar bestelle mal anschaun.

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Ja, bitte. Für das Rezi-Exemplar wäre ich über Leichen gegangen. Glückspilz!

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