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Freitag, 24. Juni 2005
Real Life 23.06.05 - Abifeier
Sie haben es hinter sich und lassen es nochmal krachen. Das heisst, die Zeiten, als das Schultor über Nacht zugemauert oder das Lehrerzimmer mit Stroh verfüllt wurden, sind natürlich vorbei, heute bedeutet es krachen lassen Lärmbelästigung durch ein perfekt organisiertes Showprogramm. Die Abfolge ist dank Profi-PA überhaupt nicht zu überhören. Und dann rufen sie eine Lehrerin auf, die mit einem anderen Lehrer "Something stupid" intonieren soll, und es ist...
Es ist eine, von denen deine Mutter sagt, dass sie doch sooo nett ist. Eine von denen, deren Väter auf einem urteutsch-christlichen Namen bestand, und du hast damals schon gesagt, dass all die wohlerzogenen Gerlindes und Isoldes und Antonias und Marie-Christines später mal ebensolche abartigen Gymnasialschreckschrauben werden, wie die, die du nicht leiden konntest. Und sie dich auch nicht, wie auch ihre designierten Nachfolgerinnen. Sie machen den von ihren Vätern bevorzugten Namen alle Ehre. Die spezifische Nettigkeit ist die Saat des Bösen in ihnen, und es erfüllt dich nicht wirklich mit Trauer, dass sich die heutige Schülergeneration einen miserablen Ruf verdient hat - es ist sicher kein Spass, diese verkommene Brut inkompetenter Eltern zu Sekundärtugenden zu zwingen.
Da drüben also bringt eine von denen Dir das erzwungene Ständchen, ohne den Text zu können. Naja, es geht ja auch um Gefühle in dem Lied, dafür gab´s in den LKs dieser Stadt mit ihren gottverdammten Dünkeln und ihrer Kurochester-Oberschicht keine Punkte. Die Sängerin wider Willen war übrigens verdammt gut, und jetzt sitzt du hier oben, wie sie ihr Stimmchen zu Markte trägt, ohne die Seele reinzulegen, die sie mutmasslich nicht hat, und du, auf dessen Englisch und Deutsch hier keiner jemals was gegeben hat, bist Schriftsteller und Journalist, nachher ruft New York an. Fuck, möchtest Du rüberbrüllen, FUCK was ist nur aus Euch allen geworden, von hier an geht es nur noch abwärts und ein paar Gehaltsstufen nach oben, und alles, was Euch am Leben hält, ist die Hoffnung, irgendwann Oberstudiendirektor zu werden und das kleinstmögliche Verdienstkreuz zu bekommen, weil ihr auch Chef der kreuzkonservativen Lehrerortsgruppe gewesen seid. FUCK you know, ihr macht Euch da drüben einmal jährlich zum Kasperl, und den Rest des Jahres zur Stütze einer Gesellschaft, die so alt ist wie die Dummheit, und nach Euch wird wieder ein Strom der Etepetetes in die Schulen ziehen, um die Tradition der ewigen Dorftrottel fortzuschreiben.
Nach 3.30 Minuten ist die Karaoke-Maschine abgelaufen, und sie hat es überstanden. Du auch. Sie wird morgen, sehr früh wieder in die Schule gehen, und du, der du das frühe Aufstehen immer gehasst hast, wirst nach einer langen Nacht komatös den ruhigen Schlaf der Fiesen, Gemeinen und Ungerechten schlafen.
Es ist eine, von denen deine Mutter sagt, dass sie doch sooo nett ist. Eine von denen, deren Väter auf einem urteutsch-christlichen Namen bestand, und du hast damals schon gesagt, dass all die wohlerzogenen Gerlindes und Isoldes und Antonias und Marie-Christines später mal ebensolche abartigen Gymnasialschreckschrauben werden, wie die, die du nicht leiden konntest. Und sie dich auch nicht, wie auch ihre designierten Nachfolgerinnen. Sie machen den von ihren Vätern bevorzugten Namen alle Ehre. Die spezifische Nettigkeit ist die Saat des Bösen in ihnen, und es erfüllt dich nicht wirklich mit Trauer, dass sich die heutige Schülergeneration einen miserablen Ruf verdient hat - es ist sicher kein Spass, diese verkommene Brut inkompetenter Eltern zu Sekundärtugenden zu zwingen.
