Aber Fisch isst Du schon, oder?

Das ist sowas wie meine Lieblingsfrage auf meine Aussage hin, dass ich Vegetarier bin. Als sei eirgendwas, das im Meer lebt, kein Tier. In der Patristik gibt es im 3./4. Jahrhundert von mehralsnomalarschigen Kirchenvätern öfters mal die Frage, ob eine Frau jetzt nur minderwertig ist, oder gar als seeltenloses Tier bewertet soll. Daran erinnert mich diese erstaunliche Frage ein wenig.



Nein. Ich esse keinen Fisch. Das hat einerseits etwas damit zu tun, dass ich den Geschmack noch nie mochte. Dann aber auch mit der Art und Weise, mit der Fisch öfters serviert wird. Es gab im Altmühltal mal einen Gasthof mit Becken, aus dem man sich den Fisch heraussuchen konnte. Ich quengelte immer so lange, bis meine Eltern darum einen Bogen machten. Ich fand das pervers, und wenn ich bei Dallmayr bin, was inzwischen recht selten vorkommt, mache ich um das Fischbecken einen grossen Bogen. Fischmärkte am Mittelmeer sprechen mich auch nicht an.



Der Umstand, dass ich mal dabei war, wie jemand den letzten Fisch des Lebens ass, trägt auch nicht gerade dazu bei, Fisch zu schätzen. Der japanische Aal wehrte sich mit einer Gräte im Hals, das war ein ziemliches Spektakel und das brutal gekeuchte Ende einer Vorliebe für Fisch. Heute geht es der Person und allen Fischen gut, die sie nicht gegessen hat. Aber auch so habe ich eine gewisse Verachtung für Leute übrig, die mit Sushi angeben wollen. Man kann auch bei der Rinderzucht am Tegernsee mit den besten Voraussetzungen immer noch den Kopf schütteln, aber der Zynismus, der dem Wort Beifang innewohnt, ist nicht kleiner als die langen Leinen der industriellen Fischausrottung - so muss man das, was mit dem steigenden Bedarf von Meeresfisch in dem Meer fernen Regionen wie München verursacht wird, wohl nennen dürfen. Natürlich ist das Problem so weit weg wie der chinesische Sklavenarbeiter, der das Macbook zusammenschraubt. Das merkt man nicht so. Aber Fisch isst Du schon, oder?



Nein. Ausserdem hasse ich Angler. Sollten ein paar siffige Berliner Geldbussen erhalten, weil sie keinen Schein haben: Prima! Sollte die fette alte PR-Lachnummer, die ihre aufgequollene Fazialgegend bei einem Fastfooddrecksladen hinhält, Imageprobleme kriegen - schade, dass es nicht auch wegen der abartigen Hummerfresserei ist, mit der er sonst Idioten abzockt. Letzthin war ein Journalist am Tegernsee und schmierte Blödsinn über einen Bach, aus dem Kiesel und Fisch stammen sollten, die zusammen im Restaurant serviert wurden: Ganz schön peinlich reingefallen, der Mensch hat den besagten Bach schon vor längerer Zeit grösstenteils fischfrei gemacht, durch massive Eingriffe. So wird man verarscht, in den entsprechenden angeblichen Luxusrestaurants am See. Da kann die Pampe gar nicht teuer und schwermetallhaltig genug sein. Bei Fisch packt mich ein Eifer, den ich so eigentlich beim Fleisch gar nicht kenne.



Immerhin, ich nöle charmant. Ich bin durchaus freundlich, wenn es darum geht, Leute von den angesagten Fischrestaurants wegzulocken, zumal es dort für mich wirklich ausser einem Salat gar nichts gibt - das letzte Mal habe ich das vor 10 Jahren in einem alten Gasthof in Rheinland-Pfalz erlebt, jetzt kommt es durch die Fischmode wieder ins Klenzeviertel zurück. Und obendrein irgendwie bin ich auch froh, dass 2011 in dieser Hinsicht das Jahr einer gewissen, sagen wir mal, Bereinigung war: ich habe zwar kunstgeschichtlich ein gewisses Verständnis für Fischstilleben, aber ich bin nicht traurig, wenn ich deren Wiedererfindung in italienischen Restaurants nicht im Kopf stetig wegschieben muss.



Das sind dann so die kleinen Erfolge auf dem Weg von München zurück an den Tegernsee: Etwas weniger Fischverbrauch, zumindest an diesem Abend. Irgendwie sind wir so weit, über die Jagd auf Wale die Nase zu rümpfen. Da kann man wenigstens noch sagen: Gefangen und getötet wird der Wal, und sonst nichts. Aber die Ausrottung von Thunfisch, Hai und Dorsch, sei es nun für den Gewinn oder weil es halt anfällt, das ist in Ordnung. Das gilt irgendwie als Alternative zum Fleischkonsum.

Immerhin, ich vermute mal, ich bin der bessere Unterhalter gewesen, als die Frustfresse, die unbedingt in diesen Fischladen wollte. Kann also sein, dass sie wieder mit mir ausgehen und den kalten Brocken das nächste Mal dahein lassen.

