: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 24. Mai 2011

Braucht keiner mehr

In Deutschland ist es ja schon recht lange her, dass in grossen Mengen alte Aussteuerwäsche auf die Antikmärkte kommt. Zumeist unbenutzt und ohne Tadel, weil man früher die guten Sachen aufgehoben hat und später neue Sachen hatte. Irgendwann in den 60er, 70er Jahren war dann auch Schluss mit den Initialen stickenden Grossmüttern. Diese Tradition hat sich in Italien - ländlicher, katholischer, verheirateter - länger gehalten. Inzwischen aber gibt es kein Halten mahr: Ständeweise wird die alte Wäsche mit Bommeln, Blütenmustern und Initialen verkauft. Spottbillig.



Tagelang müssen die alten Damen an Prunkstücken hingenäht haben, die jetzt für 10, 20 Euro verschleudert werden. Riesentischdecke , 12 kleine Deckchen, 12 Servietten, alles mit Monogramm und grossclangeeignet: 120 Euro. Bei uns gehen die Preise längst wieder in die andere Richtung. In Italien ist es so gut wie unverkäuflich. Dann, ein paar Stände weiter, eine höchst komplexe Terrine aus Bisquitporzellan, eine Arbeit in Rokokotradition aus Capo di Monte: Auf ihren breiten Füssen steht sie da, gross, sehr gross, die S-Klasse unter den Terrinen, man schluckt und denkt sich: Kann ich mir eh nicht leisten. Das waren in den früheren Jahrzehnten die typischen, hochrepräsentativen Hochzeitsgeschenke, die Schaustücke, so etwas steht in der römischen Stadtwohnung eines Adligen aus Orvieto immer noch, begiert und bewundert von mir: Capo di Monte , das Nymphenburg Italiens.



Kein Sprung, keine Blüte ist angeknackst, alles fein, die weitaus weniger schön gearbeiteten, neuen Stücke am Lago Maggiore waren jenseits der finanziellen Möglichkeiten, oder besser gesagt: Bei solchen Summen setze ich andere Prioritäten. Es sind Prunkstücke, an denen ein Töpfer lange hinarbeitet, es ist nett, so etwas zu haben, aber üblicherweise wurde es verschenkt. Das ist diesmal jedoch kaum anders, für einen lächerlichen Betrag - vermutlich von beiden Seiten so wahrgenommen, wie kann der Deutsche diesen alten Plunder mögen und so viel bezahlen? - wechselt die Terrine den Besitzer. Capo di Monte leidet in Italien offensichtlich unter dem gleichen Problem, wie das Arzberg-Goldrand von Tante Erna.. Handarbeit hin, Prunkform her.



Es passt alles nicht mehr in den italienischen Lebensstil. Es passt auch nicht zwingend nach Deutschland, aber dort gibt es durchaus wieder Küchenschränke und Anrichten und Tafeln, auf denen so etwas eine eine dominante Position einnehmen kann. Also ich kann so etwas schon brauchen. Ich hatte vermutlich auch Glück, dass hier keine Briten und Amerikaner vor mir waren, die wissen, was andernorts dafür genommen wird. Das hier ist die Realität: Man will das alles nicht mehr haben. Man schenkt Wohnungseinrichtungen in Form von Möbeln, man arbeitet Listen ab, man stickt nicht mehr, und meine kleinen Deckelschalen, vor ein paar Jahren noch in Mantua bei einem Juwelier gekauft, gibt es dort auch nicht mehr. Britische Silberwaren: Durchaus noch. Aber Capo die Monte? Ich wüsste selbst nicht, wo ich das noch kaufen könnte - ausser eben an Orten mit Touristen aus dem Commonwealth. Da hat Capo di Monte noch den Klang der Grand Tour durch Italien. Ein Italien, in dem sich die Einweggeschirre in den Cafes wie eine Pest ausbreiten.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Eine kleine Unterbrechung für Hamburg

Anke Gröners Buch ist da. Und ich mache mir Tortelli mit Butter und Salbei.

