Herbstfest
Die Bernauer Strasse hat sich seit dem Fall der Mauer kaum geändert. Es ist eine innerstädtische Ödnis, leer, brach und ungenutzt. Nur an der Brunnenstrasse schlagen ein paar Penner oder Frühpensionäre ihr Lager auf, ein Tisch und eine Bank, und dann packen sie die Flaschen aus und saufen sich sprachlos in das Vergessen oder die Träume von der Deutschen Demokratischen Republik, als sie noch einen Posten und Ansehen als Parteimitglied hatten.
Man will dagegenhalten. Die Stadt lässt hier Volksfeste zu, die für ein paar Tage Leben, Remidemmi und Vergügen simulieren sollen. Was anderes fällt ihnen auf die Schnelle nicht ein. Die Besitzverhältnisse des Geländes sind nicht geklärt, und solang die Prozesse laufen, wird sich daran auch nichts ändern. Was eigentlich kein Problem ist, in einer Stadt, wo der heisse Krieg bis 45 und der kalte Krieg bis 89 immer noch schwärende Wunden, tiefe Kratzer und Löcher hinterlassen hat. Ein paar Meter die Strasse runter fehlen drei Eckhäuser. Auf den Flächen haben sich ein Gebrauchtautohändler, ein ambulantes Blumengeschäft und, auf dem dritten, eine ganze Menge Unkraut breit gemacht. Kann sein, dass der nächste potentielle Investor erst mal Kröten umsiedeln muss, oder Ausgleichräume schaffen, irgendwo vor der Stadt, damit die dort seit Jahrzehnten siedelnden, wahrscheinlich seltenen Pflanzen und Insekten einen neue Heimat bekommen.
Am Mauerstreifen ist das nicht zu befürchten. Banales Gras, ein paar Büsche, das ist alles, was sich durt in den letzten 15 Jahren angesiedelt hat. Da kann man schnell mal was drüberklatschen, so eine Volksbelustigungsgeschichte mit Autoscooter, Karusell, Würstchenbude und Losstand. Was man halt sokennt und aus der näheren Umgebung ranschaffen kann.
Aber leise muss es natürlich sein, wegen der Anwohner. Und nicht zu blinkend schrill, und bitte auch nicht allzu lange, schliesslich will man schlafen, und Ruhe ist die erste Bürgerpflicht bis heute, ist ja Preussen, wa. Da hat so ein fest auch nicht allzu spassig zu sein, und Wind und Regen von der Nordsee treiben die letzten Kids weg nach Hause vor die Glotze. Oder in die richtigen Autos, mit denen sie durch die regennassen Strassen der Stadt preschen, da kann die Musik wenigstens richtig LAUT sein, das ist schneller, nur rumbumsen kann man nicht, aber vielleicht findet man ja mehr Glück als bei so einem komischen Losstand; nicht nur einen rosa Plüschelefanten, sondern was fürs Bett, für die Nacht oder einfach nur für den Rücksitz, wenn die Eltern daheim was dagegen haben, und damit kann man am nächsten Morgen ja auch ordentlich angeben.
Auf dem Herbstfest geht das ohnehin nicht, die Büsche sind zu dünn, es ist zu kalt und windig, und Bierzelte wie in Bayern gibt es auch nicht. Sie nennen es Herbstfest - aber mit einem Fest hat es nichts zu tun. Herbsttrauerveranstaltung wäre ein aktzeptabler Begriff.
Hinweis: beitrag für 3Sat, bitte keine Beschwerden!
