Realienkundliche Betrachtungen in München

Unsere gelebte Sachkultur definiert uns mehr, als es jedes Profil bei einem asozialen Netzwerk je tun könnte, denn sie spiegelt wieder, was wir de facto tun, und nicht das, was wir zwecks Selbstmarketing und Freundegenerierung nach draussen darstellen. Man nehme beispielsweise mal dieses der Jahrezeit angemessene Frühstück, das gegen zwölf Uhr eingenommen unzweifelhaft einem schlechteren Sohne aus besserem Hause zugehört.



Nun, man kann wohl übereinkommen, dass dieser Sohn in erträglichen finanziellen und ästhetisch angenehmen Verhältnissen lebt, sein Essen ohne Tiefkühlkost zu bereiten in der Lage ist, und definitiv keinen Grund hat, sich billigen Buffetfrass irgendwelcher Sponsoren von grobem Geschirr zu wünschen, während um ihn herum gebrüllt und gedrängelt wird. Man kann auch davon ausgehen, dass sich dieses Ambiente nicht gerade in einer abgefuckten Industrieruine findet -

womit wir zu meiner de jure immer noch Heimat München kommen, und die Belästigungen, die das Leben in so einer Stadt mit sich bringt, wie etwa die am Donnerstag veranstaltete Jahreshauptversammlung der Begünstigten von Klingeltonabzocke, die ein reaktionärer US-Medienkonzern verantwortet, gegen den der Bayerische Staatsrundfunk ein Musterbeispiel an Ausgewogenheit und Unabhängigkeit ist. Glücklicherweise weilte ich während dieses Tages fern der Stadt, doch am nächsten Morgen war im Münchner Norden eine Gesellschafterversammlung, und zwar gleich neben einem der Aftershow-Veranstaltungsorte, einer schlonzigen Industrieruine, die nur in der wirklich üblen Endzeit der New Economy als Veranstaltungsort drittklassiger Mobilklitschen diente - dortselbst fanden sich die Reste der vergangenen Nacht.



Und dort kann man sich ebenfalls leicht vorstellen, was für ein Publikum dort weilte, etwa, wenn ein norddeutscher Kleinst-PRler einen Kriminellen traf, und die sich beide für Musiker halten, nennen wir sie einfach mal MC Hinkl und Schnupfköter. Schnupfköter ist platt, er hat moderieren müssen, und wie er da so steht, sieht MC Hinkl seine Chance und quatscht ihn voll:

Ey, yo, Brudda, nech, ei äm da famous MC Hinkl, nech, and eim soooooo kläd to sie te Köterdaddy, iu are te grätest Idol from me, nech, also, er, Kinningsizzle,

Schnupfköter: Er...

MC Hinkl: Ei iwn trei to be a gut Gangsta at Kiel what is te Äll-Aj of Northgermany, right, Ei got al tose bitsches...

Schnupfköter: Hoes? Where?

MC Hinkl: On my Plog! You know. Tey sent me piktschures and Ei scho tem on te Media Kongress tat inveits me and say Ei find te buubs great. Ei do te nastiest videocasts of te German Blogs, and tey comment and say Eim te natschural Afterfollowa of my ota Idol from me, who is runnig an Betting Show on te Tiube.



Schnupfköter: Fakinizzle horse races?

MC Hinkl: No, bat longing te gests on te buubs, and Ei will do tis ting later, weil, nech, because my fäns on mei plog sei Ei hav to do it, nur not tose Ei spammed whus plogs, nech, but tey underständ not fan.

Schnubfköter: Plog?

MC Hinkl: Yeah, its an Internetting, nech, Ei write about tings big companies like Opel, Ebay and Holsten giv me and tey giv me big money-izzle, nech, Kinnings, also, big deals, multinaschnal, tey even brogt mi here for Ei do promoizzles on my plog, tats me, te famous MC Hinkl (kramt auf seinem Handy nach einem Video, in dem er über vollgepinkelte Waschbecken in einem Schloss referiert, das muss dem in seinen Videos ebenso in Schlössern auftretenden Schnupfköter doch imponieren).



Schnupfköter: (verdreht die Augen)

MC Hinkl: Oh, Ei faund te video of mei Band and Gangsta kolliegs Office at Bietsch! Look!

Schnupfköter: (starrt fassungslos auf das Gezappel mittelalter Vertriebler auf dem Handy, zählt Video und unsauberes Englisch falsch zusammen) Man, you´re a bitch? (Schnalzt nach der Security, zwecks falschem Geschlecht)

Security schleppt MC Hinkl raus, der brüllt, er möchte wenigstens noch te Pfoto mit Schnupfköter haben, und irgendwo kotzt einer in den Gully.

So in etwa, stelle ich mir vor, wird es wohl gelaufen sein.

Samstag, 3. November 2007, 16:26, von donalphons | |comment

 
Man könnte meinen, du hast etwas gegen MC's aus dem hohen Norden.

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Aber nicht doch.
Ich hab nur was gegen gekaufte Prolls im Süden: Satire.

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Hihi. Fast wia im richtigen Leben.

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Vielleicht auch nur bei einer D-Prominenz, die auf ein Video sollte.

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das schreit geradezu danach, verfilmt zu werden.

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Das Schlimme ist, dass da manche sicher so-fort dabei wären. Und ihren eigenen Videopodcast über die Dreharbeiten machen würden.

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buy the way: LA ist von der Fläche her ziemlich exakt so groß wie Schleswig-Holstein, Kiel könnte also allenfalls das South Central von Schleswig-Holstein sein.

Grüße aus Norddeutschland mit dieser Kneipe hier:

http://che2001.blogger.de/stories/957952/

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