: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 14. Juni 2013

Bedient

Es gab (und gibt sie, weil ein paar kochunfähige Leute noch immer nicht am Hunger krepiert sind, leider) in Berlin ein paar Restaurants, die sich damit gross tun, dass man die Gäste nicht gerade mit Wertschätzung behandelt. Restaurants, in denen man Politiker, Lobbyisten und Kreativrektalsauger trifft. Nun ist Berlin nicht gerade die Welthauptstadt der Freundlichkeit, aber wenn man mir sagt, das muss so sein, auch in Restaurants, die sich irgendwie alpenräumlich geben, dann muss ich leider sagen: Nein. Blöd von zumeist inkompetenten Leuten angemacht werden gehört nicht zu meinen Vorstellungen eines schönen Abends, da drehe ich die Hand zwischen Gast- und Schauspielstätte nicht um. Kurz, ich gehe gern essen und nicht hegemannen.



In drei Minuten bekomme ich beim Lengmüller oder Wagner (dem Konditor natürlich, nicht dem Drecksnazi aus Bayreuth) mehr freundliche Aufmerksamkeit als in Berlin an einem Abend, und das ist dann eben der Weg des Geldes, und wenn man mal wieder mault, dass einer dieser Berliner Läden untergeht: Mei. Die Kunst, mit dem Gast angemessen umzugehen, ist nun mal die Grundlage des wirtschaftlichen Überlebens, wenn man nur eine Abspeise und nicht die Deutsche Kriminellenbank oder jenes Institut ist, das vom Wegsperren des Aufdeckers ihrer Skandale profitiert. Mein Geld geht dorthin, wo auf meine ausgeprägte Freundlichkeit ebenso geantwortet wird.

Natürlich wird man im Alter milder und vergisst manche Zurücksetzung, was einen anfällig für neue Reinfälle macht. Man entfernt sich von schlechten Erdfahrungen und hört dann hin und wieder, dass es doch nicht so schlimm ist, und ich etwa hatte vor nicht langer Zeit einige Kontakte mit Leuten, die sich um alte Segelboote kümmern. Zum Beispiel hat mein Rodelhändler hier am See im Sommer die Wartung von Schiffen übernommen. Man redet halt so und sagt sich, dass all die Zurücksetzung und Arroganz der Segler aus den 80er Jahren, als ihnen das Windsurfen das Wasser abgrub, vielleicht vorbei ist. Es gab da mal einen Fall, dass bei uns ein Segelboot gekentert ist - sofort waren ein halbes Dutzend Surfer da, und haben das Schiff aufgerichtet. Man sollte meinen, dass das dem Verhältnis gut tut, aber eine halbe Stunde später fuhr am gleichen kleinen See ein Segler einen Surfer über den Haufen. Und wehe, man kam beim Halsen den verankerten Booten zu nahe! Sofort begann das Geschrei. Es wird unter Wellenreitern viel über das miese Benehmen der Locals gesprochen, die andere buchstäblich von der Welle prügeln; genauso mies habe ich die Segler in ferner, verwaschener Erinnerung, in Verbimdung mit einem ökonomischen Überlegenheitsgefühl. Das in meinem Fall nicht unbedingt angebracht war, aber so ein Boot ist gross und so ein Brett ist winzig. Aber schnell.



Das ist lang vorbei, und weil am Tegernsee so wenig Wind ist, habe ich natürlich Informationen eingezogen, bis ich die Segelsache aus rein logistischen Gründen begraben habe. Hätte ich es nur wirklich getan. So richtig. Also: Nicht kaufen und auch nicht den Mund aufmachen. Nicht am Strand plauschen. Weil:

Eine 470er? Was willst Du mit der Nussschale.

Hier Mitglied werden? Eventuell schauen wir im Winter mal den Antrag an.

Generell haben wir Interesse, wenn man es schon kann und vielleicht auch Wettkämpfe bestreiten will, für die man scheussliche Pokale bekommt.

Diese Stehpaddler machen den See kaputt.

Probier es doch erst mal als Bootsanteilseigner, da kann man gerade 1/3 kaufen für einen Preis, für den man woanders ein ganzes Boot bekommt. Hiuer, der Jockel, Jockel komm mal her und biete diesem unerfahrenen Idioten etwas an, das ihn richtig gut Geld kostet.

Ja, also danke für die Gespräche, Ihr dummen Snobs, für das Vereinsheim empfehle ich Berliner Gastronomen und für die Jahresverammlung die Regie des Volkstheaters. Der weisse Sport, so scheint es mir, hat sich in den letzten 25 Jahren nicht grundlegend verändert, es sind immer noch die gleichen Parvenüs, bar jeder Grosszügigkeit und mit einem Ton, dass ich mir sage: Das brauche ich nicht in meiner Freizeit, und ich will nicht irgendwo Mitgleid sein, wo man sich nicht mal wehren kann. Ich bin ja auch nicht bei einer Burschenschaft und der einzige beiden Komplexe in meinem Leben, wo leider auch solche miesen, aufgeblasenen Typen rumrennen, kann ich mich wehren und zurückschlagen. Auf dem Rennrad, auf dem Rodel, beim Bergsteigen bin ich allein, aber selbst wenn nicht, geht es da ganz anders zu. Ich habe so eine Arroganz noch nie irgndwo auf einer Hütte erlebt, da ist man zufrieden mit dem, was geht, und macht anderen nicht die Leistung schlecht. Für das, was der Spass kosten würde, bekomme ich ein Jahr lang jeden Tag ein Stück Torte, jeden Monat eine Karte für die Staatsoper und eine komplette, gebrauchte Surfausrüstung.

Und beim nächsten Wind über 3,5 Beaufort schauen wir mal, ob das noch geht wie früher.

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