Dienstag, 3. Januar 2012, 23:53, von donalphons | |comment

 
Hallo Don !

Nein, man muss keinen Fisch mögen...

Aber das Thema mit dem Beifang ist -zumindest beim Thun- doch vermeidbar. Gab es vor kurzem eine Doku (ServusTV oder Arte ?), die werden mit der Angel -ohne Widerhaken- gefangen. Muss man halt auf der Verpackung lesen. Kostet dann 50 cent mehr....
Das Hauptproblem beim Thun (und des Beifangs) sind aber die Freunde aus dem Land der aufgehenden Sonne, die haben den Schuss noch nicht gehört...

Man könnte aber auch einheimischen Fisch essen, z.B. Zander gibt es in allen oberbayerischen Seen (und lässt sich prima zu Carpaccio verarbeiten)..
Renken/Felchen sind auch geniessbar und Barsche/Schratzen eine wahre Delikatesse :-)

Das Problem ist doch generell ein anderes : Der Wert von Nahrungsmitteln ist keiner, Hauptsache billig. Da ist dann der Beifang egal...
Noch übleres Thema : Finning bei Haien !!

Herzlichst, Desillusionierter

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Zerknirscht
muß ich Ihnen, als alter Ichtyophage, weitgehend beipflichten.

Selbst wenn ich der milieubedingt konditionierten Leidenschaft ausschließlich mit Fängen aus brandenburgischen oder M/V-Seen, resp. Zuchten zu frönen versuche.

Wer den Dokumentarfilm 'Darwins Albtraum' über die Verwertungs - oder Verheerungskette des Produkts Viktoriabarsch jemals gesehen hat, muß einfach verzichten/reduzieren, wenn es um globalisierten Fischhandel geht.

Btw., die Frage: 'Aber Fisch isst Du doch, oder?' , einem Vegetarier gestellt, ist schon so aufgepumpt mit passive aggressiveness, daß der Typ froh sein kann, daß Sie nur charmant nölen.

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Passive aggressiveness... Haha, was ein Unsinn!
Es gibt noch andere als ideologische Gründe, Fleisch zu meiden, so dass die Frage nach Fisch durchaus angebracht sein kann. Insbesondere dann, wenn nicht die Ideologie in der Vordergrund gestellt ("Ich bin Vegetarier"), sondern darauf verwiesen wird, man meide Fleisch.

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Vegetarier kann man aus ideologischen Gründen sein.
Muss man aber nicht.

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Ich hab da immer den -ismus mitschwingen. Wobei es dann ja eigentlich heissen müsste: "Ich bin Vegetarist" :D

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Konkret sage ich meistens "ich bin Vegetarier" und schiebe dann nach, dass ich dabei ein Extremist bin. Ich kann mich aber auch noch an einen Aufenthalt in der Toskana erinnern, als ich Vorspeisen OHNE Fleisch verlangte, und einen Berg kalten Fisch bekam...

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Ich selbst bin leider nicht ganz konsequent.

Hochwertiges Fleisch (nur dieses) esse ich ab und zu (Wurst etc gar nicht). Frischen Fisch ab und zu.

Allerdings verzichte ich auf alles, was einhergeht mit inakzeptablen Fangmethoden oder nicht artgerechter Tierhaltung.

Fertigprodukte sind ebenfalls absolut tabu.

Mit einem Mix aus knackfrischer asiatischer vegetarischer Küche und dem, was der Don so photographiert, könnte ich aber gut auskommen.

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Zitat: "Konkret sage ich meistens "ich bin Vegetarier" und schiebe dann nach, dass ich dabei ein Extremist bin."

...was ist mit Kuh-Lab in den leckeren Käsesorten, die Du ja isst (und auch regelmäßig davon im Blog berichtest) ?
Wäre konsequent, dann dort auch drauf zu verzichten.

Ich, selbst Vegetarier, esse hin und wieder Fisch. Liebe allerdings Käse aller Art und esse auch Käse mit tierischem Lab. Ist halt schwierig, komplett auf alles zu verzichten. Dann müsste man ja Veganer werden :-)))

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Verehrter Don Alphonso, das ist mir, mit Verlaub, zu schwarzweiß gezeichnet. Es ist durchaus möglich, seinen Fisch aus Quellen zu beziehen, die nicht auf Überfischung, Raubbau, Antibiotikadröhnungen ec. basieren. Natürlich kostet das und überhaupt kommt derlei - wie beim Fleisch auch - höchstens einmal in der Woche in Topf und Teller. Wir sind in Deutschland leider auch beim Essen von dieser üblen Geiz-ist-geil-Mentalität geprägt, die die Lemming-Horden die Discounter stürmen läßt, wo sie ihre Ration Soylent Green abholen. Und dann wundern sich alle über regelmäßige Lebensmittelskandale.

