Der Himmel über der geistigen Wüste

oder: Moralisches, all zu Moralisches, gar Doppelmoralisches zum Tee

Man mag es kaum glauben, aber schwerer Heuschnupfen hat auch so seine Vorteile. Man kann zum Beispiel berufliche Termine, die voller Druck vor einem stehen, bequem verschieben, und sich angenehmeren Dingen widmen. So zum Beispiel diesem vorzüglichen Heuschnupfentext von Madame Modeste. Es ist das Allergiker-Äquivalent des hochgeehrten Messer Boccaccios Einleitung zum Decamerone, der darin die Pest behandelt, nur um dann 7 anmutige Frauen und 3 aparte Herren zum 10 mal 10 plus 1 geheimene Geschichten erzählen zu lassen. Würde Madame Modeste in 11 Tagen nun auch 101 Novellen, oder von mir aus, widerwillig, auch nur ein Heptameron folgen lassen, wäre die Frage der Sommerlektüre, die ja nie eine leichte ist, geklärt.

Es steht aber zu befürchten, dass es so viele Geschichten nicht werden. Da ist es schön, in den Blogs ausweichen zu können zu einer Dame, die auf englisch schreibt und den grandiosen Begriff "low fuckability ratio" für eine mir bekannte Bar in meinen Wortschatz gebracht hat. Ich werde mich hüten, diese Geschichte zu verlinken; manch Pflänzchen soll im Verdorb äh Verborgenen seine zarten Blüten treiben, aber es gibt sie, die edlen Damen, die einen mit dem tristen Dasein fern der Zivilisation versöhnen.

Entfliehen wäre leicht, mit einem Cabrio ohne Heuschnupfen, ab nach Italien, es sind von hier aus gerade mal 258 Kilometer, halb so weit wie nach Berlin, und endlich mal ein Reiseblog führen, das den Namen verdient - auf Stendhals, Heines und Eichendorffs Spuren. Statt dessen eben der Katzenjammer, das weinerliche Selbstmitleid, die Schandtaten, die man sich nur in diesem Dämmerzustand zwischen Leben und Siechtum leisten kann: Ein ganzes Glas Schwarzkirschenmarmelade zum Tee löffeln. Pur. In 20 Minuten. Geht schnell. Oder daran zu denken, dass beim offenen Fahren auch andere Gefahren lauern, die hier beschrieben sind. Und sich dann aus der Matratzrngruft wühlen, zum Hutmacher der Familie seit 5 Generationen gehen, in diesen wunderbaren Laden mit dem Flair der 20er Jahre, und sich eine Cabriomütze aus braunem Cordsamt kaufen. Für die Italienreise.



Bäh, wird die Leserschaft sagen, dieses Ekelpaket wollte ich soeben noch bemitleiden, und dann sowas, Marmelade silberlöffeln und dem Land, wo vielen Hartz IV blüht, mit einem spritsaufenden Monster entgehen. Noch was? Eine vielgeschmähte Elitesse auf dem Beifahrersitz? Papas unlimitierte Scheckkarte? Und die Ausrede, dringend in die Berge zu müssen, 2000 Meter hoch hinauf, wo es keine Pollen mehr gibt? Ihr seid herzlos. Aber, das muss ich Euch lassen: Ihr habt gute Ideen! Einmal dem - wirklich sagenhaften - Himmel über dieser geistigen Wüste hier entgehen, das wär´s.



Das Dunkle da auf dem Bild, was so aussieht wie die Chartkurve eines Startups, in das brunzblöde Neoconnards ihre paar erbärmlichen Kröten versenken, ist übrigens der Stadtpalast. Genauer, ein oberer Teil davon und das Dach, die unteren Stockwerke und das Hinterhaus kann man mit einem normalen Objektiv eigentlich nur aus der Luft knipsen. Das da rechts oben, das Geländer vor dem letzten Absturz, ist die Dachterasse, von der die Bilder normalerweise kommen. Wenn ich das mal so sagen darf. So vertraulich. Eigentlich wurden wir uns ja nicht vorgestellt. Wir schieben es einfach mal auf die Überdosis Antiallergikum. Und die Sauerkirschmarmelade, von der der Hersteller behauptet, es wäre Konfitüre. Depp in meine Augn. Und nun zurück zur Matratzengruft.

Samstag, 6. Mai 2006, 21:29, von donalphons | |comment

 
Hier wäre das ja alles "Gebees", aber mit den Sprachen ist das so eine Sache.
Gute Besserung, und immer daran denken; auch die Zeit des Pollenflugs geht vorbei.
Der Stadtpalast sieht wirklich großartig aus, vor dieser Kulisse, diesem Himmel.