... link (9 Kommentare)   ... comment


Desolat

Wie schlimm es in der CDU wirklich aussieht, sieht man angesichts des ausbleibenden Putsches gegen die Parteigranden. So ein Debakel in Bremen, so gar keine Folgen. Da ist einfach keine junge Garde, die endlich die Reste des Systems Kohl wegfegt. Gut, in der SPD ist das auch nicht besser, aber nur rumsitzen und auf das Wegsterben der Wählerbasis zu warten ist nicht wirklich eine Zukunftsoption. Wahrscheinlich hoffen alle, dass die Bild schon das Richtige tut, wenn die Familienministerin dann endlich ihr Kind hat. Und ansonsten profilieren wir uns dann gegen Europa. Es würde mich gar nicht überraschen, wenn der Funke aus Spanien und Griechenland auch bald nach Italien überspringen würde.

... link (22 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 23. Mai 2011

Demnächst in einer bayerischen Weltstadt in Ihrer Nähe

Wem es langweilig ist, Nespressenutzer zu diskriminieren, und wer schon alle Rezepte für Spritz kennt - für den gibt es nächstes Jahr etwas Neues in den üblichen Lokalitäten der besagten Stadt, die mit diesem Import wiederum ein Jahr vor allen anderen ist: Die neueste italienische Marotte nämlich, irgendwo draussen das Feinkostgeschäft mit begrenztem Angebot im Halbstehen zu organisieren. Das sieht dann so aus, dass es auf der Strasse, auf dem Platz, vor dem Cafe, vor dem Laden einen Tisch gibt, auf dem irgendeine Art von Brot, eventuell auch dicke Grissini bereitstehen, sowie eine Vorrichtung für das Hauchdünnschneiden von Parmaschinken. Daneben oft auch noch einige Flaschen mit Wein in Kühlern.



Irgendjemand verwaltet das, jeder kann kommen und das schnell nehmen. Vermutlich gibt es dagegen in Deutschland Milliarden Vorschriften, vermutlich muss da ein Dach her und eine spezielle Genehmigung, aber ich bin mir sicher, München wird das bald kopieren. Denn damit kann man einen ganzen Parmaschinken herzeigen. Und die tollen Schneidegeräte aus Italien. Und es ist so locker, wie man das hier mag, und gleichzeitig irgendwie schick, auch wenn es eigentlich nur Schinkelsemmel senza Gurke 2 Go ist. Und wer nicht goht, der bleibt und bildet, einem Pilzhexenring gleich, grosse Kreise:



Da ist dann immer noch ein Platzerl für Leute, die man assimiliert, und am Ende gibt es eine horrende Rechnung, die man sich aber leisten kann, und die den Wirt glücklich macht. Aber es geht nicht anders, der Import italienischer Semmeln, hart und geschmacklos, das muss man verstehen. Und dann sind die Münchner wieder die nördlichen Itaiener vor allen anderen Deutschen, die das entweder viel teurer anbieten (Frankfurt) oder damit pleite gehen, obwohl es besser zu den hygienischen Nichtzuständen passt (Berlin). Das neue Sommermodegetränk aber, das ist noch nicht gefunden.

... link (10 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 21. Mai 2011

Steine und mal trockene, mal nasse Frauen

Ich war mal wieder in Vicenza, einer Stadt, die eigentlich immer gleich aussieht und noch, man muss sagen immer noch, recht frei von Touristen ist. Das ist für Ende Mai höchst ungewöhnlich, normalerweise sind längst Pfingstferien, aber dieses Jahr schenkt einem noch zwei Wochen vor dem grossen Einfall. Dann, ja dann ist Vicenza wieder eine Welthauptstadt der deutschen Gesundheitssandalen, namentlich der pensionierten Oberstudienräte. Aber jetzt ist es Architektur und Form.























Erstaunlicherweise traf ich dort auch zwei Kollegen der besagten Tageszeitung: Einmal einen hochrangigen Mitarbeiter des Feuilletons, der scheinbar einen Zweitjob als Autobahnmautkassierer in Vicenza Ovest hat, und die direkte Betreuerin meines Blogs, die sich eine neue Brille kaufte in der Form, wie sie eigentlich schon eine hat. Beide sprachen italienisch und gaben vor, mich nicht zu erkennen. Schon seltsam.

