Transalpin
Lange Jahre ist es so gewesen, dass sich der neu entstehende Wohlstand Italiens negativ auf die Preise für Antiquitäten in Deutschland ausgewirkt hat, wenn man kaufen wollte: Einerseits war da einfach viel Schwarzgeld, das eine neue Heimat suchte und nördlich der Alpen gefunden hat, und dann war da die Einwicklung einer vermögenden Mittelschicht in einem Land, die dergleichen jenseits der norditalienischen Städte kaum kannte. Die Italiener als Hausbesitzer gibt es in der heutigen Form noch gar nicht so arg lang, da haben Generationen dafür geschuftet, um aus erbärmlichsten Miet-, Pacht- und Ausbeutungszyklen zu entkommen. Mit den Häusern jedoch kam ein gewisser Wohlstand und die Neigung, sich die Geschichte schön zu erfinden. Einerseits entstand so südlich von Verona die grösste Stilmöbelregion der Welt, andererseits wurde Echtes gekauft. wo es viel gab und die Preise niedrig waren. Italiener mögen beispielsweise historistische Möbel, denn das steht für heldenhaftes Risorgimento. und nicht wie bei uns für peinlichen Wilhelminismus.
Nun durchläuft Italien gerade immer noch eine fundamentale Krise bei den Banken, den Staatsfinanzen, in der Politik und der Gesellschaft; das Konsumklima ist abartig schlecht, und es ist wenig überraschend, dass so viele Firmen gerade ausstellen. Deutschland bekommt dadurch Arbeitssuchende an der Spitze und Zuwächse bei der Prostitution und Schwarzarbeit, weil die Südländer mehr und mehr zu einem zweiten Balkan verkommen. Das ist auch kein Gesundungsprozess, der da läuft; die alten Fehler der Kleptokratie werden nahtlos fortgesetzt, es wird nur nicht mehr so laut darüber berichtet, weil bei uns Wahl ist und man davor nicht schon wieder mit jenen Wochenendrettungen aufwarten möchte, die gerade jetzt schlecht ankämen, da man alte Undenkbarkeiten für neue Banksterbetrügereien formschön angepasst hat. Den Menschen hilft das natürlich gar nicht.
Und nein, so leicht mit dem Arbeiten gehen ist es da nicht - noch nicht mal schwarzarbeiten, auch dafür bräuchte man Aufträge und Abnehmer, und es gibt auch dort jede Menge Komkurrenz. Putzen in Deutschland ist unter diesen Rahmenbedingungen des Schreckens für Akademikerinnen oft attraktiver, als ein Anfangsgehalt südlich der Alpen. In dieser sich auflösenden Sozialstruktur gibt es natürlich auch keine Basis für die Erfindung einer Vergangenheit mehr, und auch keinen Platz: Italien rückt zusammen. Und was nicht mehr passt, wird eben zu Geld gemacht. Die Folge ist: Der Warenstrom nach Süden versiegt. Und meine Händler fangen an, gebrauchte Räder nach Deutschland zu verschicken, weil dort die Preise sehr viel besser sind.
Und man sieht auch in Pfaffenhofen plötzlich wieder Händler aus Italien. Es ist nicht gerade die erste Qualität, die sie mitbringen, vieles ist nicht restauriert, es ist verstaubt und beschädigt, wie es nun einmal so ist, im Niedergang. Die grossen Familien müssen noch nichts anderes als manche zu auffällige Yacht verkaufen, aber weiter unten löst man, soweit möglich, den Besitz auf, und weil der Markt im Süden fehlt, kommt das jetzt zu uns: Venezianische Spiegel, Kupfergeschirr, bröckelnde Statuen. Über Ebay, teilweise mit noch sehr optimistischen Preisen, über einreisende Händler oder über deren Partner, die dann aus Italien ein paar Waschkörbe Zeug mitbringen. Alles folgt nur noch dem Geld, nichts erfüllt mehr seinen ursprünglichen Zweck. Man kann gut kaufen. Aber der Preis, den wir in Europa zahlen, ist hoch.
Nun durchläuft Italien gerade immer noch eine fundamentale Krise bei den Banken, den Staatsfinanzen, in der Politik und der Gesellschaft; das Konsumklima ist abartig schlecht, und es ist wenig überraschend, dass so viele Firmen gerade ausstellen. Deutschland bekommt dadurch Arbeitssuchende an der Spitze und Zuwächse bei der Prostitution und Schwarzarbeit, weil die Südländer mehr und mehr zu einem zweiten Balkan verkommen. Das ist auch kein Gesundungsprozess, der da läuft; die alten Fehler der Kleptokratie werden nahtlos fortgesetzt, es wird nur nicht mehr so laut darüber berichtet, weil bei uns Wahl ist und man davor nicht schon wieder mit jenen Wochenendrettungen aufwarten möchte, die gerade jetzt schlecht ankämen, da man alte Undenkbarkeiten für neue Banksterbetrügereien formschön angepasst hat. Den Menschen hilft das natürlich gar nicht.
