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Mittwoch, 19. Juni 2013
Steigende Ansprüche
Eine Bekannte hat eine Mieterin für ein Haus ihrer Eltern, die einerseits meint, sie würde zu viel jeden Monat überweisen, und gleichzeitig aber findet, dass das Haus nicht ihren Ansprüchen genügt.
Das muss man erst mal auf sich wirken lassen. Und weil die Mieterin dann noch erzählte, wo sie dieses Jahr hinfliegen wird - noch weiter, noch länger, noch exklusiver - wurden die Verhandlungen für die Gartengestaltung nicht eben von gegenseitigem Verständnis geprägt.
Man sagt ja gerne, im Laufe des Lebens würden die Ansprüche steigen, aber manchmal habe ich den Eindruck, die Ansprüche sind völlig losgelöst von dem, was Menschen wirklich wollen und brauchen. Man kann nicht mehr als 2 Quadratmeter als Mensch besetzen oder beliegen, eine Terasse ist gross genug, wenn man nie mehr als 7 Leute gleichzeitig zu Besuch hat und die alle Platz haben. Es reicht. Und gleichzeitig reicht es vorne und hinten nicht, weil, kein Pool, kein Seeblick und weitere Gründe für das Mäkeln finden sich immer. Besonders von jenen, bei denen ich mich schon frage, ob sie mit dem körperlichen Verfall nicht ihre eigenen Probleme haben. Natürlich kann man das mit zunehmend teurerer Kleidung behängen. Aber die Frische der Jugend kommt deshalb auch nicht zurück. Dafür: Mehr Ansprüche. Vor allem an andere.
Weil damit inzwischen absehbar ist, dass mir die Ansprüche davonlaufen werden - oben in Tegernsee und drüben in Bad Wiessee werden Gated Communities geplat, muss man sich mal vorstellen, die einen Reichen sperren die anderen Reichen aus - und weil mein Eigen zwangsläufig zu einer Notbleibe am Rande der Berge mutieren wird, jetzt mal relativ zu den Ansprüchen betrachtet - werde ich vielleicht doch besser davon Abstand nehmen, mich daran zu orientieren. Ich glaube, die Ansprüche haben inzwischen Produktzyklen erreicht, die denen der sonstigen Konsumwelt ähneln: Jedes Jahr muss etwas Neues her, und dann macht man sich eben so lange narrisch, bis es kommt. Man konnte hier früher ohne Sterneköche gut essen und sollte der See jetzt einen verlieren, wird das sicher eine mittlere Katastrophe für alle, auch wenn das Zeug ungeniessbar ist, und die Inneneinrichtung so auch in Berlin stehen könnte. Früher war das alles sehr viel einfacher; man muss die gut-bürgerliche Küche nicht besser machen, als sie gewesen ist, aber es ging auch nicht arrogant und abgehoben zu. Gerade die Deutschen scheinen den Zwang zur Konformität des Alten inzwischen mit dem Zwang einer Konformität des Neuen - nun, erneuert zu haben. Früher unterwarf man sich dem Fett, heute dem Wissen um den angeblich richtigen Wein. Es wird unfassbar hochwertig gekauft, wenn es nicht gerade Essen für daheim ist, und unfassbar schnell entwertet und entsorgt und ersetzt. Aber auf dem See paddeln hier trotzdem Kinder auf einem 30 Jahre alten Surfbrett und kommen damit weiter als all jene, deren neue Segelboote an den Bojen hängen, weil sie keine Zeit haben. Man muss das Geld ja irgendwie verdienen, um die Ansprüche zu befriedigen.
Gestern kam ein Gesprächsbegehren von einer Firma, die auch das Neue schätzt, das geht mir halt noch im Kopf herum. Das sind die Bereiche, in denen man Neusprech machen sollte, so in etwa: Güter, die nicht mehr neu sind, sind keine Güter mehr, sondern Schlechter.Wahrscheinlich bekommen sie jedes Jahr einen neuen Rechner, alle zwei Jahre wird die Klimaanlage im Büro ausgetauscht, und es gibt keinen Kongress zum HR-Scoring, die von der Personalverwaltung nicht besucht und als Best Practice auf die Firma übertragen wird. Und am Ende funktioniert das alles technisch wie mein Blog bei der FAZ.
Es gab einmal eine Zeit, da sass man zusammen am See, manche hatten ein Brett und alle nur ein Fahrrad, und niemand hatte den Eindruck, so etwas würde fehlen. Dahin würde ich gern zurück.