Da drüben also bringt eine von denen Dir das erzwungene Ständchen, ohne den Text zu können. Naja, es geht ja auch um Gefühle in dem Lied, dafür gab´s in den LKs dieser Stadt mit ihren gottverdammten Dünkeln und ihrer Kurochester-Oberschicht keine Punkte. Die Sängerin wider Willen war übrigens verdammt gut, und jetzt sitzt du hier oben, wie sie ihr Stimmchen zu Markte trägt, ohne die Seele reinzulegen, die sie mutmasslich nicht hat, und du, auf dessen Englisch und Deutsch hier keiner jemals was gegeben hat, bist Schriftsteller und Journalist, nachher ruft New York an. Fuck, möchtest Du rüberbrüllen, FUCK was ist nur aus Euch allen geworden, von hier an geht es nur noch abwärts und ein paar Gehaltsstufen nach oben, und alles, was Euch am Leben hält, ist die Hoffnung, irgendwann Oberstudiendirektor zu werden und das kleinstmögliche Verdienstkreuz zu bekommen, weil ihr auch Chef der kreuzkonservativen Lehrerortsgruppe gewesen seid. FUCK you know, ihr macht Euch da drüben einmal jährlich zum Kasperl, und den Rest des Jahres zur Stütze einer Gesellschaft, die so alt ist wie die Dummheit, und nach Euch wird wieder ein Strom der Etepetetes in die Schulen ziehen, um die Tradition der ewigen Dorftrottel fortzuschreiben.
Nach 3.30 Minuten ist die Karaoke-Maschine abgelaufen, und sie hat es überstanden. Du auch. Sie wird morgen, sehr früh wieder in die Schule gehen, und du, der du das frühe Aufstehen immer gehasst hast, wirst nach einer langen Nacht komatös den ruhigen Schlaf der Fiesen, Gemeinen und Ungerechten schlafen.
donalphons, 01:43h
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"Schmierenjournalismus"
Eine Nachricht, die man ganz sicher nicht beim Bananenliefernaten SPON findet.
donalphons, 03:35h
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Ein kleiner Genuss spät Abends
Klischees sind Klischees, weil sie stimmen. Luxus ist teuer, Berlin ist dreckig, München ist hohl, Starnberg ist überschätzt, in Grünwalds Villen wird gemordet, der Elitesse frisst so lang Fertigpizza bis sie Mangelerscheinungen hat, und die Jeunesse Doree kleiner Städte, nun, und hier bekommt das Bild Risse, die überlebenden Mitglieder, die nicht in der Klapse oder der Ehe gelandet sind, die streichen im Schweisse ihres Angesichts Fensterrahmen hoch über der Stadt, kümmern sich um Blumen und richten anderen den Abfluss. Kurz, gegen Sonnenuntergang endet der Arbeitstag, der mit einem bescheuerten Anruf einer typisch uninformiertenBerliner Verwaltungsangestellten begann, die zwar um 8 Uhr am Telefon, nicht aber wirklich bei Besinnung ist. Und der letzte Vertreter der Jeunesse überlegt bei einer Kanne Tee, was er heute Abend zu sich nehmen will. Gegenüber blickt er direkt in die Küchenzeile einer Elitesse, die junge Dame öffnet den Kühlschrank und entnimmt ihm das charakteristische Pappquadrat von Maitre Dr. Oetker - hoffentlich. Oder aber auch irgendwelche No-Name-Pizza.
Das muss nicht sein. Die 2,30 Euro für den vorproduzierten Tiefkühlkrempel - ja, schon gut, auch der Verfasser hat schon mal, trotzdem kein Grund, es zu tun - sind anderweitig besser angelegt. Zum Beispiel mit einem in etwa gleich teuren Omlett, dessen Zutaten heute frisch auf dem Wochenmarkt eingekauft wurden. Das geht ausserdem schneller. Und zwar so:
2 erstklassige Eier aus Biohaltung (0,40 Euro) in einer Schale gut durchquirlen. Etwas Butter (0,05 Euro) bei mittlerer Hitze in einer Pfanne zerlaufen lassen, dazu etwas Petersilie und Rosmarin aus dem Dachgarten.70 Gramm Oberpfälzer Pfifferlinge (1 Euro) waschen und brechen, in der Pfanne etwa 4 Minuten andünsten. Eine Handvoll Rucola (0,25 Euro) waschen und in 2 cm lange Stücke schneiden. 30 Gramm jungen Asiago (0,50 Euro) in kleine Stücke schneiden. Die Eier in die Pfanne geben, nach zwei Minuten den Ruccola dazu und mit dem Käse überstreuen. Salzen und frisch pfeffern; sobald der Käse schön zerlaufen ist, sollte das Omlett unten goldbraun und gut durch sein - und dann sofort auf der Dachterasse serviert werden. Macht 2,20 Euro und etwa 15 Minuten Arbeit. Ein leichter Weisswein wäre für Nichtabstinenzler angemessen, ein würziges Weissbrot, etwa mit Kümmel, ist dazu sehr zu empfehlen.