... link (12 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 21. Mai 2011

Meine Stadt

In meiner Stadt gibt es jeden Tag grosse Auftritte.



In meiner Stadt gibt es jeden Tag grosse Dramen zu bestaunen, und immer sitzt man in der ersten Reihe.



Ich habe hier einen Fernseher und so ein Satellitending für Zeug aus Deutschland, aber meine Stadt überträgt so viel., dass ich zuhause eigentlich froh bin, eine Weile meine Ruhe zu haben.



In meiner Stadt fällt nie der letzte Vorhang, in meiner Stast gibt es immer jemanden, der klatscht, oder eine Arie singt. In meiner Stadt sind alle Publikum und Darsteller, Ressigeure und Bühnenbildner. Italien ist gut zu mir, aber bald bin ich sechs Wochen hier, und noch immer atmet der Deutsche in mir auf, wenn er die Türe hinter sich schliesst. Dabei ist meine Stadt immer noch sehr gemässigt, es ist nicht Neapel, Rom oder Turin, es ist nur eine kleine, nicht ganz so dumme (solange man nicht auf das Stadtregime schaut) Stadt am Mincio. Das laute, offene Leben, es passt zum Blogger in mir, aber nur begrenzt zur Person hinter der Kunstfigur; ich schaue es mir gerne an, durchaus lang und mit Wohlwollen, aber so gut mir das alles getan hat - man kann nicht jeden Tag 8 Stunden im Theater sitzen.

... link (8 Kommentare)   ... comment


Un

brauchbar: Natürlich wäre ich der letzte, der einen Altbücherstapel mit eingebauter Likörbar bräuchte - eher einen Foliantenstapel mit eingebauter Teebar - aber trotzdem entzückend. Wo diese Veroneser Händler das nur immer hierhaben.



bezahlbar: Irgendwann, dachte ich, gehe ich mal in so einen Laden und frage, was so ein Ding, sei es nun Gemälde oder Leuchter kostet. Ich habe es gewegt, und es ist angenehm zu wissen, dass ich lange Jahre mit der ungestörten Illusion durch das Leben gelaufen bin, mir so etwas leisten zu können. Dann doch eher Mercato da Usato in Mantua. Die sind nicht so prächtig, aber auch nicht so ruinös-



nachahmlich: Das Licht. Das ist schon bei den Gemälden des 17. Jahrhunderts so, das Licht hier ist anders, am tag, aber auch am Abend. Und es ist auch mit dem Kunstlicht anders geblieben. Aus irgendwelchen Gründen ist das Licht bei uns nie so warm, selbst wenn es nicht Neon ist. Deutsche Bilder wirken meist kalt. Italienische Bilder fast immer warm.



vermeidlich: Diese Schuhe. Die fräsen sich gerade durch die italienischen Nobelgeschäfte. Mit Sicherheit dauert es nur bis nach den Pfingstferien, bis sie Schwabing erreichen. Italiener schleppen sie jetzt schon tütenweise nach Hause. Weil Turnschuh (was Jungen tragen), aber nicht reine Sportschuhe, sondern auch anderweitig vorzeigbar. Heute Lochkappe, morgen dann Budapester. Umgekehrt auch für den Budapesterträger, wenn es sportlich wird. Sie lachten am Anfang über Spritz? Sie werden nicht mehr lang über diese Schuhe lachen.



tauglich: Ich kann mit so etwas trotzdem nichts anfangen, ich bin zu alt und für diese Art von Sport - mit Spritz herumstehen und Leute angaffen, etwas zu alt. Überhaupt schaue ich nur noch zu Amüsementszwecken in solche Schaufenster, gehe dann lieber zu meinem Schuster und nehme noch einen Gürtel mit, solange die Schuhe nicht fertig sind.



verzichtbar sind sie nämlich erst dann, wenn man zurück in Deutschland ist und so etwas von der Stange kaufen muss. Italien ist am Anfang immer etwas teurer, wegen der angelegten Vorräte. aber langfristig dann eben doch sehr günstig, solange es nicht gerade um Kunst und Kunsthandwerk geht. Netterweise habe ich - reiner Zufall - jetzt auch eine Hemdenmassschneiderei gefunden. Dazu mehr irgendwann in einer Form, bei der ich sicher gehen ann, dasss die miesen Klauer bei Neon nicht wieder aus "Recherche" gehen.