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Danke. *schnieeeef*. Wenn sich wer an das Video von der Gorillaz erinnert, Feel Good Inc., mit der fliegenden Windmühle, wo die Gitarristin drauf sitzt - das ist es, da oben.

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Aus der Luft knipsen? Also, der Google-Satellit* hat Ingolstadt vom Norden angeflogen. Daher sehen die Bilder wie auf dem Kopf stehend aus. Vielleicht kann man Sie deshalb nicht auf ihrer Terasse winken sehen.

* Ja, ich weiß, Google hat gar keine eigenen Satelliten.

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Luftbild
wie waren bitte nochmal die Daten Länge, Breite...

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oder vielleicht doch gleich den Link auf den Google-Map Ausschnitt

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Nee, das wäre jetzt zu viel Web2.0. Aber man sieht die Terasse, soviel sei verraten.

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Ich hatte einen Moment dran gedacht das vermeindliche Zielgebiet hier wirklich zu posten. Allerdings habe ich nur grob geraten wo der Don die Elitessen auf der Terasse sticht :-) und es gibt genug Ärsche im Netz, denen ich zutrauen würde, dort persönlich aufzutauchen. Sollen sie doch selbst suchen. Hier ist ein guter Start: http://maps.google.de/maps?f=q&hl=de&ll=33.330001,44.439998&spn=0.201945,0.388985&t=k&om=1

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Also ich kann ja mit Google Maps
mein Auto identifizieren. Wenn Google aktueller wäre, könnte ich immer nachschauen, ob grad eine Politesse im Anmarsch ist.

Das wird wohl Web 3.0

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Google Maps
seit der letzten Aktualisierung kann ich die kleine Baustelle vor dem Haus (letzter Sommer) und mein Dachfenster erkennen.

Auflösung und Zeitpunkt kommen näher, wird langsam Zeit vorsichtig zu werden :-)

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Wir fallen dagegen alle ziemlich ab. Das ist wohl wahr.

MfG

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Klingt ein wenig, als ob ich ein wenig an meinen ironischen Stilmitteln arbeiten müsste. Andererseits, will ich das? Hm.

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Wo ist denn die
sagenumwobene Strahlenkranzmadonna? Oder ist sie ebenso wie der Würgeengel aus dem Repertoire verbannt?

Wann gibt es wieder mal ein Munich Area Revival-Treffen mit den üblichen Verdächtigen?

Fragen über Fragen.

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Erstere ist oben auf dem Giebel quer zur Sichtachse. Und München - weiss ich noch nicht, momentan tendiere ich wirklich Richtung Urlaub.

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Ich besaß auch ein mehr oder weniger sportliches Cabriolet, bis ich erstens von den Rückenschmerzen genug hatte und zweitens ernüchtert zugeben musste, dass es sich bei diesem Wagentyp um die Allegorie des Paradoxons handelt, da man ihn mit offenem Verdeck eigentlich nur fahren kann, wenn es regnet (sonst brutzelt einem die Sonne oder die Hitze das Hirn weg), wenn man nicht gerade ein Emporkömmling wie ich ist und ihn offen an niederschlagsfreien Wintertagen benutzt.
Ich fahre nur noch 'ne gemütliche Limusine. Den Kleinwagen habe ich meinem jüngsten Bruder als Dauerleihgabe gegeben.

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Bevor es jemand anderes schreibt oder sagt:
Das mit der Mütze würde ich mir noch mal überlegen, der nichtvorhandene Türsteher beim Tanztee lässt dich so locker vorbei.
Macht aber nichts, andere nennen es "seriös"...

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Das Problem ist mehr: Ohne kann man sich irgendwann bei der Notaufnahme melden. Dann doch lieber Tanztee.

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Moin wondergirl, lange nichts mehr gehört :-)

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Und andere Mütze?

che2001: den baum vor lauter wald nicht gesehen? ;)

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Ah, Madame Wodergirl sind zurück. Diesmal hoffentlich für länger unter derselben Adresse.

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1, 11 und so weiter
Bei meinem derzeitigen Allgemeinzustand, Meister Alphonso, da würden Sie schon eine einzige Geschichte als schier übermenschliche Leistung würdigen, und 101 Beileids-E-Mails mitfühlender Leser würden meinen Mail-Account füllen. Wahrscheinlicher scheint mir indes, dass der schiere Anblick meiner triefenden und unglaublich verschwollenen Person eine dermaßen abstoßende Wirkung auf meine geschätzten Leser ausüben würde, dass sich deren Zahl binnen weniger Tage auf maximal elf verringern würde.

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