Real Life 28.06.08 - Art at Auction 78/79, Seite 212

Hier, bitte. Fast identisch. Sehen Sie?
Ja. Ein guter Preis. Aber bei Auktionen gibt es immer Irre, die jeden Preis zahlen, das hat nichts zu sagen.
Und Sie sind wirklich einverstanden, trotzdem?
Junger Mann, ich habe es nicht nötig, den Inhalt meiner Garage zu Neumeister zu tragen. Hier ist eine Quittung, nur damit mein Sohn nicht später mal auf dumme Gedanken kommt und sie wiederhaben will. Das ist so einer, der es immer erst versteht, wenn es zu spät ist.
Ja.
Und vergessen Sie das Geschirr nicht. Bekommen Sie das alles überhaupt in Ihr Auto?



Ich denke schon. Einen auf den Beifahrersitz, einen auf den Gepäckträger. Sie wollen Sie wirklich nicht behalten?
Wenn Sie sie nicht nehmen, bekommt sie irgendein Händler, ein Neureicher oder ein Verbrecher wie der P.. Sie haben Sinn dafür.
Ich hoffe doch.
Jetzt sage ich Ihnen mal was. Sie sind bei diesen Leuten, die sie rumfahren, vollkommen fehl am Platz. Sie sollten Ihr Leben nicht mit diesen Kriminellen zubringen, das verdirbt nur den Charakter. Und kriminell sind sie alle, heute zeigen sie sich an, morgen arbeiten sie schon wieder zusammen, und die Anleger und die Helfer bleiben auf der Strecke. Sie sind doch keiner von denen, oder?
Nein, eigentlich bin ich Kulturhistoriker. Und eigentlich habe ich schon ein paar mal gekündigt, aber sie lassen mich nicht gehen. Einer muss am Ende fahren. Sie haben keinen anderen, und ich bin da jemandem verpflichtet. Dafür mache ich morgen eine Benefizlesung, das gleicht alles wieder aus.
Fahren Sie vorsichtig, und wenn sie sie restaurieren, machen Sie es nicht zu perfekt. Nur Amerikaner, die keine Ahnung haben, wollen keine Patina.
Keine Sorge, mein ganzer Stadtpalast wird nur von Patina zusammengehalten.
Quietschend schliesst sich hinter dir das Tor, so breit wie eine dreispurige Autobahn, und du wirst das nächste Mal etwas Fett mitbringen. Es sind diese Kleinigkeiten, von denen aus der Zerfall Metastasen bildet, aber man kann früh etwas dagegen tun.



Es gibt frische Kirschmarmelade in der Provinz auf der Dachterasse, dazu Kirweikipferl und Tee, aus dem Jubiläumsgeschirr von Zeh Scherzer, 1930 hergestellt und seitdem nie benutzt, und einen Himmel mit Wolken in Form der Rocaillen, die sich auch auf den roten Chinalackstühlen wiederfinden, die wohl doch englisch und um 1730 sind, aber das spielt jetzt keine Rolle, denn du musst noch einen aktuellen Text umschreiben.



Denn wie dir beim Abholen der Kirschmarmelade berichtet wurde, kommt auch Herr Dr. K., und seine Tochter ist überraschend aus der Schweiz eingetroffen, blendend soll sie aussehen und das Drama der elterlichen Scheidung überwunden haben - und da würde sich so manches im öffentlichen Vortrag nicht ziemen, sonst gibt es nur noch mehr Ärger, als ohnehin durch gewisse persönliche, man könnte sagen Konstellationen, unvermeidlich sein wird.

Sonntag, 29. Juni 2008, 00:52, von donalphons | |comment