Mitunter finde ich es ja ganz angenehm zu wissen, dass einem diese Leute hier nicht dauerhauft nachkriechen können. Ich habe einen gewissen Standortvorteil, wobei ich mich schon einmal mit einer fein beschuhten Asiatin unterhalten würde, die mir hier immer wieder über den Weg läuft und die Angewohnheit hat, sich am tag mehrmals umzuziehen. Sie muss hier in Verona leben, zumindest, während ich auch in Italien bin, und irgendwas mit Medien machen: Bevor in den Hotels WLAN üblich wurde, sass sie im gleichen Internetcafe, und jetzt schleppte sie eine sehr grosse DSLR auf den Berg. Und nahm sich beim Ablichten sehr viel Zeit. Für mich ist Verona so eine Art erweiterter Münchner Süden, aber mich würde wirklich interessieren, wie man in Japen? Korea? Ich vermute Letzteres - diese Puppenstube einer idealen, itaienischen Stadt bgeschrieben haben möchte.

... link (16 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 19. Mai 2011

Entschuldigen Sie bitte.

.Ja, Sie, die Dame auf dem Roller heute Nacht neben mir. Es gibt leider Arien, in denen die Lautstärkeschwankungen recht hoch sind. Ich gehöre nicht zu denen, die voll aufdrehen, wenn ich durch eine Stadt fahre, aber nun mal auch nicht zu Hobbylobbyisten und ihren verfetteten Mietfressen, dass ich mein Leben vor dem Rechner fristen müsste (oberster Beitrag, Blogbar wird gerade servermässig umgebaut). Da stand ich also, Sie kamen angeknattert - und mit Verlaub, Ihre Kiste war auch nicht legal leise - und dann setzte Frau Kermes an. Richtig. Das drang nicht nur durch ihren Helm, mir ging es auch durch und durch. Ich bin dann ja auch ganz schnell bei Grün von Ihnen weggefahren. Legal, aber schnell.



Trotzdem, es ist nicht so ganz meine Art, andere mit meiner Musik zu belästigen. Ich bin hier als Gast und verbringe meine Tage hier recht still, ich bin immer noch etwas mitgenommen von der Mille Miglia und dem vielfältigen Treibem, das zu beschreiben dem Berichterstatter obliegt, ich brauche danach Urlaub im Urlaub, und dass Frau Kermes so laut läuft, offen in der Stadt - das ist den besonderen Umständen geschuldet. Nein, ich will kein Verständnis, ich denke nur etwas über mein Leben nach.



Entsagung ist ja nicht so mein Ding. Aber auch, wenn es vielleicht manchmal so aussieht, also wäre Nichtstun und darüber Schreiben mein eigentlicher Beruf, stimmt das natürlich nicht. Es ist durchaus eine gewisse Arbeit, diese Existenz so niederzuschreiben, dass sie in sich stimmig ist. Wirklich "nichts tun" wäre dauerhaft auch nicht mein Lebenszweck. Aber andere sehen das anders; ich meine jetzt nicht all die kleinen Hater und Pisser da draussen im Internetdönerschlunz, sondern den Jungen, den ich kannte: Vor ein paar Jahren starben seine Eltern und hinterliessen ihm mehr als genug, wirklich reichlich, dass er kündigen konnte. Er ging mit seinem Hund spazieren, beschaffte sich - endlich - die richtige Freundin, und wenn ihn jemand für diese Arbeitslosigkeit kritisierte, sagte er, das sei ihm egal, er wisse, dass er nicht alt werden würde. Alle Männer in seiner Familie wären früh gestörben.Er war gerade mal 2 Jahre älter als ich, als er vor kurzem und eine Woche nach dem 46. Geburtstag schwere Schmerzen verspürte, den Notarzt rief, aber bis zu dessen Eintreffen war er schon tot.