Und nein, so leicht mit dem Arbeiten gehen ist es da nicht - noch nicht mal schwarzarbeiten, auch dafür bräuchte man Aufträge und Abnehmer, und es gibt auch dort jede Menge Komkurrenz. Putzen in Deutschland ist unter diesen Rahmenbedingungen des Schreckens für Akademikerinnen oft attraktiver, als ein Anfangsgehalt südlich der Alpen. In dieser sich auflösenden Sozialstruktur gibt es natürlich auch keine Basis für die Erfindung einer Vergangenheit mehr, und auch keinen Platz: Italien rückt zusammen. Und was nicht mehr passt, wird eben zu Geld gemacht. Die Folge ist: Der Warenstrom nach Süden versiegt. Und meine Händler fangen an, gebrauchte Räder nach Deutschland zu verschicken, weil dort die Preise sehr viel besser sind.
Und man sieht auch in Pfaffenhofen plötzlich wieder Händler aus Italien. Es ist nicht gerade die erste Qualität, die sie mitbringen, vieles ist nicht restauriert, es ist verstaubt und beschädigt, wie es nun einmal so ist, im Niedergang. Die grossen Familien müssen noch nichts anderes als manche zu auffällige Yacht verkaufen, aber weiter unten löst man, soweit möglich, den Besitz auf, und weil der Markt im Süden fehlt, kommt das jetzt zu uns: Venezianische Spiegel, Kupfergeschirr, bröckelnde Statuen. Über Ebay, teilweise mit noch sehr optimistischen Preisen, über einreisende Händler oder über deren Partner, die dann aus Italien ein paar Waschkörbe Zeug mitbringen. Alles folgt nur noch dem Geld, nichts erfüllt mehr seinen ursprünglichen Zweck. Man kann gut kaufen. Aber der Preis, den wir in Europa zahlen, ist hoch.
donalphons, 22:36h
Sonntag, 23. Juni 2013, 22:36, von donalphons |
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melursus,
Dienstag, 2. Juli 2013, 14:17
Vielleicht finden ein paar Stücke einen guten Platz. Mit der neuen Hängung geht es vielleicht.
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donalphons,
Donnerstag, 4. Juli 2013, 14:21
Es muss gehen, ich kann das alles ja nicht am Boden vergammeln lassen.
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melursus,
Donnerstag, 4. Juli 2013, 15:12
Man sollte nie das Staunen vergessen. Das wunderbare nach 200+ Jahren ist nicht, das das Überlieferte wenig oder beschädigt ist, sondern daß überhaupt soviel die Zeiten überstanden hat.
Ein Trip über den Trödelmarkt mit Einpacken, Transport, Präsentation, Abtransport muß die Zahl der Gegenstände verringern.
Ein Trip über den Trödelmarkt mit Einpacken, Transport, Präsentation, Abtransport muß die Zahl der Gegenstände verringern.
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ilnonno,
Dienstag, 2. Juli 2013, 14:59
"Aber der Preis, den wir in Europa zahlen, ist hoch."
Immer, wenn ein Finanzminister in der Vergangenheit einen ausgeglichenen Haushalt in Aussicht stellte, kam es ein oder zwei Jahre später ganz übel. Bei Eichel war es das Ende der New Economy samt Folgen, bei Steinbrück der Bankencrash.
Da dürfen uns also demnächst ganz schön auf etwas gefasst machen.
Immer, wenn ein Finanzminister in der Vergangenheit einen ausgeglichenen Haushalt in Aussicht stellte, kam es ein oder zwei Jahre später ganz übel. Bei Eichel war es das Ende der New Economy samt Folgen, bei Steinbrück der Bankencrash.
Da dürfen uns also demnächst ganz schön auf etwas gefasst machen.
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don ferrando,
Dienstag, 2. Juli 2013, 15:04
Mal ganz ehrlich: glaubt irgendjemand noch irgendwas von diesen Sprüchen.
Und war wirklich jemand überrascht von Prism und NSA etc?
Und war wirklich jemand überrascht von Prism und NSA etc?
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savall,
Donnerstag, 4. Juli 2013, 17:59
Ich sehe diesen Beitrag heute erst, Don Alphonso, und er kommt mir sehr gelegen. Ich war heute in meinem Lieblingsantiquariat. Da wegen der Mittagspause kurzzeitig geschlossen war, suchte ich ein bißchen in den Wühlkisten draußen und fand von Rodin "Die Kathedralen Frankreichs", Kurt Wolff Verlag, guter Erhaltungszustand, für fünf Euro. Auf dem Nachsatz stand noch eine optimistische "18", die ich auch für zu billig gehalten hätte. Ich glaube, das ist eine gute Metapher: einer der bedeutendsten europäischen Künstler über einige der bedeutendsten europäischen Kunstwerke in einem der renommiertesten deutschen Verlage: Kursverlust von 18 auf 5. Bald sind wir Junkbonds. (Aber ich bin auch ein alter Sack und kann mir ein bißchen Kulturpessimismus leisten. Wenigstens für fünf Euro.)
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donalphons,
Donnerstag, 4. Juli 2013, 18:05
Ja, das ist wohl so. Es wird so viel produziert, dass der Werttverlust alles mitreisst, was irgendwie schnell erschwinglich ist. Und was digitalisiert werden kann, wird eben zum Nullpreis digitalisiert. Google will E-Books verleihen? Selbstmord für Verlage, die da mitmachen und Mord an Verlagen, die widerstehen.
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rollproll,
Donnerstag, 4. Juli 2013, 18:42
wobei über eine gewisse masse auch durchaus chancen für special interest publikationen entstehen könnten.
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