Man will dagegenhalten. Die Stadt lässt hier Volksfeste zu, die für ein paar Tage Leben, Remidemmi und Vergügen simulieren sollen. Was anderes fällt ihnen auf die Schnelle nicht ein. Die Besitzverhältnisse des Geländes sind nicht geklärt, und solang die Prozesse laufen, wird sich daran auch nichts ändern. Was eigentlich kein Problem ist, in einer Stadt, wo der heisse Krieg bis 45 und der kalte Krieg bis 89 immer noch schwärende Wunden, tiefe Kratzer und Löcher hinterlassen hat. Ein paar Meter die Strasse runter fehlen drei Eckhäuser. Auf den Flächen haben sich ein Gebrauchtautohändler, ein ambulantes Blumengeschäft und, auf dem dritten, eine ganze Menge Unkraut breit gemacht. Kann sein, dass der nächste potentielle Investor erst mal Kröten umsiedeln muss, oder Ausgleichräume schaffen, irgendwo vor der Stadt, damit die dort seit Jahrzehnten siedelnden, wahrscheinlich seltenen Pflanzen und Insekten einen neue Heimat bekommen.
Am Mauerstreifen ist das nicht zu befürchten. Banales Gras, ein paar Büsche, das ist alles, was sich durt in den letzten 15 Jahren angesiedelt hat. Da kann man schnell mal was drüberklatschen, so eine Volksbelustigungsgeschichte mit Autoscooter, Karusell, Würstchenbude und Losstand. Was man halt sokennt und aus der näheren Umgebung ranschaffen kann.
Aber leise muss es natürlich sein, wegen der Anwohner. Und nicht zu blinkend schrill, und bitte auch nicht allzu lange, schliesslich will man schlafen, und Ruhe ist die erste Bürgerpflicht bis heute, ist ja Preussen, wa. Da hat so ein fest auch nicht allzu spassig zu sein, und Wind und Regen von der Nordsee treiben die letzten Kids weg nach Hause vor die Glotze. Oder in die richtigen Autos, mit denen sie durch die regennassen Strassen der Stadt preschen, da kann die Musik wenigstens richtig LAUT sein, das ist schneller, nur rumbumsen kann man nicht, aber vielleicht findet man ja mehr Glück als bei so einem komischen Losstand; nicht nur einen rosa Plüschelefanten, sondern was fürs Bett, für die Nacht oder einfach nur für den Rücksitz, wenn die Eltern daheim was dagegen haben, und damit kann man am nächsten Morgen ja auch ordentlich angeben.
Auf dem Herbstfest geht das ohnehin nicht, die Büsche sind zu dünn, es ist zu kalt und windig, und Bierzelte wie in Bayern gibt es auch nicht. Sie nennen es Herbstfest - aber mit einem Fest hat es nichts zu tun. Herbsttrauerveranstaltung wäre ein aktzeptabler Begriff.
Hinweis: beitrag für 3Sat, bitte keine Beschwerden!
donalphons, 14:59h
Samstag, 16. Oktober 2004, 14:59, von donalphons |
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donalphons,
Samstag, 16. Oktober 2004, 21:19
So, jetzt sind sie weg, jetzt dürft ihr :-)
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che2001,
Montag, 18. Oktober 2004, 14:12
Das Mauercuptennismatch
Früher spielte man an der Bernauer das Mauercuptennismatch (Ball mit kräftigem aufschlag über die Mauer, sehen, ob ihn jemand zurückschlägt). Heute wohnt in der Brunnenstraße eine liebe Freundin. Und irgendwo war das alte Kreuzberg, Fluchtburg von Bundeswehr-Deserteuren, Hardcore-Autonomen, existenzialistischen Käuzen und brotlosen Künstlern zwar genauso dreckig wie heute, aber doch aufgegender und charmanter. Auch bei den Krawallen ging es noch um echte politische Konflikte, nicht wie heute, wo Jugendliche, die nicht aus Berlin sind, hirnlose Steinschmeißorgien austragen.
Heute ist Kreuzberg langweiliger geworden.
Die graue Tristesse des Ostens hat sich Westberlins bemächtigt.
Heute ist Kreuzberg langweiliger geworden.
Die graue Tristesse des Ostens hat sich Westberlins bemächtigt.
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