Lesungen und ihre Verweigerer

Vermutlich sass an den Lagerfeuern des Paläolithikums schon einer, der prima Geschichten erzählen konnte. Und abseits davon sass einer, dessen Faustkeile zwar ziemlich gut waren, aber nach einem Tag Feuersteinbearbeitung nichts zu sagen hatte, ausser über Feuersteine. Der hat vermutlich damals auch schon gemeckert, wenn er am Abend beim gebratenen Mastodon keine Aufmerksamkeit gekam. Historiker wissen, dass sich die Geschichte bei allem technischen Fortschritt nicht weiterentwickelt - und deshalb wird diese alte Frage, wer denn nun besser kommt, der Geschichtenerzähler oder der Tekkie, an der Blogbar erneut aufgetischt.

Montag, 27. Februar 2006, 10:41, von donalphons | |comment

 
Die Bloggosphäre ist nicht der Cyberspace
Die Diskussion um Bloglesungen und Web2.0 ist die letzte Rückzugssphäre, die eine bestimmte Sorte von Nerds und Codejunkies noch hat. Kein Einkaufsmanager oder Controller, der SAP oder Baan einsetzt, wäre bereit, Diskussionen darüber zu führen, ob das Ordertracking nun über Java Beans, Perlscript oder sonstwas abgewickelt wird, kein Autofahrer interessiert sich einen Deut für die Software seines Einspritzers. Man würde es zu Recht als Zumutung betrachten, als Nicht-Teckie mit so etwas behelligt zu werden. Und so ist es mit Blogs. Auch wenn ich HTML, Javascript und Flash spreche (PHP nun gerade nicht), es spielt für mich beim Bloggen keine Rolle, so wie niemand QuarkXPress beherrschen muss, um eine Zeitung lesen oder Leserbriefe schreiben zu können. Es geht um Inhalte, die Technik ist schnurzegal. Punktum.

@virtual reality, cyberspace: Diese Begrifflichkeiten zeigen deutlich, wie sehr Ausdrücke zum trendy buzword werden. Als sie geprägt wurden, waren damit Dinge gemeint wie die neuroelektronische Herbeiführung von Umweltimitationen. Leute werden in verdrahtete Anzüge gesteckt, in denen sie durch einen eher sterilen Raum laufen, und durch Kabel werden ihnen Bilder und komplexe räumliche Empfindungen übermittelt, die sie einen Aufenthalt auf dem Mars, unter Wasser etc erleben lassen. Besonders attraktiv erschien so um 1990 die Idee, Menschen mit Potenzstörungen durch sogenannten Cybersex zu therapieren. Das Holodeck bei Star Trek,Total Recall, Welt am Draht, Matrix, Otherworld, das ist VR und Cyberspace, nicht das Internet und nicht die Bloggospäre. Und in der Bloggosphäre will ich von technotümelnden Cyberslackern verschont bleiben.

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Na ja, die haben ja auch ihre Nische gefunden. Man hat das Gefühl, das Ausprobieren neuer Affiliate-Programme, Mash-Ups, wordpress-plugins, greasemonkey-scripts, Api-hacks, usw. ist manchen bloggern wichtiger, als gute interessante Stories.

Das Blogland entwickelt sich. Gar nicht lange her, da gab es ausser Kommentare, Permalinks und Trackbacks nicht viel. Alle blogs sahen mehr oder weniger gleich aus. Mittlerweile kann man verschiedene Entwicklungslinien beobachten. Darunter auch blogs, die mit ihren Gimmicks und Buttons nerdigen Spielwarenläden entsprechen. Aber auch die haben ihre Besucher. Dazu sollte man stehen und nicht darüber jammern, dass dies in bloglesungen nicht vermittelbar ist. Dafür gibt es ja die webmondays.

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Da sprichst Du gelassen aus, wie es ist. Übrigens kommen einige der heftigsten Kritiker sowohl von dct/Boocompany als auch Rebellmarkt aus der IT-Nerd-Ecke; die fürchten wohl, ihr eigener Arbeitsmarkt stünde unter Beschuss. Dass wir eigentlich nichts weiter tun, als PR-Lügen mit der Realität zu konfrontieren und nichts gegen NE-Unternehmen, sondern nur gegen NE-Lebenslügen haben, kommt dort nicht richtig an.

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.. schauts einmal - es geht doch hier nur um Respekt, wenn mein
Auto nach der Werkstatt jammert bringe ichs zum KFZheimer meines Vertrauens und bitte Ihn nett und freundlich die Schleuder zu reparieren (weil ich von den Innereien der Kiste so nun gerade mal gar nichts verstehe), meinen groesste Respekt hat der ehrliche Mann ab inito sicher - weil er es versteht das treue Gefaehrt wieder auf die Strasse zu bekommen.