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Ja, die Frage mit dem Fischessen kenne ich aus eigener Erfahrung auch. Manchmal schwingt da so ein bisschen ein Unterton wie: "Kein Fleisch - in Ordnung, ist vielleicht gar nicht so falsch; aber dann musst Du doch wenigstens Fisch...".
Ich reagiere auf so was eher entspannt; denn es gibt sicher auch Leute, die sich Vegetarier nennen, aber Fisch essen. Es scheint da zuweilen eine gewisse Verwirrung zu herrschen, weil es ja recht unterschiedliche Spielarten der vegetarischen Ernährung gibt.

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Vegetarier
Ein Vegetarier ist eigentlich immer jemand, der weder Fleisch noch Fisch ist - allerdings gibt es viele "Vegetarier", die diese Definition den eigenen Wünschen anpassen (ich kenne auch Vegetarier, die nur auf Wurst verzichten ...).

Meiner Meinung nach ist allerdings der Verzicht auf Fisch gesundheitlich ein wenig schwieriger als der Verzicht auf Fleisch (besonders, wenn man auf beides verzichtet), d.h. wer bewußt seinen Speiseplan einschränkt, sollte auch bewußt dafür sorgen, daß die Ernährung ansonsten ausgewogen ist.

Ich war lange genug Pescetarier, allerdings hat mich die Bekanntschaft mit einem radikalen Veganer von der Idee, andere für meine Überzeugungen leiden zu lassen, wieder abgebracht.

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Ein Vegetarier ist eigentlich immer jemand, der weder Fleisch noch Fisch ist - allerdings gibt es viele "Vegetarier", die diese Definition den eigenen Wünschen anpassen (ich kenne auch Vegetarier, die nur auf Wurst verzichten ...).

Ich musste auch erst nachsehen, aber den Begriff "Ovo-Lacto-Pesco-Vegetarier" gibt es tatsächlich.

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Vegetarier müssen sich damit abfinden, niemals ein Gargantua werden zu können.

Fisch an Silvester? Ach nö. Lieber Hirschkeule.

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Magerquark schmeckt am besten, wenn man ihn kurz vor dem Essen durch ein 300 g Rumpsteak ersetzt. :-)

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@ sephor ... trugschluss. mit der richtigen ernährung kann sogar muskelaufbau im normalne rahmen (3-5 kg /jahr) betrieben werden. nahrungsergänzungsmittel sind ebenfalls nicht notwendig

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Hä? Hatte ich hier irgendwas von Muskelaufbau geschrieben?

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ihr anspielung auf gargantua klang schon so ja ...

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Gargantua war ein riesiger, verfressener Fettsack. Aber Muskeln...?

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Die Frage nach dem Fisch
ist reine Bigotterie. Gerne auch in der Variation, aber doch wenigstens die Soße ...

Die Unterscheidung von Fisch und Fleisch kommt aus der katholischen (Kar-)freitagstradition, kein Fleisch zu essen, dafür aber den (damals billigeren) Fisch. Dunkel in Erinnerung ist auch ein Gebot, am Karfreitag nicht was auf Erden kreucht zu speisen, weshalb man dann zeitweise auch gerne mal etwas Ungeborene gegessen haben soll. Halte das aber für Kolportage der extremen luxuriösen Ausschweifungen des Klerus.
Einfachere Haushalte haben daraus die schöne Tradition der Mehlspeisen am Freitag entwickelt.

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Belegt für die Klöster ist zumindest, daß man, für die Kulinarik, z.B. den Biber der Klasse der Fische zuschlug.

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als kind hat mich immer das lachende schwein mit den zwei hackwerkzeugen darunter irritiert. das hing vor jeder zweiten metzgerei. also, das schwein freut sich darauf, endlich zur wurst zu werden?! naja.

das symbol zeigte aber selbst einem kind, mit welcher schizophrenie eine gesellschaft gerne leben moechte.
genau diese schizo zeigt sich heute, im erwachsenendasein in fast jedem bereich.

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[dieser Kommentar gefällt mir]

Wird nur vom stereotypen "Italo-Pizzabäckerle" auf den Verpackungen der Lieferdienste übertroffen (keine Ahnung, ob die immer noch im Umlauf sind - backe meine Pizza dank Pizzastein heute lieber selbst)

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*Ausserdem hasse ich Angler!!!!!
Tut mir leid fuer Sie, das Sie Hass gegen Angler haben.
Es trifft mich persoenlich, da ich auch angele.

Ich toleriere Vegetarier, Abstinenzler, Nichtraucher, Nicht-Pelz-Trager usw., solange sie tolerant und nicht militant sind.
Aber auch dann entwickele ich keine Hassgefuehle.

Bei uns gibt es ein bis zweimal die Woche Fleisch und, oder ein bis zweimal die Woche Fisch. An den restlichen Tagen Gemuese und Salat.
Natuerlich alles frisch vom Markt.
Nur den Fisch, den hol ich mir oft selbst aus dem Meer!
Eine frische Dorade, ich sag nur: leeecker!

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Der Wolf mag keinen Fisch, denn er stinkt, vom Kopf zuerst,
sagte man im Präsidialamt.

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Ich ess ja auch nur ganz selten Fleisch.

(Mein Lieblingssatz, der meistens auf die verneinte Lieblingsfrage folgt, siehe auch oben.)

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