Seitdem bin ich etwas durcheinander, ich gebe es zu. Da gehen einem dann schon gewisse Gedanken durch den Kopf. 2 Jahre ist nicht wirklich viel. Er hat es instinktiv richtig gemacht, man kann ihm sicher nichts vorwerfen, die Frage ist halt: Was macht man selbst. Die Frage ist für mich nicht so drängend, ich mag das, was ich tue, und wie ich es tue, aber andererseits: Mit solchen - letztlich zutreffenden - Vorahnungen würde ich vielleicht auch manches anders machen. Um Gottes Willen, sicher nicht mit den Dreckschweinen dieser Welt aussöhnen, nein, eher nochmal in die Fresse hauen, der Bande, nur weil sie weiterlebt, muss man es ihnen ja nicht schön machen. Dann habe ich manche Wünsche, die einen gehen Sie nichts an, werte Dame auf dem Roller, die anderen sind eher banaler Natur, aber darüber muss man kaum reden; ich hätter gern noch ein paar Bilder gekauft und geliebt und gelesen, das Übliche halt.



Wären es wirklich nur derer zwei Jahre - zum Glück bin ich der festen Überzeugung, mindestens 95 bei bester Gesundheit zu werden und auch keine Gelenkprobleme zu haben, wenn ich auf den Gräbern meiner Feinde tanze - dann würde ich es einmal mit voller Kraft darauf anlegen, noch einmal in einem alten Auto durch die Porta Borsari zu fahren. Es war dieses Jahr schon recht fein, wie so vieles andere auch - und ganz ehrlich, in Siena war ich wirklich froh, frei zu sein und mir die dort missglückte Sache anschauen zu können. Aber die erste Nacht ist die beste, und die Porta Borsari ist ein besonderer Ort. Sie hat etwas von einem Gipfel, und es war ein Genuss, auf sie zuzufliegen und sie zu durchfahren.



Und das nächste Mal bin ich dann bereit, wieder dort zu sitzen und zuzuschauen, wie sie vorbeikommen und in der Nacht verschwinden. Zuschauen ist auch fein. Alles ist fein, mit Ausnahme von vielem, Berlusconi etwa und seine Anhänger, aber ich bin gern hier, für ein, zwei Monate. Und noch sehr, sehr oft. Inzwischen ist hier wirklich Sommer; es ist noch hell, wenn die Geschäfte schliessen und sich die Italiener auf der Piazza dell Erbe treffen, wo das Orange in den Gläsern funkelt. Bald, das merke ich, wird es ungemütlich.



Dann wird es hier zu heiss, die Touristen kommen wieder in Scharen, die Oper macht auf und vorbei ist es mit der beschaulichen Ruhe. Es wird Zeit, die letzten Besorgungen zu erledigen, denn irgendwann wird in Deutschland die Blüte vorbei und der Pollendreck weggewaschen sein, und eigentlich bin ich auch sehr gern daheim. Aber diese beiden Monate, April, Mai, in Italien, ich denke, ich sollte sie beibehalten. Als Marotte. Eine mehr macht auch nichts mehr aus, so viele Löcher sind gar nicht in Ihrem Auspuff, Madame. Fahren Sie wohl, ich muss heim nach Mantua, wo über den gefluteten Reisfeldern ein blutroter Vollmond steht.

... link (5 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 17. Mai 2011

Mal was anderes

Ein paar meiner absoluten Lieblingsbilder von der MM (so an die 100 sind richtig gut). Geputzt und in 540 Pixel Breite. Das sieht in der FAZ dann schon ganz nett aus, ohne eine Klickstrecke zu sein.

