Die Skalpe meiner Feinde - der Lampenschirm

Vermutlich findest du es schick, wenn die Leute Schwellenangst haben. Ist ja auch eine der feinsten Adressen der Stadt, nicht ganz so fein wie die Maximiliansstrasse, aber hier kaufen, heisst dabei sein. Du bist der Meinung, dass nicht jeder einfach kommen kann und falls doch, bitteschön mit Hochachtung vor dem Konsumprodukt. Telefonische Bestellungen nimmst du natürlich entgegen, aber wenn der Kunde nicht deinen Vorstellungen entspricht, dann, also, Moment, da sind noch andere Kunden und die Farbe, ach so, die müsste, warten Sie mal, der Blick sagt: ob Sie das überhaupt zahlen können, wie sie aussehen, na, also, die Farben, nein, die sind irgendwie verschwunden, vielleicht schauen Sie morgen nochmal vorbei oder rufen an, ja? Seien Sie doch - ach so, sie sind mitten drin, ja, das ist schade, aber Sie sehen doch, und Sie müssen jedesmal 80 Kilometer, aber wir sind gerade voll beschäftigt, drei Kunden auf zehn Mitarbeiterinnen, und irgendwie sollten Sie nicht so auftreten, wenn Sie schon so den Laden betreten, denn unsere Farben verdienen es, nur auf Zegna gespritzt zu werden, und zu Colefax & Fowler können Sie natürlich auch gerne gehen, und alles nochmal streichen, und wenn wir die Farben drei Wochen später wieder finden, rufen wir Sie auch gerne an und erinnern Sie an Ihre Schulden. So in der Art gehst du mit denen um, die mitten im Streichen nicht so aussehen, als könnten sie 100 Euro für 5 Liter Farbe bezahlen, und ganz ehrlich: Sie würden es auch nicht tun, nur hat sich eine Bekannte exakt diese Farbe eingebildet, und warum soll man nicht mal zum Geburtstag das Streichen verschenken. Wenn es mit der Farbe klappen würde.

Der Kunde, den du nicht haben wolltest, sitzt ein paar Monate später bei Frau S. am Tegernsee und versucht, einen Lampenschirm auf einer umgebauten Imarivase zu befestigen, was sich als unmöglich herausstellt; zu nahe kommen die Glühbirnen dem Stoff, und Frau S. sieht ein, einen Fehlkauf gemacht zu haben. Ist der nicht, fragt er, von diesem Geschäft in dieser Strasse? Die hatten doch vor einem Jahr in der Kollektion diese gerafften Seidenschirme. Richtig, sagt Frau S., und findet es aber gar nicht so schlimm, ein Impulskauf sei es gewesen, weil dein Laden aufgrund anhaltender Lieferprobleme mit dieser Marke sich neue Firmen gesucht und den Rest verschleudert hat. Ob er ihn nicht brauchen könnte?



Er jedenfalls ist der Meinung, dass ein schöner Lampenschirm nichts für arrogantes Verkaufspersonal kann, oder für eine Firma, die im Hype mit der Produktion nicht mehr nach kam. Er hat eine passende Lampe ohne Schirm und kann sich ausrechnen, dass weder die Firma noch das Geschäft irgendwas daran verdient hat, und heute sind die Zeiten nicht mehr so, dass du Kunden hinhalten könntest. Auch die Firma wird heute keine Lieferschwierigkeiten mehr haben, denn auch die anglophonen Heimatmärkte haben mehr Sorgen, als dass man sie mit 2000-Pfund-Bettwäsche überdecken könnte. Vielleicht gehst du bald pleite. Kann schon mal passieren, bei den Münchner Mietpreisen und den Mietverträgen über 5 Jahre, davon mindestens zwei in der Rezession. Der Schirm ist wirklich gut, aber noch besser war die gelungene Eigenmischung der Farbe: Es steht zu befürchten, dass es wirklich auch ohne dich geht.

Hast du Schwellenangst beim Amtsgericht?

Sonntag, 21. Dezember 2008, 00:24, von donalphons | |comment

 
entweder eine schöne lampe oder gut fotografiert oder beides. wahrscheinlich beides. ich hingegen brauche eine gute idee für dieses wunderschöne, absolut wertlose und daher absolut amtsgerichtdiskompatible modell hier. (ich scherze nicht. mich macht sowas wirklich fertig!)

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Sowohl der Lampenfuss nach französischer Art als auch diese Art von Schirm waren Mitte der 00er Jahre in München hoch begehrt, denn da machte nahe des Viktualienmarkts ein Laden auf, der solche Stehlampen und Kronleuchter hatte - und sonst nur teuren Wein. Es war der richtige Laden zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Stadt. Allerdings kosten dort die Lampenschirme ungefähr 10 mal so viel wie in Verona, wenn man sie dort am Corso massfertigen lässt. Needless to say, fand ich meinen Lampenfuss natürlich nicht dort, sondern bei einem türkischen Elektroinstallateur, der Zugang zu einer gewissen Sorte Villen hat und nebenberuflich Kronleuchter vertickt, und habe sie - weil der Schirm fehlte - als Kompensation für einen Kronleuchter für eine Mieterwohnung bekommen. Ich kannte diese Lampen schon, weil ih einmal in Berlin eine gefunden habe, aber die nach dem Wegzug und der Auflösung verschenkt habe. Man muss einfach nur warten.

Ich glaube, die Lampe im Bild ist asiatischen Ursprungs, insofern würde ich vielleicht einfach zu Japanpapier greifen.

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