: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 21. April 2008

Von oben

Wenn es im Panorama mal gerade nicht schneit, regnet oder wolkenverhangen ist, wenn die Sonne eines ihrer seltenen Gastspiele schon am Morgen gibt und kein Nebel die Sicht versperrt, ist mit das erste, was man vom Bett in Gmund aus sieht, etweder die dreifarbige Glückskatze eines Nachbarn, die durch das Fenster lugt, oder aber die Hirschspitze. Die so heisst, weil man darauf keinen Hirsch sehen kann - gemesen an der Zahl der hier an die Häuser gehängten Geweihe sind Hirsche sowieso ausgestorben - und ausserdem der Berg sanft auf zwei Seiten ansteigt und mit dem breiten Grat ein flaches Trapez, und damit ganz sicher keine Spitze darstellt. Vom Wallberg, auf ca. 1400 Meter jedoch, sieht die Hirschspitze so aus:



Der Felsvorsprung, der dieses Panorama nicht wirklich frei gibt, zieht sich zehn Meter weiter in die Höhe, während im Abgrund davor die Bäume niedriger stehen, dort flirrt das Sonnenlicht über moosigen Steinen und lockt den wackeren Bergfex, noch ein paar Schritte am Verderben vorbei zu wagen, andere sterben für eines anderen Krieg, den Suff und ihre eigene Dummheit, da darf man wegen eines besonderen Blicks schon war riskieren, und dann oben auf dem kleinen Hügel sitzen und hinabblicken auf die Welt.



Also geht es über Grat und Wurzeln hinauf, begleitet von den Ameisen, die schon drunter emsig werkelten. Es sind ihrer viele, vielleicht liegt im Fels ein totes Reh, das den Winter nicht überlebte, und taut gerade auf, so dass die Insekten jetzt gar so wild wuseln, es sind viele, es werden immer mehr auf dem Weg nach oben, sie sind unter Blättern und auf totem Holz, sie haben keine Wege mehr und keine Ziele, es sind viele Ameisen, enorm viele, sie besteigen die Schuhe, und schon bald kribbelt etwas am Bein, gefolgt von Jucken der Bisse, es sind alpine Waldameisen, nicht ihre verzärtelten Stadtkollegen aus den Abläufen, die hier können beissen, und es werden zum Gipfel hin noch mehr, bis ganz oben am Ziel, wo sich der sanfte Ruhehügel an riesiger Insektenstaat entpuppt, den man schnell und ohne Aufhebens gern wieder verlässt.



Das Gift in den Waden schmerzt kaum mehr, Stunden später auf der halben Höhe, wo das Auto steht, und schon nach drei Serpentinen ist der Blick dann doch frei, diesmal zum See hinunter, überWeissach, den Affenfelsen Rottach und das scheussliche Hotel Überfahrt, und in die Stille der Berge dröhnen die Auspüffe der Motorräder ein Lied hinauf, mit dem Text "Du brauchst nicht weinen, über meinen bleichen Gebeinen, wenn´s mich derbrettert, ich bin eh deppert". Den Claim der Trunkenen in den Wirtshäusern hört man nicht, aber man kennt ihn eh, besser den Mogn verrenkt, ois am Wirt wos gschenkt. So sind sie, da unten.



Und ganz am Horizont, wie immer auch am Sonntag unter einer Glocke aus Dunst, Abgasen und Ozon, mit ein paar hohen Häusern gerade noch als Stadt und nicht als banale Luftverschmutzung zu erkennen, München, meine einzigartige Munich Area, wo sie auch am Abgrund entlang nach oben kommen wollten, nur um sich dann inmitten eines gnadenlosen Asozialsystems zu finden, das trotz guter Aussichten auf Dauer unerträglich ist, mit all seinen Betrügern, Abzockern, Mietmäulern, und Speichelleckern, die nur in solchen Strukturen überleben können.

... link (21 Kommentare)   ... comment


Brauner und verstrahlter Müll

Mit freundlichen Grüssen an all die bloggenden, communitybetreibenden und gossenfüllenden Bonker in Berlin und anderswo:



Ab in die Tonne mit Euch.

... link (10 Kommentare)   ... comment