Real Life 01.01.06 - Nebenbei nachentvorsetzen
Ich hab alles da, Semmeln, Hörnchen,Tete de Moine, Scamorza, pikanten Gorgonzola, Butterkäse, drei Sorten Tee, Marmelade aus Südtirol, Butter, Baguette, auch einen Bademantel für dich, wir könnten also im Bett frühstücken, sagst du durchs Haustelefon nach unten und versuchst dabei zu klingen wie Charles Aznavour in seinen besten Tagen. Aber kein Kaffee, sagt die müde Stimme der Frau, die du gestern in ziemlich extatischen Verhältnissen bei einer männlichen Begleitung verlassen hast, um nicht das 5. Rad am Wagen zu werden. Kein Kaffee, gibst du zu. Dusch dich, komm runter und ins Cafe B., ich warte da auf dich, befiehlt Iris, und unter dem warmen Wasserstrahl verfluchst du deine Exzentrik, in diesem Kaffeesäuferland allein und einsam auf der englischen Familienmarotte Tee zu beharren, splendid Isolation könnte man es nennen und eine bodenlose Dummheit ist es. Andererseits, eine völlig übermüdete Frau ohne Kaffee mit viel Essen so schwer und müde zu machen, dass sie im Bett hängenbleibt wie der Säbelzahntiger in der Teergrube, ist auch nicht gerade ein ruhmreiches Verhalten. Wenn du mal ehrlich bist.
Im Cafe B. sind zu früher Stunde die letzten Reste der vergangenen Nacht angeschwemmt, die es bestenfalls zu einem Quickie im Auto oder auf dem Klo geschafft haben. Es ist lange her, dass du die besseren Kinder so erschöpft gesehen hast, viele sind da von früher, auch manches Gesicht, mit dem früher ein Schmerz verbunden war, so viele verpasste Gelegenheiten und Leichen im provinziellen Keller, grausam. Am Fenster sitzt Iris und klammert sich apathisch an einer Zigarette fest. Und im Aschenbecher sind bereits die Reste des guten Vorsatzes für 06.
Und? Was und, blafft sie zurück, nichts und, glaubst du, ich gehe einfach so mit jedem mit, nur weil Sylvester ist? Nun, gibst du zu bedenken, einerseits wäre es jetzt vielleicht in einem warmen Bett, irgendwo, es gäbe ja mehrere Angebote, doch schöner als hier, und eine gute Ausrede sei das Fest allemal, der Veuve, die Extase, ausserdem sind wir ja alle keine Teenager mehr, und auch sonst gibt es keinen Grund, 2006 als Null Sex auszusprechen.
Die Art, wie sie die halbe Zigarette in den Aschenbecher stopft, zeigt dir die Sinnlosgkeit des Bemühens, gegen die schlechte Laune, die Müdigkeit und die Erschöpfung anzureden. Mademoiselle hat nach dem kleinen Abbé gerufen, um beim Café ihr Leid zu klagen und nicht, um von Schokolade naschend das einzuleiten, für das die kleinen Abbés aus ihren Collegiatspalästen gewöhnlich verwendet werden.
Dergestalt missbraucht und selbst müde, denkst du zu viel über den Körper unter dem Kleid und zu wenig über ihre Probleme nach, gibst fahrige Antworten, und als ihr Leib von einen Hustenanfall erschüttert wird, wandern deine Gedanken zu einer der zentralen Fragen des Universums, nämlich, wie das eigentlich beim Oralsex ist, wenn da so ein Hustenanfall im besten, schlechtesten, tiefsten Moment kommt. Vermutlich nicht wirklich gut. So schlecht, wie wohl auch der Kerl gewesen sein muss, in dessen Armen du sie verlassen hast. Die Welt ist ungerecht, aber das ist nur gerecht.
Auch diesmal geht dann der Roadster problemlos auf, verdammtes Drecksding, er ist nur immer dann vereist, wenn du ohnehin nichts von deiner Begleiterin willst, und der sich immer bereitwillig derer öffnet, die du nicht heimbringen willst. Das Haus ihrer Eltern, Grosseltern und Urgrosseltern liegt noch im tiefen Schlaf, als du durch den parkähnlichen Garten wieder in Richting Stadt fährst, und nur flüchtig, fast ohne jede Intensität hatten ihre Lippen zum Abschied die deinigen berührt. Willkommen in 06, kleiner Abbé priape.
Im Cafe B. sind zu früher Stunde die letzten Reste der vergangenen Nacht angeschwemmt, die es bestenfalls zu einem Quickie im Auto oder auf dem Klo geschafft haben. Es ist lange her, dass du die besseren Kinder so erschöpft gesehen hast, viele sind da von früher, auch manches Gesicht, mit dem früher ein Schmerz verbunden war, so viele verpasste Gelegenheiten und Leichen im provinziellen Keller, grausam. Am Fenster sitzt Iris und klammert sich apathisch an einer Zigarette fest. Und im Aschenbecher sind bereits die Reste des guten Vorsatzes für 06.
