Es geht uns gut

Es ist gar nicht so schlecht, dass meine vegetarische Marotte daheim und auf dem Markt allgemein bekannt ist. Ich kaufe trotzdem bei Fleischanbietern ein; der Hofladen im Moos zum Beispiel hat ein selbstgebackenes Olivenciabatta, das alles, wirklich alles aussticht, was ich in der Hinsicht aus Italien kenne. Dort, wo ich meine Pilze und den Broccoli kaufe, gäbe es neben anderen ausgefallenen Dingen auch Gänseleberpastete, über die hier erhitzt geredet wird. Doch auch dort kennt man eine - für hiesige Verhältnisse - eigenartige Einstellung zum Fleisch, und folglich wurde mir heute als Präsent nicht die elsässische Innerei, sondern italienische Trüffelbutter mitgegeben. Also, richtige Trüffelbutter. Nicht das aromatisierte Zeug.



Und da haben wir schon das Luxusproblem des guten Essens mitten in der Krise: Trüffel als Pilz sind nämlich auch nicht so meines. Ich mag einen Hauch Trüffel in Ravioli, ich schätze es, wenn man ihn ahnt. Mich hebt es buchstäblich, wenn ich irgendwo beim Essen bin, und nebenan lässt sich ein Parvenü seine Pasta mit Trüffel überreiben, als wäre es Grana Padano der billigeren Sorte. Dazu kommt noch die Erinnerung: In meiner Jugend, nach dem Abitur, rutschte eine Bekannte erst in den Drogenmissbrauch und dann in die Psychosen ab, und dieser auch äusserliche Zerfall wurde von dem leicht fauligen Geruch von Trüffeln begleitet. Das Wissen, dass sich die Trüffelsau bei der Suche eigentlich nach dem Sexualgestank des Ebers orientiert, den sie mit dem Geruch von Trüffeln verwechseln, trägt auch nur begrenzt zu meiner Begeisterung bei - kein Mensch käme auf die Idee, sagen wir mal, Butter am Primärgenital eines männlichen Schweines zu reiben.

Ich bin, das kann man hier sehen, eher ein schlichtes Gemüt, banale frische Pasta mit einer Tomate und ein paar Gewürzen aus meinem Dachgarten ziehe ich im Sommer jedem Edelrestaurant vor, und ich wüsste im Winter wenig, was mir eine grössere Freude bereiten würde, als eine warme, verzwickt süss und sauer schmeckende Kürbistarte mit Schwammerl und Käse, deren Zutaten 2,50 Euro kosten, mithin also ein Zehntel dessen, was für 100 Gramm dieser Butter gezahlt wird. Edle Speisen dagegen verlangen nach komplexen, ein schlichtes Gemüt anstrengende Arrangements, und so kann ich sagen, dass sich italienische Trüffelbutter wirklich sehr gut mit Tete de Moine oder Scamorza ergänzt, wenn man über geschmacksintensive Brezensemmeln verfügt. Vielleicht probiere ich es heute Abend auch mit etwas aus Kartoffeln aus. Ich werde angesichts der wirklich dezenten Verwendung noch lange rumprobieren können, aber wieder einmal merke ich, dass ich die Verfeinerung nach Gusto der Masse nur bis zu einem gewissen Grad ertrage, dann wird es zu viel, dann brauche ich das Bodenständige, die Erde, ein Brett, die Kälte, einen schlichten Frischkäse wie den St. Ceols und ein Stück Kartoffelbrot, oder ein in Käse ersäuftes Gratin.

Ich bin eigenartig, ich weiss. Es gäbe so viel Wein zu trinken und Fleischstücke zu hypen, man könnte sich mit Fischeiern gross tun, ich habe Krebsmesser und Austernzangen aus Silber daheim, aber es geht mir gut, wie es ist, und nur, weil etwas anders schmeckt und mit Leid für das Tier verbunden ist, muss ich es nicht mögen. Generell frage ich mich, was eigentlich exklusiv ist: Der Cretin, der in einem Zelt unter hunderten anderer Hirnloser das Ergebnis einer Sternekantine a la Glotze in sich hineinschaufelt, oder derjenige, der die, seien wir ehrlich, banalen Grundlagen der Mythen kennt und für sich beschliesst, dass er es nicht haben muss.

