Grün unter Blau.

Weil der Tag, an dem ich an einem Biedermeierstuhl mit Mahagonifurnier aus der Zeit um 1820 für 25 Euro vorbei komme und ihn nicht kaufe, der Tag sein wird, da man mich im Leichenwagen daran vorbeifährt.



Auch bei 35 Euro und einer Entstehungszeit um 1830 kann ich offensichtlich nicht nein sagen, und es macht mir auch nichts aus, wenn es diesmal kein Mahagoni, sondern Nussholz ist. Sogar den scheusslichen Stoff kann man verschmerzen. Als ich in Schwabing wohnte, spazierte ich zu oft an Antiquitätengeschäften vorbei und wünschte mir genau solche Stühle mit geschwungenen Zargen und Lehnen, die nur zur Zier gestaltet wurden.



Man kann auf solchen Stühlen nicht lümmeln; es gilt, Haltung zu bewahren, und die berühmte Handbreit muss zwischen der viel zu schmalen Lehne und Rücken bleiben. Neben der Büchervitrine ist jedenfalls noch genug Platz für einen gleich gemaserten Stuhl, ab und an liest man nur kurz in ein Buch hinein und möchte sich auf eine Seite setzen. Allerdings weniger auf den wirklich scheusslichen blausilbernen dekostoff des Sitzkissens, den jemand in völliger Verkennung der Biedermeieroriginale aufgetackert hat.



Glücklicherweise waren frühere Generationen verständiger, und haben einen feinen, dezenten Gobelinbezug mit Streublumen gewält, den abzureissen die Freunde der Tackers zu faul waren. Es war offensichtlich eine Frage des fehlenden Geschmacks und nicht die Abnutzung, die das schreinede Silberblau das fein gemaserte Holz beleidigen liess. Schneller wurde wohl nie ein Stuhl in seinen früheren Glanz versetzt.



Es ist Zufall, dass es passt. Es ist Glück. Eine Trouvaille. Immer nur her damit, ich habe noch viel Platz, und irgendwann in diesem Winter werde ich auch einen grösseren Kulturempfang machen müssen, dann kann ich ihn tatsächlich auch brauchen.



Hält praktisch unbegrenzt. Sieht hübsch aus. Und war spottbillig. So wird man den Winter der Rezession aussitzen können.

Mittwoch, 29. Oktober 2008, 00:21, von donalphons | |comment

 
Drei Stück hab' ich auch noch - ordentlich verpackt - auf dem Speicher, der zur zu kleinen Wohnung gehört, schlummern. Eines hoffentlich nicht allzu fernen Tages in der pasenden Umgebung werde ich sie auch wieder an die Wand stellen.

... link  


... comment
 
Was macht man denn mit Stühlen, die tiefe Kratzer haben? Überlackieren ist keine Lösung.

... link  

 
Der Restaurator meines Vertrauens füllt sowas, dass man's kaum mehr sieht. Ich konnte es nicht glauben...

... link  

 
Kommt auf den Kratzer an.

Ich würde ihn als Patina lassen. Ansonsten die Kratzer reichlich gezielt befeuchten, das Holz etwas quellen lassen und anschliessend, mit einem dünnen Tuch auf der Stele drüberbügeln mit dem Bügeleisen. Anschliessend mit Möbelpolitur polieren.

... link  

 
Danke! Das wird gleich mal getestet.

(Der Stuhl ist übrigens wunderschön. Wäre ziemlich ideal zum Cellospielen...)

... link  

 
Ich war auch ganz erstaunt, dass er bis zum Zusammenpacken keinen Käufer gefunden hat. Aber diesmal war einfach kein Käuferwetter.

... link  


... comment
 
ein Alfred Walter Heymel...
wäre wohlwollend erfreut.

... link  


... comment