Hier sieht das leider anders aus - in regelmaessig unregelmaessigen Abstaenden werden all die Leute die euch eure Blogsoftware programmiert haben als Tekkies, Nerds, Freaks und Codejunkies bepoebelt - seits doch mal was netter - wuerden nicht einige Leute ab und an ein paar Zeilen programmieren wuerdet ihr (Achtung: eure Diktion) herumschreibseldenen Laber-Oppas doch immer noch am Telephon haengen oder Coupons ausschneiden.

Also: Respekt!

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Eine Frage des Respekts
Lieber Franz,

ich habe etliche Programmierer, Systementwickler etc. in meinem Freundeskreis, einer wohnt quasi mit mir zusammen, das ist nicht der Punkt. Aber von einer Reihe von Leuten dieser Berufssparte, öfter selbst Betreiber sehr technischer, für Insider wahrscheinlich sehr hilfreicher, für mich grottenlangweiliger Blogs haben gegen Don, gegen mich und gegen dct geschossen, mit teils sehr unsachlichen Vorwürfen und Unterstellungen. So, ich bin jetzt respektvoll genug, keine Namen zu nennen oder Links zu legen, weil das Erhalten von Feindschaften überhaupt nicht in meinem Interesse liegt, nur wollte ich klarstellen: Dies galt bestimmten Leuten (die es wohl auch verstanden haben werden), in keinster Weise hingegen einem Berufsstand.

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... mir ist es ganz und gar wurscht wer, wann mit was angefangen hat. Ich bleibe bei meinen
essentials
und fuege noch hinzu:
  • Immer dran denken: nur weil es pizzafressende Seppels gibt die programmieren, sind nicht alle Programmierer pizzafressende Seppels
... es sammeln ja auch nicht alle Literaten geschmacklossen Empirekitsch ...

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Is ja gut
ich habe aber auch nie behauptet, dass alle Programmierer pizzafressende Seppels seien. Ich sagte von Anfang an "eine bestimmte Sorte von Nerds und Codejunkies". Wenn ich schreibe "eine bestimmte Sorte von Paparazzis und Rektalfotografen" meine ich damit nicht meinen gesamten Berufsstand, die Journalisten, und wenn ich schreibe "Neoconnards und andere Neue Rechte" meine ich damit keine Konservativen oder Liberalen im Allgemeinen. Wenn ich schreibe "Drittmittelabzocker und Forschungssemesterurlauber" meine ich nicht Wissenschaftler im Allgemeinen, sondern Leute mit einem ganz bestimmten mißbräuchlichen Umgang mit den sich ihnen bietenden Möglichkeiten. Das mindert im Mindesten nichts an der Tatsache, mitt Kollegen dieser Leute, die sich ordentlich benehmen, freundlich umzugehen.

OK?

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.......es wohnen auch nicht alle Programmierer zwischen Heidelberg, Alzey und Trier......

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so isses!

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.....nicht alle linken Männer lesen die Festplatten ihrer Gastgeberinnen *wegduck*......

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*mitlocherschmeiß*

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Nicht jeder der ein Feuer ankriegt braucht die Aufmerksamkeit der restlichen Affen am Lagerfeuer. Den gebrateten Mastodon jedoch, den brauchen alle...

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Und warum sind die Mastodons ausgestorben? Weil die, die das Feuer machen konnten, mit ihrem Wissen freigiebig waren...

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Eher wegen dem Klimawandel, wenn wir ehrlich sind am Ende der letzten Eiszeit. Und das kann man den Mesolithikern nicht in die Schuhe schiegen, die assen eher Kleintiere. Schuld war wohl der Ausbruch des Laachersee-Vulkans.

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Die wahren Blogstars
Also die, die in deinem Zug in der ersten Klasse fahren, sind doch DIE HIER. Vermutlich schreiben sie viel schlechter und haben vielleicht sogar weniger zu sagen aber trotzdem werden sie selbst betagter Blogger-Prominenz immer um ein paar 10.000 visits voraus sein.

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Dorfschullehrer gegen Schmied?
So alt diese kleine Paläolithikum Fantasie auch sein möge, sie wird hier ganz schön polarisiert. Hier balgen sich zwei jetzt also zwei Spezies Mensch. Die einen haben eh den ganzen Tag vor dem Rechner zu sitzen und damit (oder später) ihr Geld zu verdienen. Die anderen haben wohl jede Menge Zeit vertreiben sich deshalb die ganze Zeit vor dem Rechner. Müßiggang und Lagerfeuerromantik gegen das Feld der Schmiede, die ihr Feuer immer an haben. Schön wär's wenn diese beiden sich nun jetzt nicht so beschimpfen würden.