Samstag, 27. Dezember 2008, 18:01, von donalphons | |comment

 
Ob etwas teuer ist, sollte in der Tat nicht der ausschlaggebende Grund für den Konsum von Lebensmitteln darstellen. Demonstrativer Konsum hat ja stets eine etwas unangenehme Seite, denkt man etwa an zu große Kraftfahrzeuge mit zu hohem Spritverbrauch und den Kauf von Kunst durch Leute, die davon nichts verstehen und die Preise für andere verderben.

Auf der anderen Seite: Der Kauf grade von Lebensmitteln nach der Devise, alles möge am besten gar nichts kosten, ist für die Natur sicherlich der ruinösere Posten. Damit meine ich natürlich nicht Menschen wie Dich, Don, die nach Qualitätskriterien kaufen und zufällig Dinge präferieren, die günstiger sind als eine Hirschkalbskeule. Den € 2,99-Schnitzeljägern sollte man indes tatsächlich einmal klarmachen, was es bedeutet, wenn so produziert wird, wie sie es nachfragen. Dagegen sehe ich die Hochgastronomie bei allen Auswüchsen und Lächerlichkeiten als das durchaus kleinere Problem. Das ist wie das Theater - manchmal viel Bohei für wenig Ertrag, und manchmal göttlich.

... link  

 
Wenn es wenigstens Hochgastronomie wäre - was gerade in München passiert, ist mit Namen aufgepeppter Kantinenfrass, wo die Auster die Currywurst ersetzt, garniert mit irgendeiner TV-Koch-Grösse. Das Ganze dann in einem Zelt in einer Industriebrache für 100 Euro pro Person und das ideale Geschenk für alle, die "es sich mal so richtig gut gehen lassen wollen". Ich denke, das ändert wenig an den Preisen, wie auch nicht an den Geschmacksmohren, die da für viel Geld mit billigem Wass gewaschen werden. Dass die Suche nach dem billigsten Hack bei Leuten, die nicht dazu greifen müssten, trotz aller Skandale immer noch an der Tagesordnung ist, ist leiglich ein Ausdruck mangelnder Lernfähigkeit vom anderen Ende her. Und vermutlich gibt es zwischen beiden Gruppen grosse Überschneidungen.

... link  

 
die ersten bioläden, die sich auf feinkost spezialisiert haben, geraten gerade ins schleudern, da die austernschlürferfraktion sich in teilen wieder den alten handelsbeziehungen, also den alteingesessenen spezialisten zuwendet. man rückt wieder zusammen.
die x5 und cayennes der anderen stehen hingegen schon wieder auf den discounter-parkplätzen. "aldi hat ja schließlich auch gute sachen", verkünden sie treuherzig und schleppen das soylent in die marmornen küchen.

... link  


... comment
 
"... kein Mensch käme auf die Idee, sagen wir mal, Butter am Primärgenital eines männlichen Schweines zu reiben."

In Zeiten wie diesen wäre ich mir da nicht so sicher. Zumal auch eine Menge zweibeinige Schweine durch die Gegend laufen. ;-)

... link  

 
Warum muss ich jetzt an der letzten Tango in Paris denken?

... link  

 
Bügeleisen statt Butter.

... link  

 
du Schuft, die Lätta

... link  

 
Foxxi, weil Du vielleicht immer noch nicht kapiert hast, dass es bei der Butterszene nicht um Analverkehr, sondern um eine anale Vergewaltigung handelte?

... link  

 
(Gut, dass ich keine Glotze habe)

... link  


... comment