In Eile

1995 waren die teuersten Rennräder für mich so unerschwinglich, wie sie es noch immer sind: Nicht, weil ich nicht kann, sondern weil da eine Hürde in meinem Kopf ist. Irgendwann einmal, sage ich mir dann. Aber 1995 konnte ich noch nicht wissen, wie die Welt sich entwickelt, und wie sehr wir zu einem Wegwerfplaneten werden. Wenn etwas 1995 auf den Markt kam, war klar, dass es auch 2000 noch auf dem Markt sein würde. Es kam das Jahr 2000, und diese Wahrheit wurde umgestossen. Seitdem rechnet man nicht mehr in Generationen, sondern in Jahren. Dass mein De Rosa Planet von 1995 ist, erkenne ich nur an ein paar Details, und weil es damals zu teuer war: Was man sich nicht leistet, bleibt einem gut in Erinnerung. Und dann, letzten Herbst am schönen Gardasee, stand es zu einem Preis da, der sehr viel über unsere Welt und unsere Art der Produktion sagt. Es wäre schade darum gewesen. Und es ist schade, dass ich es seit dem letzten Herbst nicht mehr gefahren bin - das sagt leier viel über das deutsche Wetter aus. Aber heute, heute war es so weit.







Hätte ich dabei auch etwas geplant - sagen wir mal, am Morgen schon die Reifen aufgepumpt, um zu sehen, ob sie die Luft halten - wäre ich vermutlich nicht erst um 20 Uhr losgefahren, nein losgerast auf einem neuen Satz Laufräder. Wie es nun mal so ist: Man denkt sich, wieso den Schlauch wechseln, wenn andere Räder gerade rumstehen, baut sie ein, fährt los, es geht schwer, so schwer, irgendwas stimmt nicht: Die Felgen sind breiter, damit auch die Reifen, die auch sonst breiter wären, und weil das Rad anders zentriert ist, schleift es. Am Rahmen, an den Bremsen, an der Gabel. Es folgen Justierungsbemühungen, aber immerhin: Inmitten von in die Stadt ziehenden Fussballfans. Sie sind dort, wo ich nicht sein werde, und umgekehrt.







Kurz, ich fliege in ein fast menschen- und autofreies Umland. Fussball zieht die Leute von den Strassen weg, alles ist frei, niemand knattert, rast oder quietscht mit den Bremsen. Nur ich. Viele Vögel. Und ein paar unentwegte Radler, die wie ich denken. Man grüsst sich. Man denkt sich das gleiche: Wenn es nur immer so wäre. Und wenn es noch früher wäre, müsste ich auch nicht so rasen. Aber ich habe ein Ziel, und daher mache ich meinen eigenen Hochleistungsduathlon: Schnell treten und aus dem Sattel knipsen. Es geht nicht anders. 40 Kilometer müssen sein. Oder es gibt kein Abendessen mehr. Da bin ich jetzt knallhart mit mir selbst, denn Sonntag mache ich Sportpause.







Derweilen mobben sich in Berlin die Piraten in der Fraktion, es kommt zu Durchmärschen über gesichertes Unterstützergebiet, Vorabsprachen und Hinweise an Konkurrenten, dass sie sich besser mal nicht aufstellen lassen, wenn sie keine harte Landung wollen. Was seit Monaten mit Durchstechereien vorbereitet wurde, mit persönlichen Diffamierungen und Kompromat aus dem Lebenslauf, wird jetzt gezündet: Kann sein, dass der Senat platzt, dann hält die Fraktion vielleicht bis zun Ende durch. Ich vermute aber eher, dass irgendwann die Piraten platzen, im Verhältnis 10 zu 5. Oder sie bröckeln, oder was auch immer. Jedenfalls zeigen die Pirtaten, dass in Sachen Machtpolitik die Transparenz hochgehalten wird, wenn es anderen schadet. In Bayern, hört man, sind sie nicht ganz so, aber schlimm ist das schon. Weil das, was in Berlin passiert, auf alle durchschlägt. Aber kein Schaden ohne Nutzen. Die Schramm gibt zu Protokoll:

"Danke, dass ich heute daran erinnert wurde, warum ich definitiv nicht für den Bundestag kandidieren werde."