Ich habe dieser kleinen Urzeitfantasie eine etwas neuzeitlichere entgegengesetzt.

www.olimdevona.twoday.net/stories/1627929/

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Womöglich kann der Langweiler selbst gar keine Faustkeile machen, sondern nur über Faustkeile reden, und über den Fortschritt, den sie bedeuten, als ob Gerede über Faustkeile deren Entwicklung beschleunigen würde. Damit langweilt er dann alle, die lieber Geschichten erzählen oder Holz sammeln oder eben Faustkeile machen.

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Für uninteressierte Laien werden Schriften über Wissenschaft und Technik immer langweilig und überflüssig bleiben.

Allerdings hat auch Irene es genau diesem scheinbar so bescheuerten Austausch von für die breite Masse wertlosen Informationen zu verdanken dass sie heutzutage nicht mehr an den Haaren zurück in die Höhle geschliffen wird um dort 3 Stunden lang das Fell vom Mastodon zu kratzen...

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Wenn ich mich nicht täusche, dann sind Vorlesungen sowieso das Kernthema der Universitäten, da ist also von Seiten der Wissenschaften kein Neid angebracht.

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Ach? Ich dachte immer, Universitäten dienten der Gebrauchsgüterproduktion? *kopfkratz*

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In einem Zeitalter in dem ein Ingenieurwissenschaftler 5-mal mehr verdient wenn er Unternehmen berät anstelle sich mit technischen Dingen zu beschäftigen halte ich es sehr wohl für mehr als angebracht den Stellenwert des Über-Faustkeil-Herstellung-Redens mal in das rechte Licht zu rücken.

Auch wenn dies von manch einem Geschichtenerzähler im Rampenfeuer der dritten Höhle von links als Neid empfunden wird ;o)

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Alles zu seiner Zeit, alles am richtigen Ort. Wenn der Gastgeber nunmal jemand ist, der darüber nicht in epischer Breite reden will, so sollte man es akzeptieren. Für Technikinteressierte gibt es eigene Blogs. Man geht auch nicht in die Höhle den berühmten Bärenjägers und zwingt diesem eine Diskussion über das bereits erfolgte Wohnlichmachen der Höhle auf, wenn der nun gerade über Bärenjagd diskutieren will.

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Soweit ich hier den berühmten Bärenjäger verstanden habe, ging es doch um Lesungen und ihre Verweigerer. Aber bevor ich mir jetzt hier den Bären aufbinden lasse, ich unterläge einer Themaverfehlung, überlasse ich euch lieber eure Wohnhöhle.

Und weil grad Fasching ist:

Selbst das immobile Konstrukt der Hochschullehre hat nach 2.500 Jahren eingesehen dass Interaktion lehrreicher sein kann als eine Vorlesung.

(übrigens "lehrreicher" weil unterhaltsamer)

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... und der Ursus spelanus ruelpst dazu!

Wer wo bloggt ist nicht so wichtig - es kommt auf die Haltung an, und diese beliebte Hach, diese Technik interessiert mich ja gar nicht, ich wills nur bloedstmoeglich nutzen, reparieren sollen die bloeden Nerds-Haltung fuehrt ueber kurz oder lang wieder zurueck in muffige Hoehlen.

Manchmal wuensche ich mir mehr von der froehlich verspielten Technikfreundlichkeit der Franzosen ins Land.

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Jaaa, und den TGV 20 Jahre vor dem ICE, aber eine Nummer schneller! Überhaupt nix dagegen einzuwenden. Dir ging da wohl was in die falsche Kehle, nimm nen Riesling und spül nach!

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@ drsno: Ja, Du hast nix verstanden. Aber so ist das mit den Herren, denen zur Steinzeit nur ihre Männerphantasien einfallen.

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ohoho - das ist ja fast schon heise Niveau - "nix verstanden" - diesem Argument muss man sich natuerlich beugen - chapeau, ich bin ueberzeugt!

Danke.

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Ich versteh grundsätzlich nix. Dazu bin ich im übrigen nicht nur zu doof sondern auch verpflichtet. Ungläubigen empfehle ich einen Blick in meine AGBs.

Da hilft mir natürlich auch nicht die Tatsache, dass so manche Beerenjägerfans mir ihre Feststellungen über Technik-Langweiler so präzise und versiert erklären.

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