Und? Was und, blafft sie zurück, nichts und, glaubst du, ich gehe einfach so mit jedem mit, nur weil Sylvester ist? Nun, gibst du zu bedenken, einerseits wäre es jetzt vielleicht in einem warmen Bett, irgendwo, es gäbe ja mehrere Angebote, doch schöner als hier, und eine gute Ausrede sei das Fest allemal, der Veuve, die Extase, ausserdem sind wir ja alle keine Teenager mehr, und auch sonst gibt es keinen Grund, 2006 als Null Sex auszusprechen.
Die Art, wie sie die halbe Zigarette in den Aschenbecher stopft, zeigt dir die Sinnlosgkeit des Bemühens, gegen die schlechte Laune, die Müdigkeit und die Erschöpfung anzureden. Mademoiselle hat nach dem kleinen Abbé gerufen, um beim Café ihr Leid zu klagen und nicht, um von Schokolade naschend das einzuleiten, für das die kleinen Abbés aus ihren Collegiatspalästen gewöhnlich verwendet werden.
Dergestalt missbraucht und selbst müde, denkst du zu viel über den Körper unter dem Kleid und zu wenig über ihre Probleme nach, gibst fahrige Antworten, und als ihr Leib von einen Hustenanfall erschüttert wird, wandern deine Gedanken zu einer der zentralen Fragen des Universums, nämlich, wie das eigentlich beim Oralsex ist, wenn da so ein Hustenanfall im besten, schlechtesten, tiefsten Moment kommt. Vermutlich nicht wirklich gut. So schlecht, wie wohl auch der Kerl gewesen sein muss, in dessen Armen du sie verlassen hast. Die Welt ist ungerecht, aber das ist nur gerecht.
Auch diesmal geht dann der Roadster problemlos auf, verdammtes Drecksding, er ist nur immer dann vereist, wenn du ohnehin nichts von deiner Begleiterin willst, und der sich immer bereitwillig derer öffnet, die du nicht heimbringen willst. Das Haus ihrer Eltern, Grosseltern und Urgrosseltern liegt noch im tiefen Schlaf, als du durch den parkähnlichen Garten wieder in Richting Stadt fährst, und nur flüchtig, fast ohne jede Intensität hatten ihre Lippen zum Abschied die deinigen berührt. Willkommen in 06, kleiner Abbé priape.
donalphons, 12:40h
Sonntag, 1. Januar 2006, 12:40, von donalphons |
|comment
donalphons,
Sonntag, 1. Januar 2006, 12:46
Immer noch ärgerlich, aber 2. Gedanke beim dritten Mal lesen: Vielleicht ist das ein Text für die Lesung.
... link
holgi,
Sonntag, 1. Januar 2006, 14:05
Ist er. Schön kurz. Das Problem bei vielen Lesungen ist nämlich, dass die Lesenden häufig zu lange Texte vorlesen, die ausserdem nicht fürs Vorlesen geschrieben wurden. Und das langweilt dann gerne mal das Publikum.
Das "Kaffeeproblem" kannst du mithilfe eines kleinen Eintassen-Espressokochers und einem Produkt von Nescafe lösen. Das ist zwar böse, aber manchmal heiligt der Zweck eben die Mittel - sagt ja auch der Innenminister.
Du besorgst dir einfach eine handvoll dieser wunderlichen Kapseln und legst sie mitsamt Kanne beiseite, bis die nächste Iris kommt.
Das praktische an diesen völlig überteuerten Dingern ist nämlich, dass die unter Sauerstoffabschluss verpackt werden und darum quasi-ewig halten dürften. Und der Kafee ist teilweise auch gar nicht mal schlecht.
Das "Kaffeeproblem" kannst du mithilfe eines kleinen Eintassen-Espressokochers und einem Produkt von Nescafe lösen. Das ist zwar böse, aber manchmal heiligt der Zweck eben die Mittel - sagt ja auch der Innenminister.
Du besorgst dir einfach eine handvoll dieser wunderlichen Kapseln und legst sie mitsamt Kanne beiseite, bis die nächste Iris kommt.
Das praktische an diesen völlig überteuerten Dingern ist nämlich, dass die unter Sauerstoffabschluss verpackt werden und darum quasi-ewig halten dürften. Und der Kafee ist teilweise auch gar nicht mal schlecht.
... link
donalphons,
Sonntag, 1. Januar 2006, 20:26
ich versuche ja meine Besucher zum Teetrinken zu erziehen, und für meine Ideologie nehme ich durchaus auch individuelle Nachteile in Kauf, wie jeder Extremist.
Mal schaun, wenn ich gar nichts anderes finde, dann nehme ich den.
Mal schaun, wenn ich gar nichts anderes finde, dann nehme ich den.
