: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Weltnichtretter

"Wenn du die Welt retten könntest für ein einziges deiner Haare - gib es nicht her"
Dino Segre


Manchmal bin ich gewillt, Bewohner der UdSSA tatsächlich für so dumm zu halten, wie man es ihnen oft nachsagt. Und zwar nicht nur die Rednecks, die beim Küheficken in Arizona vermutlich noch relativ locker durch die Krise kommen, sondern alle bis zu den Idioten, die sich mit Hilfe von Lobbyisten und Schmiergeldern die Sitze in den Parlamenten erkauft haben. Ich bin kein Feind der USA, ich finde es toll, dass es dieses Land gibt, aber es wäre auch nett, wenn es nicht so himmelschreiend dumm, dumm, dumm wäre. Nehmen wir nur mal die Autoindustrie, die mit 15 Milliarden Dollar nur die Hälfte von dem bekommt, was sie haben wollte, aber das immerhin nur für die nächsten paar Monate. Um die Zahl mal in eine reale Grösse umzuwandeln: Das sind ungefähr die Kosten von 600.000 fabrikneuen Durchnittsautos. 600.000 praktisch unverkäufliche Dreckschleudern.



Es ist lächerlich zu glauben, irgendeiner der drei Hersteller wäre in der Lage, in den nächsten 10 Jahren ein konkurrenzfähiges Auto bauen. Aus einer ganzen Reihe von Gründen. Zuerst ist da der Vorlauf der Autoindustrie. Neue Baureihen brauchen in Europa zwischen 6 und 10 Jahren Entwicklungszeit, und es ist aufgrund der hohen Entwicklungskosten wirtschaftlich nicht möglich, eine Generation zu überspringen, selbst wenn man die übernächste Generation mit den Zielen schon entwickelt hätte, auf sich die Autohersteller verpflichten lassen wollen. Und die Hersteller in diesem Land sind schon heute weit, weit zurück: Der aktuelle Chrysler 300 basiert auf der nun schon 12 Jahre alten und seit 2002 ausgelaufenen E-Klasse von Mercedes. Das war kein schlechtes Auto, ist aber meilenweit von den Anforderungen von 2009 entfernt. Was passieren würde, wenn das lächerliche amerikanische Stromnetz mit seinen lumpigen 1800-Watt-Steckdosen plötzlich Autoakkus aufladen müsste, ist noch eine andere Frage, deren Beantwortung dort keinem einfällt.



Denn darum geht es nicht. Es geht um den ersten Schuss Geld, es ist ein Spektakel für die blöden Bürger, das zeigen soll: Wir geben denen nur die Hälfte, aber krepieren lassen wir sie auch nicht. Der zweite Teil stimmt, der erste ist eine blanke Lüge. Man wird der Autoindustrie alles geben, was sie fordert, da ist es auch egal, dass bei Chrysler mit Cerberus ein vermögender Hedge Fonds profitiert. Sobald man damit angefangen hat, wird stückweise mit der Wahrheit herausgerückt, denn die unerreichbaren Ziele sind der beste Anlass, Nachforderungen zu stellen und dabei zu betonen, dass es nur noch um die paar Milliarden geht, dann wird alles gut. Die knallharte Wahrheit ist: Amerika hat keinen einzigen Hersteller, der ohne Staatshilfen überleben kann, und die einzige logische Antwort wäre eine Verschmelzung der Firmen zu einem Konglomerat, um wenigstens im Überbau und der Entwicklung massiv Kosten zu sparen - so würde man das zumindest in Europa machen. In Amerika hat der Staat mit seinen Bailouts brandgefährliche Präzedenzfälle und moralisch abgefuckte Firmen geschaffen, gegen die die Risiken der Subprimekredite und bankrotter Hauseigentümer lächerliche Peanuts waren. Die Bailouts sind die Blase nach der Blase, und wenn die platzt, Gute Nacht, Freunde. Dann gibt es niemanden mehr, der den Krempel retten kann - es sei denn, man macht eine Hyperinflation zur Schuldenbeseitigung.