Gegenüber hat die Elitesse inzwischen den Rolladen runtergelasen und erspart dem Betrachter damit die Verpflichtung, Mitleid bei ihrem Anblick vor kargem Mahl von Ikea-Keramik empfinden zu müssen, selbst, wenn es ein selbstgewähltes, nicht weniger frei bestimmtes Schicksal als das des Verfassers ist. Statt dessen wendet sich der Blick zwischendrin zum Universum, das in seiner unendlichen Güte nicht weniger als diesen Himmel auffährt, an dem gemessen die 16,7 Millionen Farben einer Digitalkamera erbärmlich wenig sind.
hier ca. 67kb gross
Allein die Dokumantationszwecke rechtfertigen diesen müden Abklatsch. Und hier, bei diesem Anblick nun fügt sich das Klischee der oben erwähnten Jeunesse Doree wieder zu einem harmonischen Ganzen: Auf der Dachterasse liegend, selbstzufrieden und ein ganz klein wenig arrogant. Danach in Waughs schiefer Ebene lesend, bis es ganz dunkel wird und am Firmament die unendliche Pracht der Sterne erglüht.
Das muss nicht sein. Die 2,30 Euro für den vorproduzierten Tiefkühlkrempel - ja, schon gut, auch der Verfasser hat schon mal, trotzdem kein Grund, es zu tun - sind anderweitig besser angelegt. Zum Beispiel mit einem in etwa gleich teuren Omlett, dessen Zutaten heute frisch auf dem Wochenmarkt eingekauft wurden. Das geht ausserdem schneller. Und zwar so:
2 erstklassige Eier aus Biohaltung (0,40 Euro) in einer Schale gut durchquirlen. Etwas Butter (0,05 Euro) bei mittlerer Hitze in einer Pfanne zerlaufen lassen, dazu etwas Petersilie und Rosmarin aus dem Dachgarten.70 Gramm Oberpfälzer Pfifferlinge (1 Euro) waschen und brechen, in der Pfanne etwa 4 Minuten andünsten. Eine Handvoll Rucola (0,25 Euro) waschen und in 2 cm lange Stücke schneiden. 30 Gramm jungen Asiago (0,50 Euro) in kleine Stücke schneiden. Die Eier in die Pfanne geben, nach zwei Minuten den Ruccola dazu und mit dem Käse überstreuen. Salzen und frisch pfeffern; sobald der Käse schön zerlaufen ist, sollte das Omlett unten goldbraun und gut durch sein - und dann sofort auf der Dachterasse serviert werden. Macht 2,20 Euro und etwa 15 Minuten Arbeit. Ein leichter Weisswein wäre für Nichtabstinenzler angemessen, ein würziges Weissbrot, etwa mit Kümmel, ist dazu sehr zu empfehlen.
Gegenüber hat die Elitesse inzwischen den Rolladen runtergelasen und erspart dem Betrachter damit die Verpflichtung, Mitleid bei ihrem Anblick vor kargem Mahl von Ikea-Keramik empfinden zu müssen, selbst, wenn es ein selbstgewähltes, nicht weniger frei bestimmtes Schicksal als das des Verfassers ist. Statt dessen wendet sich der Blick zwischendrin zum Universum, das in seiner unendlichen Güte nicht weniger als diesen Himmel auffährt, an dem gemessen die 16,7 Millionen Farben einer Digitalkamera erbärmlich wenig sind.
hier ca. 67kb gross
Allein die Dokumantationszwecke rechtfertigen diesen müden Abklatsch. Und hier, bei diesem Anblick nun fügt sich das Klischee der oben erwähnten Jeunesse Doree wieder zu einem harmonischen Ganzen: Auf der Dachterasse liegend, selbstzufrieden und ein ganz klein wenig arrogant. Danach in Waughs schiefer Ebene lesend, bis es ganz dunkel wird und am Firmament die unendliche Pracht der Sterne erglüht.
donalphons, 02:26h
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