... link (15 Kommentare)   ... comment


Wenn Du in Rom bist

frage Dich: Ist es das wert? 800 Kilometer in diese Stadt zu fahren, nur um in der Dunkelheit jene Autos anzuschauen, die Du schon in Brescia, in Sirminone, Verona, San Marino gesehen hast? Nun:





Sagen wir mal so, ich schätze Rom nicht besonders. Doch, das ist es wert, auch wenn ich unsagbar lange nicht mehr im Vatikanischen Museum war und diesmal sogar direkt gegenüber gewohnt habe.Dort also geht es nach viel zu kurzer Nacht wieder los.



Es ist zu Beginn fast nichts los auf den Strassen; es sind dies, auf dem Weg durch das Latium, vielleicht leichtesten, schwebenden Momente der Mille Miglia, mal im morgendlichen Sonnenlicht und mal im Nebel der ehemaligen Sümpfe.









Dann geht es, meist in einem Pulk mit den Werks-BMWs durch Städte und Dörfer, die Schulen lassen ihre Kinder auf die Strasse, und ich habe schon einen Krampf vom Winken. Das ist dennoch sehr angenehm.















Und irgendwann stellt man sich die richtige Frage: Wie wäre es, wenn man nicht genau hier genau jetzt wäre? Ich mein:





Die Zeit scheint stillzustehen, vielleicht bin ich auch nur, wie so oft nach wenig Schlaf, empfindsamer für die Ewigkeit von Minuten. Es ist in Ordnung, hierher zu fahren und wieder umzukehren. Man fährt nicht irgendwohin, man fährt. Dann aber steht man. Augerechnet in der scheusslichsten Ecke der Toskana werden die Autos nochmal sortiert, bevor es nach Siena geht.













Nochmal raus, nochmal Bilder machen, so kommen sie nie mehr zusammen, denn danach wird die Belastung einige aus dem Rennen werfen.









An dieser Stelle schiesse ich das 2000. Bild dieser Mille Miglia. 2000. Und Siena liegt noch vor uns.

... link (13 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 16. Mai 2011

Nicht nur fette, alte Männer

Bei manchen Frauen zieht so etwas wie die Mille Miglia einfach nicht. Bei anderen zog sie vorher nicht und dann doch. Und dann gibt es natürlich auch noch Fanatikerinnen. Die wollen dann auch dabei sein.













Zum Glück ist man wohl inzwischen etwas davon abgekommen, deutsche Fernsehmumien in verschiedenen Stadien des Zerfalls einzusetzen, egal welchen (soweit noch erkennbaren) Geschlechts. Wenn ich mal mitfahre, also richtig, und ich habe das fest vor - wenn ich mal mitfahre, halte ich in Rom meinen Aloysius auch hoch.

















In der Ergebnisliste gibt es übrigens 90 Autos und 180 Insassen, bei denen Non Arrivato, nicht angekommen, daneben steht. Mir ist es gelungen, eine Aufnahme zu machen, die zeigt, wie sich die Italiener an diesen Nonarrivatisti an den Strassenrändern schadlos halten.



Das gibt einem schon zu denken, wenn man daran vorbeifährt. Unter den Nonarrivatisti war auch ein deutscher Journalist, der sich auf Presseticket bei einem Autokonzern hat mitnehmen lassen. Oberklasse bei der Unterschichtenwelt.Ich wäre bei Fleischkonsum in der Toskana in den kommenden Tagen vorsichtig.

... link (15 Kommentare)   ... comment


Saubere Wäsche in Siena.

Uiii. Wie erst jetzt bekannt wird, hat die japanische Atommafia gleich am ersten Tag der Fukushimakatastrophe eine komplette Kernschmelze im Reaktor 1 gehabt, und das Zeug hat sich dann auch prompt durch den Behälter geschmolzen. Sowas nennt sich dann defensive Informationspolitik. Die 50 angeblichen Helden waren teiweise verarschte Zwangsarbeiter, die Strahlendosen für Kinder wurden heraufgesetzt, und vermutlich wird man in einem Jahr, wenn sonst nichts mehr passiert, wissen, was da wirklich alles passiert ist. Eine Technologienation erweist sich plötzlich als schlecht getarnter Firmenfaschismus.