Und das Schöne ist: Ich kann auch, ab nächster Woche.
Das muss man erst mal auf sich wirken lassen. Und weil die Mieterin dann noch erzählte, wo sie dieses Jahr hinfliegen wird - noch weiter, noch länger, noch exklusiver - wurden die Verhandlungen für die Gartengestaltung nicht eben von gegenseitigem Verständnis geprägt.
Man sagt ja gerne, im Laufe des Lebens würden die Ansprüche steigen, aber manchmal habe ich den Eindruck, die Ansprüche sind völlig losgelöst von dem, was Menschen wirklich wollen und brauchen. Man kann nicht mehr als 2 Quadratmeter als Mensch besetzen oder beliegen, eine Terasse ist gross genug, wenn man nie mehr als 7 Leute gleichzeitig zu Besuch hat und die alle Platz haben. Es reicht. Und gleichzeitig reicht es vorne und hinten nicht, weil, kein Pool, kein Seeblick und weitere Gründe für das Mäkeln finden sich immer. Besonders von jenen, bei denen ich mich schon frage, ob sie mit dem körperlichen Verfall nicht ihre eigenen Probleme haben. Natürlich kann man das mit zunehmend teurerer Kleidung behängen. Aber die Frische der Jugend kommt deshalb auch nicht zurück. Dafür: Mehr Ansprüche. Vor allem an andere.
Weil damit inzwischen absehbar ist, dass mir die Ansprüche davonlaufen werden - oben in Tegernsee und drüben in Bad Wiessee werden Gated Communities geplat, muss man sich mal vorstellen, die einen Reichen sperren die anderen Reichen aus - und weil mein Eigen zwangsläufig zu einer Notbleibe am Rande der Berge mutieren wird, jetzt mal relativ zu den Ansprüchen betrachtet - werde ich vielleicht doch besser davon Abstand nehmen, mich daran zu orientieren. Ich glaube, die Ansprüche haben inzwischen Produktzyklen erreicht, die denen der sonstigen Konsumwelt ähneln: Jedes Jahr muss etwas Neues her, und dann macht man sich eben so lange narrisch, bis es kommt. Man konnte hier früher ohne Sterneköche gut essen und sollte der See jetzt einen verlieren, wird das sicher eine mittlere Katastrophe für alle, auch wenn das Zeug ungeniessbar ist, und die Inneneinrichtung so auch in Berlin stehen könnte. Früher war das alles sehr viel einfacher; man muss die gut-bürgerliche Küche nicht besser machen, als sie gewesen ist, aber es ging auch nicht arrogant und abgehoben zu. Gerade die Deutschen scheinen den Zwang zur Konformität des Alten inzwischen mit dem Zwang einer Konformität des Neuen - nun, erneuert zu haben. Früher unterwarf man sich dem Fett, heute dem Wissen um den angeblich richtigen Wein. Es wird unfassbar hochwertig gekauft, wenn es nicht gerade Essen für daheim ist, und unfassbar schnell entwertet und entsorgt und ersetzt. Aber auf dem See paddeln hier trotzdem Kinder auf einem 30 Jahre alten Surfbrett und kommen damit weiter als all jene, deren neue Segelboote an den Bojen hängen, weil sie keine Zeit haben. Man muss das Geld ja irgendwie verdienen, um die Ansprüche zu befriedigen.
Gestern kam ein Gesprächsbegehren von einer Firma, die auch das Neue schätzt, das geht mir halt noch im Kopf herum. Das sind die Bereiche, in denen man Neusprech machen sollte, so in etwa: Güter, die nicht mehr neu sind, sind keine Güter mehr, sondern Schlechter.Wahrscheinlich bekommen sie jedes Jahr einen neuen Rechner, alle zwei Jahre wird die Klimaanlage im Büro ausgetauscht, und es gibt keinen Kongress zum HR-Scoring, die von der Personalverwaltung nicht besucht und als Best Practice auf die Firma übertragen wird. Und am Ende funktioniert das alles technisch wie mein Blog bei der FAZ.
Es gab einmal eine Zeit, da sass man zusammen am See, manche hatten ein Brett und alle nur ein Fahrrad, und niemand hatte den Eindruck, so etwas würde fehlen. Dahin würde ich gern zurück.
Und das Schöne ist: Ich kann auch, ab nächster Woche.
donalphons, 21:09h
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