: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 13. Oktober 2005

Livebloggen von den Medientagen

Mal ne Frage: Soll ich ein Notebook mitnehmen und was vom Podium der Medientage runterbloggen?

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Sehr zu empfehlen - Update

Und wie geht es deiner Wohnung, fragte die, die dieses Jahr wahrscheinlich doch nicht mehr zu Besuch kommt, trotz stürmischer Einladungen. Komm doch vorbei, sagte ich, aber sie verwies auf die Verpflichtungen, die anderen Aufgaben und Besuche, und dann will auch noch ihr Freund sein Recht, und deshalb, naja, wohl eher nicht. Und es ist wirklich weit, 550 Kilometer. Aber ein Bild würde sie schon interessieren, wie es jetzt aussieht. Na gut -



die Wandbespannung ist noch immer nicht gemacht, aber jeden Morgen gibt es einen Moment, zu dem die Sonne ganz schräg durch das Fenster fällt und das Bernadotte-Porzellan in hellstem Weiss erstrahlen lässt. Einen Sonnenspiegel habe ich mir nachgekauft, nachdem der letzte, den ich in Berlin gefunden hatte... das war so:

"Alles Gute zum Geburtstag, kleine Schwester!"
Raschelraschel "Was ist das?"
"Das ist ein böhmisches Biedermeierglas mit Diamantschnitt und massiver Goldfassung."
"Nö, glaub ich nicht, das ist sicher nicht echt. Und ich will den Sonnenspiegel haben, das weisst du."

Nun, jedenfalls habe ich jetzt einen neuen, noch Schöneren gefunden, nachdem sie mich dann, als sie den alten Spiegel bekommen hatte, aufgeklärt hatte, wie furchtbar die gerade en Vogue sind und überhaupt in je-dem Haus hängen, das die Interieur International, ihre Bibel, abbildet.

Noch immer nicht fertig, die Buchregale fehlen auch noch. Aber es gefällt mir im Moment so halbfertig.
da wo die kamera ist sitze ich gerade genau jetzt

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Real Life 11.10.05 - Nicht globalisierte Landpartie

Über lange, gerade Strassen geht es nach Süden, hinweg über das alte Moor, das, entwässert und trockengelegt, zu einer Boomregion wurde. "Wir stellen ein", steht auf hohen Betonsäulen neben der Strasse, und leichter, silbriger Dunst flirrt im gleissenden Spätsommerlicht, da geht das Leben auch ohne Arbeit, da könntetst du auch in einem Cafe mit ihr sitzen und inhaltslose Artigkeiten austauschen, wie es das Ritual verlangt.

Aber so fliegt der Wagen nach Süden, vorbei an Kiesgruben und kleinen Wäldern, die die Eintönigkeit der üppig wuchernden Ebene durchbrechen, zum Rand des Tales in ein ehemals kleines Dorf, das, umgeben von Neubaugürteln, schon nicht mehr weiss, ob es nun Speckgürtel der Provinzstadt oder der Munich Area sein soll. Geschmackvoll ist es nicht, auch wenn sie fasziniert bei einem Garten mit einer übervölkerten Gartenzwergburg aus dem Fenster sieht. Hauptsache bunt, und bunt ist auch der Grund, warum du hier bist.

Denn vor ein paar Wochen ging sie mit ihrem Herrn Papa für die grosse Reise einkaufen, und sie nahm das nagelneue Notebook in Mint. Sie mag es bunt. Das Notebook in Mint ist unfassbar dünn, elegant, mit allen Finessen ausgestattet, und lässt einen Thinkpad wie ein Urtier aus dem Pleistozän aussehen. Da, wo es herkommt, ist es wahrscheinlich nur ein weiterer Klecks in einer schreiend bunten Warenwelt voller Hello-Kitty-USB-Gadgets und TV-Kühlschränken und Videohandies, hier bei uns jedoch...

Hat es zuerst mal einen Mainboardschaden, und ist am Montag morgen beim Einschalten mindestens so tot wie elegant. Nicht dass du viel Ahnung davon hast, aber als sie dann bei dir klingelte und fragte, ob du, der du immerhin das WLAN gebracht hast, es dir mal anschauen kannst, war diese Tatsache nach ein paar Minuten offensichtlich. Es dauerte dann aber zwei Stunden, bis klar wurde, dass das nächste Ersatzteil auf der anderen Seite der Erde ist. Das Notebook gibt es nur in Japan. Was nicht wirklich schön ist, wenn man in Deutschland täglich damit arbeiten muss.

Das nennen die Angstmacher und ökonomischen Staatsterroristen dann Globalisierung, ja von wegen. Die Globalisierung endet gleich hinter dem Prozessor auf dem Sockel. Vielleicht sollten wir solches Pack nicht mehr selber in der Uckermark bauen, sondern auch in der Japan only Version importieren, und dann nach dem Mainboardschaden wegschmeissen. Vielleicht gibt es die dann auch in Mint statt nur in Aprigoat mit Transpirationsbug, das ohne Photoshop noch nicht mal markttauglich ist. Und das jetzt gerade ein Amt zugesprochen bekommt, aber das spielt gerade keine Rolle, denn du wärst ein schlechter Gastgeber, wenn du ihr bei diesem Problem nicht helfen würdest.

Langsam, ganz langsam hast du zu verstehen gelernt, dass sie nicht nein sagt, noch nicht mal nein danke, sondern nur lächelnd ja, und die feine Nuancierung des ja letztlich erklärt, ob es ein nein ist. Du würdest dir wünschen, dass sie noch ein klein wenig mehr Regung auf deine Vorschläge hin zeigen würde. Aber das wäre unhöflich. Vermutlich denkt sie sich, der blöde Trottel, ich hampel mir hier einen ab, führe mich auf wie der letzte Bauer, nur damit dieses Rindvieh mit der langen Nase endlich kapiert, was ich will, ohne dass hier jemand das Gesicht verliert.

Und während im Slum Berlin Münte das Aprigoat historisch als CDU-Chefin einsortiert, wird hier klar, dass ihr ein geliehenes Notebook nicht ausreicht. Sie will selbst eines haben, nur sollte es nicht allzu teuer sein, es ist ja nur für die verbleibenden vier Monate. Sagt sie nicht. Aber als du es so vorschlägst und dich anheischig machst, ihr bei der Beschaffung eines soliden, günstigen Rechners behilflich zu sein, ist sie unerwartet schnell bereit, dazu ein ja zu sagen, das nach ihren Massstäben sicher grauenvoll offensiv ist.

Und so fährst du dank der misslungenene Globalisierung mit ihr über das Moor, fernab aller Tagesaktualität, und bist eigentlich ganz froh, nichts zu sehen als ihr ewig gleiches, nichtssagendes und inhaltsleeres Lächeln, denn verkniffene Fressen wird es jetzt viel zu oft geben. Später dann, im Laden, der angebaut ist an ein Einfamilienhaus in diesem Dorf, das nicht hässlich und nicht schön ist, gibt es Notebooks nur in IBM-Schwarz und Dell-Dunkelblau, da kann sie eigentlich nichts falsch machen.

Und du lächelst nur freundlich, als sie den einen T20 nimmt, also genau den, den du ihr vorhin leihweise angeboten hast.

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