Rheinlandia

Vegetarier haben in der Handelsblatt-Kantine nicht wirklich was zu lachen - die Kost ist auf konservative Fleischfresser abgestellt. Das passt auch zu einer Stadt, die mit Pseudomodernismus versucht, den bratensossenfetten rheinischen Kapitalismus zu überdecken.



Zumindest in der Stadtmitte; weiter draussen, wenn man aus dem Süden eingeschwebt kommt, ist das Loch des Braunkohletagebaus in der Landschaft, und eine Menge Fabriken, die nicht wirklich gut gepflegt aussehen. Da geht noch was. Unter.

Überhaupt Medienstadt, fortschrittlich und so. Überall ist zu vermieten, viel merkt man von den alten Träumen nicht mehr, da muss man erst gar nicht in den Medienhafen fahren.

Vor dem Handelsblatt steht jetzt ein typischer Möchtegernfrankfurter Büroturm. Ernst und Young. Spätabends immer noch hell erleuchtet, man zeigt die Bereitschaft des Humankapitals zum wochenendlichen Raubbau. Dann die Strasse hinunter zum Hotel, das WLAN hat und viele Gäste, die erstaunt dreinschauen, wenn sie in die Lobby kommen und jemand nicht vor Premiere (2 mal Porno, einmal Fussball, einmal Spielfilme sehen). Was ich da mache, fragt einer, und tatsächlich ist das Thinkpad hier, in diesem Restbestand rheinischen Interieur-Frohsinns, etwas unpassend, obwohl es farblich durchaus den aktuellen Trends der Vorzimmergestaltung japanischer Handelsvertretungen entspricht.



Die Halle, das Hotel,der Innenhof mit sporadischem Gras, das Zimmer mit seinen lindgrünen Wänden ist, abgesehen vom Fernseher so, dass Man sofort einen Roman beginnen möchte, von einem Mann, der alles gesehen hat und hier ein paar Tage untertaucht, um seine Lebensbeichte abzulegen, während in der Lobby, spät nachts, der Portier auf dem grünen Plüschsofa schnarchend schläft, während in der Glotze bei N24 die Bilder feiernder Hamasniks über den Bildschirm laufen, indezent, vulgär und dumm wie eine Refierungsansprache des Merkels.

Samstag, 28. Januar 2006, 00:14, von donalphons | |comment

 
Schöne Bilder. Da kommt die ganze bedrückende Melancholie von Städten/Hotels rüber, deren besseren Tage schon lange vorbei sind.

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Bloggen ist genau das: Spaß haben, auch wenn die ganze Welt den Arsch offen hat (nein, nicht das, was Du gerade wieder denkst, Jan van Achtern, der Fickende Holländer) oder gerade deswegen. Bloggen ist Cyberpunk!

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... ihhhhhhh Punk - ich setze mich vehement fuer maj7, mi7#5 und 7b9 Akkorde ein - Scheiss auf Punk und Unkenntnis der Harmonielehre ....

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Und rund um das, was wir den Vortragsreisenden, den Handelsbluttbesuchern, den Medienhafenhoffenden und auch den Cyberpunks lassen und den Vorstadtknallis aus Pul- und Bergheim, aus Mettmann und Mülheimanderruhr, da tobt in den Vierteln das wilde Leben, fern von virtuellen Trends, nah an realen Veränderungen, an Musik, Gespräch, Kunst, Fotografie, da wird unerhörte Musik gemacht, da grüßt man im Vorübergehen Bäcker, Schuster, Friseure, Comiczeichner und sogar den Videoverleiher, während Altneureiche und Neospießer in Rotztern die Kö umkreisen in der Hoffnung, Abglanz zu fangen vom Mondänen, das hier nie zuhaus, nur in der Fantasie der PelztierträgerInnen mit dem Gebrauchtwagengatten, der Modelagentin und der Modeschwuchtel - da lachen wir drüber und lassen sie sein wie sie wollen, weil sie wissen ja nicht, was sie tun wollen. Gute Nacht Deutschland. Düsseldorf ist die kleinste Großstadt hierzulande und die provinziellste Metropole der Welt. Das walte Vater Rhein, dass das so bleibt und den Großmannsfantasten mit den Grinsgebissen, die hier die Oberbürgermeister mimen und Madonna für Weltkulturerbe halten, das in die hiesige Arena, die Mehrzweckturnhalle mit dem Schiebedach, die jährlich mit acht bis zehn Mios bezuschusst werden muss, stattzufinden hat, den Bürgern zum Wohlgefallen, dem Klüngel zum Erwerb, der wohlverdiente Darmbefall bis zum Halse steigen möge, auf dass wir in Ruhe und Frieden mit dem Nachbarn ein Altbier trinken können.