Noch schöner, weil näher, ist das Aufkommen von Berichten der Algenpest und Schimmelbefall an unseren toll eingepackten Niedrigenergiehäusern, die aussen so kalt sind, dass sie nass bleiben. Wenn ich dann lese, dass man hat die Dächer mehr hervorragen lassen sollte, frage ich mich schon, wie das bei Altbauten vor 1900 gehen soll. Vielleicht einfach komplett neue Dächer draufmachen, damit Alge und Pilz nicht nch 3, sondern vielleicht erst nach 5 Jahren den Putz zerstören, sich in Ritzen fressen, der Feuchtigkeit Platz machen und dann im Winter dem Eis die Zerstörung überlassen.Inzwischen denkt man darüber nach, die Aussenwände künstleich zu beheizen...

Immerhin hat die Bauwirtschaft dann in ein paar Jahren wieder was zu tun, wenn das Platik wieder runter muss und ein neuer Butz nötig wird. Aber der ist dann nie wieder so gut wie der alte Putz.

Das kann einem in Siena alles nicht passieren. Die Häuser sind gar nicht verputzt, und die Wäsche ist auch sauber.















Und wie jedes Mal habe ich auch diesmal dort Krawatten gekauft. Ich habe bei der kurzen Heimreise die Krawatten zurückgelassen, nur um hier zu merken, dass ich ja am Wochenende beim Concorso d'Eleganza bin, und da möchte ich ordentlich gekleidet erscheinen.



Siena. Das ist der Sehnsuchtsort für mich. Nicht, dass ich dort wohnen wollen würde, aber dort ankommen ist immer wie ein Traum.

... link (12 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 15. Mai 2011

Testlauf

Bis kurz vor San Marino habe ich ausprobiert, ob ich notfalls auch unter Rennbedingungen eventuell ein CMS mit Bildern versorgen könnte, sagen wir mal: Alle 30 Minuten ein Bild. Es ist nicht ganz einfach, weil die Dreifachbelastung - knipsen, bearbeiten und beifahren - im realen Leben doch recht hoch ist. aber ich komme vom Radio, und da lernt man, schnell unter unschönen Konditionen zu arbeiten.



Und irgendwie habe ich das Bestreben zu erfahren, was geht. Mille Miglia und zumindest eine Art Bildtagebuch. Im Auto brauche ich für ein Bild ungefähr 5 Minuten, dank meines neuen Netbooks und eines recht simplen Programms.



Es ist im Ergebnis etwas primitiv, man müsste es unterwegs mit einer Vorratshaltung machen, und der Erzählstrang wäre nicht gerade linear, was man aus einer Mischung von Detailbildern und Rennbildern kompensieren müsste.



Aber generell ist es möglich. Ich denke auch, dass man es als Grossbildformat (Bilder mit 900 Pixel Breite) recht anschaulich machen könnte.



Was man dazu halt bräuchte, wäre einen Auftraggeber, dr bereit ist, das auch auszuprobieren. Ob es dann noch gut ankäme, wäre die nächste Frage. Das Lustige bei der FAZ ist ja, dass sich dort manche bei der Wirtschaft überschlagen, wenn es um Dinge wie "Echtzeit" geht.



Aber wenn sich dann mal jemand aus dem Fenster hängen würde... eigentlich denke ich, dass solche Impulse gar nicht von mir kommen müssten. Es gibt dort eine Onlineredaktion, wir schreiben 2011, eigentlich könnte von da ja auch...



Aber nur beim Löschen von Beiträgen, unwiderruflich und mit allen Kommentaren und auf Basis eigener Interpretationen von gezielt gefälschten Informationen, dort wird schnell geschaltet. Wenn es um die Entscheidung geht, ob man sich an das halten will, was man vor ein paar Monaten noch selbst so angewiesen hat, schaut es schon anders aus. Dann werden plötzlich neue Direktiven rausgegeben, die Blöden, die sich an si alten Regeln gehalten haben, schauen in die Röhre (wenn sie dreimal nachfragen, weil natürlich keiner selbst gern unschöne Dinge vertreten mag).