"Fuchs und Trauben"

höhnt jemand zurück, aber ich denke auch, dass diese Berliner Postentrauben ähnlich gut reifen, wie die echten. Bestenfalls sauer, normalerweise magenverderbend. Das liegt teilweise an den Menschen und an der Partei, und dann auch am Umstand, dass diese Menschen und diese Partei so perfekt nach Berlin passen: Das Neue, das Andere, das Schnelle, gestern noch Hoffnung und morgen schon Mobber, eben noch Jungstar und dann schon Spezlwirtschaft, vor neun Monaten auf den Posten und dann auf die Hinterbank, nur die unrasiertte Ahnungslosigkeit mit dem psychischen Defekt, die bleibt und kommt nach vorne. Politik anders machen. Sich gegenseitig abschlachten. Man hat keine Stiftung auf die man sich abschieben lassen kann, und so ist das dann Lustigerweise haben zwar die Spezialistinnen der Portale mit dem "S" das ganze Material brühwarm, aber sie schreiben kein Wort darüber. Nur Lob für den Putschbetreiber. das musste sein, die Fraktion hatte so viele Probleme. Ich dagegen bin in Bayern, es säuselt der Wind, und auf jeder Kuppe kommt noch einmal die Sonne heraus.







Die Luft mag aus dem Reifen sein, aber den kann man flicken. So etwas gehört dazu, es mindert nicht den Spass am De Rosa, es ist immer noch ein tolles Rad, und ein wenig schade ist es, dass ich es so selten gefahren bin, wie die anderen auch. So fliege ich von Kuppe zu Kuppe, zwischen Licht und Finsternis, allein und frai von aller Last. Was für ein Sommer.

Daheim muss ich schnell noch etwas anderes machen und schlafe auf dem Sofa ein. Mit 53 Kilometern in den Beinen, und ohne Essen.

(Man frage mich bitte nicht, wie das mit den Bildern von vorne über die Vorderachse geht. Es geht halt. Aber man sollte es nicht machen.)

Samstag, 23. Juni 2012, 01:52, von donalphons | |comment

 
Hatte gestern abend
auch noch ne tolle Abendrunde. Aber da war so gut wie niemand zum Grüßen, es war fast gespenstisch leer auf den Straßen. Selbst auf der Straße nach K**rst, wo eigentlich immer andere Fahrer rumstrampeln, pedalierte ich allein auf weiter Flur.

... link  

 
Na dann
Ich hatte schon Angst, der Beitrag wäre jetzt einer zuviel mit blauem Himmel.

... link  

 
Iwo, die Bilder stören kaum beim Lesen. Aber selbst wenn ich mich jetzt anhöre wie Ihre Frau Mama, bitte passen Sie auf, das eine Bild mit dem Vorderrad zwingt einen förmlich an Stürze und Salto vorwärzt zu denken.
Oder ist da wieder ein Stöckchen im Spiel und alles nur ein Trick?

... link  

 
@16:44
Man auch gönnen können - und in meteorologisch weniger gesegneten Gegenden die Zeitfenster nutzen, die sich auftun.

... link  

 
Zur Schramm fiel mir vor Tagen was klitzekleines ein, das ich hier nun böse anbringen kann:
Der depperte Kollege vom Kottan hieß Schrammel.
.

... link  


... comment
 
Wo
findet man nur solche Räder? Im größeren Online-Auktionshaus werden meist Mondpreise verlangt. Die hiesigen Radhändler scheinen auch eher am Neugeschäft interessiert zu sein als am Verkauf der Alträder der Apotheker und Ärzte. Zur Inspektion sollte man das Rad sowieso nicht abgeben, wie man z.B. eine Hinterradbremse offen einstellen kann ohne es zu merken ist mir ein Rätsel. Wenn man nur die Zeit hätte das alles selbst zu machen, wie früher mit 16, was braucht man schon außer ein wenig Werkzeug, Teflonfett und etwas 2-Takt-Öl. Ach ja, ein paar freie Stunden, da war doch was...

... link  

 
Bei den Radläden in Norditalien, am Gardasee, einfach nach Usate fragen.

... link  


... comment
 
Ich nehme das mit den Bildern hier inzwischen einfach schon so hin. Aber es stimmt: bei mindestens der Hälfte dieser Bilder müsste man sich fragen: wie macht der das eigentlich? ;)

Aber das gilt eigentlich nicht nur für die Bilder, sondern manchmal auch für dieses Blog. Ich bin froh, dass es da ist :)

... link  

 
Und ich bin sehr dankbar für all die klugen Kommentare.

... link  

 
Altmeisterliche Beleuchtung digital:

ja, die Mischung aus holländischer Landschaftsmalerei und italienischem Kunsthandwerk ist berückend.

Es sollte mal ein best of dieser Ausfahrten geben! Sind ja etliche übers blog verstreut

... link  


... comment