Wie das jetzt schon in die Katastrophe knallt, sieht man beim Versicherungskonzern AIG, der 90 Milliarden Bailout-Gelder so schnell verbrannte, dass er vor ein paar Wochen weitere 67 Milliarden brauchte. Jetzt hat AIG gleich nochmal 10 Millarden mit Wetten auf Hausmarktderivate verzockt. Und weil Bonuszahlungen für Manager nicht mehr en Vogue sind, gibt es eben retention payments - ein Begriff, den man sich wird merken müssen. Der Staat wird zahlen, um seine ersten 157 Milliarden nicht in einer Pleite zu versenken, und die Schuldner - allesamt Wall Street Elite - auch in Bedrängnis geraten zu lassen. Sie werden zahlen, selbst wenn man für die AIG-Zahlungen inzwischen 7 Millionen amerikanische Autos hätte kaufen können. Und nochmal. Und nochmal. Das gleiche Spiel wie bei der deutschen Hypo Real Estate, und ob deutsche Sicherheiten am Ende etwas anderes als Bezahlen bedeutet, muss sich auch erst mal zeigen. In Tegernsee, wohin der obige Rodel deutet, ist übrigens gerade ein Hotelprojekt geplatzt. Reiche Russen, die plötzlich kein Geld mehr haben, so kann es gehen. Die Krise ist überall.

Am liebsten würde ich mich hinlegen und 2009 verschlafen. 2009 ist das Jahr, das wir alle werden sauber knicken können. Wäre ich abhängig von Medien, Werbung und ähnlichem verzichtbaren Zeug, würde ich mir jetzt eine Alternative suchen. Jetzt heisst 10. Dezember, 22.07 Uhr.

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Im Früheis wir knallen vom Berg, fallera

Das ist ein durchgebogener Hörnerrodel von Bär aus Schwaz. Bär baut heute nur noch Möbel, was sehr schade ist. Zum Glück habe ich eines dieser 30 Jahre alten Eschenmonstren aus gutem Hause. Ich mag solche urzeitlich anmutenden, brutalen Gefährte, auf denen man auch Kanonen oder erlegte Wildschweine ins Tal bringen könnte, runter nach Wildbad Kreuth, wo das hingehört.



Diese Art der Hörnerrodel ist genau das richtige Gerät für einen Rutsch im Morgengrauen, und sollte die Kälte einen noch nicht aufgeweckt haben - die Neigung des Rodels, in schnellen Kurven hinten auszubrechen und dann kontrolliert um die Ecke zu schleudern, macht wach. Garantiert.Wäre schon jemand um halb acht unterwegs, er wäre sicher fasziniert von diesem Fahrstil, den man so auch aus Verfolgungsjagden aus Hollywood kennt.



Leider, leider war es das erstmal mit dem - leider auch nur scheinbar - sorg- und arbeitslosen Leben im Schatten der Berge. Nach der Arbeit am Rechner ruft nun wieder die Arbeit in München und am Haus, und da gibt es keine Berge. Mit etwas Pech ist es sogar ein Abschied für länger, und das, obwohl ich gerade vollkommen dem Davoser Gefühl erlegen bin. Winter ist absolut nicht mein Ding, aber so, wie er jetzt ist, ist er gar nicht so schlecht. Eigentlich ist er sogar grandios.



Ich mein, Essen, auf Berge steigen, Sonne, Licht, runtersausen, lesen und arbeiten in der Wärme mit der Eiseskälte vor dem Fenster - das kann man so lassen. Ich ertappe mich dabei, mein Hiersein mit Gedanken wie "Jede Nacht im Hotel würde in vergleichbaren Räumen 100 Euro kosten, das musst du ausnützen, mit jeder Nacht verdienst du 1oo Euro" zu begründen, was falsch und dumm, aber dennoch nicht wirkungslos ist.

Nun ja. Darf ich einen Tipp geben, für alle, die noch nach Geschenken suchen? Ich würde Ungeübten keinen Rennrodel empfehlen, aber so ein richtiger Hörnerrodel macht auch schön Dampf, ist vielleicht sogar mehr Spass, weil nachher die Bauchmuskeln nicht so arg weh tun und die Kurven schön knallen, und auch, wenn Bär sie nicht mehr baut: Bei Sirch in Böhen im Allgäu bauen sie meine Wildsau als Einsitzer mit dem schönen, bankertauglichen Namen Abyss H11. Sieht aus wie ein Designermöbel, ist aber gar nicht so arg teuer: Unter 200 Euro, hört man. Vielleicht 100 Euro mehr als einen in Osteuropa zusammengeschraubter Billigmüll, und dafür gibt es aus lokalem Holz und von deutschen Arbeitern gebaute Prachtstücke. Was Besseres als Billy-Regale haben sie übrigens auch - wenn das innere Kind genug gedübelt ist und der Mann oder die Frau Platz für Bücher brauchen.

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