"Im Haus wurde entschieden" heisst das dann. Andererseits habe ich ja auch ein eigenes Blog. und wenn die FAZ nicht mag, kann oder nicht ahnt, dass so etwas gehen könnte, oder nicht reagiert: Ich mag solche nicht alltäglichen Inhalte.



In meinen Augen stehen die Medien vor einem Wandel, und vor der Frage, ob sie das, was geschieht, nicht nur erkennen (das tun sie durchaus), oder daraus auch Konsequenzen ziehen (davon wird geredet. Viel.).



Die Erfahrung mit der Mille Miglia ist, dass dort jede Menge PRler mit Firmenrechnern, Firmen-UMTS-Sticks und Firmenkameras in Firmenwagen rumfahren. Da wird sofort verschickt und bearbeitet. Was denen klar fehlt, ist jemand, der das Material zu einer konvergenten Geschichte verdichtet.



Auf der anderen Seite - die der Medien - gehen alle Anstrengungen in "Protokolle" von Gossensängern und billigen Quietschnummern, die justament dann online gehen, wenn alle, wirklich alle in die Glotze schauen. Uniformes Gossen-TV-Nacherzählen ist das, was Medien unter Echtzeit verstehen.



Vorgehen nach Schema, nach Zielgruppen, nach Hypes, nach Plänen, nach möglichst grosser Reichweite. Lustigerweise bekomme ich ja ein wenig die Zahlen mit, da ist es mitnichten so, dass "Megathemen" wie Fussball als Blog weit vor Kleinthemen wie individuellen Medikamentierungen liegen. Komischerweise laufen da auch in 125 Beiträgen 102 Kommentare auf. Da geht noch was, liebe Medien, vorsichtig gesagt.



Von den Nischen wird zwar gern gesprochen, aber da hat man einerseits schon jede Menge etablierter Nischen, die vielleicht nicht ohne Grund Nischen geblieben sind. Oder besser, verstaubte Ecken. Mit Autoren, die sich dort bestens eingerichtet haben, und die man dann eben auch noch online macht. Ein wenig Staub für das Internet. Aus der Nische ist jedes Thema einmal gekommen, wenn es nur gut gemacht wurde. Aber das heisst dann auch: Man muss Nischen entwickeln. Gross machen. Oder wenigstens mit den Leuten reden, ihnen etwas erzählen.



Das setzt natürlich einen gewissen Mut zur Farbigkeit unter all dem Grau und Einerlei vorraus, da muss man vielleicht mehr wagen als nur mal einen Tupfer, und bei allem Nachdenken auch ein paar Misserfolge in Kauf nehmen.



Das Bunt kann, im Gegensatz zum bekannten und schon immer so mit mittelprächtigem Erfolg laufenden Monochrom schon mal daneben gehen. Dafür hätte man ja auch Spezialisten für Bunt, mit denen man reden könnte.



Aber wenn alles andere monochrom ist, fragt sich der Leser, was das eine vom anderen unterscheidet. Und unschön wird es, wenn andere schneller als man selbst zum Bunt finden. (Die Zeit hat nicht zufällig einen Onlinechef, der Blau heisst)



Wenn sie dann - solche Entwicklungen werden kommen - auch beides gleichzeitig bei den Themen können und bringen:



Das grosse Ganze im Panorama. Und das kleine, witzige Detail. Wenn sie nicht nur Welterklärer sind, sondern auch mal runtergehen auf die menschliche Ebene.



Man muss es nur wirklich, wirklich wollen.



Man muss sich wirklich, wirklich reinhängen.



Man muss wirklich, wirklich bereit sein, das System zu ändern.



Aber dann kommt man vielleicht wieder aus der Sackgasse heraus und kann wieder Vollgas geben.



Und vielleicht sind dann auch die Leser wieder bereit, mit einzusteigen und die Welt zu bestaunen.



Wie auch immer: Bei der Mille Miglia gab es im Original jede Menge DNFs, did not finish. Ich habe nicht die Absicht, bei diesem Ausscheidungsrennen ein DNF zu werden. Ich mache bei der FAZ das, wofür ich bezahlt werde. Und den Rest hier.

... link (35 Kommentare)   ... comment