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Premiere-Vollerotik im Hotel-TV findest Du auch im Parkhotel Gütersloh, das immerhin Reinhard Mohn/Bertelsmann gehört und eigentlich ein sehr anständiges Haus ist.

Eine zeitgemäße Mutprobe wäre es, morgens in der Counter-Schlange, wenn die freundliche Thresenkraft fragt: "Das Pay-TV auch auf die Rechnung?" laut und deutlich zu sagen: "NE, DEN PORNOKANAL ZAHL ICH SCHON SELBER!"

Ich hab mich bisher nicht getraut, aber irgendwann mach ich's, schon um die blöden Gesichter der Umstehenden zu sehen.

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Du, sagender Rainer, ich habe Dir gestern eine Mail an die rb@raibarundsode geschickt, die wurde aber gebounced...

Düsseldorf, das kann man vielleicht zusammenfassend sagen, ist solider ausländischer Mittelmass. Vielleicht wäre es schlimmer, wenn man die Rheinländer verstehen würde, aber das mache ich nicht. Der Portier, den ich am Telfon für einen Russen gehalten hatte, erwies sich beim langsamen Sprechen dann doch als Eingeborener.

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Du, Don, das versteh ich nicht. Hab grad ne Passwortvergessen-Mail geschickt und prompt Antwort erhalten. Probier mal den rb ätt djonzo in DE...

Zum Sprachproblem: Ich war viereinhalb Jahre mit einer Bayerin (wie schon mal erwähnt: eine Hybridzüchtung aus Geretsried und Wolfratshausen) verheiratet, die von sich behauptete, sie habe NULL Bayernakzent. Stimmte nicht. Außerdem hat sie meinen Wortschatz um eine Fülle an Bayerismen und original-bayerischen Grammatikmutationen bereichert.
Der Rheinländer dagegen, der spricht reines Deutsch ;-) Oder schnell. Oder doch rheinisch. Kommt drauf an, ob er überhaupt verstanden werden will. In (mindestens) dieser Hinsicht unterscheidet sich der Kölner vom Düsseldorfer: Während der Kölner beachtet werden will, möchte der Düsseldorfer im Wesentlichen seine Ruhe haben. Nun ist der gemeine Kölner ja auch manisch-depressiv und der Düsseldorfer eher stoisch.

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Na, etzad is eh zschpäd.

Im Februar bin ich wieder in Ddorf, und dann schaue ich mal an diesem ominösen Donnerstag da nach, ob das stimmt mit dem stoisch. Wie auch immer: Mein Magen hat nach 2 Tagen düsseldorfer Nahrung seine bayerische Stoik für beendet erklärt und sich recht gewaltsam oral vom Kartoffelgratin befreit. Gut, dass ich es noch bis zum Klo ganz oben im heimatlichen Stadtpalast geschafft habe.

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Oh so schlimm, wir müssen wohl mal mit dem Koch reden.

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Oder mit Stefan Barons Munschenken?

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In dem "Ernst & Young"-Turm zieht im März übrigens auch die Falk eSolutions AG :-)

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Nun, wenn sie oben sind, dann ergibt das eine ordentliche Fallhöhe.

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Wenn ich mich dann abends in irgendeinem Hotelzimmer wiederfinde, ist mein Laptop der wahrste und wärmste Ort. Er transportiert das Leben: Musik, Freunde, Links, Weblogs – die gesamte Kommunikation steckt in ihm.
Peter Praschl
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21877/1.html

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Der verehrte Altmeister. Eine der wenigen Konstanten unter den Blogs. Immer gut.

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Ich finde das Statement wirklich gut. Es gibt genau die Gefühle wieder, die ich auf Dienstreisen habe.

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Gut, mit dem Bloggen sind die Freunde und Bekannten sowieso in der ganzen Welt. Und Hotelzimmer fine ich ganz furchtbar. Schon immer (wenn es nicht Italien und Frankreich ist).

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Ja und die Antwort?
Hi Don,
na, jetzt hätte ich aber gerne (aus nicht nur altruistischen Gründen) gerne gewußt, was der Don dem neugierigen Rheinischen-Hotel-Lobby-Besucher auf die Frage "Was machen Sie'n da?" geantwortet hat. Doch wohl nicht "Ich erzähle gerade an einem virtuellen Lagerfeuer 'ne Geschichte?"
Bin für jede Handreichung zur Aufklärung der Offline-Schreibmaschinen-Holz-TV-ist-mein-Sender-Welt dankbar.

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Konstante? vielleicht,
immer gut? das grenzt an Unmoeglichkeit.

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