... link
... comment
fireball,
Sonntag, 1. Januar 2006, 15:38
Ja, der ist zum Lesen, der Text da. Passt ja auch thematisch, sozusagen. Schönes neues, Don!
... link
netbitch,
Sonntag, 1. Januar 2006, 19:55
... und dann ist es immer ärgerlich, wenn die Druckerschwärze, insonderheit das Titelseitenrot, Streifen hinterlässt, besonders, wenn am gleichen Abend Analverkehr geplant ist. Nee schon klar, aber vom Don erwarte ich nichts anderes, als dass der gut schreibt, er hat nie etwas Anderes getan.
... link
donalphons,
Sonntag, 1. Januar 2006, 20:27
Höhö, Du solltest Dich mal mit meinen Deutschlehrern unterhalten, die sind immer noch fassungslos, dass ausgerechnet ich der einzige Literat des Jahrgangs wurde.
... link
maz,
Sonntag, 1. Januar 2006, 20:31
Auch ich finde Sylvester dem Anlass angemessener als die langweilige und vielleicht richtige Schreibweise.
... link
donalphons,
Sonntag, 1. Januar 2006, 20:42
Beim Vorlesen hört man es nicht.
Das Problem ist ja, dass die Veranstalterinnen ein strenges Regiment führen, am 4. Januar wollen sie die Texte haben, da bleibt nicht viel zeit, weder für´s schreiben, noch für´s auswählen. Und dabei ist der da oben doch nur in 20 Minuten runtergeschmiert - vielleicht braucht er noch Nacharbeit.
Das Problem ist ja, dass die Veranstalterinnen ein strenges Regiment führen, am 4. Januar wollen sie die Texte haben, da bleibt nicht viel zeit, weder für´s schreiben, noch für´s auswählen. Und dabei ist der da oben doch nur in 20 Minuten runtergeschmiert - vielleicht braucht er noch Nacharbeit.
... link
amadea1,
Sonntag, 1. Januar 2006, 20:48
Ha!
Ich finde matz dem auch interessanter als die langweilige und vielleicht richtige Schreibweise.
Mit Matz verbinde ich die selten verwendeten Wörter wie Piepmatz und Hosenmatz. Außerdem fällt mir Hannerl Matz ein und meine sadistischen "Matz-Lehrer", mit denen ich stets auf Kriegsfuß stand.
Zu maz fallen mir nur Abkürzungen ein.
Warum ist Sylvester interessanter als Silvester?
Vielleicht wegen Stallone?
Mit Matz verbinde ich die selten verwendeten Wörter wie Piepmatz und Hosenmatz. Außerdem fällt mir Hannerl Matz ein und meine sadistischen "Matz-Lehrer", mit denen ich stets auf Kriegsfuß stand.
Zu maz fallen mir nur Abkürzungen ein.
Warum ist Sylvester interessanter als Silvester?
Vielleicht wegen Stallone?
... link
maz,
Sonntag, 1. Januar 2006, 20:49
Ach was, nur die langweiligen Lektoren schreiben alles richtig. Sie sind halt so eine Art Buchhalter.
Der freie Geist lässt sich nicht allzu sehr davon beeindrucken, wie ein Wort zu schreiben ist.
Ich lese gerade Kafkas Briefe an Milena und mein Herz springt vergnügt, wenn ich statt "ging" "gieng" lese.
Wer die Rechtschreibung perfekt beherrscht ist nur ein Cyborg und der wird bekanntlich von Jemeniten entführt und zur besten Geisel des Jahres erklärt :-)
Der freie Geist lässt sich nicht allzu sehr davon beeindrucken, wie ein Wort zu schreiben ist.
Ich lese gerade Kafkas Briefe an Milena und mein Herz springt vergnügt, wenn ich statt "ging" "gieng" lese.
Wer die Rechtschreibung perfekt beherrscht ist nur ein Cyborg und der wird bekanntlich von Jemeniten entführt und zur besten Geisel des Jahres erklärt :-)
... link
donalphons,
Sonntag, 1. Januar 2006, 21:02
Eines meiner absoluten Lieblingsblogs da oben wirbt damit, dass es zu seinen Rechtschreibfehlern steht, und die Autorin ist jemand, da würden viele was drum geben, so schreiben zu können wie sie in Büchern. Nur mal so bemerkt.
... link
donalphons,
Sonntag, 1. Januar 2006, 23:36
ach warum, kann doch mal passieren. Kein Problem.
... link
donalphons,
Montag, 2. Januar 2006, 19:11
Würde es etwas geworden sein, hätte man hier nichts davon gelesen.
Nicht, dass ich was gegen das Niederschreiben von Sex hätte, aber es gibt einfach Dinge, die hier keinen was angehen. :-)
Nicht, dass ich was gegen das Niederschreiben von Sex hätte, aber es gibt einfach Dinge, die hier keinen was angehen. :-)
... link
... comment